IT- und Medienrecht

Unzulässige Kostenerinnerung

Aktenzeichen  M 10 M 19.4124

Datum:
14.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 28042
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, § 151 S. 1, S. 2, § 164, § 165 § 173
ZPO § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 2 Nr. 1
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

1. Dem Schriftformerfordernis der Antragstellung gem. § 151 S. 2 VwGO wird bei einem per Telefax zu Gericht eingereichten Antrag grundsätzlich nur genügt, wenn das Original eigenhändig vom Antragsteller unterschrieben ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antrag ist analog § 82 Abs. 1 S. 1 VwGO unzulässig, wenn keine ladungsfähige Anschrift des Antragstellers enthält. (Rn. 16 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts München vom 22. Mai 2018.
Mit Beschluss vom 25. September 2017 (M 10 K 17.3955) verwies das Verwaltungsgericht München eine Klage des Antragstellers an das zuständige Landgericht München II. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 2017 (5 C 17.2270) verworfen und dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 beantragte der Beklagtenvertreter des Ausgangsverfahrens die Festsetzung einer Beschwerdegebühr gegen den Antragsteller. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Mai 2018 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts München die den Antragsgegnern im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 82,11 € fest. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde der Empfangsbevollmächtigten des Antragstellers am 23. Mai 2018 zugestellt.
Mit Schreiben vom 11. März 2019 erhob der Antragsteller sinngemäß Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Mai 2018. Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab.
II.
Die Kostenerinnerung nach § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO – Antrag auf Entscheidung des Gerichts – bleibt ohne Erfolg. Die Erinnerung ist unzulässig.
1. Vorliegend fehlt es schon an einem schriftlichen Antrag nach § 151 Satz 2 VwGO. Danach ist der Antrag auf Entscheidung des Gerichts schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen.
Die Schriftform ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 6.12.1988 – 9 C 40/87 – BVerwGE 81, 32 m.w.Nw.) grundsätzlich er-füllt, wenn die Klageschrift oder der Antrag vom Kläger oder seinem Prozessbevollmächtigten eigenhändig unterschrieben ist. Damit soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt.
Dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klageerhebung oder Antragstellung kann ausnahmsweise auch ohne eigenhändige Namenszeichnung genügt sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen ergeben. Dies ist in der Rechtsprechung beispielsweise angenommen worden für einen auf dem Briefumschlag vollzogenen eigenhändigen Namenszug im Absendervermerk.
Keiner eigenhändigen Unterschrift bedarf es, wenn der jeweilige bestimmende Schriftsatz durch Telegramm, Fernschreiber, Telebrief, Telekopie, Bildschirmtextmitteilung oder Computerfax übermittelt wird (BFH, U.v. 22.6.2010 – VIII R 38/08 – juris).
Wird die Klage per Telefax erhoben, muss sie grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein. Das Fehlen der Unterschrift ist indessen unschädlich, wenn das Telefaxformblatt unterschrieben ist, mit der Klageschrift eine Einheit bildet, die Person des Absenders vollständig bezeichnet und kein Zweifel daran besteht, dass die Kopiervorlage ordnungsgemäß eigenhändig unterzeichnet wurde (BFH, B.v. 31.3.2000 – VII B 87/99 – juris).
In Prozessen mit Vertretungszwang können bestimmende Schriftsätze formwirksam durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift des Prozessbevollmächtigten auf ein Faxgerät des Gerichts übermittelt werden (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, B.v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98 – juris). Danach ist die Erfüllung der gesetzlich erforderlichen Schriftform, zu der grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift gehört, solchen bestimmenden Schriftsätzen nicht deshalb abzusprechen, weil sie durch moderne elektronische Medien wie dem im Streitfall zu beurteilenden Computerfax übermittelt werden und mangels Vorhandenseins eines körperlichen Originalschriftstücks beim Absender eine eigenhändige Unterzeichnung nicht möglich ist. Auch bei der von der Rechtsprechung zu Recht gebilligten und zum Gewohnheitsrecht erstarkten Übung der telefonischen Telegrammaufgabe existiere keine vom Absender unterschriebene Urschrift. Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des elektronisch übermittelten Schriftsatzes sei nicht eine etwa beim Absender vorhandene Kopiervorlage oder eine nur im Textverarbeitungs-PC befindliche Datei, sondern allein die auf seine Veranlassung am Empfangsort (Gericht) erstellte körperliche Urkunde. Der alleinige Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, könne auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden. Entspreche ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen, so sei die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht ist, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen kann. Auch der Wille, einen solchen Schriftsatz dem Gericht zuzuleiten, könne in aller Regel nicht ernsthaft bezweifelt werden.
Seit dem 1. Januar 2018 können nach § 55a VwGO vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die Anforderungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Gerichte der Länder und des Bundes sind in der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) geregelt.
Im vorliegenden Fall wurde der Antrag per Fax übersandt. Der Antragsteller hat seine Unterschrift auf dem als Fax übersandten Schriftstück eingescannt, auf dem beim Antragsteller verbliebenen Original fehlt die eigenhändige Unterschrift. Die genannten Ausnahmen vom Erfordernis eigenhändiger Unterschrift greifen im vorliegenden Fall nicht. Auf das Schriftformerfordernis mit eigenhändiger Unterschrift kann nicht verzichtet werden.
2. Darüber hinaus ist der Antrag auch verfristet. Nach § 151 Satz 1 VwGO ist der Antrag auf Entscheidung des Gerichts innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung des Gerichts zu beantragen.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Mai 2018 wurde der Bevollmächtigten bzw. Empfangsbevollmächtigten des Antragstellers am 23. Mai 2018 zugestellt. Diese Zweiwochenfrist ist mit Eingang der Erinnerung des Antragstellers am 11. März 2019 weit überschritten. Für die Bekanntgabe und damit den Anlauf der Zweiwochenfrist genügt auch die Übersendung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ohne Unterschrift und ohne Beglaubigungsvermerk. Soweit der Antragsteller selbst auf § 317 ZPO hinweist, ergibt sich daraus gerade, dass – bei Urteilen – nur eine Zustellung in Abschrift erforderlich ist. Eine Ausfertigung ist nach § 317 Abs. 2 ZPO nur im Einzelfall auf Antrag zu erteilen. Dies gilt hier entsprechend.
3. Die Unzulässigkeit des Antrags ergibt sich weiter daraus, dass der Antragsteller keine ladungsfähige Anschrift benannt hat.
Der Antrag erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog. Danach muss der Antrag den Antragsteller, den Antragsgegner und den Gegenstand des Antragsbegehrens bezeichnen. Außer dem Namen des Antragstellers ist mit dem Antrag nach ständiger Rechtsprechung auch die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers anzugeben. Ladungsfähige Anschrift ist die Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Rd.Nr. 4 zu § 82). Bei einer natürlichen Person ist dies in der Regel die Wohnungsanschrift (Anlehner in Sodan/Ziekow, VwGO, Rd.Nr. 8 zu § 82). Dies gilt unabhängig davon, ob ein Antragsteller durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn die Angabe ohne weiteres möglich ist und kein schützenswertes Interesse entgegensteht (Anlehner, a.a.O.; BayVGH, B.v. 28.4.2003 – 24 ZB 02.3108 – juris; OLG Frankfurt, U.v. 15.5.2014 – 16 U 4/14 – juris).
Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Antragstellers soll nämlich nicht nur dessen hinreichende Individualisier- und Identifizierbarkeit sicherstellen und die Zustellung von Entscheidungen, Ladungen sowie gerichtlichen Verfügungen ermöglichen; sie soll vielmehr darüber hinaus auch gewährleisten, dass der Antragsteller nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt und sich im Falle des Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann (Anlehner, a.a.O.; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Rd.Nr. 4 zu § 82; Geiger in Eyermann, VwGO, Rd.Nr. 3 zu § 82). Das Erfordernis, die ladungsfähige Anschrift anzugeben, ergibt sich ebenso aus § 173 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Nr. 1 ZPO (vgl. Anlehner, a.a.O., Rd.Nr. 10 zu § 82).
Unter der vom Antragsteller angegebenen Anschrift war schon in früheren Verfahren eine Zustellung nicht möglich gewesen. Der Antragsteller war mehrfach darauf hingewiesen worden, dass er seine Wohnanschrift, unter der er zu erreichen ist, angeben muss.
Damit ist der Antrag kostenpflichtig nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

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