Aktenzeichen 4 HK O 4011/17
Leitsatz
Ein ohne Einwilligung vorgenommener Telefonanruf bei einem Kunden eines Stromanbieters, in deren Verlauf versucht wird, ihm mit unlauteren Mitteln persönliche Daten zu entlocken, stellt neben einer unzumutbaren Belästigung und Irreführung des Angerufenen zugleich eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern dar. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
4 HK 0 4011/17 2017-03-17 Bes LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 17.03.2017 wird bestätigt.
2. Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtstreits.
Gründe
Die einstweilige Verfügung der Kammer war zu bestätigen, da der Antragstellerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht und die Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO eingehalten wurde. Im einzelnen gilt folgendes:
I. Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung:
1. Der mit der einstweiligen Verfügung der Kammer tenorierte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 7 I, II Nr. 2, § 5 sowie § 4 Nr. 4 UWG.
Die Antragstellerin hat durch Vorlage der eidestattlichen Versicherung des Kunden … (Anlage AS 3) glaubhaft gemacht, dass dieser, ohne vorher eine Einwilligung zu Telefonanrufen durch die Antragsgegnerin erteilt zu haben, von einer Dame angerufen wurde, die angegeben hat, für die Antragsgegnerin zu handeln und versucht hat, dem Kunden vorzuspiegeln, er habe in der Vergangenheit einmal seinen Stromtarif gewechselt und man wolle nun die Formalitäten klären und die Daten abgleichen, damit er sein Geld zurückbekomme.
Der Zeuge … hat in seiner eidestattlichen Versicherung, auf welche Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die Anruferin den Namen der Antragsgegnerin genannt habe und dass er der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt seine Einwilligung erteilt habe, zu Werbe – oder sonstigen Zwecken anzurufen.
Dieses Verhalten verstößt gegen §§ 7 II Nr. 2, 5 und 4 Nr. 4 UWG. Der vom Zeugen … beschriebene Versuch, ihn mit unlauteren Mitteln persönliche Daten zu entlocken, erfüllte den Tatbestand des § 4 Nr. 4 UWG (gezielte Behinderung von Mitbewerbern).
2. Dass der Anruf auf die Antragsgegnerin zurückzuführen ist, wurde dadurch hinreichend glaubhaft gemacht, dass die eidestattliche Versicherung des Kunden vorgelegt wurde, in der angeben wird, die Anruferin habe mehrmals den Namen der Antragsgegnerin genannt. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht, dass jemand bei einem Werbeanruf den Namen einer Firma nennt, von der er nicht in irgendeiner Weise vorher beauftragt wurde, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieser Telefonanruf von einem Beauftragten der Antragsgegnerin durchgeführt wurde und dieser über § 8 II UWG zuzurechnen ist.
Dieser Beweis des ersten Anscheins wurde auch nicht durch die vorgelegte eidestattlichen Versicherung des Herrn … entkräftet. Zum einen enthält diese keinerlei Angaben dazu, welche Recherchen im eigenen Haus der Antragsgegnerin durchgeführt wurden. Die vorgelegte eidestattliche Versicherung befasst sich vielmehr nur mit den Dialer – Listen der Vertriebspartner der Antragsgegnerin. Zum anderen sind die Vertriebspartner der Antragsgegnerin auch nicht namentlich benannt und die entsprechenden, nach Behauptung der Antragsgegnerin vorliegenden und überprüften Dialer – Listen wurden nicht vorgelegt, sodass nicht hinreichend überprüft werden kann, ob es tatsächlich ausgeschlossen ist, dass der streitgegenständliche Anruf aus dem Hause der Antragsgegnerin kam.
II. Vollziehung der einstweiligen Verfügung:
Die einstweilige Verfügung war auch nicht gemäß § 927 ZPO aufzuheben, da sie jedenfalls durch die erneute Zustellung in der mündlichen Verhandlung rechtzeitig vollzogen wurde. Gemäß § 929 II ZPO ist die Vollziehung der einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die einstweilige Verfügung der Partei zugestellt wurde, ein Monat verstrichen ist. Ausweislich des sich bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses des Prozeßbevollmächtigen der Antragstellerin wurde die einstweilige Verfügung diesem jedoch erst am 24.03.2017 zugestellt, sodass die Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO bis zum 24.04.2017 lief. Für den Beginn des Laufs der Monatsfrist ist die Zustellung der Ausfertigung der einstweiligen Verfügung an den Gläubiger maßgebend (Zöller – Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., Rn. 4 zu § 929).
Da die fristwahrende Vollziehung der einstweiligen Verfügung im Regelfall durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen muss war die Übergabe der Ausfertigung der einstweiligen Verfügung an den Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Termin vom 24.04.2017, die vom Prozeßbevollmächtigten der Antragsgegnerin auch durch Unterschrift bestätigt wurde, ausreichend zur Wahrung der Vollziehungsfrist
Die einstweilige Verfügung der Kammer war daher mit Kostenfolge des § 97 ZPO zu bestätigen.