IT- und Medienrecht

Zur Herausgabe einer Abschrift des Jahresberichtes der Betreuungsakte an den Sozialleistungsträger

Aktenzeichen  419 XVII 717/03

Datum:
20.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39985
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 35
BayDSG aF Art. 18
EGGVG Art. 23

 

Leitsatz

Die ersuchte Stelle hat bei der Frage, ob der Jahresbericht im Wege der Amtshilfe herauszugeben ist, nur eine Plausibilitätsprüfung dahingehend durchzuführen hat, ob sich das Übermittlungsersuchen im allgemeinen Rahmen der Aufgaben des Empfängers hält. Eine weitergehende Prüfung ist dann geboten, wenn hierfür ein besonderer Anlass gegeben ist. Dies ist ausnahmsweise dann der Fall, wenn an der Zulässigkeit offenkundige Zweifel bestehen oder der Übermittlung gewichtige Gründe entgegenstehen (ebenso OLG Bamberg BeckRS 2018, 548). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Dem Bezirk Unterfranken ist eine Kopie des Jahresberichtes der Betreuerin zu übermitteln.

Gründe

I. Sachverhalt:
Der Bezirk Unterfranken gewährt der Betreuten Leistungen (Bl. 231), er erbittet – routinemäßig – beim hiesigen Betreuungsgericht eine Abschrift des Jahresberichtes (oft auch des Vermögensberichtes).
Während nahezu alle anderen Betreuer mit einer Übersendung der Unterlagen kein Problem haben und die Zustimmung erteilen, meldet die hiesige Betreuerin Bedenken an und verweist auf die erteilte Auskunft (Bl. 234).
Vor allem im Hinblick auf eine einheitliche Handhabung ist eine – grundsätzliche – Klärung, gegebenenfalls durch das OLG Bamberg erforderlich.
II. Rechtliche Würdigung:
Der Jahresbericht ist im Wege der Amtshilfe herauszugeben, Art. 35 GG, 18 BayDSG.
Das Gericht hatte noch am 18.12.19 im Verfahren 419 XVII 114/17 anders entschieden, hält daran aber nicht weiter fest.
Das OLG Bamberg hat in seiner Entscheidung vom 17.01.2018 (6 VA 5/17) in den Leitsätzen wie folgt entschieden:
„1. Die Entscheidung eines Betreuungsgerichts über das Auskunftsersuchen einer nicht am Betreuungsverfahren beteiligten Behörde stellt einen nach den §§ 23 ff. EGGVG überprüfbaren Justizverwaltungsakt dar.
2. Die Frage, ob ein Gerichtsvollzieher einen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft aus einer Betreuungsakte hat, ist nach Art. 35 Abs. 1 GG in Verbindung mit den allgemeinen Datenschutzgesetzen (hier: Art. 18 BayDSG) zu beantworten.
3. Die ersuchende Behörde ist nicht verpflichtet, in ihrer Anfrage darzulegen, weshalb die benötigte Auskunft nicht vom Betroffenen selbst erteilt wurde.“
In den Gründen heißt es – auszugsweise wie folgt:
„Gemäß Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 BayDSG ist die Übermittlung personenbezogener Daten durch bayerische Gerichte an andere öffentliche Stellen zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der empfangenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist und für Zwecke erfolgt, für die eine Nutzung nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 BayDSG zulässig wäre. Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt der Empfänger, wenn sie auf sein Ersuchen hin erfolgt, Art. 18 Abs. 2 S. 2 BayDSG. In diesem Fall prüft die übermittelnde Stelle nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht, Art. 18 Abs. 2 S. 3 BayDSG.
Hieraus ist abzuleiten, dass die ersuchte Stelle nur eine Plausibilitätsprüfung dahingehend durchzuführen hat, ob sich das Übermittlungsersuchen im allgemeinen Rahmen der Aufgaben des Empfängers hält. Eine weitergehende Prüfung ist dann geboten, wenn hierfür ein besonderer Anlass gegeben ist. Dies ist ausnahmsweise dann der Fall, wenn an der Zulässigkeit offenkundige Zweifel bestehen oder der Übermittlung gewichtige Gründe entgegenstehen (Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch, Art. 18 BayDSG, Rn. 19; Dammann in Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 15, Rn. 26; Roggenkamp in Plath, BDSG, 2. Aufl., § 15, Rn. 12; Gola/Schomerus, BDSG, 12. Aufl., § 15, Rn. 15).“
Das erkennende Gericht bejaht bei Anwendung dieser Grundsätze die Voraussetzungen für das Vorliegen der Amtshilfe. Es wird nicht verkannt, daß die hiesige Betreuerin ihrer Auskunftspflicht nachgekommen ist. Ein Träger von Sozialleistungen hat aber stets auch Kontrollpflichten und hierzu kann die Übermittlung des Jahresberichtes/Vermögensverzeichnisses allemal dienen. Die Herausgabe ist kein konkretes Mißtrauen gegen über der hiesigen Betreuerin, dient aber einer einheitlichen Handhabung und ist damit zur Aufgabenerfüllung des Bezirkes auch erforderlich. Einen unzulässigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Betreuten stellt das nicht dar.

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