Kosten- und Gebührenrecht

Erfolglose Beschwerde gegen die Feststellung der Erledigung eines Zwangsvollstreckungsantrags

Aktenzeichen  13 W 108/17

Datum:
14.2.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 145363
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91a, § 793, § 887, § 891
BGB § 648a

 

Leitsatz

1 Eine Erledigterklärung ist auch im Vollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO möglich. Wird ihr zugestimmt, ist nach § 91a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten zu entscheiden.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Bleibt die Erledigterklärung dagegen einseitig, stellt sich dies – im Klageverfahren – als eine immer zulässige Änderung der ursprünglichen Klage dar mit dem Antrag, festzustellen, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit entweder unzulässig oder unbegründet wurde. Darüber ist „in der Hauptsache“ zu entscheiden. Dies gilt im Zwangsvollstreckungsverfahren in entsprechender Weise. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

54 O 831/15 2016-12-02 Bes LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 02.12.2016, Az. 54 O 831/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beklagte wendet sich gegen einen Beschluss des Landgerichts, mit dem die Erledigung eines Zwangsvollstreckungsantrags der Klägerin festgestellt wird.
Mit Endurteil vom 20.07.2016 hatte das Oberlandesgericht München im Verfahren 13 U 211/16 das Teilurteil des Landgerichts Landshut vom 18.12.2015 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Sicherheit nach § 648 a BGB in Höhe von 30.000,- € zu leisten. Das Urteil wurde in Ziffer 3 des Tenors für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das Urteil wurde beiden Parteien am 08.08.2016 zugestellt. Ein Rechtsmittel dagegen wurde nicht eingelegt.
Die Beklagte leistete die Sicherheit zunächst nicht. Deshalb stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 19.09.2016, beim Landgericht Landshut eingegangen am 20.09.2016, einen Antrag gem. § 887 ZPO. Am 06.10.2016 erhielt die Klägerin die Originalbürgschaft der Sparkasse F. über 30.000,- €. Mit Schriftsatz vom 10.10.2016, per Fax eingegangen am gleichen Tage, erklärte sie den Antrag auf Einleitung der Zwangsvollstreckung für erledigt.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 10.10.2016, per Fax eingegangen am 11.10.2016, beantragte die Beklagte, den Zwangsvollstreckungsantrag zurückzuweisen, da er sowohl unzulässig als auch unbegründet sei.
Das Landgericht Landshut erklärte mit Beschluss vom 02.12.2016 das Zwangsvollstreckungsverfahren für erledigt und erlegte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 07.12.2016 zugestellt. Dagegen legte sie mit Schriftsatz vom 14.12.2016, eingegangen am 15.12.2016, sofortige Beschwerde ein, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Landshut insgesamt aufzuheben. Da die Beklagte monierte, den Schriftsatz der Klägerin vom 10.10.2016 nicht erhalten zu haben, verfügte das Landgericht am 16.12.2016 dessen Zustellung an die Beklagte und gab ihr bis zum 13.01.2017 Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schriftsatz vom 11.01.2017, eingegangen am 12.01.2017, stimmte die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerin nicht zu.
Das Landgericht Landshut half der Beschwerde mit Beschluss vom 13.01.2017 nicht ab und legte die Akten mit Verfügung vom gleichen Tage dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die Beschwerde vor, wo sie am 19.01.2017 eingingen. Mit Verfügung vom 23.01.2017 gewährte das Oberlandesgericht der Klägerin eine Frist von 2 Wochen zur Stellungnahme auf die Schriftsätze der Beklagten vom 11. und 18.01.2017.
II.
1. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gem. § 568 Satz 1 ZPO der originäre Einzelrichter berufen.
2. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 02.12.2016 ist zulässig.
Die Statthaftigkeit ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 793 ZPO (i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr.1 ZPO) bzw. § 91 a ZPO.
a) Eine Erledigterklärung ist auch im Vollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO möglich (vgl. Zöller – Vollkommer, 30. Aufl. § 91 a Rn.7). Wird ihr zugestimmt, ist nach § 91 a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten zu entscheiden. Bleibt die Erledigterklärung dagegen einseitig, stellt sich dies – im Klageverfahren – als eine immer zulässige Änderung der ursprünglichen Klage dar mit dem Antrag, festzustellen, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit entweder unzulässig oder unbegründet wurde (vgl. Zöller a.a.O. Rn. 34). Darüber ist „in der Hauptsache“ zu entscheiden. Dies gilt im Zwangsvollstreckungsverfahren in entsprechender Weise.
b) Hier ist die Erledigterklärung einseitig geblieben, weil die Beklagte ihr weder ausdrücklich zugestimmt hat, noch die Zustimmungsfiktion nach § 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO eingreift. Zwar hätte die Beklagte sich eigentlich innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.10.2016 erklären müssen. Allerdings fehlt es an der erforderlichen Belehrung über die Einwilligungsfiktion. Nachdem die Beklagte moniert hatte, den Schriftsatz vom 10.10.2016 nicht erhalten zu haben, verfügte das Landgericht am 16.12.2016 dessen Zustellung und gab Gelegenheit zur Äußerung bis 13.01.2017. Da die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung fehlte, konnte die Beklagte auch noch mit Schriftsatz vom 11.01.2017 erklären, dass sie der Erledigterklärung nicht zustimme.
c) Insoweit stellt sich der Beschluss des Landgerichts vom 02.12.2016 als eine Entscheidung „in der Hauptsache“ dar, die – nach Gewährung rechtlichen Gehörs – durch den Nichtabhilfebeschluss bestätigt wurde. Entscheidungen nach § 887 ZPO ergehen gem. § 891 ZPO durch Beschluss, die mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden können (vgl. Zöller – Stöber, 30. Aufl., § 887 Rn. 13).
Dabei handelt es sich um eine Beschwerde gem. § 793 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr.1 ZPO. Zwar erfasst diese Vorschrift grundsätzlich nur Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts (vgl. ZöllerStöber, 30. Aufl., § 793 Rn. 2 und § 764 Rn.1). Vollstreckungsgericht ist gem. § 764 Abs. 1 ZPO aber stets das Amtsgericht, nicht das Landgericht. Allerdings hat das Landgericht als Prozessgericht im Rahmen der ihm nach den §§ 887 ff. ZPO als Vollstreckungsorgan zugewiesenen Entscheidungen auch Aufgaben des Vollstreckungsgerichts wahrzunehmen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.12.1985, Az. 23 W 559, 85 = NJW-RR 1986, 420, beck-online; so im Ergebnis auch Thomas/PutzoSeiler, 36. Aufl., § 887 Rn. 15; unklar ZöllerStöber, 30. Aufl., § 764 Rn. 1)
Entsprechendes gilt, wenn – wie hier – über die einseitige Erledigterklärung eines Antrags nach § 887 ZPO zu entscheiden ist. Der Beschluss des Landgerichts, mit dem der Zwangsvollstreckungsantrag für erledigt erklärt wurde, war daher mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
d) Die 2- WochenFristdes § 569 ZPO ist gewahrt.
III.
In der Sache erweist sich die Beschwerde allerdings als unbegründet.
1. Bei dem Zwangsvollstreckungsantrag der Klägerin handelte es sich um einen zulässigen Antrag nach § 887 ZPO. Die Stellung einer Sicherheit ist nach allgemeiner Auffassung eine vertretbare Handlung (vgl. ZöllerStöber, 30. Aufl., § 887 Rn. 3 „Sicherheitsleistung“ m.w.N.).
2. Die Klägerin hatte ihrem Antrag eine vollstreckbare Ausfertigung des landgerichtlichen Urteils beigefügt, mit der verbunden (geklammert und an der Verbindung mit dem Gerichtsstempel versehen) eine beglaubigte Ausfertigung des OLGUrteils war. Das ist ausreichend.
Selbst wenn das nicht ausreichend gewesen wäre, hätte das Landgericht vor einer Abweisung des Antrags gem. § 139 ZPO darauf hinweisen müssen. Das ist auch hier im Rahmen der einseitigen Erledigterklärung zu berücksichtigen. Für diesen konkreten Fall kann es somit nicht – wie aber die Beklagte meint – allein auf den Zeitpunkt des Erledigungsereignisses ankommen.
3. Erledigt hat sich der Antrag gem. § 887 ZPO dadurch, dass die Beklagte die Sicherheit nach Antragstellung leistete. Unstreitig erhielt die Antragstellerin am 06.10.2016 die Originalbürgschaft der Sparkasse F. über 30.000,- €.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
V.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den originären Einzelrichter kommt ohnehin nicht Betracht. Wie sich aus § 568 Nr. 2 ZPO i.Vm. § 574 Abs. 2 ZPO ergibt, müsste die Sache zuvor dem Senat zur Entscheidung übertragen werden. Indes liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gem. § 574 Abs. 1 Nr.1, Abs. 2 ZPO nicht vor. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
VI. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses bemisst sich wiederum nach der Höhe der Kosten, die die Beklagte aufgrund der angefochtenen Entscheidung zu tragen hätte.
Im Verfahren nach § 887 ZPO fällt hinsichtlich der Gerichtskosten eine Festgebühr nach Nr. 2111 KV-GKG in Höhe von 20,- € an, außerdem eine 0,3 Anwaltsgebühr nach Nr. 3900 VV-RVG, hier aus dem Streitwert der Hauptsache erster Instanz (Höhe der Sicherheit = 30.000,€).

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