IT- und Medienrecht

Wettbewerbswidrige Werbung mit der Aussage “Der Artikel ist bald verfügbar”

Aktenzeichen  6 U 3815/17

Datum:
17.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
CR – 2019, 54
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 312d Abs. 1 S. 1, § 312j Abs. 1
EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7
UWG § 3, § 3a

 

Leitsatz

1 Die Werbung mit der Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar” genügt nicht den gesetzlichen Informationspflichten aus § 312 d Abs. 1 S. 1 BGB iVm Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB, weil kein hinreichend bestimmbarer Lieferzeitraum angegeben wird, aufgrund dessen der Verbraucher darüber in Kenntnis gesetzt wird, bis zu welchem Zeitpunkt spätestens die bestellte Ware vom werbenden Unternehmer an ihn ausgeliefert werde. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Informationspflichten aus § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB finden auch im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs Anwendung. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln der § 312d Abs. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB ist geeignet, die Interessen des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen.  (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

33 O 20488/16 2017-10-17 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17.10.2017, Az. 33 O 20488/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das landgerichtliche Urteil und dieses Senatsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kosten leistet.

Gründe

II.
Die Berufung der Beklagten gegen das angegriffene Urteil des Landgerichts München I vom 17.10.2017 ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 517, § 519 ZPO) und begründet (§ 520 Abs. 2 ZPO) worden. Sie führt allerdings in der Sache nicht zum Erfolg. Die Feststellung des Landgerichts, die angegriffene Werbung der Beklagten im Internet, beinhaltend die Aussage „Der Artikel ist bald verfügbar“ ohne die Angabe des Termins, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern müsse, sei wettbewerbswidrig, ist frei von Rechtsfehlern. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Einwände verhelfen der Beklagten nicht zum Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten hält der Unterlassungsantrag der Klägerin dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO stand.
a) Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2015, 1237, Tz. 13 – Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; BGH GRUR 2011, 936 Tz. 17 – Double-opt-in-Verfahren m.w.N.; BGH GRUR 2011, 539 Tz. 11 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; BGH GRUR 2011, 152 Tz. 22 – Kinderhochstühle im Internet; BGH GRUR 2010, 749 Tz. 21 – Erinnerungswerbung im Internet). Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch setzt eine konkrete Verletzungshandlung voraus, für die eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr besteht. Ein auf Unterlassung gerichteter Klageantrag muss grundsätzlich auf die konkrete Verletzungsform abstellen. Bei der Formulierung des Antrags sind allerdings gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern darin das Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2011, 433 Tz. 26 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung; BGH GRUR 2010, 454 Tz. 12 – Klassenlotterie; BGH GRUR 2010, 253 Tz. 30 – Fischdosendeckel; BGH GRUR 2008, 702 Tz. 55 – Internetversteigerung III).
b) Diesen Anforderungen leistet der Unterlassungsantrag des Klägers Genüge:
aa) Die Einbeziehung der dem Internetausdruck gemäß Anl. K 1 entnommenen streitgegenständlichen Werbeaussage in den Unterlassungsantrag ibt im vorgenannten Sinne die konkrete Verletzungsform wieder.
bb) Durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform und den Zusatz, „bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss“, ist der im Unterlassungsantrag verwendete Begriff „Termin“ (vgl. Art. 246 a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB) entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend in dem Sinne bestimmt bzw. – was im Rahmen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreicht – dahingehend bestimmbar, dass damit der Zeitpunkt anzugeben ist, an dem die Lieferung spätestens zu erfolgen hat. Die Angabe eines Lieferzeitraums anstelle eines festen Termins führt dabei nicht zur Mehrdeutigkeit des Unterlassungsantrags; dessen Ende findet Aufnahme in die Antragsfassung („bis zu dem …“) und konkretisiert diese im Streitfall hinreichend.
cc) Bei der Verwendung der Passage „… Termin, bis zu dem die Beklagte die Ware liefern muss“ handelt es sich um eine zulässige Wiederholung des Gesetzeswortlauts in Art. 246 a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB, da der Kläger durch die Wiedergabe der angegriffenen Werbeaussage gemäß Anl. K 1 im Unterlassungsantrag hinreichend deutlich gemacht hat, dass er nicht lediglich ein Verbot im Umfang des abstrakten Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (st. Rspr., vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, 38. Aufl. 2018, § 12 Rn. 2.40 a).
2. Der Unterlassungsantrag ist auch nicht zu weit gefasst (was bei dessen Vorliegen nicht zur Unzulässigkeit des Antrags, sondern zur (teilweisen) Unbegründetheit führte), weshalb das Landgericht keine Veranlassung hatte, diesen ganz oder teilweise als unbegründet abzuweisen.
Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dem Unterlassungsantrag könne nicht entnommen werden, dass vom Verbot nur eine Produktwerbung mit Bestellmöglichkeit umfasst sei. Eine bloße Warenpräsentation ohne Bestellmöglichkeit könne der Beklagten allerdings nicht in zulässiger Weise untersagt werden.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die im Unterlassungsantrag in Bezug genommene konkrete Verletzungsform ausschließlich auf ein Produktangebot mit Bestellmöglichkeit abstellt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Antragsfassung („… die Möglichkeit haben, Waren zu bestellen …“) und findet seine Entsprechung in der im Antrag abgebildeten Intemetwerbung der Beklagten.
Aus diesem Grund kann der Beklagten auch nicht darin gefolgt werden, dass von der durch das Erstgericht ausgesprochenen Verurteilung insoweit erlaubte Handlungen (mangels Bestellmöglichkeit in der fraglichen Internetwerbung; zu anderweitigen möglicherweise erlaubten Handlungen verhält sich weder der Unterlassungsantrag, noch der Vortrag der Beklagten, solche sind auch nicht ersichtlich) mitumfasst seien.
3. Das landgerichtgerichtliche Urteil hat auch Bestand, soweit sich die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung richtet, die verfahrensgegenständliche Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar. Sichern Sie sich jetzt Ihr Exemplar!“ sei wettbewerbswidrig, weil damit die der Beklagten obliegende gesetzliche Informationspflicht der Beklagten in § 312 d Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB nicht erfüllt sei.
a) Gemäß § 312 d Abs. 1 BGB ist bei – hier von der Beklagten im Rahmen der angegriffenen Internetwerbung angebotenen – Fernabsatzverträgen der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246 a EGBGB zu informieren. Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB bestimmt, dass der Verbraucher über die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen sowie über den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, zu informieren ist. § 312 d Abs. 1 BGB. Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB setzen Art. 6 Abs. 1 lit. g der RL 2011/83/EU (Verbraucherrechterichtlinie, VerbrR-RL) um, in der es hierzu lautet:
(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes:

g) die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden:
b) Mit der streitgegenständlichen Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ genügt die Beklagte ihrer gesetzlichen Informationspflicht wie vorstehend wiedergegeben nicht. Mit dieser verbindet der angesprochene Verbraucher zwar wie vom Erstgericht zutreffend festgestellt die Vorstellung, dass eine Lieferung der Ware in naher Zukunft versprochen werde. Einem Termin im Wortsinne der gesetzlichen Regelung entspricht die Angabe „bald“ allerdings nicht, auch nicht in Gestalt eines hinreichend bestimmbaren Lieferzeitzeitraums, aufgrund dessen der Verbraucher darüber in Kenntnis gesetzt wird, bis zu welchem Zeitpunkt spätestens die bestellte Ware vom werbenden Unternehmer an ihn ausgeliefert werde (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.10.2014 – 29 W 1935/14 m.w.N., nachgewiesen in juris). Die Vorschriften der §§ 312 ff BGB bezwecken die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Art. 1 der VerbrR-RL), die Einhaltung der Informationspflicht nach § 312 d BGB ist am Maßstab des § 305 c BGB (Unlarheitenregel) sowie der §§ 307 ff BGB (hier insbesondere des Transparenzgebots § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) zu messen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, § 312 d Rn. 2, 4 m.w.N.). Eine in zeitlicher Hinsicht nicht näher bestimmbare Terminsangabe „bald“ ist weder hinreichend klar verständlich, noch ausreichend transparent für den Verbraucher, der tatsächliche Lieferzeitpunkt bzw. -zeitraum bleibt vielmehr offen. Der Verbraucher kann den Fälligkeitszeitpunkt bzw. den Ablauf einer Lieferfrist nicht bestimmen und den Unternehmer nicht in Verzug setzen, wenn es in der Folge zu einer Auslieferung der versprochenen bzw. vertraglich geschuldeten Ware nicht kommt. Vor diesem Hintergrund trägt die in zeitlicher Hinsicht nicht näher bestimmbare Angabe „bald“ der von der gesetzlichen Regelung beabsichtigten Garantie eines hohen Verbraucherschutzniveaus nicht hinreichend Rechnung.
c) aa) Dieser Beurteilung kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Regelung der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGBGB sei im elektronischen Geschäftsverkehr dahingehend einschränkend zu interpretieren, dass sie keine Anwendung finde bei im Zeitpunkt des (online-)Bestellvorgangs nicht lieferbarer Ware. Dies folge aus dem Zusammenspiel zwischen den vorgenannten gesetzlichen Regelungen mit der Vorschrift des § 312 j Abs. 1 BGB, wonach der Unternehmer auf Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs (über die Angaben nach § 312 Abs. 1 BGB, die hier nicht im Zentrum des Rechtsstreits stehen) anzugeben habe, ob Lieferbeschränkungen bestehen. Der angesprochene Verkehr – der mit den Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs vertraute Verbraucher – verstehe die streitgegenständliche Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar“ indessen dahingehend, dass derzeit, also im Zeitpunkt des elektronischen Bestellvorgangs, das angebotene Produkt (Smartphone) nicht lieferbar sei. Seinem Informationsbedürfnis sei nach Maßgabe des § 312 j Abs. 1 BGB dadurch hinreichend Rechnung getragen. Wenn er sich gleichwohl zum Kauf entscheide, bedürfe er aus Gründen des Verbraucherschutzes keiner weiteren Aufklärung mehr.
bb) Dieser Sichtweise ist das Landgericht zu Recht nicht gefolgt.
(1) Dass die Informationspflichten der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB auf den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs keine Anwendung fänden bzw. im Verhältnis zur Vorschrift des § 312 j Abs. 1 BGB subsidiär wären, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut dieser beiden Bestimmungen, noch der VerbrR-RL (in § 312 j BGB ist deren Art 8 Abs. 2, 3 umgesetzt worden) entnehmen. Der in § 312 j Abs. 1 BGB verwendete Begriff der „Lieferbeschränkung“ ist auch nicht etwa dahingehend zu verstehen, dass er sich allein auf bei im Bestellzeitpunkt (noch) nicht vorhandene Ware beziehe. Hierunter fallen vielmehr auch Fälle nur beschränkt vorhandener Ware oder auf andere Umstände zurückzuführende Lieferbeschränkungen wie etwa die Lieferung von im Ausland vorhandener Ware. Insoweit kann der Begriff der „Lieferbeschränkung“ nicht als für den Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs abschließende (im Sinne einer lex spezialis) und den Anwendungsbereich des § 312 d BGB beschränkende Regelung angesehen werden. Vielmehr kommen im elektronischen Geschäftsverkehr die fraglichen Bestimmungen nebeneinander zur Anwendung: Wird ein Fernabsatzvertrag unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel mit einem Verbraucher abgeschlossen, gelten sowohl die Vorschriften der §§ 312 ff BGB, als auch diejenigen der §§ 312 i und 312 j BGB (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 312 i Rn. 4, § 312 j Rn. 2).
(2) Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, diese Interpretation entspreche nicht der Erwartungshaltung des von der streitgegenständlichen Werbung angesprochenen Verkehrs. Sie verkenne die im elektronischen Geschäftsverkehr üblichen Gepflogenheiten, sie trage zudem praktischen Bedürfnissen des angesprochenen Verkehrs nicht ausreichend Rechnung und überspanne die Anforderungen an die Einhaltung eines angemessenen Verbraucherschutzniveaus.
Soweit die Beklagte als den von der streitgegenständlichen Werbeaussage angesprochenen Verkehr lediglich die Zielgruppe beschränkt auf den oftmals technikaffinen, mit den Besonderheiten des Onlinehandels vertrauten Verbraucher ansieht, ist dem entgegenzuhalten, dass sich der Angabe „Der Artikel ist bald verfügbar!“ eine derartige Einschränkung (im Sinne einer gespaltenen Verkehrsauffassung) der verfahrensgegenständlichen Werbung, die sich an den Verbraucher allgemein richtet, nicht entnehmen lässt. Eine derartige Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten geboten, zahlreiche Konkurrenten auf dem Markt würden in gleicher oder ähnlicher Weise wie vom Kläger beanstandet ihre Produkte im elektronischen Geschäftsverkehr bewerben. Dass die Angaben der Beklagten hierzu für die tatsächlichen Marktverhältnisse repräsentativ seien, lässt sich deren Vorbringen nicht entnehmen.
Des Weiteren macht der Kläger einen Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3, § 3 a UWG geltend, nicht hingegen beanstandet er die fragliche Werbung der Beklagen als irreführend im Sinne von § 5 UWG. Der objektive Tatbestand der Informationspflicht des Unternehmers gemäß § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB setzt eine Fehlvorstellung des Verkehrs im Hinblick auf die ihm zu erteilenden Informationen gerade nicht voraus.
Nicht zuletzt ist dem von der Beklagte behaupteten praktischen Bedürfnis einer „Lockerung“ der Informationspflichten im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs bei nicht vorrätiger Ware im Zeitpunkt des online-Bestellvorgangs nicht zu entsprechen. Dem Unternehmer wäre es nämlich unter Einhaltung seiner Informationspflichten unbenommen, vor verbindlicher Bestellung der Ware eine Kundenreservierung vorzunehmen oder jedenfalls das Konto des Verbrauchers erst nach Auslieferung der bestellten Ware zu belasten. In diesem Fall würde der Verbraucher jedenfalls nicht das Insolvenzrisiko des Verbrauchers tragen, was vom Landgericht zu Recht beanstandet wurde. Aus den zutreffenden Gründen des Ersturteils stellt das Widerrufsrecht des § 312 g Abs. 1 BGB auch kein äquivalentes Instrumentarium für den Verbraucher dar, um die mit der Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten für den Verbraucher verbundenen Nachteile angemessen auszugleichen.
4. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist deren Zuwiderhandlung gegen die Marktverhaltensregeln der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB (vgl. hierzu Köhler a.a.O., § 3 a Rn. 1.311 und 1.315) auch geeignet, die Interessen des Verbrauchers spürbar zu beeinträchtigen. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltungsregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der von der fraglichen Werbung angesprochenen Marktteilnehmer (Köhler a.a.O., § a Rn. 1.112 m.w.N.). Die Behauptung der Beklagten, die klägerseits beanstandete online-Bestellmöglichkeit biete dem Verbraucher keine Nachteile, sondern nur Vorteile, trifft zum einen aus den vorgenannten Gründen in tatsächlicher Hinsicht nicht zu und ist zum anderen nicht geeignet, die Indizwirkung der Spürbarkeit des streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoßes zu beseitigen. Das beanstandete Verhalten kann nämlich den Durchschnittsverbraucher, wie vom Kläger zutreffend ausgeführt, auch davon abhalten, die Vor- und Nachteile einer geschäftlichen Entscheidung zu erkennen, abzuwägen und eine „effektive Wahl“ zu treffen, weil er keinen Vergleich mit Drittangeboten im Hinblick auf den Liefertermin vornehmen kann.
5. Gegen die zur Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hat die Beklagte über die vorgenannten Einwände zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der verfahrensgenenständlichen Werbeaussage mit ihrer Berufung keine weiteren Rügen vorgebracht. Insoweit bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen im Rahmen dieses Senatsurteils.
III.
1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die von der Beklagten geltend gemachte Bedeutung des Streitfalles für eine Vielzahl von Fällen rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frage der Anwendbarkeit der § 312 d Abs. 1 BGB, Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EGBGB im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs in der Rechtsprechung und/oder in der Literatur kontrovers diskutiert würde.

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