Aktenzeichen 7 O 5463/18
UKIaG § 1
Leitsatz
1. Die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Werkvertrages richten sich nicht nach § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB sondern nach § 357 Abs. 8 BGB. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Vertrag, der die Lieferung und Montage eines Treppenliftes zum Gegenstand hat, handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB. (Rn. 14 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine formularvertragliche Klausel “Mehrfache Nachbesserung ist zulässig“ in einem Werkvertrag verstößt gegen das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Transparenzgebot, da unklar bleibt, bis zu welchem Zeitpunkt eine mehrfache Nachbesserung erfolgen kann. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch ein bloßes Bereitstellen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf einer Website stellt ein Verwenden im Sinne des § 1 UKIaG dar. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,
in Bezug auf Verträge über die Lieferung und Montage von Treppenliften, die mit Verbrauchern geschlossen werden,
die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen,
a) Ein Widerrufsrecht im Hinblick auf die Bestellung des Kunden besteht nicht, da die Treppenlifteinheit insbesondere was die Länge und Befestigung der Laufschiene angeht, nicht vorgefertigt werden kann, sondern nach den individuellen örtlichen Verhältnissen, Wünschen und Bedürfnissen des Kunden geplant, zugeschnitten und befestigt werden muss (§ 312 g Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 BGB)., sofern die Verträge in der Wohnung der Verbraucher geschlossen werden,
b) Der Kunde muss den gelieferten und montierten Treppenlift unverzüglich kontrollieren und offenkundige Mängel spätestens 2 Wochen nach Montage schriftlich bei der Firma P.-L. GmbH, A.r Str. … N. unter Angabe der Bestellnummer anzeigen. Geschieht dies nicht, sind Ansprüche des Kunden wegen der Mangelhaftigkeit ausgeschlossen.
c) […].
Mehrfache Nachbesserung ist zulässig.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.05.2018 zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Jeweiligen Basiszinssatz seit 07.10.2018 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Unterlassungsanspruch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 €; Im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet, da die von der Beklagten verwendeten Klauseln größtenteils unwirksam sind.
1. Die Klausel gemäß dem Klageantrag in Ziff. 1. verstößt gegen § 307 I, II Nr. 2 BGB, da sie mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht übereinstimmt.
Beim vorliegenden Vertrag handelt es sich um einen Werkvertrag, worauf § 312 g II Nr. 1 BGB nicht anwendbar ist. § 312 g II Nr. 1 findet ausweislich des Wortlauts („Verträge zur Lieferung von Waren“) nur auf solche Verträge Anwendung, die die Lieferung von Waren zum Gegenstand haben, mithin nur auf Kaufverträge gem. §§ 433 ff. BGB sowie Werklieferungsverträge gem. § 650 BGB. Für Werkverträge gem. §§ 631 ff. BGB gilt demgegenüber § 357 VIII BGB (Martens, in: BeckOK, BGB, 48. Ed., 01.11.2018, § 312 g, Rn. 19 a).
Bei dem vorliegenden Vertrag – Lieferung und Montage eines Treppenlifts – handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Vertragstyp bei mehreren gemischten Vertragspflichten nach dem Schwerpunkt der zu erbringenden Leistungen zu bestimmen ist. Liegt dieser auf der Übertragung des Eigentums und Besitzes von Waren, also dem Warenumsatz, so liegt ein Kaufvertrag oder ein Werklieferungsvertrag vor. Ist Schwerpunkt des Vertrages hingegen die Herstellung einer funktionierenden Einheit, handelt es sich um einen Werkvertrag (vgl. zum Ganzen BGH NJW 2018, 3380 (3382)).
Ausgehend hiervon stellt die Lieferung und Montage des Treppenliftes einen Werkvertrag dar, da der Treppenlift als funktionsfähige Einheit letztlich im Vordergrund steht. Dahinter zurück tritt die Übertragung des Eigentums und Besitzes an den einzelnen Gegenständen, da dies alleine für den Verbraucher nur einen geringfügigen Nutzen hat.
Die von der Beklagten erfolgte Anwendung von § 312 g II Nr. 1 BGB auf den Werkvertrag im Rahmen ihrer AGBs steht damit im Widerspruch zu der gesetzlichen Regelung gem. § 307 II Nr. 1 BGB, da auf diesen Vertrag § 357 VIII BGB vorrangig anzuwenden ist, der gerade keinen Ausschluss des Widerrufsrechts vorsieht.
2. Die mittels Ziff. 2. der Klage gerügte Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 13 b) BGB und ist daher unwirksam. Ausweislich der Klausel wird für die vom Verbraucher zu erbringende Mangelanzeige die schriftliche Form vorgeschrieben. Hierdurch wird jedoch eine strengere Form als die Textform normiert, obwohl es sich bei dem vorliegenden Kaufvertrag gerade nicht um einen Vertrag handelt, welcher der notariellen Beurkundung bedarf (§ 309 Nr. 13 a) BGB).
Die ebenfalls in der Klausel enthaltene Regelung, dass der Verbraucher offensichtliche Mängel bei der Beklagten anzuzeigen hat, ist im Umkehrschluss zu § 309 Nr. 8 ee) hingegen nicht zu beanstanden.
3. Die weitere seitens des Klägers gerügte Klausel gemäß Ziff. 3. der Klage Ist nur teilweise unwirksam.
Die Regelung, wonach die Beklagte als Werkunternehmerin zur Wahl berechtigt ist, ob eine Nachbesserung oder Nachlieferung erfolgt, ist nicht zu beanstanden, Sie entspricht letztlich dem gesetzlichen Leitbild gem. § 635 BGB, wonach der Werkunternehmer „nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen kann“.
Demgegenüber verstößt allerdings der ebenfalls in der Klausel enthaltene Passus, „Mehrfache Nachbesserung ist zulässig“, gegen das in § 307 I 2 BGB normierte Transparenzgebot, da unklar bleibt, bis zu welchem Zeitpunkt eine mehrfache Nachbesserung erfolgen kann. Grundsätzlich steht dem Werkunternehmer zwar eine mehrfache Nachbesserung zu, dieses Recht findet allerdings dann seine Grenze, wenn der Werkbesteller dem Werkunternehmer bereits erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Denn nach dem Fristablauf kann der Werkbesteller die anderweitigen in § 634 BGB normierten Sekundärrechte ausüben und der Werkunternehmer ist zur Nacherfüllung nicht mehr berechtigt (Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2018, § 634, Rn. 73). Ausgehend von der kundenfeindlichsten Auslegung, § 305 c II BGB, wäre vorliegend aber anzunehmen, dass der Werkunternehmer auch in diesem Fall noch zur Nachbesserung berechtigt wäre, was aber im Widerspruch zum gesetzlichen Grundgedanken steht, die Ausübung der Sekundärrechte des Verbrauchers hindert und ihn damit unangemessen benachteiligt, § 307 I, II Nr. 1 BGB.
4. Die Beklagte ist weiterhin dazu verpflichtet, an den Kläger eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 € zu zahlen, da sie entgegen der Vereinbarung in der Unterlassungserklärung vom 17.07.2018/18.07.2018 die AGB-Version mit der darin enthaltenen „Schriftformklausel“, bezüglich derer sich die Beklagte im Rahmen der Vereinbarung verpflichtet hatte, sie nicht mehr zu verwenden, noch am 31.07.2018 auf ihrer Website zum Abruf bereitgestellt hatte.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch im bloßen Bereitstellen auf der Website ein Verwenden im Sinne des § 1 UKIaG gegeben. Auf Grund des präventiven Charakters des Unterlassungsklagegesetzes ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, wenn es darum geht, ob ein Verwenden vorliegt oder nicht. Demnach reicht es bereits aus, wenn beispielsweise auf Geschäftsbriefen oder Rechnungen unwirksame AGBs aufgedruckt sind und diese in den geschäftlichen Verkehr gelangen (Micklltz/Rott, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, UKlaG § 1 Rn. 23 m.w.N.). So war es auch im vorliegenden Fall, selbst wenn über die Website der Beklagten nach Ihren eigenen Angaben keinerlei Vertragsschluss mehr zustandekommen kann, denn jedenfalls bestand für den Besteller die Möglichkeit des Ausdrucks derselben, wenn dieser spontan in die vertraglichen Regelungen Einblick nehmen will.
III.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz seiner Abmahnkosten in Höhe von 214 € gem. § 5 UKIaG i.V.m. § 12 I 2 UWG.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I 1, 291 S. 1 BGB. Hinsichtlich der Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 € waren Zinsen erst ab Rechtshängigkeit zu gewähren, da nicht schlüssig dargetan ist, dass die Beklagte bereits vorher zur Zahlung der Vertragsstrafe aufgefordert wurde. Auch auf Grund des Schreibens vom 07.08.2018 (Anlage K11) kann nicht ohne weiteres auf eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverwelgerung geschlossen werden, da ebenfalls nicht ersichtlich ist, ob bereits vorab eine entsprechende Leistung gefordert wurde bzw. welche Art von Korrespondenz seitens der Klagepartei gegeben war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 II Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 S. 1, 2 ZPO.