IT- und Medienrecht

Weigerung der Abgabe einer Unterlassungserklärung begründet keinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch

Aktenzeichen  AN 14 E 18.01722

Datum:
2.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28420
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BGB § 1004
BayPrG Art. 4
StGB § 21, § 63, § 67d
EGGVG § 23
ZPO § 920
GG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Erfüllung der pressrechtlichen Auskunftspflicht nach Art. 4 Abs. 1 BayPrG ist als schlicht hoheitliches Handeln zu qualifizieren und dient nicht der Erfüllung von Aufgaben der Strafrechtspflege; die Sonderzuweisung des § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG greift deshalb nicht ein. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus bereits getätigten Äußerungen und der Weigerung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, ergibt sich keine hinreichende Wiederholungsgefahr. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allein die Weigerung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, begründet für sich genommen nicht die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Dringlichkeit der Sache. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz betreffend die Unterlassung von Äußerungen seitens des Antragsgegners zum laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren des Antragstellers.
Der Antragsteller wurde mit Urteil des Landgerichts … vom 16. Mai 1988 (…) rechtskräftig wegen Mordes in zwei Fällen unter der Annahme der verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (ohne besondere Schwere der Schuld) verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB angeordnet. Der Antragsteller war vom 22. August 1988 bis 12. Oktober 2000 im Bezirkskrankenhaus … und im Anschluss daran im Bezirkskrankenhaus … untergebracht. Seit dem 14. August 2015 befand er sich wieder im Bezirkskrankenhaus … Im Rahmen des beim Landgericht … geführten Maßregelvollzugsprüfungsverfahrens (…) wurde mit Beschluss des Landgerichts … vom 13. Februar 2017 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieses Gutachten wurde mit Datum vom 7. Februar 2018 fertig gestellt.
Am 23. Februar 2018 waren in der …zeitung … sowie der …Zeitung Artikel betreffend den Antragsteller abgedruckt. In beiden Artikel wird Bezug genommen auf eine Aussage der Pressesprecherin bei der Staatsanwaltschaft …, die bestätigt haben soll, dass das Prognosegutachten dem Antragsteller eine „erhebliche Reduzierung seiner Gefährlichkeit“ attestiere.
Daraufhin forderte der Bevollmächtigte des Antragstellers den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 2. März 2018 auf, es künftig zu unterlassen, sich außerhalb eines öffentlichen Strafverfahrens zum laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren des Antragstellers, derzeit anhängig beim Landgericht … Az. …, zu äußern, insbesondere Einzelheiten aus dem Sachverständigengutachten des Herrn Prof. Dr. …vom 7. Februar 2018 oder zum bisherigen Vollzugsverlauf seit erneuter Unterbringung des Antragstellers im Bezirkskrankenhaus … für die Zeit nach dem 14. August 2015 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner zugleich auf, diesbezüglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Der Antragsgegner wies den Unterlassungsanspruch mit Schreiben vom 6. März 2018 unter Verweis auf Art. 4 BayPrG zurück.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. März 2018, beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen am 9. März 2018, beantragte der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den beabsichtigten Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er macht einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geltend. Durch Bekanntgabe von Inhalten aus dem Sachverständigengutachten von Herrn Prof. Dr. … vom 7. Februar 2018 habe der Antragsgegner das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzt. Zudem sei der Resozialisierungsanspruch des Antragstellers betroffen. Bei einem Prüfungsverfahren nach § 67d StGB handele es sich stets um ein nicht-öffentliches Verfahren. Der Antragsgegner könne sich deshalb auch nicht darauf berufen, nach Art. 4 BayPrG zur Auskunft berechtigt oder verpflichtet gewesen zu sein. Die Wiedergabe von Einzelheiten aus dem Sachverständigengutachten des Herrn Prof. Dr. … vom 7. Februar 2018 enthalte eine unzulässige und damit rechtswidrige Vorverurteilung des Antragstellers. So heiße es in den Erklärungen der Staatsanwaltschaft ausdrücklich:
„Mit Güte der Staatsanwaltschaft darf er auf seinem Weg in die Freiheit allerdings nicht rechnen. Diese plädiert für eine Fortsetzung der Unterbringung.“
Des Weiteren heiße es:
„Es ist unklar, wohin man ihn entlassen kann. Bisher konnten keine Lockerungen gewährt werden. Ich nehme an, dass dies auf der Grundlage bisheriger Gutachten geschah. Wir haben die Fortdauer der Unterbringung beantragt. So kann man ihn nicht in die Freiheit entlassen.“
Die Informationen zu einem sozialen Empfangsraum und die Gewährung von Lockerungen seien nicht nur unterlaufen, sondern „in die Öffentlichkeit getragen“ worden.
Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr sei gegeben. Bereits eine einmalige Verletzungshandlung begründe eine widerlegliche Vermutung für weitere, gleichgerichtete Handlungen. Darüber hinaus habe der Antragsgegner die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.
Der Antragsgegner führt aus, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft habe weder aktiv Informationen über den Antragsteller verbreitet noch verbreiten lassen. Insbesondere habe sie nicht geäußert:
„Mit Güte der Staatsanwaltschaft darf er auf seinem Weg in die Freiheit allerdings nicht rechnen. Diese plädiert für eine Fortsetzung der Unterbringung.“
Bei dieser Formulierung handele es sich um eine Einschätzung des Journalisten, der den fraglichen Artikel verfasst habe. Aus diesem Grund sei eine Gegendarstellung nicht veranlasst gewesen. Die Pressesprecherin habe auch keine das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers berührenden Details aus dem Sachverständigengutachten vom 7. Februar 2018 oder zum bisherigen Vollzugsverlauf weitergegeben.
Die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft … hat im Verfahren AN 14 E 18.00487 am 17. April 2018 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sie führt zur Sache Folgendes aus:
„Im Vollstreckungsverfahren gegen den Verurteilten … habe ich keine aktive Pressearbeit, etwa in Form der Veröffentlichung einer Pressemitteilung o.ä. geleistet. Vielmehr habe ich lediglich auf Anfragen von Journalisten reagiert. So meldete sich nach meinen Aufzeichnungen am 22.02.2018 gegen 12:10 Uhr der Journalist … von der …zeitung. Er erklärte, seiner Kenntnis nach gebe es ein neues Gutachten, das angeblich „positiv“ für den Verurteilten ausgefallen sei. Deshalb wolle er sich nach dem Inhalt des Gutachtens und dem Stand des Vollstreckungsverfahrens erkundigen. Am selben Tag gegen 13.15 Uhr erkundigte sich auch der freie Journalist …nach dem Inhalt des Gutachtens. Erst auf diese Anfragen hin habe ich mitgeteilt, dass der Sachverständige eine erhebliche Reduzierung der Gefährlichkeit festgestellt, aber auch auf den noch fehlenden sozialen Empfangsraum hingewiesen habe.“
Der vom Antragsteller behauptete Anordnungsanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil die Äußerungen der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft … keinen rechtswidrigen Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Antragstellers darstellten. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Das Strafvollstreckungsverfahren des Antragstellers sei in den Medien und in der Öffentlichkeit mit außerordentlichem Interesse verfolgt worden. Der Antragsteller habe sich im Jahr 2015 durch mehrere Interviews mit Journalisten selbst in die Öffentlichkeit gestellt. Thema sei auch damals schon eine mögliche Entlassung aus dem Maßregelvollzug gewesen. Im Februar 2018 habe der Antragsteller über seinen Prozessbevollmächtigten gegenüber der … Zeitung Stellung zu dem vom Gericht in Auftrag gegebenen Prognosegutachten und der Frage der Entlassung Stellung genommen. Im gleichen Zeitraum habe der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegenüber … … und deren Journalisten … die Freilassung des Antragstellers verlangt. Damit habe sich der Antragsteller selbst oder über seinen Anwalt hinsichtlich seines Verfahrens in die Öffentlichkeit begeben. Unabhängig davon sei das Strafvollstreckungsverfahren gegen den Antragsteller wegen der Beteiligung und der besonderen Bekanntheit des Landgerichtsarztes … in ganz besonderem Maß Gegenstand der Medien und damit auch der Öffentlichkeit gewesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss der Kammer vom 9. Mai 2018 (AN 14 E 18.00487) wegen mangelnder Erfolgsaussichten des beabsichtigten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Der Antragsteller legte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob den Beschluss vom 9. Mai 2018 auf und gewährte dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 5 C 18.1236 -, juris). Der beabsichtigte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung biete hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller könne voraussichtlich einen Anordnungsanspruch auf der Grundlage des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog geltend machen. Die beanstandeten Äußerungen fielen in den Schutzbereich des durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers und stellten nach summarischer Prüfung voraussichtlich auch einen rechtswidrigen Eingriff dar. Es spreche einiges dafür, dass die beanstandeten Äußerungen nicht mehr durch den presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 4 Abs. 1 BayPrG und das Informationsinteresse der Allgemeinheit gedeckt sein könnten. Zu berücksichtigen sei insbesondere, dass die von der Staatsanwaltschaft getätigten Äußerungen im Zusammenhang mit dem nicht-öffentlichen Verfahren zur Überprüfung des Maßregelvollzugs nach § 67d StPO stünden. Auch eine Wiederholungsgefahr sei gegeben. Zum einen habe es der Antragsgegner abgelehnt, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Zum anderen gehe der Antragsgegner nach wie vor davon aus, dass die betroffenen Äußerungen gegenüber der Presse rechtmäßig erfolgt seien. Da das Verfahren zur Überprüfung des Maßregelvollzugs nach Kenntnis des Senats noch nicht abgeschlossen sei, sei zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt noch von einer Wiederholungsgefahr auszugehen.
Mit Beschluss des Landgerichts … – Große Strafvollstreckungskammer – vom 6. August 2018 (…) wurde die Unterbringung des Antragstellers in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt (Ziffer I. des Beschlusses). Der Beschluss ist hinsichtlich der Ziffern I – III rechtskräftig. Der Antragsteller befindet sich seit dem 28. August 2018 nicht mehr im Bezirkskrankenhaus …, sondern in der JVA … Gegen die Ablehnung der Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung in Ziffer IV des Beschlusses hat der Antragsteller sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht … eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. September 2018 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Ansbach den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen den Antragsgegner beantragt.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen die bereits im Verfahren AN 14 E 18.00487 vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte an. Unstreitig sei nach Durchführung des Verfahrens über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, dass sich die Pressesprecherin wie folgt geäußert habe:
„Es gibt ein neues Prognose-Gutachten. Der Sachverständige hat eine erhebliche Reduzierung der Gefährlichkeit festgestellt. Aber es sei noch kein sozialer Empfangsraum vorhanden. Es ist unklar, wohin man ihn entlassen kann. Bisher konnten keine Lockerungen gewährt werden. Ich nehme an, dass dies auf der Grundlage bisheriger Gutachten geschah. Wir haben die Fortdauer der Unterbringung beantragt. So kann man ihn nicht in die Freiheit entlassen. Die Akten gehen nun von uns wieder an die Strafvollstreckungskammer …“
Ferner bestreitet der Antragsteller, dass der Journalist …von der … … im Rahmen seiner Anfrage erklärte habe, dass es seiner Kenntnis nach ein neues Gutachten gebe, das angeblich „positiv“ für den Verurteilten ausgefallen sei.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
1.den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, sich außerhalb eines öffentlichen Strafverfahrens zum laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren des Antragstellers, derzeit anhängig beim Landgericht … Az. …, zu äußern, insbesondere Einzelheiten aus dem Sachverständigengutachten des Herrn Prof. Dr. …vom 7. Februar 2018 oder zum bisherigen Vollzugsverlauf seit erneuter Unterbringung des Antragstellers im Bezirkskrankenhaus … für die Zeit nach dem 14. August 2015 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen.
2.dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1) ausgesprochene Verpflichtung, ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten sowie Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, anzudrohen Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt fehle es an der sowohl für den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch als auch für den Anordnungsgrund erforderlichen Wiederholungsgefahr. Nachdem die Unterbringung des Antragstellers im Bezirkskrankenhaus mit Beschluss des Landgerichts … vom 6. August 2018 rechtskräftig für erledigt erklärt worden sei, könne sich der Antragsgegner nicht mehr außerhalb eines öffentlichen Strafverfahrens zum laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren äußern. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass eine vergleichbare Wiederholung der Weitergabe der Äußerungen bevorstehe.
Die beanstandeten Ausführungen beeinträchtigten den Antragsteller nicht in der Weise, dass der im Hauptsacheverfahren erforderliche Rechtsschutz nicht als ausreichend angesehen werden könne. Die vom Antragsteller behauptete unzulässige und angeblich rechtswidrige Vorverurteilung könne den Erklärungen der Pressesprecherin nicht entnommen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, auch zum Verfahren AN 14 E 18.00487 verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist eröffnet. Der Antragsteller begehrt die Unterlassung künftiger Äußerungen der Staatsanwaltschaft … außerhalb eines öffentlichen Strafverfahrens zu seinem laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren. Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Die Streitigkeit ist nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO). Insbesondere ist nicht der Zivilrechtsweg nach § 23 Abs. 1 EGGVG eröffnet. § 23 EGGVG weist die Nachprüfung von Maßnahmen den ordentlichen Gerichten nur zu, wenn die in Rede stehende Amtshandlung der zuständigen Behörde gerade als spezifisch justizmäßige Aufgabe auf einem der dort genannten Rechtsgebiete anzusehen ist. Die gegenständlichen Äußerungen der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft … stellten keine Maßnahme auf dem „Gebiet der Strafrechtspflege“ dar (vgl. BGH, B.v. 27.7.2017 – 2 ARs 188/15 -, juris). Vielmehr handelte die Pressesprecherin in amtlicher Eigenschaft und in Erfüllung ihrer presserechtlichen Auskunftspflicht nach Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Pressegesetzes (BayPrG). Dies ist als schlicht hoheitliches Handeln zu qualifizieren und diente nicht der Erfüllung von Aufgaben der Strafrechtspflege im engen Sinne. Die Sonderzuweisung des § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG greift deshalb hier nicht ein (vgl. auch BVerwG, U.v. 14.4.1988 – 3 C 65/85 -, juris; BayVGH, B.v. 21.2.2002 – 5 C 01.3135 und B.v. 27.3.2014 – 7 CE 14.253 -, juris).
2. Der Antrag ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Der Antragsteller hat das zu sichernde oder zu regelnde Recht in bestimmter Weise bezeichnet (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 1 ZPO). Der Antragsteller hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsgegner es abgelehnt hat, eine Unterlassungserklärung abzugeben.
3. Der zulässige Antrag bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Nach Auffassung der Kammer hat der Antragsteller weder einen Anordnungsanspruch (dazu 3.1.) noch einen Anordnungsgrund (dazu 3.2.) glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO).
3.1. Der Antragsteller hat bereits keinen Anordnungsanspruch mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO).
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und zugleich hinreichenden summarischen Prüfung ist es überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller kein Anspruch auf Unterlassung künftiger Äußerungen aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs zusteht.
Der aus § 1004 BGB abgeleitete und in der Rechtsprechung allgemein anerkannte öffentlich-rechtliche Anspruch auf zukünftige Unterlassung einer getätigten Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung der in Rede stehenden Äußerung droht (BVerwG, B.v. 11.11.2010 – 7 B 54.10 -, juris; OVG NRW, B.v. 25.7.2014 – 13 ME 97/14 -, juris; B.v. 12.7.2013 – 13 ME 112/13 -, juris).
Dahinstehen kann, ob die vom Antragsteller beanstandeten Äußerungen der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers darstellen oder vielmehr durch den presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 4 Abs. 1 BayPrG und das besondere Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt sind.
Der Antragsteller hat jedenfalls nicht die für einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr glaubhaft gemacht.
Allein aus den bereits getätigten, vom Antragsteller beanstandeten Äußerungen und der Weigerung des Antragsgegners, eine Unterlassungserklärung abzugeben, ergibt sich noch keine hinreichende Wiederholungsgefahr. Eine einmalige Verletzungshandlung kann allenfalls eine widerlegliche Vermutung für weitere, gleichgerichtete Handlungen begründen (BayVGH, B.v. 13.6.2013 – 4 CE 13.944 – juris Rn. 25). Daran ändert auch nichts die Nichtabgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die vom Bundesgerichtshof für den Bereich des Wettbewerbsrechts entwickelten Grundsätze des zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch sind nicht uneingeschränkt auf den Bereich hoheitlicher Äußerungen übertragbar (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2013 – 4 CE 13.944 – juris Rn. 25; OVG NRW, B.v. 25.7.2014 – 13 ME 97/14 – juris Rn. 9). Während im Wettbewerbsrecht die Wiederholungsgefahr bereits dann zu bejahen ist, wenn keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben wird, stellt die Weigerung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, bei einem auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht gestützten Unterlassungsanspruch lediglich ein Indiz für ein Fortbestehen der Wiederholungsgefahr dar. Eine solche Weigerung beinhaltet nicht notwendig die Erklärung, eine Behauptung wiederholen oder erneut weitergeben zu wollen, sondern kann vielmehr auch darauf beruhen, dass der sich Weigernde von der Rechtmäßigkeit seiner Äußerungen ausgeht (so auch BayVGH, B.v. 13.6.2013 – 4 CE 13.944 -, juris; B.v. 20.9.2010 – 4 C 10.1742 -, juris; B.v. 25.5.2010 – 7 B 09.2655 -, juris; B.v. 16.1.2008 – 12 CE 07.2985 -, juris). Entscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls, wie zum Beispiel die Schwere des Eingriffs, die Umstände der Verletzungshandlung, der fallbezogene Grad der Wahrscheinlichkeit der Wiederholung und die Motivation des Verletzers (vgl. BayVGH, B.v. 22.7.2015 – 5 C 15.803 – juris Rn. 13 mit Verweis auf B.v. 30.6.2014 – 5 ZB 14.118 – BeckRs 2014, 53488; B.v. 13.6.2013 – 4 CE 13.944 -; juris; OVG NRW, B.v. 25.7.2014 – 13 ME 97/14 -, juris unter Hinweis auf BGH, U.v. 8.2.1994 – VI ZR 286/93 -, juris; VG Köln, B.v. 27.6.2018 – 1 L 641/18 -, juris; VG Hannover, B.v. 23.7.2018 – 1 B 4254/18 -, juris).
Ausgehend davon und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände ist im vorliegenden Fall eine konkrete Wiederholungsgefahr nicht glaubhaft gemacht. Dies ergibt sich bereits aus den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist in den Gründen des Beschlusses vom 21. August 2018 darauf hin, dass der vom Antragsteller geltend gemachte öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch zeitlich an die noch fortdauernde Überprüfung des Maßregelvollzugs geknüpft ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 5 C 18.1236 – juris Rn. 23). Nachdem die Unterbringung des Antragstellers im Bezirkskrankenhaus mit insoweit rechtskräftigem Beschluss des Landgerichts … vom 6. August 2018 für erledigt erklärt wurde (vgl. Ziffer I des Beschlusses) und sich der Antragsteller derzeit nicht mehr in einem Bezirkskrankenhaus befindet, ist das Maßregelvollzugsprüfungsverfahren beendet. Eine Wiederholung der Äußerungen des Antragsgegners „zum laufenden Maßregelvollzugsprüfungsverfahren des Antragstellers“ ist demzufolge nicht mehr zu befürchten.
3.2. Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Aus den gleichen Gründen, aus denen eine Wiederholungsgefahr zu verneinen ist (vgl. 3.1.), fehlt es auch an der Eilbedürftigkeit der erstrebten richterlichen Anordnung und damit an einem Anordnungsgrund (vgl. OVG NRW, B.v. 25.7.2014 – 13 ME 97/14 -, juris). Allein die Weigerung des Antragsgegners, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben, begründet für sich genommen im vorliegenden Fall nicht die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Dringlichkeit der Sache (vgl. auch BayVGH, B.v. 16.1.2008 – 12 CE 07.2985 -, juris). Dies gilt umso mehr, weil das Maßregelvollzugsprüfungsverfahren zwischenzeitlich abgeschlossen ist.
Der Antragsteller hat ferner auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch die Wiederholung der von der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft … getätigten Aussagen wesentliche Nachteile drohen, die allein durch eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren beseitigt werden könnten. Die vom Antragsteller behauptete Gefahr einer „unzulässigen und damit rechtswidrigen Vorverurteilung des Antragstellers“ durch die Äußerungen der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft erscheint eher fernliegend.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14), wobei die Kammer im Hinblick auf die vom Antragsteller begehrte endgültige Vorwegnahme der Hauptsache den vollen Auffangstreitwert angesetzt hat.

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