Kosten- und Gebührenrecht

Erfolgloser offenbar missbräuchlicher Befangenheitsantrag

Aktenzeichen  4 M 16.2336

Datum:
9.2.2017
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 66 Abs. 6, § 69
BayVwVfG BayVwVfG Art. 37 Abs. 5, Art. 41 Abs. 2

 

Leitsatz

Enthält die Begründung des Ablehnungsgesuchs keinen konkreten Anhaltspunkt für die Besorgnis, dass der abgelehnte Richter voreingenommen sein könnte, ist das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das mit Schriftsatz vom 28. November 2016 gestellte Ablehnungsgesuch wird verworfen.
II. Die Erinnerung des Klägers gegen den Kostenansatz des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. September 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

1. Für die Entscheidung über die mit Schreiben vom 20. November 2016 eingelegte Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 19. September 2016 bleibt nach § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 GKG i. V. m. dem Geschäftsverteilungsplan des Senats der frühere Berichterstatter als Einzelrichter zuständig, da der vom Kläger mit seinem weiteren Schreiben vom 28. November 2016 gestellte Befangenheitsantrag rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich ist.
Ein Ablehnungsgesuch kann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn sich der Befangenheitsantrag als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt. Davon ist auszugehen, wenn ein zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit geeigneter Grund weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht wird, vielmehr das Vorbringen des Klägers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, B.v. 14.12.2012 – 2 KSt 1.11 – NVwZ 2013, 225). Der Ablehnungsgrund muss durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden; bloße Wertungen ohne Tatsachensubstanz genügen hierfür nicht (BVerwG, B.v. 7.8.1997 – 11 B 18.97 – BayVBl 1998, 59).
Diese Voraussetzungen einer Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als rechtsmissbräuchlich sind hier gegeben, da die Begründung des Ablehnungsgesuchs keinen konkreten Anhaltspunkt für die Besorgnis enthält, dass der abgelehnte Richter voreingenommen sein könnte. Der bloße Vorwurf, der Vorsitzende habe den Antrag des Klägers „pauschal abgewürgt“ und werde „aufgrund seiner krassen und evidenten Verfahrensverstöße und seiner willkürlichen Vorgehensweise“ wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, enthält bloß eine abstrakte Aufzählung möglicher Ablehnungsgründe, ohne dabei auch nur ansatzweise darzulegen, inwiefern über den – aus Sicht des Klägers unrichtigen – Inhalt der richterlichen Entscheidungen hinaus eine Äußerung oder sonstige Tatsache vorliegt, die auf eine persönliche Voreingenommenheit hindeuten könnte.
2. Die nach § 69 Abs. 1, Abs. 5 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
a) Soweit der Kläger die Kostenrechnung wegen fehlender Unterschrift für rechtlich unwirksam hält, kann dem nicht gefolgt werden. Bei der Kostenrechnung handelt es sich um den Kostenansatz im Sinne von § 19 GKG, der als (Justiz-)Verwaltungsakt ergeht (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2016 – 5 KSt 1.16 u.a. – juris Rn. 9 m.w.N.). Da diese kostenbezogene Tätigkeit der Justizverwaltung der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt, gilt dafür gemäß Art. 2 Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz auch hinsichtlich der Regelungen über das Verfahren und die Form (BVerwG, B.v. 27.4.2016, a.a.O.). Nach Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG können bei einem mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassenen schriftlichen Verwaltungsakt – abweichend von Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG – Unterschrift und Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten fehlen. Ausreichend ist in diesen Fällen, dass der Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lässt, was bei der hier angegriffenen Kostenrechnung zweifelsfrei der Fall ist; sie enthält überdies den klarstellenden Zusatz „Diese Rechnung wurde per EDV erstellt und ist ohne Unterschrift gültig“.
Die Anwendbarkeit des Art. 37 Abs. 5 Satz 1 BayVwVfG ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf solche schriftlichen Verwaltungsakte beschränkt, die mit Hilfe elektronischer Einrichtungen (in Form einer Datei) an den Adressaten „übermittelt“ werden (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 67 m.w.N.). Für eine solche Einengung auf eine bestimmte Form der Bekanntgabe (Art. 41 BayVwVfG) spricht weder der Wortlaut noch die Gesetzessystematik. Die Wendung „elektronisch übermittelt“ findet sich allein in Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG; sie steht mit der für die Erstellung von Verwaltungsakten mittels einer elektronischen Einrichtung geltenden Sonderregelung in Art. 37 Abs. 5 BayVwVfG in keinem Zusammenhang. Ebenfalls keine Anwendung finden hier die vom Kläger angeführten weiteren gesetzlichen Formbestimmungen des § 14 Abs. 1 Satz 6 UStG i.V.m. § 126 BGB des Art. 44 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG und der §§ 130b, 169 Abs. 4 ZPO (zu letzteren s. BVerwG, B.v. 27.4.2016, a.a.O., Rn. 10).
b) Auch die Voraussetzungen für eine Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nach § 21 GKG, die mit der Erinnerung gegen den Kostenansatz geltend gemacht werden können und gegebenenfalls zum Entfallen des staatlichen Kostenanspruchs führen (vgl. BVerwG B.v. 25.1.2006 – 10 KSt 5/05 – NVwZ 2006, 479), sind nicht gegeben. Es liegt weder eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG vor noch ein Anlass für eine Niederschlagung der Kosten nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen unverschuldeter Unkenntnis.
Dass der Senat im damaligen Verfahren nicht bereits vor der Entscheidung über die Beschwerde des Klägers über dessen gleichzeitig gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren entschieden hat, stellte unter den gegebenen Umständen keinen – zur Nichterhebung von Kosten nach § 21 GKG zwingenden – schweren Mangel im Sinne einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung dar (zu diesem Maßstab BVerwG, B.v. 25.1.2006, a.a.O., m.w.N.).
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das (nicht dem Vertretungszwang unterliegende) Beschwerdeverfahren über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht war von vornherein unstatthaft (vgl. HessVGH, B.v. 28.1.2013 – 7 D 228/13 – NJW 2013, 1690; BayVGH, B.v. 14.12.2010 – 4 C 10.2808 – juris Rn. 1 m.w.N.) und musste daher ohne jede Sachprüfung bereits als unzulässig abgelehnt werden. Der Kläger hätte demzufolge selbst bei einer vorweggenommenen Verbescheidung seines Prozesskostenhilfegesuchs keinen Aufschluss über die Erfolgsaussichten der bereits anhängig gemachten Beschwerde erlangt.
Aus Sicht des Gerichts bestand in der damaligen Situation überdies keine Veranlassung, die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag vorzuziehen. Der vom Kläger mit Schriftsatz vom 4. April 2016 gleichzeitig mit der Beschwerde gegen Ziff. II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. März 2016 gestellte Prozesskostenhilfeantrag enthielt lediglich die Einschränkung „soweit mir durch mein Rechtsmittel und meine Anträge Kosten entstehen“; darüber hinaus wurde ein Hinweis des Gerichts beantragt, „sollten hierzu weitere Ausführungen erforderlich sein“. Diese Zusätze genügten jedenfalls nicht, um deutlich zu machen, dass die Aufrechterhaltung der Beschwerde etwa von einer positiven Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag abhängen sollte. Eine solche Verknüpfung, die z. B. auch dadurch hätte erreicht werden können, dass das Rechtsmittel nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wird, muss ein Rechtsmittelführer, wenn er beide Anträge gleichzeitig und unbedingt stellt, eindeutig zum Ausdruck bringen (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 117 Rn. 7; Fischer in Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 117 Rn. 5; OVG NRW, B.v. 25.9.2014 – 13 D 93/14 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 18.11.2014 – 10 C 14.2284 – juris Rn. 13). An einer solchen Klarstellung fehlt es hier. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war nur verbunden mit der (Rechts-)Bedingung, dass durch die Prozesshandlungen des Klägers überhaupt Kosten entstehen sollten; ein sonstiger Zusammenhang mit der Beschwerdeerhebung wurde nicht hergestellt. Auch in der Bitte um einen gerichtlichen Hinweis auf die Erforderlichkeit „weiterer Ausführungen“ kam nicht zum Ausdruck, dass vorab eine Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgen sollte, um ggf. eine als aussichtslos erscheinende Beschwerde noch zurücknehmen zu können. Unter diesen Umständen war der Senat nicht gehalten, zunächst über den (ohnehin unstatthaften) Prozesskostenhilfeantrag und erst dann über die Beschwerde zu entscheiden. Der bloße Umstand, dass die Verfahrensgebühr für die Beschwerde nach der KV-Nr. 5502 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz erst mit der Zurückweisung fällig wurde, vermag daran nichts zu ändern.
3. Das Verfahren über die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG gebührenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 66 Abs. 2 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO.

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