IT- und Medienrecht

Zum Auskunftsanspruch über sämtliche Einnahmen

Aktenzeichen  16 UF 645/18

Datum:
3.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18656
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 4 Abs. 3
BGB § 1361 Abs. 4, § 1605 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Ist mit der Erfüllung einer Auskunftsverpflichtung voraussichtlich ein Aufwand verbunden, der den Betrag von 600,00 € übersteigt, so ist die Beschwerde zulässig. (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Anspruch über im Auskunftszeitraum erzielte Steuererstattungen besteht nur, soweit diese dem Auskunftsberechtigten nicht bekannt sind. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es besteht keine Rechtsgrundlage dafür, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, Auskunft über Alters- und Vorsorgeaufwendungen sowie Kinderbetreuungskosten zu geben. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 F 565/17 2018-04-23 Teilbeschluss AGERDING AG Erding

Tenor

Nach vorläufiger Auffassung des Senats ist die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 25.05.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Erding vom 23.04.2018, Az. 6 F 565/17, zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert gemäß § 61 FamFG erreicht.

Gründe

Mit der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin unter anderem gegen die Auskunftsverpflichtung gemäß Ziffer 1. b) des Teilbeschlusses vom 23.04.2018. Der Beschluss sieht insoweit zu Lasten der Antragsgegnerin die Verpflichtung vor, Auskunft zu erteilen durch eine systematische Aufstellung über ihre sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung 2016 mit allen Anlagen, insbesondere der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung bzw. etwaiger Einnahmenüberschussrechnung für 2016, jedenfalls gegebenenfalls in vorläufiger Form (BWA) für 2016 sowie des Einkommenssteuerbescheides 2016.
Die Erfüllung dieser Auskunftsverpflichtung ist für die Antragsgegnerin voraussichtlich mit einem Aufwand verbunden, der den Betrag von 600,00 € übersteigt.
Einnahmen sind in § 4 Abs. 3 des Einkommenssteuergesetzes als Teil der Einnahmen-Überschussrechnung definiert. Als Einnahme in diesem Sinn ist jeder Zahlungs- bzw. geldwerte Eingang eines Steuerpflichtigen, der berechtigt ist, den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, zu definieren.
Der Begriff der Aufwendungen stammt aus dem Bilanzsteuerrecht sowie den handelsrechtlichen Vorschriften über das Rechnungswesen. Unter einer Aufwendung wird demnach jeder Geschäftsvorfall verstanden, der zu einer Eigenkapitalminderung des Buchführungs- und Steuerpflichtigen führt.
Indem der Antragsgegnerin aufgegeben wird, sämtliche Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Arbeit in der Zeit von 2014 bis 2016 zu beauskunften, wird ihr im Grundsatz aufgegeben, die gesamte Buchführung für diese drei Jahre vorzulegen und darzulegen, inwieweit die dort genannten Geschäftsvorfälle zu Betriebseinnahmen bzw. Aufwand geführt haben und dies näher zu erläutern.
Allein damit ist es aber nicht getan.
Unstreitig und aus der Akte ersichtlich ist die Antragsgegnerin als selbständige Zahnärztin tätig. Aus den zur Akte gereichten Anlagen ergibt sich, dass sie den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG berechnet. Durch diese Form der Gewinnermittlung wird aber der Aufwand nicht periodengerecht erfasst. Um den zu beauskunftenden Aufwand periodengerecht zu erfassen, wäre mithin für die Buchführung ein Kontenrahmen zu entwickeln, der geeignet ist, einen Jahresabschluss zu entwickeln. Sodann wären sämtliche Geschäftsvorfälle der Jahre 2014 bis 2016 in diesen Kontenrahmen nachzuerfassen.
Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Erding legt zwar nahe, dass eine derart weitgehende Auskunftsverpflichtung nicht gewollt war. Dies ergibt sich daraus, dass an Belegen nur die Einnahmen-Überschussrechnung oder eine Bilanz verlangt werden. Diesen Unterlagen lassen sich nicht sämtliche Einnahmen und Aufwendungen in dem zu beauskunftenden Zeitraum entnehmen. Allerdings ist es nicht möglich, im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens Ziffer 1. b) entsprechend einschränkend nach Maßgabe des mutmaßlich Gewollten auszulegen. Dies ergibt sich daraus, dass die Begriffe der Einnahmen und der Aufwendungen durch das Ertragssteuerrecht sowie das Recht der Buchführung eindeutig definiert sind. Durch die Verpflichtung, eine Einnahmenüberschussrechnung oder eine Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung vorzulegen, wird hierauf auch Bezug genommen. Schließlich werden die Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Einnahmenüberschussabrechnung nur als Beispiel für vorzulegende Belege genannt. Dies ergibt sich aus dem Wort „insbesondere“. Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist Ziffer 1. b) daher aus Sicht des Rechtsmittelführers derart weitgehend auszulegen, dass der Beschwerdewert von 600,00 € überschritten wird.
Der Senat weist die Beteiligten weiter darauf hin, dass der Teilbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Erding vom 26.03.2018 der Antragsgegnerin in weitergehendem Umfang Auskunftsverpflichtungen auferlegt, als dies gemäß §§ 1361 Abs. 4, 1605 BGB geschuldet ist.
Unstreitig war die Antragsgegnerin in dem zu beauskunftenden Zeitraum als selbständige Zahnärztin tätig. Bereits aus den dem Antragsteller vorliegenden Einkommenssteuerbescheiden für 2014 und 2015 ergibt sich, dass die Antragsgegnerin in dieser Zeit keine nichtselbständige Tätigkeit ausgeübt hat. Dementsprechend ist sie auch nicht verpflichtet, Belege über das aus einer solchen Tätigkeit erzielte Einkommen vorzulegen. Darüber hinaus wird seit dem Veranlagungszeitraum 2011 keine Lohnsteuerkarte mehr ausgestellt.
Gemäß §§ 1361 Abs. 4, 1605 Abs. 1 BGB hat der Auskunftspflichtige Auskunft über die Einkünfte zu erteilen, soweit sie für die Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind. Einkünfte eines Gewerbetreibenden werden durch den Gewinn bestimmt, Einkünfte eines selbständiger Tätigkeit durch den Überschuss. Keinesfalls erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung auf sämtliche Betriebseinnahmen und Aufwendungen (richtiger: Betriebsausgaben), die in dem zu beauskunftenden Zeitraum erzielt wurden bzw. angefallen sind. Auskunft zu erteilen ist über den im Auskunftszeitraum erzielten Gewinn, nicht aber über die diesem Gewinn zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle.
Ein Anspruch über im Auskunftszeitraum erzielte Steuererstattungen besteht nur, soweit diese dem Auskunftsberechtigten nicht bekannt sind. Im Veranlagungszeitraum 2015 wurden die Beteiligten letztmals gemeinsam veranlagt. Dementsprechend ist dem Antragsgegner auch bekannt, ob und wenn ja in welchem Umfang für 2015 eine Steuererstattung erzielt wurde. Soweit mit der weit gefassten Formulierung in Ziffer 1. c) des Teilbeschlusses vom 23.04.2018 auch Umsatzsteuererstattungen gemeint sein sollten, ist darauf hinzuweisen, dass diese im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind und daher von der Auskunftsverpflichtung gemäß Ziffer 1. b) erfasst werden.
Schließlich besteht kein Anspruch auf Auskunft über sämtliche Einnahmen und privaten Entnahmen aus der Kasse von „Consultorio“ im Zeitraum von August 2016 bis September 2017. Unstreitig handelt es sich bei „Consultorio“ um die Firma, unter der der Antragsteller einen Handel mit Zahnpflegemitteln und eine Unternehmensberatung betrieben hat. Die Antragsgegnerin ist nicht auskunftspflichtig über einkunftsrelevante Vorgänge im Zusammenhang mit der Kasse des Unternehmens des Antragstellers.
Schriftsätzlich hat der Antragsteller zum Ausdruck gebracht, er begehre die Auskunft deswegen, weil die Antragsgegnerin den Handel mit Zahnprophylaxeprodukten, den vorher er ausgeübt habe, in ihrer Zahnarztpraxis fortgesetzt habe.
Auch insoweit besteht allerdings kein eigenständiger Auskunftsanspruch, da die Erträge, die aus dem Handel mit Zahnpflege- und Prophylaxemitteln erzielt wurden, im Rahmen der Auskunft über die aus der Zahnarztpraxis erzielten Einkünfte mit zu erfassen sind. Darüber hinaus gilt auch hierfür, dass neben dem Anspruch auf Auskunft über die aus selbständiger. Tätigkeit erzielten Einkünfte kein eigenständiger Anspruch auf Auskunft hinsichtlich einzelner Geschäftsvorfälle, beispielsweise im Bezug auf die Kasse des Unternehmens besteht.
Schließlich besteht auch keine Rechtsgrundlage, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, Auskunft über Alters- und Vorsorgeaufwendungen sowie Kinderbetreuungskosten zu geben. Gemäß §§ 1361 Abs. 4, 1605 Abs. 1 BGB hat der Unterhaltspflichtige auf Verlangen Auskunft zu geben über Einkünfte, die er erzielt, soweit sie für die Berechnung des Unterhalts erforderlich sind und gegebenenfalls auch über sein Vermögen. Keine Auskunftsverpflichtung besteht im Hinblick auf Aufwendungen, die das unterhaltsrechtliche Einkommen schmälern. Es ist Sache des Unterhaltspflichtigen im Rahmen des Betragsverfahrens solche Aufwendungen geltend zu machen. Sofern er nicht bereits im Auskunftsverfahren auf entsprechende Aufwendungen hinweist, trägt er das Risiko, dass es kosten rechtlich zu seinem Nachteil gereichen kann, wenn er entsprechende Aufwendungen erstmals im Betragsverfahren geltend macht (Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Unterhaltsrecht, 8. Auflage 2018, Rn. 9.27). Insoweit besteht für den Auskunftspflichtigen aber nur eine Obliegenheit, nicht aber eine selbständig einklagbare und zu titulierende Verpflichtung.
Mit Schriftsatz vom 21.06.2018 hat die Antragsgegnerin eine umfassende Auskunft erteilt.
Soweit in dem Schriftsatz keine umfassende Auskunft für die Zeiträume 2014 und 2015 erteilt wurde, erscheint dies unschädlich, weil in diesen Jahren die Beteiligten gemeinsam zur Einkommenssteuer veranlagt wurden und dementsprechend auch dem Finanzamt gegenüber ihre jeweiligen Einkünfte gemeinsam erklärt haben. Die entsprechenden Steuerbescheide liegen dem Antragsteller vor Informationen, die der Auskunfts- und Unterhaltsberechtigte bereits hat, brauchen nicht gesondert beauskunftet werden.
Im Übrigen entspricht die mit Schriftsatz vom 21.06.2018 gegebene Auskunft (Anlage SSW 6) den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1361 Abs. 4, 1605 Abs. 1, 260 BGB.
Der Senat schlägt den Beteiligten daher vor, Ziffer 1. des Stufenantrags vom 27.09.2017 zur Vermeidung weiterer Kosten und zur Abkürzung des Verfahrens übereinstimmend für erledigt zu erklären. Es könnte dann im schriftlichen Verfahren entschieden werden.
Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen.

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