IT- und Medienrecht

Voraussetzung für die Geltendmachung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

Aktenzeichen  M 25 M 17.45954

Datum:
6.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2958
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 2 Abs. 2
VV RVG Nr. 7002 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Voraussetzung für die Geltendmachung der Kostenpauschale für Post und Telekommunikation ist nicht, dass überhaupt nachweisbare Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen angefallen sind. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für die Entstehung der Pauschale ist angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs die Kommunikation durch elektronische Medien als ausreichend anzusehen, so dass die Pauschale mit jeder Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfällt, auch wenn aufgrund von Flatrate-Verträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich ist. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wird in Ziffer II abgeändert und erhält folgende Fassung:
Diese Kosten hat nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 01.03.2017 die Beklagte in Höhe von EUR 497,38 (i.W. vierhundertsiebenundneunzig 38/100) zu tragen.
II. Die Antragsgegner haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die rechtsanwaltlich vertretenen Antragsgegner (Kläger des Verfahren M 25 K 16.33607) wandten sich gegen einen ihren Asylantrag ablehnenden Bescheid der Antragstellerin. Mit Urteil vom 1. März 2017 wurde die Antragstellerin (Beklagte des Ausgangsverfahrens) unter teilweiser Aufhebung des Bescheids zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verpflichtet. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Verfahrenskosten haben die Kläger (Antragsgegner) zu 2/3, die Beklagte (Antragstellerin) zu 1/3 zu tragen.
Mit Beschluss vom 7. Juli 2017 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die den Klägern im Verfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf insgesamt 1532,13 € fest (Ziffer I). Diese Kosten hat die Beklagte zu 1/3 = 510,71 € zu tragen (Ziffer II).
Mit Schreiben vom 11. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurde angeführt, die Postauslagen in Höhe von 20,00 € seien zu berücksichtigen. Auch die elektronische Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen verursache Kosten, welche mit der Pauschale geltend gemacht werden könnten.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.
II.
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist begründet.
Die von der Antragstellerin geltend gemachte Pauschale für Post-und Telekommunikationsdienstleistungen Höhe von 20,00 € ist im Rahmen der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen.
Nach Nr. 7002 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) kann die Pauschale (für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) in jeder Angelegenheit anstelle der tatsächlichen Auslagen nach 7001 gefordert werden.
Vorliegend wurden die Akten nicht auf dem Postweg sondern in elektronischer Form vorgelegt, ein sonstiger Postverkehr fand nicht statt.
Voraussetzung für die Geltendmachung dieser Pauschale ist jedoch nicht, dass in dieser Angelegenheit überhaupt nachweisbare Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne der Nr. 7001 VV RVG angefallen sind Die gegenteilige Auffassung (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Auflage 2017, Nr. 7001-7002 VV Rn. 20 m.w.N.) lässt sich auch nicht mit dem Hinweis auf die gesetzliche Formulierung in Nr. 7002 VV RVG “ anstelle der tatsächlichen Auslagen nach 7001“ begründeten. Der Gesetzgeber ist dabei offensichtlich davon ausgegangen, dass neben der allgemeinen Geschäftsgebühr für die Einrichtung technischer Anlagen auch Kosten für die Kommunikation anfallen. Die Geltendmachung einer Pauschale soll den grundsätzlich möglichen, aber mühsamen Nachweis der konkret angefallenen Entgelte ersetzen. Der Gesetzgeber konnte jedoch nicht davon ausgehen, dass angesichts der heute vorhandenen Flatrate Verträge ein Nachweis über einzeln aufschlüsselbare Kosten nicht mehr möglich ist, obwohl in den Flatrate Entgelten durchaus Kosten für die Nutzung der Telekommunikationseinrichtung, wenn auch in einer pauschalierten Form, enthalten sind.
Für die Entstehung der Pauschale ist heute angesichts des zunehmenden elektronischen Rechtsverkehrs (vgl. § 126a BGB, § 55a VwGO)) die Kommunikation durch elektronische Medien als ausreichend anzusehen, so dass die Pauschale mit jeder Nutzung dieser Kommunikationsmedien anfällt, auch wenn aufgrund von Flatrate Verträgen die Aufschlüsselung einzelner Kosten für die konkrete Kommunikation nicht möglich ist. Es würde dem Sinn und Zweck einer Pauschalregelung und dem Ziel des Gesetzgebers zuwiderlaufen, der mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT Drucksache 15/1971, Seite 1) das Kostenrecht „transparenter und einfacher“ gestalten wollte, wenn man im Falle der Geltendmachung der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG fordern wollte, dass tatsächlich der Nachweis einzelner im konkreten Verfahren angefallener Kostenpositionen für Kommunikationsdienstleistungen erbracht werden müsse (vgl. OLG Frankfurt a. M., B. vom 3. Mai 2017-18 W 195/16, BeckRS 2017,113307).
Kostenbegründend ist somit allein die Kommunikationshandlung im elektronischen Rechtsverkehr als solche, unabhängig von einem konkret nachweisbaren Kostenanfall.
Die Antragstellerin kann die Pauschale für die Post- und Telekommunikationsdienstleistung in Höhe von 20,00 € auch geltend machen, da sie in der allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 hierauf nicht verzichtet hat. Denn der in dieser Erklärung ausgesprochene Verzicht auf die Geltendmachung eigener Kosten betrifft nur die Verfahren, in denen das Bundesamt obsiegt hat, was vorliegend jedoch nicht der Fall war.
Die Antragstellerin (Beklagte) kann somit von den Antragsgegnern (Klägern) die Zahlung von 13,33 € (2/3 von 20,00 €) fordern. Im Kostenausgleich ist dies zu berücksichtigen, sodass die Antragstellerin 497,38 € (510,71 € – 13,33 €) an die Antragsgegner zu zahlen hat. Insoweit war der Kostenfestsetzungsbeschluss abzuändern.
Kosten; § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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