IT- und Medienrecht

Wirksamer Ausschluss für Fahrten auf Rennstrecken in der Kaskoversicherung

Aktenzeichen  1 O 4450/16

Datum:
18.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 137712
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 305 Abs. 1, Abs. 2, § 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1, Abs. 2
AKB 2012 A.2.17.2

 

Leitsatz

Ein (hier: im Versicherungsschein) vereinbarter Risikoausschluss für Privatfahrten auf Rennstrecken wie dem Nürburg- oder Hockenheimring ist in der Kaskoversicherung weder überraschend noch benachteiligt er den Versicherungsnehmer unangemessen (Anschluss an OLG Karlsruhe BeckRS 2014, 09286). (Rn. 16 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrag vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 33.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistung aus der zwischen den Parteien bestehenden Kasko-Versicherung für das bei dem Vorfall am 29.07.2016 auf der Nordschleife des Nürburgrings beschädigte Fahrzeug Opel Speedster des Klägers. Es greift die Ausschlussklausel unter den „besonderen Vereinbarungen“ des Versicherungsscheins (Anlage B1) ein.
1. Zweifelhaft ist, ob auch die Ausschlussklausel in den allgemeinen Versicherungsbedingungen Ziffer A.2.17.2 AKB für Rennen eingreift.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 01.04.2003, NJW 2003, 2018) ist es für das Vorliegen des Merkmals „Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit“ ausreichend, wenn die Höchstgeschwindigkeit zumindest mitbestimmend ist. Der Sinn und Zweck der sog. „Rennklausel“ besteht darin, dass Veranstaltungen, bei denen Kraftfahrzeuge nicht, wie im öffentlichen Straßenverkehr in einer den Verkehrsregeln angepassten Weise benutzt werden und dadurch in ungewöhnlichem Maße gesteigerte Risiken eintreten, gesondert zu beurteilen sind. Anders zu beurteilen ist die Teilnahme an sog. Fahrsicherheitstrainings, die nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten dienen. Bei der streitgegenständlichen Veranstaltung „DSK-Hugo-Emde-Freies Fahren“ handelt es sich um ein sog. Fahrsicherheitstraining, das nicht unter die sog. „Rennklausel“ fällt. Dies ergibt sich zum einen aus den allgemeinen Bedingungen des DSK (Anlage K6) sowie auch aus den Schilderungen des Geschäftsführers der … in der mündlichen Verhandlung vom …. Bei der Veranstaltung handelt es sich auch nicht um eine sog. „Touristenfahrt“ auf der Nordschleife des Nürburgrings, da die Veranstaltung nach dem Bekunden des Zeugen … nicht für die Öffentlichkeit, sondern nur für Mitglieder abgehalten wird und eine Einführung und Kontrolle der Teilnehmer stattfindet.
2. Letztlich kommt es jedoch darauf nicht an, da bereits die Ausschlussklausel in den „besonderen Vereinbarungen“ des Versicherungsscheins eingreift. Übereinstimmend mit der Klägerseite geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Regelung im Versicherungsschein um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 I BGB handelt. Diese wurde nach Maßgabe des § 305 II BGB wirksam in den Vertrag einbezogen. Die Klausel ist entgegen der Ansicht des Klägers wirksam. Der Risikoausschluss ist weder überraschend im Sinne des § 305 c I BGB noch benachteiligt er den Kläger unangemessen im Sinne des § 307 I, II BGB (so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.04.2014, r+s 2014, 275).
a) Die Klausel im Versicherungsschein zu den besonderen Vereinbarungen bezüglich des Risikoausschlusses bei Privatfahrten u.a. auf dem Nürburgring ist keine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c I BGB und wurde daher Vertragsbestandteil. Für den Versicherungsnehmer ist deutlich erkennbar, dass diese Vereinbarung anhand der Überschrift „kein Versicherungsschutz“ einen Ausschluss von Risiken beinhaltet. Die Klausel ist durch die Aufnahme direkt in den Versicherungsschein sogar noch besonders hervorgehoben, da sie sich direkt überhalb der Informationen zu den Versicherungsbeiträgen findet und nicht nur einen Punkt im Klauselwerk der AKB darstellt.
Es ist für den Versicherungsnehmer auch nicht überraschend, dass die Versicherung gewisse Risiken von vorneherein ausschließt, die der Versicherungsnehmer durch die Benutzung besonders gefahrträchtigter Strecken selbst schafft. Derartige Risikoausschlüsse sind daher für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht überraschend, sondern häufig Bestandteil von allgemeinen Versicherungsbedingungen.
b) Der Risikoausschluss benachteiligt den Kläger nicht unangemessen im Sinne des § 307 I, II BGB. Die Formulierung der Klausel ist inhaltlich klar verständlich, da sie sämtliche Privatfahrten auf Rennstrecken vom Versicherungsschutz ausschließt und hierbei sogar den streitgegenständlich betroffenen Nürburgring speziell aufzählt. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass es bei Fahrten auf diesen Strecken nicht darauf ankommt, ob die vorgeschriebene gesetzliche Höchstgeschwindigkeit überschritten wird, oder ob es sich im Einzelnen um Rennveranstaltungen handelt, da allgemein auf die Strecke an sich abgestellt wird. Die Klausel ist gerade auch deswegen klar und deutlich verständlich, weil sie sämtliche Fahrten auf den genannten Strecken ausschließt. Der Versicherungsnehmer ist sich daher bei einer Fahrt auf einer derartigen Strecke im Klaren, dass er keinen Versicherungsschutz genießt.
Angesichts der erhöhten Gefahr bei Fahrten auf einer Rennstrecke auch außerhalb eines Rennens ist, anhand einer Abwägung der Interessen des Versicherers und der gesamten Versichertengemeinschaft mit denen des Versicherten eine entsprechende Ausschlussklausel durchaus nachvollziehbar. Im Gegensatz zu öffentlichen Straßen sind derartige Strecken, wie sogar der Kläger selbst in seiner informatorischen Anhörung angibt, generell gefährlich, wenn man sie nicht kennt. Dies ist auch dann der Fall, wenn diese Strecken außerhalb von allgemeinen Touristenfahrten befahren werden und Streckenposten zur Absicherung vorhanden sind. Der Zeuge Servas gibt an, dass die Fahrt dazu diente, diese Strecke kennenzulernen. Die Strecke ist im Gegensatz zu öffentlichen Straßen bewusst mit entsprechenden Kuppen und Kurven versehen, was die Gefährlichkeit erhöht. Dadurch erhöht sich auch das Risiko eines Unfalls, das die Versicherung im Interesse der versicherten Gemeinschaft ausschließt. Es benachteiligt daher den Kläger nicht unangemessen, wenn er, bei Teilnahme an derartigen Veranstaltungen, das Schadensrisiko selbst zu tragen hat. Die Versichertengemeinschaft müsste sonst mit ihren Versicherungsbeiträgen die erheblichen Risiken derartiger Fahrten und daraus resultierender hoher Schäden an den regelmäßig überdurchschnittlich teuren Fahrzeugen mittragen. Es ist daher für den Kläger zumutbar, für die Fahrt auf derartigen Strecken eine gesonderte Versicherung abzuschließen.
c) Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausschlussklausel unter den besonderen Vereinbarungen des Versicherungsscheins liegen vor, da es sich um eine Privatfahrt auf dem Nürburgring handelte. Gerade das Risiko, das die Versicherung durch die Klausel ausschließen wollte, hat sich im streitgegenständlichen Unfall realisiert. Ob es sich um eine Rennveranstaltung handelt, ist vorliegend nicht erheblich, da es sich bei dem freien Fahren der DSK um eine in der Klausel aufgeführte Privatfahrt handelt.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

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