IT- und Medienrecht

Zur Vollstreckbarerklärung eines inländischen Prozessschiedsspruchs

Aktenzeichen  34 Sch 37/16

Datum:
25.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 100672
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 4a, § 1025 Abs. 1, § 1040 Abs. 3, § 1056 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Zur Vollstreckbarerklärung eines inländischen Prozessschiedsspruchs, mit dem unter Entscheidung über die Kostenerstattung die mit der Schiedsklage verfolgten Ansprüche als im Schiedsverfahren unzulässig verbeschieden werden. (amtlicher Leitsatz)
2 Es besteht ein rechtlich anzuerkennendes Interesse der Antragstellerin an der Vollstreckbarerklärung nicht nur wegen der Kostenentscheidung. Zwar schafft die Vollstreckbarerklärung nur hinsichtlich der Kosten einen vollstreckungsfähigen Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO. Die Vollstreckbarerklärung im Übrigen erfüllt jedoch das gleichfalls rechtlich geschützte Interesse, den (Prozess-)Schiedsspruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen abzusichern (Bestätigung BGHZ 151, 79/81).  (redaktioneller Leitsatz)
3 Dass das Schiedsgericht durch abschließenden Prozessschiedsspruch die Geltendmachung der Ansprüche im Schiedsverfahren als unzulässig verbeschieden und gleichzeitig die Unzuständigkeit des Schiedgerichts ausgesprochen hat, ohne zuvor eine Zwischenentscheidung entsprechend § 1040 Abs. 3 ZPO zu erlassen, verstößt nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Das aus dem Einzelschiedsrichter Dr. … bestehende Schiedsgericht der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) erließ in dem zwischen dem Antragsgegner als Schiedskläger und der Antragstellerin als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren (…) am 21. Juli 2016 in München folgenden Schiedsspruch (in deutscher Übersetzung):
1. Die im Schiedsverfahren vom Schiedskläger geltend gemachten Ansprüche sind unzulässig.
2. Der Einzelschiedsrichter erklärt sich für nicht zuständig.
3. Der Schiedskläger wird verurteilt, die Verfahrenskosten in Höhe von EUR … zu tragen und diese an die Schiedsbeklagte zu zahlen.
II.
Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.
III.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
IV.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V.
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsgegner, ein als Einzelunternehmer tätiger Ingenieur, nahm mit Schiedsklage vom 31.12.2015 die Antragstellerin, eine Gesellschaft in der Rechtsform der … (S.L.) mit Sitz in Spanien, vor dem Schiedsgericht der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) wegen behaupteter Ansprüche aus einem „…“ in Anspruch. Die Schiedsbeklagte wandte die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts wegen Fehlens einer wirksamen Schiedsvereinbarung ein.
Am 21.7.2016 erließ der Einzelschiedsrichter in M. einen Schiedsspruch mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt.
Unter Vorlage der Entscheidung im Original hat die Antragstellerin am 28.11.2016 die Vollstreckbarerklärung beantragt und vorgetragen, dass die titulierte Kostenforderung trotz diverser Mahnungen nicht beglichen worden sei.
Der Antragsgegner hat Gelegenheit zur Äußerung erhalten, hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.
II. Dem Antrag ist stattzugeben. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es hierzu nicht, weil es an der begründeten Geltendmachung von Aufhebungsgründen fehlt (vgl. BGHZ 142, 204/207).
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Das Oberlandesgericht München ist gemäß § 1025 Abs. 1, § 1043 Abs. 1, § 1054 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (GVBl S. 295) zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung.
b) Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung sind durch die Vorlage des unterschriebenen Schiedsspruchs im Original erfüllt (§ 1064 Abs. 1 Satz 1, § 1057 Abs. 2 Satz 1, § 1054 ZPO). Insbesondere stellt der Prozessschiedsspruch, mit dem das Schiedsgericht nicht nur seine Unzuständigkeit ausgesprochen, sondern die geltend gemachten Ansprüche unter Auferlegung der Verfahrenskosten auf den Schiedskläger als im gewählten Verfahren unzulässig erklärt hat, sowohl seiner Form als auch seinem Inhalt nach eine Endentscheidung im Sinne von § 1056 Abs. 1 Alternative 1 ZPO dar, die der Vollstreckbarerklärung zugänglich ist (vgl. zum Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO: Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 719, 1721). Nach den Gründen der Entscheidung (Rn. 190 SSp) hat das Schiedsgericht zwei prozessuale Möglichkeiten für gegeben erachtet: den Erlass eines “Final Award thereby awarding the costs to Respondent“ und den Erlass einer “Preliminary Ruling on Jurisdiction (Award on Jurisdiction), Sec 1040 para 3 CPC“. Es hat sich für die erste Alternative entschieden und ausdrücklich festgehalten, dass es den Spruch als „Final Award“ erachtet (Rn. 191 SSp).
c) Es besteht ein rechtlich anzuerkennendes Interesse der Antragstellerin an der Vollstreckbarerklärung nicht nur wegen der Kostenentscheidung vom 21.7.2016. Zwar schafft die Vollstreckbarerklärung nur hinsichtlich der Kosten einen vollstreckungsfähigen Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO. Die Vollstreckbarerklärung im Übrigen erfüllt jedoch das gleichfalls rechtlich geschützte Interesse, den (Prozess-)Schiedsspruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen abzusichern (vgl. BGH NJW-RR 2006, 995/996; BGHZ 151, 79/81). Die endgültige Befriedung der zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten über etwaige Ansprüche aus dem vertraglichen Zusammenschluss sowie über die Art und Weise ihrer Verfolgung kann dadurch gefördert werden, dass jeder Zweifel an der Wirksamkeit und Bestandskraft der Prozessentscheidung ausgeräumt wird.
2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
a) Aufhebungsgründe (§ 1059 Abs. 2 ZPO) sind weder begründet geltend gemacht noch ersichtlich.
Dass das Schiedsgericht durch abschließenden Prozessschiedsspruch die Geltendmachung der Ansprüche im Schiedsverfahren als unzulässig verbeschieden und gleichzeitig die Unzuständigkeit des Schiedgerichts ausgesprochen hat, ohne zuvor eine Zwischenentscheidung entsprechend § 1040 Abs. 3 ZPO zu erlassen, verstößt nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO (vgl. BGHZ 151, 79/80 f.; auch BGH DNotZ 2014, 912/913; OLG Frankfurt SchiedsVZ 2013, 341/343; MüKo/Münch ZPO 4. Aufl. § 1040 Rn. 29 m. w. N.; Schlosser in Stein/Jonas ZPO 23. Aufl. § 1040 Rn. 22; a. A. wohl Zöller/Geimer ZPO 31. Aufl. § 1040 Rn. 10d mit § 1059 Rn. 39h; kritisch auch Musielak/Voit ZPO 13. Aufl. § 1040 Rn. 8). Da sich das Schiedsgericht in den Gründen ausführlich mit der Sicht des Schiedsklägers zur Zulässigkeit des Schiedsverfahrens und die hierfür geltend gemachten tatsächlichen sowie rechtlichen Gesichtspunkte befasst hat, besteht auch kein Anhaltspunkt für eine Verletzung des verfahrensrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör, § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO.
b) Die Kompetenz des Schiedsgerichts, im unzulässigen Schiedsverfahren eine Kostenentscheidung zu treffen, folgt mangels gegenteiliger Vereinbarung der Parteien aus § 1057 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. BGHZ 151, 79/84; OLG Frankfurt SchiedsVZ 2013, 341/344; Zöller/Geimer § 1057 Rn. 3; MüKo/Münch § 1040 Rn. 29 mit § 1057 Rn. 24 m. w. N.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nach § 1064 Abs. 2 ZPO anzuordnen.
Der Streitwert entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin an der Vollstreckbarerklärung und beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.

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