Kosten- und Gebührenrecht

Beihilfefähigkeit der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

Aktenzeichen  Au 2 K 14.1020, Au 2 K 14.1033

Datum:
30.6.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AMG AMG § 2, § 43
BBG BBG § 80 Abs. 4
BBhV BBhV § 22, § 50, § 51

 

Leitsatz

Aufwendungen für eine Rezeptur der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), die zwar ein apothekenpflichtiges aber kein verschreibungspflichtiges Arzneimittel ist, sind nicht beihilfefähig. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klagen werden abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte die Entscheidung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
Der Beihilfebescheid der Beklagten vom 30. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO. Er hat keinen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen.
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfen verlangt werden, gegeben war (BVerwG U.v. 30.4.2009 – 2 C 127.07 – juris Rn. 7; U.v. 15.12.2005 – 2 C 35.04 – BVerwGE 125, 21). Danach finden hier die Beihilfevorschriften Anwendung, die im Kalenderjahr 2013 Gültigkeit besaßen. Das ist – auf der Grundlage von § 80 Abs. 4 BBG – die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) vom 13. Februar 2009 (BGBl. I 2009, S. 326). Vorliegend maßgeblich für die Festsetzung von Beihilfen ist die Bundesbeihilfeverordnung in der Form der 4. Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 12. Dezember 2012 (BGBl. I 2012, S. 2657), da die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen nach dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung entstanden sind.
Die Bundesfinanzdirektion … lehnte den Beihilfeantrag hinsichtlich der unter Beleg 4 geltend gemachten Aufwendungen für Traditionell Chinesische Medizin (TCM) zu Recht ab. Der Kläger hat keinen Anspruch auf beihilferechtliche Erstattung seiner diesbezüglichen Aufwendungen. § 22 BBhV steht einer Ersatzfähigkeit entgegen.
Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BBhV sind zwar Aufwendungen für ärztlich oder zahnärztlich nach Art und Umfang schriftlich verordnete oder während einer Behandlung verbrauchte Arzneimittel nach § 2 des AMG, die apothekenpflichtig sind, beihilfefähig. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 BBhV sind aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht beihilfefähig, es sei denn, es greift einer der Ausnahmebestände des § 22 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 Buchst. a bis c ein.
Bei der verordneten Rezeptur der TCM handelt es sich um ein apothekenpflichtiges Arzneimittel im Sinne des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BBhV i. V. m. § 2 AMG. Die Apothekenpflichtigkeit ergibt sich aus § 43 AMG. Allerdings fehlt es dem Präparat an der Verschreibungspflichtigkeit. Folglich handelt es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, welches nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 BBhV nicht beihilfefähig ist, da auch keiner der Ausnahmetatbestände greift.
Die von der Festsetzungsstelle eingeholte fachliche Stellungnahme der … Apotheke in …, welche belegt, dass die Rezeptur keine verschreibungspflichtigen Bestandteile enthält, ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich nicht um ein Gutachten im engeren Sinne, welches nur von einem Sachverständigen erstellt hätte werden dürfen, sondern um eine von der Beihilfestelle eingeholte Fachauskunft. Da der Beihilfeberechtigte grundsätzlich nach § 51 Abs. 1 Satz 2 BBhV zur Mitwirkung verpflichtet ist und die Beklagte ihm diese Pflicht der Informationsbeschaffung vorliegend freiwillig abnahm, sind keine allzu hohen Anforderungen an die Einholung der fachlichen Stellungnahme zu stellen. Es war daher von der fehlenden Verschreibungspflichtigkeit der streitgegenständlichen TCM-Rezeptur auszugehen. Im Übrigen hat der Kläger nichts Gegenteiliges vorgetragen.
Die weiteren vom Kläger angeführten Gesichtspunkte führen zu keiner anderen Bewertung der Rechtslage.
Der Kläger hat keinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Zusammenführung der beiden Widerspruchsverfahren … und …. Hinzu kommt, dass das Widerspruchsverfahren … bereits mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2014 abgeschlossen wurde und der entsprechende Bescheid Bestandskraft erlangt hat. Damit scheidet ein Ersatz der Kopierkosten des Klägers in Höhe von 0,50 EUR aus.
Die vom Kläger zitierten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2008 (Az.: 2 C 2.07) und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vermögen die Klage nicht zu begründen, denn diese Gerichtsentscheidungen finden nur Anwendung für die Zeit vor Inkrafttreten der 4. Änderungsverordnung zur Bundesbeihilfeverordnung. Die vorliegend geltend gemachten Aufwendungen sind aber danach entstanden. Diese Verordnung sieht eine gemeinsame Belastungsgrenze für Eigenbehalte und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel vor. Da die Behörde die Belastungsgrenze hiernach berechnet hat, erweist sich dieses Vorgehen als rechtmäßig.
Auch der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2011 (Az.: 2 B 76.10) kann die Klage nicht begründen. Der Beschluss besagt im Wesentlichen, dass es sich bei den Präparaten der TCM um Arzneimittel handelt. Dies wurde seitens der Beihilfestelle nie angezweifelt. Keinen Bezug nimmt der Beschluss allerdings auf die Frage der Verschreibungspflichtigkeit von TCM-Präparaten. Dies ist aber der entscheidende Gesichtspunkt für die Versagung von Beihilfe zu den streitgegenständlichen Präparaten.
Ob die geltend gemachten Aufwendungen für Arzneimittel – wie vom Kläger vorgetragen – medizinisch notwendig, wirtschaftlich und angemessen sind, ist alleine nicht entscheidungserheblich. Vielmehr sind die Voraussetzungen des § 22 BBhV zu erfüllen, was vorliegend nicht der Fall war.
Verzugszinsen stehen dem Kläger nicht zu. Ein Zinsanspruch kann im öffentlichen Recht nur entstehen, wenn dies ausdrücklich gesetzlich geregelt oder vertraglich festgelegt ist. Dies ist hier nicht der Fall.
Nach alledem waren die Klagen abzuweisen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands wird im Verfahren Au 2 K 14.1020 auf 79,60 EUR und im Verfahren Au 2 K 14.1033 auf 0,50 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,– EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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