Aktenzeichen B 5 V 17.974
ZPO § 890, § 929
Leitsatz
Die Androhung eines Ordnungsgeldes gegenüber einer Ratsfraktion regelt sich nach § 167 VwGO iVm § 890 Abs. 1, 2 ZPO. (Rn. 15 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
B 5 E 17.872 2017-11-24 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth
Tenor
1. Der Vollstreckungsschuldnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth vom 24. November 2017 (Az.: B 5 E 17.872), nämlich die Vollstreckungsgläubigerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen, ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.
2. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin begehrt die Androhung eines Ordnungsgelds gegenüber der Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin.
1. Auf Antrag der Antragstellerin verpflichtete das Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 24. November 2017 im Wege der einstweiligen Anordnung, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen (Az. B 5 E 17.872). Über die hiergegen von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden (Az. 4 CE 17.2450).
2. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8. Dezember 2017, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth am 11. Dezember 2017 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer vollständigen Ausfertigung des Beschlusses vom 24. November 2017. Darüber hinaus beantragte sie,
der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den Beschluss des Bayer. Verwaltungsgericht Bayreuth vom 24. November 2017 (Az.: B 5 E 17.872), nämlich die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen, ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro anzudrohen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag stütze sich auf § 890 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Nach Wortlaut und Zweck der Regelung bestehe unter den genannten Voraussetzungen eine Rechtspflicht des Gerichts zum Erlass der Androhung; insoweit sei dem Gericht – mit Ausnahme der Entscheidung über die Höhe des Ordnungsgelds – kein Ermessen eingeräumt. Voraussetzung sei nicht, dass der Vollstreckungsschuldner bereits gegen die Unterlassungspflicht verstoßen habe oder eine derartige Zuwiderhandlung drohe.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14. Dezember 2017 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld abzulehnen.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Antrag sei nicht statthaft, weil der Tenor des Beschlusses vom 24. November 2017 – anders als in § 890 ZPO vorausgesetzt – weder eine Unterlassung noch eine Duldung betreffe. Darüber hinaus sei ein Rückgriff auf die Vorschriften der ZPO unzulässig, weil die Sonderregelung des § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorgehe. Diese Regelung sei anwendbar auf hoheitliche Maßnahmen, bei denen eine spezifische hoheitliche Regelungsbefugnis in Anspruch genommen werde, so auch auf zu Organakten verpflichtende Entscheidungen. Die Zulassung zur Fraktionsarbeit diene der Ausübung hoheitlicher Befugnisse, weshalb hier die Privilegierung des § 172 VwGO anzuwenden sei. Hinter der Vorschrift stehe die Rücksicht auf den Grundsatz der Gewaltenteilung, weshalb die Anwendung der schärferen zivilprozessualen Vollstreckungsvorschriften vermieden werden solle. Für den Fall einer Umdeutung des Antrags sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin nichts für das Vorliegen einer Säumnis der Antragsgegnerin, welche Voraussetzung einer Zwangsgeldandrohung nach § 172 VwGO sei, vorgetragen habe. Darüber hinaus müssten bei Beginn der Zwangsvollstreckung die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Das sei hier, wie sich aus dem Antrag auf Ausfertigung des Beschlusses ergebe, nicht der Fall. Zudem übersteige die angegebene Höhe des anzudrohenden Ordnungsgelds von 250.000 Euro das rechtlich zulässige Maß. Schließlich sei der Beschluss vom 24. November 2017 nicht vollstreckbar, weil die Antragsgegnerin als nicht rechtsfähige Vereinigung kein Vermögen besitze, in das vollstreckt werden könnte. Der „rechtskräftige Tenor“ beziehe sich nur auf die Stadtratsfraktion; eine Erstreckung der Rechtskraft auf Einzelpersonen sei nicht erfolgt. Abschließend werde mitgeteilt, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende von seinem Amt zurückgetreten sei. Er sehe sich als Stadtratsmitglied nicht weiter in der Lage, die Belastungen und Risiken zu tragen, die für ihn als Fraktionsvorsitzender mit den gerichtlichen Verfahren einhergingen, mit denen die Antragstellerin die Antragsgegnerin überziehe. Zudem nehme ein Fraktionsvorsitzender nur eine koordinierende Funktion wahr; eine Vertretungsbefugnis sei damit nicht verbunden. Eine Fraktion sei keine rechtsfähige juristische Person, die vertreten werden könne.
Die Antragstellerin führte ergänzend aus (Schriftsätze vom 14.12.2017 und 15.12.2017), dass für die Frage der Vollstreckungsart die Tatsache maßgebend sei, ob bei verständiger Auslegung des Titels ein Gebot zum Unterlassen oder zum Handeln ausgesprochen worden sei. Dulden im Sinne von § 890 ZPO sei eine in der Verpflichtung des Schuldners, die Vornahme der Handlung eines anderen nicht zu behindern, zu sehende Unterform des Unterlassens. Der Antragsgegnerin sei aufgegeben, die Antragstellerin mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen; das beinhalte auch, sie bei der Fraktionsarbeit nicht zu behindern, weshalb ein Dulden vorliege. Die Vollstreckung richte sich nicht nach § 172 VwGO. Diese Regelung erfasse auch die Erzwingung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen, mit denen die öffentliche Hand eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare, allein ihr vorbehaltene spezifische hoheitliche Regelungsbefugnis in Anspruch nehme. Zwar umfasse die Norm auch Regelungen in Organakten, d.h. Maßnahmen, die das Organ einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegenüber einem anderen Organ oder Organteil treffe. Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs handele es sich bei der Fraktion jedoch weder um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts noch um ein Gemeindeorgan. Zudem scheide eine Vollstreckung über § 172 VwGO auch deshalb aus, weil kein Subordinationsverhältnis zwischen Vollstreckungsgläubigerin und -schuldnerin vorliege und damit das hoheitliche Element fehle. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Nach der Rechtsprechung bedürfe es für die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung keiner Zustellung im Parteibetrieb, vielmehr sei es ausreichend, wenn innerhalb der Monatsfrist ein Antrag auf Androhung eines Ordnungsgeldes gestellt werde. Darüber hinaus habe man in zulässiger Weise die Androhung eines Zwangsgelds „bis zu“ 250.000 Euro beantragt; die tatsächliche Höhe stehe im Ermessen des Gerichts. Die Antragsgegnerin sei eine Vereinigung, der ein Recht zustehen könne, und als solche beteiligungsfähig im Sinne von § 61 Nr. 2 VwGO. Daher könne auch gegen sie die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Dass sie kein vollstreckungsfähiges Vermögen habe, werde bestritten. Selbst wenn das der Fall sein sollte, würde das die Zwangsvollstreckung zwar erfolglos aber nicht unzulässig machen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der bisherige Fraktionsvorsitzende von seinem Amt zurückgetreten sei. Zudem sei dieser Umstand ohne Belang, weil stellvertretende Fraktionsvorsitzende vorhanden seien und die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten sei.
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 ließ die Antragsgegnerin ergänzend vortragen, Gegenstand des Vollstreckungsverfahrens sei der prozessuale Anspruch in seinem tenorierten Umfang. Eine Wahlmöglichkeit, diesen Tenor in ein Duldungsgebot umzudeuten, bestehe nicht. Somit komme eine Vollstreckung nach § 890 ZPO nicht in Betracht.
3. Ergänzend wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig (dazu unten Buchst. a) und hat auch in der Sache Erfolg (dazu unten Buchst. b).
a) Der Antrag der Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Ordnungsgelds ist zulässig.
aa) Die Beteiligtenfähigkeit der Antragsgegnerin ergibt sich aus § 61 Nr. 2 VwGO (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017 § 61 Rn. 16; VG Bayreuth, B.v. 24.11.2017 – 5 E 17.872 – S. 9 des Entscheidungsabdrucks; für eine analoge Anwendung von § 61 Nr. 2 VwGO: Bier/Steinbeiß-Winkelmann in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 61 Rn. 7).
bb) Darüber hinaus ist es nach allgemeiner Ansicht für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 890 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich, dass der Vollstreckungsschuldner bereits gegen die betreffende Unterlassungspflicht verstoßen hat oder dass eine solche Zuwiderhandlung droht (VGH BW, B.v. 18.3.2013 – 4 S 226/13 – NVwZ-RR 2013, 737 f. m.w.N.).
cc) Schließlich kann der Antragstellerin auch nicht entgegengehalten werden, dem Antrag fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Abgesehen davon, dass bei auf § 890 ZPO gestützten Vollstreckungsanträgen kein besonderes, über das allgemeine, d.h. bei jeder Rechtsverfolgung geforderte Rechtsschutzinteresse hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis vorliegen muss (vgl. nur Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 890 Rn. 19; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 11), kann hier das Vorliegen eines allgemeinen Rechtsbedürfnisses nicht mit der Begründung verneint werden, es könne erwartet werden, dass sich die Antragsgegnerin nicht über die gerichtliche Entscheidung hinwegsetzen werde. Denn weder hat die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin gegenüber der Antragstellerin oder gegenüber dem Gericht ausdrücklich zugesichert, sich – angesichts der Regelung in § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO – zumindest für die Zeit des Beschwerdeverfahrens an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 24. November 2017 halten zu wollen und die Antragstellerin beispielsweise an Fraktionssitzungen bzw. -beratungen teilnehmen zu lassen. Noch kann dem Antrag der Antragstellerin entgegengehalten werden, dass die Antragsgegnerin und Vollstreckungsschuldnerin anders als beispielsweise eine Gemeinde – in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts – aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Art. 19 Abs. 4 GG gehindert ist, sich über die einstweilige Anordnung hinwegzusetzen (vgl. BayVGH B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – Juris Rn. 50; so wohl auch Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 123 VwGO Rn. 171a). Es mag zwar sein, dass die Antragsgegnerin als Stadtratsfraktion, bei der es sich um einen Zusammenschluss von Gremiumsmitgliedern handelt, die auf den gleichen Wahlvorschlag gewählt wurden, als „öffentlich-rechtliche Vereinigung sui generis“ (VG Regensburg, U.v. 19.5.2004 – RN 3 K 03.1273 – Juris Rn. 43) anzusehen ist. Daraus folgt aber – anders als beispielsweise bei dem der vollziehenden Gewalt zuzuordnenden Tätigwerden einer Gemeinde – keine sich aus Art. 20 Abs. 3 Satz 2 GG abzuleitende Rechtsbindung der Antragsgegnerin an die Verpflichtung in Nr. 1 des Beschlusses vom 24. November 2017.
b) Der Antrag der Antragstellerin und Vollstreckungsgläubigerin auf Androhung eines Ordnungsgelds hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen für die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 890 Abs. 1 und 2 ZPO liegen vor. Nach letztgenannter Vorschrift ist ein Schuldner, wenn er der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu unterlassen, wegen jeder Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen, wobei dieser Verurteilung eine entsprechende Androhung vorauszugehen hat.
aa) Zur Überzeugung des Gerichts scheitert die von der Antragstellerin begehrte Androhung eines Ordnungsgeldes vorliegend nicht an dem Umstand, dass die Regelung des § 890 Abs. 2 ZPO in Bezug auf die Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO nicht anwendbar wäre. Die Kammer teilt zwar grundsätzlich die in der Literatur vertretene und überzeugend begründete Auffassung, dass Sinn und Zweck der in der Verwaltungsgerichtsordnung enthaltenen Vollstreckungsregelungen für ein umfassendes Verständnis des § 172 VwGO bezüglich der Durchsetzung einer einstweiligen Anordnung sprechen. Demnach wollte der Gesetzgeber mit der vorgenannten Regelung alle Fälle der Erzwingung hoheitlicher Amtshandlungen außerhalb der Geldvollstreckung erfassen. Nach dieser überzeugenden Auffassung bedarf es mithin gegenüber einer an Gesetz und Recht gebundenen Verwaltungsbehörde in aller Regel nicht der „scharfen ZPO-Vollstreckung“ (vgl. VG Bayreuth, B.v. 7.3.2017 – B 5 V 17.17 – S. 4 f. des Entscheidungsabdrucks unter Hinweis auf: Pietzner/Möller in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 172 Rn. 16/18; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 123 VwGO Rn. 171a; Heckmann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 167 Rn. 10). Bei der Antragsgegnerin, die als Stadtratsfraktion weder als juristische Person des öffentlichen Rechts noch als Gemeindeorgan anzusehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2007 – 4 C 06.2676 – Juris Rn. 4), handelt es sich aber – wie bereits oben dargelegt – gerade nicht um eine an Recht und Gesetz gebundene Verwaltungsbehörde. Zudem besteht zwischen der Antragsgegnerin als Stadtratsfraktion und ihren Mitgliedern kein Subordinationsverhältnis (zu diesem Aspekt vgl.: VG Augsburg, B.v. 14.5.2013 – Au 4 V 13.397 – Juris Rn. 49).
bb) Darüber hinaus hat das Gericht keine Zweifel daran, dass die weiteren Voraussetzungen dieser Regelung vorliegend erfüllt sind.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Vollstreckung – auch im Verwaltungsprozessrecht – grundsätzlich nach dem Inhalt des zu vollstreckenden Titels richtet. Somit ist zur Abgrenzung der einzelnen in § 887, § 888 und § 890 ZPO geregelten Fallgruppen auf den Kern der nach dem Vollstreckungstitel geschuldeten Leistung des Schuldners abzustellen (BayVGH B.v. 30.3.2006 – 15 C 05.2757 – Juris Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 887 ZPO Rn. 2). Demnach ist nur dann, wenn der Titel auf ein Unterlassen beschränkt ist, auch der in der Aufrechterhaltung des Zustands liegende Verstoß gegen den Titel nach § 890 ZPO zu vollstrecken; ist dagegen dem Schuldner ausdrücklich aufgegeben, den Zustand zu beseitigen, kommt insoweit nur die Handlungsvollstreckung nach §§ 887 f. ZPO in Frage. Voraussetzung für die Anwendung des § 890 ZPO ist mithin, dass der zu vollstreckende Anspruch auf Unterlassung einer Handlung gerichtet ist oder dazu verpflichtet, die Vornahme einer Handlung zu dulden (vgl.: Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2; Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 2).
Eine solche von § 890 Abs. 2 ZPO umfasste Fallkonstellation liegt hier vor. Denn das Gericht hat die Antragsgegnerin in dem Beschluss vom 24. November 2017 verpflichtet, die Antragstellerin vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache mit allen Rechten und Pflichten eines Fraktionsmitglieds zur Fraktionsarbeit zuzulassen (Nr. 1 des Beschlusstenors). Es mag zwar sein, dass diese Verpflichtung auch ein aktives Tun der Antragsgegnerin, wie z.B. die Übersendung von Ladungen und Sitzungsunterlagen zu Fraktionssitzungen mitumfasst. Der Kern dieses „Zulassens“ liegt aber – entgegen dem Vorbringen der Vollstreckungsschuldnerin – gerade nicht in einem aktiven Tun der Vollstreckungsschuldnerin, sondern besteht in ihrer Verpflichtung, die sich innerhalb des Rahmens ihres Organisationszwecks – der kollektiven Vorbereitung der politischen Willensfindung der kommunalen Volksvertretung (so: Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 116/117) – bewegenden Aktivitäten der Vollstreckungsgläubigerin, wie beispielsweise ihre aktive, d.h. gegebenenfalls durch Wortmeldungen und Anträge begleitete Teilnahme an Fraktionssitzungen hinzunehmen.
cc) Die übrigen Voraussetzungen für den Vollstreckungsantrag – insbesondere Titel und Zustellung des vorausgehenden Beschlusses vom 24. November 2017 – liegen vor. Darüber hinaus bedarf es für die Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung keiner Vollstreckungsklausel, d.h. keiner – hier von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 ausdrücklich beantragten – Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (VGH BW, B.v. 28.4.2014 – 9 S 358/14 – Juris Rn. 8, 13 f.; VG Augsburg, B.v. 14.5.2013 – Au 4 V 13.397 – Juris Rn. 51; Kraft in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rn. 4 zu § 171 und Rn. 11 zu § 172).
dd) Ein Verstoß gegen § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 929 Abs. 2 ZPO, wonach die Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft ist, wenn seit dem Tag, an dem sie verkündet oder dem Beteiligten, auf dessen Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
ee) Die Hinweise der Antragsgegnerin auf ihre Vermögenssituation und auf den zwischenzeitlichen Rücktritt ihres Fraktionsvorsitzenden können dem Vollstreckungsantrag nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Denn zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, dass die behauptete Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin möglicherweise zur Erfolglosigkeit, nicht jedoch zur Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung führen würde. Auch der Vortrag der Antragsgegnerin, ihr bisheriger Fraktionsvorsitzender sei zurückgetreten, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil sich der Vollstreckungsantrag – wie oben dargelegt – in zulässiger Weise gem. § 61 Nr. 2 VwGO gegen die Stadtratsfraktion als Antragsgegnerin richtet und diese nach unwidersprochen gebliebenem Sachvortrag der Antragstellerin über weitere gewählte Stellvertreter verfügt.
ff) Die Höhe des angedrohten Ordnungsgelds ist zur Überzeugung des Gerichts – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsgegnerin zu ihrer Vermögenssituation (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 14.12.2017) – ausreichend und angemessen, um der Funktion des Ordnungsgelds als „Beugemittel“ zur Durchsetzung des Vollstreckungstitels hinreichend Rechnung zu tragen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen. Das Kostenverzeichnis zum GKG (KV-GKG) trifft in Nummer 5301 nur eine Regelung für die Zwangsvollstreckung nach § 169, § 170 und § 172 VwGO. Einschlägig ist daher die allgemeine Regelung in Nummer 2111 KV-GKG, die für Verfahren über Anträge nach § 890 ZPO eine Festgebühr von 20 Euro vorsieht (wie im Übrigen auch die Regelung in Nummer 5301 KV-GKG).