Aktenzeichen 7 O 13823/16
Leitsatz
1 Vindikationsansprüche bestehen nur Zug um Zug gegen Erstattung der Kosten für die Anmeldung und die weitere Verfolgung der Schutzrechte bis zur Erteilung und für die nationale Phase eines europäischen Patents. (Rn. 19 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Eingriff in das Erfinderpersönlichkeitsrecht durch falsche Erfinderbenennung begründet keinen Anspruch auf Nutzungsherausgabe. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, das Europäische Patent … mit der Bezeichnung „Trägereinheit“ und sämtliche nationale Teile dieses Europäischen Patents, insbesondere den Deutschen Teil …, den Französischen Teil, den Spanischen Teil …, den Italienischen Teil, den Britischen Teil und den Tschechischen Teil, auf den Kläger zu übertragen und in die Umschreibung des Patents im Register beim Europäischen Patentamt sowie in den nationalen Registern der benannten und/oder validierten Vertragsstaaten einzuwilligen, Zug um Zug gegen Zahlung des Klägers an die Beklagte zu 1) in Höhe von EUR 10.084,22 als Erstattung für die von der Beklagten zu 1) aufgewandten Kosten der Validierung des Europäischen Patent …
II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Anspruch auf Erteilung des Deutschen Patents … an den Kläger abzutreten und in die Umschreibung der Anmeldung im Register beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen, Zug um Zug gegen Zahlung des Klägers an die Beklagte zu 1) in Höhe von EUR 310,– als Erstattung für die von der Beklagten zu 1) aufgewandten Kosten des Prüfungsverfahrens der Deutschen Patentanmeldung …
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Gerichtskosten trägt der Kläger 7 % und die Beklagte zu 1) 93 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt diese selbst. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) bis 4) trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt zu 93 % die Beklagte zu 1), im übrigen trägt er diese selbst.
V. Das Urteil ist für die Klagepartei in Ziffer I. und II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je EUR 100.000,– vorläufig vollstreckbar. Im übrigen ist es gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
sowie folgenden
Beschluss
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
-bis zur Klageerweiterung im Schriftsatz vom 17.01.2018 auf EUR 215.000,–,
-bis zur Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 30.01.2018 auf EUR 230.000,–
-bis zur einseitigen Teilerledigerklärung von Klageantrag Ziffer III. aus dem Schriftsatz vom 17.01.2018 in Bezug auf die Beklagten zu 2) und zu 3) und Klageerweiterung gegen den Beklagten zu 4) im Termin vom 01.02.2018 auf EUR 231.500,–
-für die Zeit danach auf EUR 234.500,–
Gründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
A. Die mit Klageanträgen Ziffern I. und II. geltend gemachten Ansprüche auf Übertragung und Umschreibung des … und der … wurden von der Beklagten zu 1) anerkannt. Das Anerkenntnis wurde insbesondere nicht etwa unter der zulässigen Rechtsbedingung abgegeben, dass der Beklagten zu 1) Gegenansprüche in der von ihr geltend gemachten Höhe zuerkannt werden. Denn die Beklagte verlangt die Erstattung der von ihr aufgewandten Kosten ausdrücklich nur Zug um Zug (vgl. auch Vollkommer in: Zöller, ZPO, 31. Auflage, Rz. 8 zu § 307).
Jedoch kann der Kläger die Übertragung und Umschreibung der beiden Streitschutzrechte nur Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 10.084,22 (Klageantrag Ziffer I.) bzw. EUR 310,– (Klageantrag Ziffer II.) verlangen, er hat also jeweils nur mit seinem Hilfsantrag Erfolg.
I. Auf ein Zurückbehaltungsrecht kann sich die Beklagte zu 1) entgegen der Meinung des Klägers durchaus berufen. Die vom Kläger zur Begründung seiner Auffassung angeführten Umstände treffen auf nahezu jeden Fall zu, in dem Schutzrechte vindiziert werden. Soweit der Kläger weiter anführt, die Erfindung sei von der Beklagten zu 1) nicht mit seinem Einverständnis angemeldet worden, greift auch dies nicht. Denn wäre die Anmeldung mit seinem Einverständnis erfolgt, stünde ihm wohl kein Vindikationsanspruch zu. Die Beklagte zu 1) führt zudem an, sie habe im Glauben gehandelt, dass der Kläger mit der Anmeldung und der Veräußerung einverstanden gewesen sei.
Nur ergänzend sei angeführt, dass sich der Kläger zu seinem Einwand, die Beklagte zu 1) könne sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen dadurch in Widerspruch setzt, dass er selbst in die Hauptfassung seines Klageantrags Ziffer I. die Verurteilung lediglich Zug um Zug gegen Zahlung von EUR 6.812,50 begehrt. Wenn der Kläger der Beklagten zu 1) ein Zurückbehaltungsrecht nicht zugesteht, müsste er seinen Hauptantrag unbedingt stellen und nur hilfsweise die Verurteilung nur Zug um Zug verlangen. Ebenfalls nicht konsequent sind die Zahlbeträge gemäß Haupt- und Hilfsantrag in Klageantrag Ziffer I. Denn der Kläger stellt einerseits Kosten der Beklagten zu 1) i.H.v. EUR 10.084,22 unstreitig (gemäß S. 6 des Schriftsatzes des Klägers vom 17.01.2018, Bl. 75 d.A. sind unstreitig im Laufe des hiesigen Rechtsstreits entstandene Kosten i.H.v. EUR 6.812,50; zudem sind gemäß S. 5 des Schriftsatzes des Klägers vom 30.01.2018, Bl. 92 d.A. unstreitig Kosten i.H.v. EUR 3.271,72), beantragt aber andererseits primär die Verurteilung Zug um Zug gegen Zahlung von nur EUR 6.812,50.
II. Der Beklagten zu 1) steht zumindest aus Geschäftsführung ohne Auftrag ein Anspruch gegen den Kläger auf Erstattung der von ihr aufgewandten Kosten für die Anmeldung und weitere Verfolgung der Streitschutzrechte bis zur Erteilung und sodann nationalen Phase im Falle des streitgegenständlichen Europäischen Patents zu.
In Bezug auf Klageantrag Ziffer I. besteht diese Gegenforderung i.H.v. EUR 10.084,22, in Bezug auf Klageantrag Ziffer II. i.H.v. EUR 310,–. In dieser Höhe hat der Kläger die Forderungen auch unstreitig gestellt (s.o. bzw. S. 5 des Klägerschriftsatzes vom 30.01.2018, Bl. 92 d.A.). Soweit sich die Beklagte zu 1) auf darüber hinaus gehende Gegenforderungen beruft dringt sie damit nicht durch, weil die von ihr vorgelegten Belege nicht die Gegenseitigkeit der Forderungen bestätigen. Denn aus ihnen geht hervor, dass, soweit die Gegenforderungen über o.g. Beträge hinausgehen, nicht die Beklagte zu 1) sondern die … die jeweiligen Rechnungen beglichen hat. Zwar macht die Beklagte zu 1) geltend, ihr seien die Kosten weitergereicht worden. Dies hat der Kläger aber bestritten. Von ihrem ursprünglichen Zeugenbeweisangebot hierfür hat die Beklagte zu 1) später Abstand genommen (Schriftsatz vom 26.01.2018, Bl. 87 a d.A.).
B. In Klageanträgen Ziffern III. und IV. hat die Klage dagegen keinen Erfolgt. Die Stufenklage gegen den Beklagten zu 4) gemäß Antrag Ziffer III. war bereits jetzt vollständig abzuweisen, nachdem die Gründe für die Unbegründetheit auch den Hauptanspruch erfassen (BGH NJW 2002, 1042, 1044). Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 4) kein Anspruch auf Herausgabe der aus seiner Erfindung gezogenen Nutzungen zu.
Auch war der nach nur klägerischer Erledigteklärung als Feststellungsklage fortgeführte Klageantrag Ziffer IV. gegen die Beklagten zu 2) und 3) abzuweisen. Er war ursprünglich auf Auskunft und Rechnungslegung durch die Beklagten zu 2) und 3) gerichtet. Ein solcher Anspruch stand dem Kläger gegen die Beklagten zu 2) und 3) nicht zu. Der Kläger beruft sich für die geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche auf §§ 242, 259 BGB ohne darzutun, auf welche Hauptansprüche er diese nur akzessorischen Ansprüchen stützt. Stattdessen legt er immer wieder dar, warum er unverschuldet in Unkenntnis der gezogenen Nutzungen ist.
Zum Hauptanspruch führt der Kläger lediglich an, die Beklagten zu 2) bis 4) hätten als Teilnehmer an einer falschen Erfinderbenennung der Beklagten zu 1) gehandelt. Ein solch möglicher Eingriff in das Erfinderpersönlichkeitsrecht begründet jedoch keinen Anspruch auf Nutzungsherausgabe.
C. Auch in Klageantrag Ziffer V. hat die Klage keinen Erfolg. Mit ihm begehrt der Kläger Zahlung weiterer EUR 1.264,08 über die bereits durch Ziffer 4 des Anerkenntnisurteils vom 19.04.2017 (Bl. 58 d.A.) ausgeurteilte Erstattung von Anwaltskosten i.H.v. EUR 1.035,– hinaus. Zur Begründung führt er an, den Kosten für das Anwaltsschreiben vom 15.03.2016 sei nicht ein Gegenstandswert von EUR 15.000,– sondern von EUR 60.000,– zugrunde zu legen, nachdem die Kammer im hiesigen Verfahren den Streitwert betreffend die Erfinderumbenennung vorläufig in jedem Prozessrechteverhältnis und für jedes Patent auf EUR 10.000,– festgesetzt habe. Dem widerspricht jedoch, dass der Kläger selbst im Termin vom 01.02.2018 EUR 10.000,– pro Umbenennung für überhöht gehalten hat. Dem hat sich die beklagte Partei angeschlossen. Dem schließt sich auch die Kammer nunmehr an, wie obiger Streitwertbeschluss zeigt. Mit der bereits ausgeurteilten Erstattung i.H.v. EUR 1.035,– hat es daher sein bewenden und die Klage war insoweit abzuweisen.
D. Mit Klageanträgen Ziffern VI. bis VIII. verlangt der Kläger von dem jeweiligen Beklagten Zahlung der erhaltenen Vergütung gemäß Vergütungsvereinbarung vom 29.11.2011 (Anlage B12). Er stützt seinen Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung sowie unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag.
Bereicherungsrechtliche Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu. Die Beklagten zu 2) bis 4) haben zwar die Vergütungen gemäß Vergütungsvereinbarung vom 29.11.2011 (Anlage B12) erlangt. Dies aber nicht in sonstiger Weise gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB, denn das Erlangte war vorrangig Gegenstand der Leistung der …, wie sich aus der Vergütungsvereinbarung vom 29.11.2011 (Anlage B12) ergibt. Auch aus § 816 Abs. 1 BGB steht dem Kläger kein Anspruch auf Nutzungsherausgabe gegen die Beklagten zu 2) bis 4) zu. Jedenfalls scheitert der Anspruch daran, dass eine etwaige Verfügung der Beklagten zu 2) bis 4) nicht gegenüber dem Kläger als Berechtigtem wirksam ist. Insbesondere hat der Kläger etwaige Verfügungen nicht genehmigt und kommt ein gutgläubiger Erwerb von Rechten mangels Gutglaubenssubstrat nicht in Betracht.
Auch aus Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Kläger keine Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) bis 4) herleiten. Insbesondere ist ein Fremdgeschäftsführungswille der Beklagten nicht erkennbar.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO. Die Höhe der Sicherheit in Bezug auf die Ziffern I. und II. war so zu bemessen, dass der Schuldner vor ungerechtfertigter Vollstreckung geschützt wird (Herget in: Zöller, ZPO, 30. Auflage, Rz. 3 zu § 709).
F. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 3 Abs. 1, 39 Abs. 1, 44, 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 2, 3 ZPO:
-Klageschrift vom 15.08.2016: Klageanträge Ziffern I. und II. je EUR 100.000,–; Klageantrag Ziffern III. und IV. EUR 2.500,– in jedem der sechs Prozessrechtsverhältnisse; Klageanträge Ziffern V. und VI. als Nebenforderung nicht streitwerterhöhend.
-Klageerweiterung im Schriftsatz vom 17.01.2018: neuer Antrag Ziffer III. (Auskunft gegen die Beklagten zu 2) bis 4)) je 5.000,–, gesamt also EUR 15.000,–; neuer Antrag IV. als Nebenforderung nicht streitwerterhöhend
-Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 30.01.2018: neue Anträge V. bis VIII. Zahlung von insgesamt EUR 1.500,–
-einseitige Teilerledigerklärung von Klageantrag Ziffer III. aus dem Schriftsatz vom 17.01.2018 in Bezug auf die Beklagten zu 2) und zu 3) im Termin vom 01.02.2018: Streitwert nur noch 80 % der EUR 10.000,–, also nur noch 8.000,–;
-Klageerweiterung gegen den Beklagten zu 4) im Termin vom 01.02.2018: Stufenklage gegen den Beklagten zu 4) EUR 5.000,–