IT- und Medienrecht

Vertragsstrafen- und Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit der Übersendung einer automatisch generierten Eingangsbestätigung

Aktenzeichen  33 O 9061/16

Datum:
21.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 155615
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 339 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 S. 2
RL 2006/114/EG Art. 2 lit. a

 

Leitsatz

1 Auch eine automatisch generierte Eingangsbestätigung auf eine vorangegangene E-Mailanfrage hin kann eine Werbe-E-Mail darstellen, wenn in ihr Werbung enthalten ist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Einordnung als Werbe-E-Mail kann allerdings zweifelhaft sein, wenn in ihr kein Hinweis auf eine Internetplattform oder Homepage des Werbenden enthalten ist, sondern dort vielmehr kommentarlos auf eine Auffindbarkeit in verschiedenen Blogs hingewiesen wird. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A.
Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorzutragen vermocht, dass die Geltendmachung der streitgegenständlichen Vertragsstrafen- und Unterlassungsansprüche durch den Kläger rechtsmissbräuchlich wäre.
B.
Die Klage ist nicht begründet.
I.
Der vom Kläger mit Klageantrag Ziffer 1 a) gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,- Euro aus § 339 S. 2 BGB i.V.m. der Unterlassungserklärung vom 20.08.2012 besteht nicht.
1. Zweifelhaft erscheint schon, ob es sich bei der automatisch generierten E-Mail vom 13.01.2016 gemäß Anlage K 3 überhaupt um eine „Werbenachricht“ im Sinne der Unterlassungserklärung vom 20.08.2012 handelt.
a) Der Begriff der „Werbung“, der weder im Gesetz gegen den unlauteren. Wettbewerb noch in der RL 2002/58/EG über den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation definiert ist, umfasst schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der RL 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerkes oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Der Begriff der Werbung ist in keiner Weise auf die Formen klassischer Werbung beschränkt (st. Rspr., vgl. nur BGH GRUR 2016, 946 – Freunde finden).
b) Die zwischen den Parteien unstreitige Tatsache als solche, nämlich dass es sich bei der in Rede stehenden E-Mail um eine automatisch generierte Eingangsbestätigung auf eine vorangegangene E-Mailanfrage des Klägers hin handelt, steht einer Einordnung dieser Mitteilung als „Werbenachricht“ nicht entgegen. Zwar ist die Eingangsbestätigung selbst keine Werbung. Dies hat aber nicht zur Folge, dass etwaig in der E-Mail enthaltene Werbung von vornherein keine (Direkt-)Werbung darstellen könnte (vgl. BGH GRUR 2016, 530 – „No-Reply“-E-Mails). Auch eine Empfehlungsemail, mit der auf eine Internetplattform eines Unternehmens hingewiesen Wird, ist als Werbung anzusehen (vgl. BGH GRUR 2016, 946 – Freunde finden).
c) Im hiesigen Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass die vom Kläger beanstandete E-Mail keinen Hinweis auf eine Internetplattform oder Homepage der Beklagten bzw. der E… Service GmbH & Co. KG enthält, sondern dort vielmehr kommentarlos auf eine Auffindbarkeit der E… Service GmbH & Co. KG in verschiedenen Blogs hingewiesen wird, was – mangels weiterer Darlegungen des Klägers zum Inhalt der genannten Blogs – eher mit einem Telefonbucheintrag als mit einer werblichen Angabe gleichzusetzen sein dürfte. Ob es sich bei der E-Mail vom 13.01.2016 um eine „Werbenachricht“ im Sinne der Unterlassungserklärung vom 20.08.2012 handelt oder ob deren Inhalt werbeneutral ist, braucht letztlich aber nicht entschieden zu werden, weil es schon an der Passivlegitimation der Beklagten hinsichtlich des geltend gemachten Vertragsstrafenzahlungsanspruchs fehlt (siehe nachfolgend unter B.I.2).
2. Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert, denn Schuldnerin des Vertragsstrafeversprechens vom 20.08.2012 wie auch Absenderin der streitgegenständlichen E-Mail ist nicht die Beklagte, sondern die E… Service GmbH & Co. KG, bei welcher es sich ausweislich des von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Handelsregisterauszugs um eine eigenständige juristische Person handelt. Weder haftet die Beklagte daher (neben oder anstelle der E… Service GmbH & Co. KG) aus der Vertragsstrafenvereinbarung vom 20.08.2012, noch ist dieser die E-Mailversendung durch die E… Service GmbH & Co. KG zuzurechnen.
II.
Aus den genannten Gründen ist auch der mit Klageantrag Ziffer 1 b) verfolgte Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB nicht gegeben. Denn zum einen ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der streitgegenständlichen E-Mail vom 13.01.2016 überhaupt um eine, einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers begründende Werbeemail handelt (siehe dazu oben B.I.1), und zum anderen ist die Beklagte auch hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht passivlegitimiert, weil sie nicht Absenderin der beanstandeten E-Mail ist (siehe dazu oben B.I.2), und der hierfür darlegungs- und beweisbelastete Kläger auch nicht dartun konnte, dass die E-Mailversendung auf Veranlassung der Beklagten erfolgt ist oder diese hierzu in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal beigetragen hat.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11 und § 711 S. 1 und 2 ZPO.

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