IT- und Medienrecht

Wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen einen Immobilienmakler wegen Vorenthaltens von energiebezogenen Informationen im Rahmen einer Immobilienanzeige

Aktenzeichen  1 HK O 2534/16

Datum:
28.4.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 110575
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EnEV § 16a
UWG § 5a Abs. 2

 

Leitsatz

1 Ein Immobilienmakler ist nicht Adressat der Informationspflichten des § 16 a EnEV. (Rn. 24). (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei den Pflichtangaben zur Art des Energieausweises und zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes handelt es sich um wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG, die ein Immobilienmakler bei von ihm veranlassten Immobilienanzeigen machen muss. (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Anzeigen für Immobilien, für die zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass die Immobilienanzeigen die gemäß § 16a EnEV erforderlichen Pflichtangaben zur Art des Energieausweises und zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthalten, wenn dies geschieht wie in der „…” vom 18. März 2016 und wiedergegeben wie folgt:
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der gerügten Werbung nach § 5a Abs. 2 UWG Gemäß § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Es wird hier davon ausgegangen, dass der Beklagte als Makler nicht Adressat des § 16 a EnEV ist (OLG München Urteil vom 8.12.2016, Az. 6 U 4725/15, zitiert nach iuris, Rn. 53 bis 66).
Einer Haftung des Beklagten wegen Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach Maßgabe des § 5a Abs. 2 UWG steht dieser Umstand aber nicht entgegen. Zwar kommt nach der Rechtsprechung des BGH eine täterschaftliche Handlung desjenigen, der nicht selbst Adressat der dem Unlauterkeitsvorwurf des § 4 Nr. 11 UWG bzw. § 3a UWG zugrunde liegenden Norm ist, nicht in Betracht. Diese Rechtsprechung findet jedoch auf den hierzu entscheidenden Fall der Beurteilung des vom Kläger als wettbewerbswidrig angesehenen Verhaltens des Beklagten nach Maßgabe des § 5a Abs. 2 UWG keine entsprechende Anwendung. Die spezielle Regelung des § 16a EnEV führt nicht zu einer Sperrwirkung der Anwendbarkeit des in § 5a Abs. 2 UWG weiter gefassten Unlauterkeitstatbestands, auch nicht über § 5a Abs. 4 UWG (OLG München a.a.O., Rn, 71).
Bei den Pflichtangaben zur Art des Energieausweises und zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes handelt es sich um wesentliche Informationen, die der Beklagte dem von der streitgegenständlichen Annonce angesprochenen Verbraucher vorenthält. Ein potentieller Interessent des in der streitgegenständlichen Anzeige zum Ausdruck kommenden Immobilienangebots des Beklagten benötigt die Information, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UWG). „Geschäftliche Entscheidung“ ist jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer.Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG). Die in Rede stehenden Informationen benötigt der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Objekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspricht. Das Vorenthalten der betreffenden Informationen ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UWG). Die unzureichenden energiebezogenen Informationen können den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu dem Beklagten im Hinblick auf den Erwerb des angebotenen Hausgrundstücks aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er sich anhand der in § 16a Abs. 1 EnEV vorgesehenen, antragsgegenständlichen Angaben näher über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie hätte informieren können (OLG München a.a.O, Rn. 73).
Es liegt auch eine spürbare Beeinträchtigung im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG a. F. vor. Mit der Bejahung der Wesentlichkeit der vorenthaltenen Informationen sind jedenfalls nach der bis zum 09.12.2015 geltenden Rechtslage unwiderleglich auch die Erfordernisse des § 3 Abs. 2 UWG a. F. erfüllt, weil sich die Wesentlichkeit nach § 5a Abs. 2 UWG gerade dadurch definiert, dass der Verbraucher „im Sinne des § 3 Abs. 2 … beeinflusst“ wird (OLG München a.a.O., Rn. 74).
Der Beklagte hat keine Gründe aufgezeigt, warum die Kammer von der Rechtsprechung des OLG München zu § 5a UWG im Zusammenhang mit der EnEV abweichen sollte.
Soweit das zitierte Urteil des OLG München Gegenstand eines Revisionsverfahrens ist, rechtfertigt das eine Aussetzung des Verfahrens nicht. Dieses Verfahren ist nicht vorgreiflich für den Rechtsstreit hier iSd § 148 ZPO. Es genügt nicht.’dass die Entscheidung des BGH Auswirkungen auf diesen Rechtsstreit haben kann (Zöller ZPO 31. Aufl. § 148 Rn. 5 und 5a).
Der Unterlassungsantrag ist auch nicht unbestimmt.
Der Unterlassungsantrag bezieht sich auf die Angaben zur Art des Energieausweises und zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes. Es wird die konkrete Anzeige vom 18.3.2016 in der …, in den Antrag hineinkopiert (zu Kopieranträgen: BGH Urteil vom 17.3.2011, Az. IZR 81/09, zitiert nach iuris Rn. 14).
Der Kläger macht auch keine Ansprüche nach dem UKIaG geltend. Er stützt seinen Unterlassungsanspruch auf Wettbewerbsrecht nach dem UWG. Die Unterlassungsansprüche nach dem UKIaG und dem UWG stehen nebeneinander (MüKoZPO/Micklitz UKIaG § 2 Rn. 2, 13). Der Kläger kann entscheiden, ob er den Unterlassungsanspruch nach dem UKIaG oder dem UWG geltend macht (MüKoZPO/Micklitz UKIaG § 2 Rn. 14).
Rechtsmissbrauch der Rechtsverfolgung des Klägers ist nicht ersichtlich.
Der Kläger ist in die Leiste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG eingetragen. Es ist gerichtsbekannt, dass die Eintragung regelmäßig durch das Bundesamt für Justiz überprüft wird. Soweit der Beklagte dem Kläger vorwirft, von … gesponsert zu werden, hat der Kläger unwidersprochen im Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgetragen, dass diese Vorwürfe bereits Gegenstand der jüngsten Überprüfung des Klägers durch das Bundesamt für Justiz waren. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 4 Abs. 4 UKIaG kann darauf nicht gestützt werden. Zu berücksichtigen ist, dass nur begründete Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzungen zur Eintragung eine Aussetzung rechtfertigen können und an die begründeten Zweifel strenge Anforderungen zu stellen sind (Köhler/Bornkamm/Köhler UKIaG § 4 Rn. 14). Das gilt auch für die Ausführungen des Beklagten, soweit der Kläger in die Ecke der „Abmahnindustrie“ gestellt wird. § 2b UKIaG ist inzwischen geltendes Recht geworden. Er entspricht im Inhalt weitgehend der Rechtsprechung zu § 8 Abs. 4 UWG. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Abmahnungen nur ausspricht, um gegen die Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, sind nicht vorgetragen.
2. Der Kläger kann auch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die Aufwendungen der Abmahnung in Höhe von 229,34 € geltend machen.
Die Abmahnung war berechtigt.
Die Höhe der geltend gemachten Kostenpauschale erscheint angemessen (siehe hierzu: Köhler/Bornkamm/Bornkamm UWG § 12 Rn. 1.127). Der Beklagte hat gegen die Aufschlüsselung der, Kostenpauschale durch den Kläger im Schriftsatz vom 31.10.2016 keine substantiierten Einwendungen mehr vorgebracht.
Bezüglich der Abmahnkosten macht der Kläger Prozesszinsen nach § 291 ZPO geltend. Die Klage wurde am 12.8.2016 zugestellt.
Nach § 288 Abs. 1 BGB sind Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins berechtigt.
II.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO. 2.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 709 ZPO. 3.
Bei der Festsetzung des Streitwerts wurden § 51 Abs. 2 GKG und § 3 ZPO zugrunde gelegt.

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