Aktenzeichen 31 O 426/18
Leitsatz
1 Beim Kauf eines 20 Jahre alten Gebrauchtwagens, der eine Laufleistung von 287.000 Meilen aufweist, kann ein Käufer nicht damit rechnen, dass die Funktionsfähigkeit aller Bauteile uneingeschränkt gewährleistet ist. Weisen Verschleißteile wie das Steuergerät im Zeitpunkt der Übergabe Korrosionsschäden auf, liegt deshalb kein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB vor. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens vor dem Amtsgericht Montabaur, Az.: 18 H 1/16, zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.720,35 € festgesetzt.
Gründe
I.
1. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch aufgrund des streitgegenständlichen Kaufvertrages über den Freightliner FLD 120 gemäß §§ 440, 434 Absatz 1, 433 BGB zu.
Denn es fehlt bereits an einer Mangelhaftigkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Ausweislich des Gutachtens des selbstständigen Beweisverfahrens und den Ausführungen des dortigen Sachverständigen Dipl.-Ing. … B… seinem Gutachten sprang das streitgegenständliche Fahrzeug nicht mehr an und hat kein Gas mehr gezogen. Die Ursachen hierfür lagen bei einem defekten Steuergerät und einem defekten Batteriesatz, wobei das Steuergerät korrodiert war. Diesen technischen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Einzelrichterin vollumfänglich an. Zweifel an diesen Ausführungen zu den Schadensursachen sind nicht ersichtlich.
Unzutreffend ist jedoch die rechtliche Schlussfolgerung des Sachverständigen, die dieser daraus zieht. Dem Sachverständigen ist nicht zu folgen, soweit dieser ausführt, bei einem gebrauchten Fahrzeug, egal wie alt, werde erwartet als zugesicherte Eigenschaft, dass das Fahrzeug und dessen Bauteile einwandfrei funktionieren, ansonsten müsse man das Fahrzeug mit dem Hinweis verkaufen, dass Mängel an folgenden Bauteilen vorliegen oder das Fahrzeug reparaturbedürftig sei.
Dies ist aus rechtlichen Gründen unzutreffend. Gemäß §§ 434 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat, d.h. wenn sie – soweit nicht eine konkrete Beschaffenheit vereinbart ist – sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache abwarten kann, §§ 434 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB.
Das streitgegenständlich veräußerte Fahrzeug hatte ausweislich der … Anzeige des Beklagten einen Tachostand von über 287.000 Meilen und ein Baujahr von 20 Jahren. Bei einem solchen Fahrzeug kann der Kunde nicht damit rechnen, dass er ein neuwertiges Fahrzeug erwirbt. Vielmehr unterliegt ein solches gebrauchtes Kraftfahrzeug der Abnutzung. Bauteile verschleißen und müssen immer wieder ausgetauscht werden, um die Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs zu erhalten.
Der Beklagte hat in seiner persönlichen Anhörung im Termin bestätigt, dass das Fahrzeug nach einer längeren Standzeit von einem Jahr in Hannover bei der Überführung nach Thüringen nach 180 Kilometern stehen geblieben sei und in die Werkstatt der Firma K… & Z… geschleppt worden sei, wo das Fahrzeug repariert worden sei. Es seien Filter verstopft gewesen, weil das Fahrzeug mit Biodiesel betankt gewesen sei und dieser Schmutzpartikel gelöst habe. Nach Erneuerung der Filter habe die Werkstatt eine Probefahrt gemacht und mitgeteilt, dass das Fahrzeug problemlos gefahren sei und laufe. Der Beklagte selbst habe das Fahrzeug anschließend abgeholt und nach Thüringen verbracht.
Diese Angaben des Beklagten werden bestätigt durch die Anlage B 2 vom 02.06.2016 in der der Betriebsleiter der Firma K… & Z… am 02.06.2016 dem Beklagten schriftlich bestätigt hat, dass die Kraftstoffanlage überprüft, gereinigt und der Filtereinsatz erneuert wurde und eine Probefahrt durchgeführt wurde und das Fahrzeug bei Übergabe an den Beklagten ohne Beanstandungen und ohne Fehlermeldungen lief.
Die Einzelrichterin ist der Ansicht, dass die hier seitens des Sachverständigen festgestellte Korrosion des Steuergeräts einen altersbedingten Verschleiß des streitgegenständlichen Fahrzeugs darstellt und damit entgegen der Ansicht des Klägers ein Mangel nicht vorliegt, sondern eine übliche Beschaffenheit. Das streitgegenständliche Fahrzeug war bei Übergabe an den Kläger und damit bei Gefahrübergang betriebsbereit und damit in einem seinem Alter entsprechenden Zustand, ohne dass eine Abweichung der Ist von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit oder von der üblichen Beschaffenheit vorgelegen hat. Das Fahrzeug hat bei Übergabe funktioniert.
Denn dies folgt bereits aus der Tatsache, dass das Steuergerät, welches bei Kauf bereits korrodiert war, bei der Probefahrt des Klägers noch funktioniert hat. Nach den übereinstimmenden Angaben von Kläger und Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger eine ausführliche Probefahrt vorgenommen, bei der das Fahrzeug funktioniert hat. Außerdem habe beide Parteien im Terrmin angegeben, dass der Kläger bei der Besichtigung einen sachkundigen Bekannten dabei hatte, mit dem er das Fahrzeug besichtigt hat. Auch dies spricht dafür, dass das Fahrzeug funktionsfähig war, als der Kauvertrag geschlossen wurde.
Erst nach dem Vortrag des Klägers im Rahmen der Überführung des Fahrzeugs an dessen Wohnort haben sich unmittelbar nach dem Erwerb des Fahrzeugs die streitgegenständlichen Mängel gezeigt. Dies ist ein bedauerlicher Umstand, der aufgrund des Alters und der Laufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeuges in die Risikosphäre des Klägers als Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges liegt. Mit Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger erfolgte auch der Gefahrübergang.
2. Außerdem haben die Parteien wirksam einen Gewährleistungsausschluss vereinbart, so dass, selbst wenn man davon ausginge, dass hier ein Mangel vorlag, keine Ersatzansprüche des Klägers aufgrund der Vereinbarung vorliegen würden. Denn der Kläger kannte die Angaben des Beklagten bei … und hat auch auf diese im Rahmen der Verkaufsverhandlungen nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger der Einzelrichterin erklärt hat, er habe dem Beklagten das Doppelte des Höchstgebotes aus der … Versteigerung, die aufgrund des Erreichens des Mindestgebotes nicht erfolgt sei, geboten. Das …-Angebot weist ausdrücklich auf Seite 2 darauf hin, dass es sich um ein Bastlerfahrzeug handelt, das ohne Gewährleistung verkauft wird.
Außerdem geht das Gericht davon aus, dass die Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach der Beklagte das Fahrzeug ohne Gewährleistung verkauft hat, zutreffend sind. Denn diese Angaben stimmen mit den Angaben im … Gebot überein und sind auch im Hinblick auf die Preisgestaltung der Beteiligten plausibel, da der Beklagte im Vergleich zu dem … Angebot von 16.500,00 € auf 10.500,00 € den Kaufpreis reduziert hat. Auch sind die Ausführungen des Beklagten plausibel, dass er keinen Kaufvertrag dabei gehabt habe, weil er nicht davon ausgegangen sei, das Fahrzeug so schnell zu verkaufen.
Demgegenüber hat der Kläger persönlich in seiner Anhörung angegeben, ein Gewährleistungsausschluss sei gerade nicht vereinbart worden, ein schriftlicher Kaufvertrag habe ihn nicht interessiert, weil dies die Sache des Beklagten als Verkäufer gewesen sei.
Dies erscheint nicht glaubhaft im Gegensatz zu den Angaben des Beklagten. Denn es erscheint kein Grund ersichtlich, warum der Beklagte von den ursprünglich von ihm geforderten Kaufpreis von 16.500,00 € über ein Drittel nachlassen sollte, und dafür für ein Gebrauchtfahrzeug, welches 20 Jahre alt ist und eine Laufleistung von über 287.000 Meilen hat, noch entgegen der üblichen Gepflogenheiten im Gebrauchtwagenmarkt, mit voller Gewährleistung verkaufen sollte.
3. Auch eine bestimmte vereinbarte Beschaffenheit dahingehend, dass das Steuergerät sowie die Batterien über längere Zeit noch funktionsfähig sein werden, ist schon nach dem Sachvortrag des Klägers nicht ersichtlich.
4. Im Ergebnis besteht ein Schadenersatzanspruch des Klägers nicht, da das korrodierte Steuergerät nebst den zu ersetzenden Batterien Verschleißerscheinungen des streitgegenständlichen Fahrzeugs darstellen, die altersbedingt auftreten können, die jedoch keine Abweichung einer üblichen Beschaffenheit eines Fahrzeugs mit einem Alter von 20 Jahren, auch bezogen auf die Laufleistung, darstellen. Ein Schadenersatzanspruch scheidet auch aufgrund des Gewährleistungsausschlusses aus, den der Beklagte bereits schriftlich in seinem … Angebot niedergelegt hatte und den der Kläger kannte. Selbst der Kläger hat nicht vorgetragen in seiner mündlichen Anhörung, dass die Parteien von dem Angebot des Beklagten abgewichen seien und entgegen diesen schriftlichen Angaben in der Anlage B 1 ein Gewährleistungsanspruch des Klägers vereinbart wurde. Auch ist die Einzelrichterin davon überzeugt, dass der Beklagte – wie in seiner mündlichen Anhörung bestätigtent – gegen den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Anhörung, nochmals auf den Gewährleistungsausschluß hingewiesen hat. Die Einzelrichterin hat keine Zweifel daran, dass die Angaben des Beklagten diesbezüglich stimmen, denn dieser hat seine Ausführungen ruhig und sachlich gemacht und diese stimmen auch mit den schriftlichen Angeboten in der Anlage B 1 überein. Demgegenüber hat der Kläger auf die Nachfrage der Einzelrichterin was den nun stimme, die Angaben des Klägers oder des Beklagten, geantwortet, ich weiß nicht mehr, ob es mit dem schriftlichen Vertrag so war, wie der Beklagte geschildert hat. Er wollte das Fahrzeug verkaufen, mir war das egal, ob es einen schriftlichen Vertrag gab oder nicht (Seite 2 unten des Protokolls der mündlichen Verhandlung).
II.
Der Nebenanspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägervertreters ist unbegründet, da dieser Anspruch das Schicksal des Hauptanspruchs teilt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Kostentragungspflicht des Klägers erstreckt sich auch auf die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff. ZPO, denn auch diese Kosten zählen zu den Kosten des Rechtsstreits (vgl. BGH in NJW 2003, 1322 sowie Münchner Kommentar zu ZPO, 5. Auflage 2016 § 91 ZPO RdNr. 25).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
V.
Der Streitwert war gemäß §§ 3 ZPO, 39 GKG in Höhe der Klageforderung festzusetzen.