Aktenzeichen 15 ZB 21.1854
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Verfahrensgang
RO 7 K 19.774 2021-05-25 GeB VGREGENSBURG VG Regensburg
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein noch durchzuführendes Antragsverfahren auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Mai 2021 (RO 7 K 19.774) wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin eines benachbarten Grundstücks gegen den Bescheid des Landratsamts N … … … vom 21. März 2019, mit dem der Beigeladenen die (nachträgliche) Baugenehmigung für ein Nebengebäude erteilt wurde. Mit Gerichtsbescheid vom 25. Mai 2021 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die von der Klägerin erhobene Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 21. März 2019 aufzuheben, ab. Mit einem am 25. Juni 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom 21. Juni 2021 stellt die Klägerin einen
“Antrag auf Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung in dem Verfahren RO 7 K 19.774, Gerichtsbescheid vom 25.05.2021”,
den sie mit Schreiben vom 12. Juli 2021 wie folgt begründete: Aus ihrer Sicht sei ihr – wegen massiver gesundheitlicher Einschränkungen nur eingeschränkt mögliches – Vorbringen falsch ausgelegt worden. Es gelte “Gleiches Recht für Alle”, sie vertraue weiter auf den Rechtsstaat. Wegen Bedürftigkeit und gesundheitlicher Gründe sei sie in einer hilflosen Situation. Aus ihrer Sicht seien daher die Erfolgsaussichten ihres Rechtsmittels als offen zu bezeichnen. Ihre gesundheitliche Situation habe sich weiter verschlimmert. Sie sei auch mit Blick auf weitere Rechtsstreitigkeiten nicht mutwillig in den “Sumpf” und die Kostenfalle geraten. Eine Überprüfung ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse mit vorgelegten Belegen habe im Rahmen einer bewilligten Prozesskostenhilfe im April 2021, im September 2020 und im April 2019 durch das Landgericht Weiden (Az. … ) stattgefunden. Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seien dem Rechtsanwalt, der sie vor dem Landgericht vertrete, bekannt und hätten sich nicht verändert. Sie habe schon viele Fakten und Beweise in der Sache vorgelegt und ihre Rechtsverfolgung alleine versucht, weil sie sich einen Rechtsanwalt finanziell nicht leisten könne.
Zum Sach- und Streitstand im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte sowie auf den Beschluss des Senats vom 19. April 2021 (Az. 15 C 21.907), mit dem die Beschwerde der Klägerin gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 3. März 2021 (Az. RO 7 K 19.774) zurückgewiesen wurde, Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Senat lässt es offen, ob ein Rechtsschutzinteresse für den auf ein künftiges Berufungszulassungsverfahren bezogenen Prozesskostenhilfeantrag besteht.
Für einen innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung besteht grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis, weil im Falle des Erfolgs eines solchen Antrags dem Rechtsschutzsuchenden (hier der Klägerin) auf gem. § 60 Abs. 2 VwGO rechtzeitig folgenden Antrag eines postulationsfähigen Bevollmächtigten Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelfrist zu gewähren wäre (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2020 – 15 ZB 20.25 und 15 ZB 20.56 – juris Rn. 9; SächsOVG, B.v. 19.9.2017 – 4 A 613/15 – juris Rn. 4). Das Rechtsschutzinteresse könnte aber vorliegend aufgrund der besonderen Umstände des Falles deshalb infrage stehen, weil die Klägerin mit dem folgenden Satz im Schreiben vom 21. Juni 2021
“Zudem ist es möglich, dass ich zwecks Fristwahrung zusätzlich einen Antrag auf eine mündliche Verhandlung hiermit stelle.”
einen Antrag auf mündliche Verhandlung i.S. von § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 1 Alt. 2 VwGO gestellt haben könnte. Sollte dies der Fall sein, hätte die Klägerin “von beiden Rechtsbehelfen” i.S. von § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 2 VwGO Gebrauch gemacht, mit der Folge, dass dann mündliche Verhandlung stattfinden müsste – und zwar im erstinstanzlichen Verfahren v o r d e m V e r w a l t u n g s g e r i c h t – und gem. § 84 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gilt. Sollte der o.g. Satz als (rechtzeitiger) Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung auszulegen sein, wäre allerdings zu eruieren, ob im Fall einer (jedenfalls theoretisch möglichen) Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung ein parallel gestellter (gem. § 84 Abs. 2 Nr. 2 Halbs. 2 VwGO an sich subsidiärer) Antrag auf Zulassung der Berufung “wiederauflebt” (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 84 Rn. 23, enger Clausing in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 84 Rn. 34c). Soweit und solange dies möglich wäre, dürfte dann während dieser “Schwebezeit” auch einem “vorgelagerten” Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung trotz gestellten Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung das Rechtsschutzinteresse wohl nicht abgesprochen werden.
2. Der Senat kann die Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzinteresses dahingestellt lassen, weil der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung jedenfalls in der Sache abzulehnen ist.
Der Senat kann dabei offenlassen, ob die Klägerin bedürftig ist (insbes. ob es zumutbar und erfolgversprechend wäre, sie auf die Verwertung ihres Grundvermögens zu verweisen) und ob sie zur diesbezüglichen Glaubhaftmachung die erforderlichen Unterlagen / Formulare vorgelegt hat (vgl. SächsOVG, B.v. 5.1.2021 – 6 A 434/20 – juris Rn. 5; OVG LSA, B.v. 21.10.2019 – 1 L 107/19 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 8.12.2020 – 4 A 3007/20 – juris Rn. 6). Ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann schon deshalb nicht positiv verbeschieden werden, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO, § 114 Abs. 1 ZPO.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils gestellt werden und innerhalb von zwei Monaten nach der Urteilszustellung unter Darlegung von Zulassungsgründen (§ 124 Abs. 2 VwGO) begründet werden (§ 124a Abs. 4 Sätze 1 und 4 VwGO). Wird hierfür Prozesskostenhilfe beantragt, so gilt grundsätzlich das Gleiche für den entsprechenden Antrag und seine Begründung. Die Tatsache, dass vorliegend die Zulassung der Berufung noch nicht beantragt wird, sondern erst die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen noch zu stellenden Zulassungsantrag, entbindet einen nicht im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO vertretenen Kläger nicht gänzlich von der Verpflichtung zur Darlegung im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Dabei müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zulassungsgrunds zumindest so weit dargetan werden, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Zwar kann von dem nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten, der einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht verlangt werden, dass er die Gründe in der Weise bezeichnet, wie dies für die Darlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderlich wäre. Geboten ist aber, dass sich aus der innerhalb der Antragsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) vorgelegten Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs das Vorliegen eines Zulassungsgrunds zumindest in groben Zügen erkennen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 4.5.2011 – 7 PKH 9.11 – NVwZ-RR 2011, 621 = juris Rn. 2; B.v. 11.2.2015 – 5 PKH 12.15 D – juris Rn. 2; B.v. 10.1.2018 – 5 PKH 8.17 D – Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 48 = juris Rn. 2; B.v. 13.8.2018 – 1 B 47.18 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 20.1.2020 – 7 ZB 19.1474 – juris Rn. 3; B.v. 26.2.2020 – 15 ZB 20.25 und 15 ZB 20.56 – juris Rn. 9; SächsOVG, B.v. 19.9.2017 – 4 A 613/15 – juris Rn. 5 ff.; B.v. 5.1.2021 – 6 A 434/20 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 2.12.2015 – 12 A 2502/15 – juris Rn. 6; 14.5.2020 – 19 A 3060/19 – juris Rn. 4; B.v. 6.11.2020 – 4 A 3613/19 – juris Rn. 3; B.v. 8.12.2020 – 4 A 3007/20 – juris Rn. 7).
Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Hier hat die Klägerin zwar innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt; ihre innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Zulassungsgründe zeigen jedoch keine hinreichenden Erfolgsaussichten nach den vorgenannten Maßstäben auf. Aus den Schreiben der Klägerin vom 21. Juni 2021 und vom 12. Juli 2021 ergibt sich nicht im Ansatz, dass und warum ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Gerichtsbescheids bestehen könnten (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung haben könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), der angegriffene Gerichtsbescheid von einer Entscheidung eines in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichts abweichen könnte oder ein der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofs unterliegender Verfahrensfehler vorliegen könnte, auf dem der Gerichtsbescheid beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Im Übrigen vermag der Senat auch unabhängig vom Vortrag der Klägerin keine Rechtsfehler hinsichtlich des angegriffenen Gerichtsbescheids vom 25. Mai 2021 zu erkennen. Insbesondere sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts nicht ansatzweise ersichtlich. Auf den Beschwerdebeschluss des Senats vom 19. April 2021 – 15 C 21.907 – im vorangegangenen Prozesskostenhilfeverfahren, der sich bereits im Wesentlichen mit denselben Rechtsfragen befasst hat, wird Bezug genommen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. In Verfahren über Prozesskostenhilfeanträge werden weder Gerichtskosten erhoben noch dem Gegner entstandene Kosten erstattet (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO; anders im Beschwerdeverfahren vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2021 a.a.O.). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).