Kosten- und Gebührenrecht

Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss wegen Festsetzung einer Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

Aktenzeichen  M 17 M 17.70175

Datum:
19.1.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31576
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 162 Abs. 2 S. 3, § 165 S. 2
AsylG § 80, § 83b

 

Leitsatz

Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen müssen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein. Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, die allgemein mit der Prozessführung verbunden sind, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten. (Rn. 12 – 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

I.
Mit Urteil vom 28. Juni 2017 (M 17 K 17.31277) hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Januar 2017 in den Nrn. 3 bis 6 aufgehoben und die Antragstellerin verpflichtet, dem Antragsgegner subsidiären Schutz zuzuerkennen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten hat das Gericht dem Antragsgegner und der Antragstellerin jeweils zur Hälfte auferlegt. Im Klageverfahren hat das Bundesamt lediglich die elektronische Asylakte übermittelt, sich aber ansonsten nicht geäußert.
Auf Kostenausgleichsantrag des Antragsgegners erging am 21. Juli 2017 Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem die dem Antragsgegner im Klageverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf 925,22 € festgesetzt wurden, sodass die Antragstellerin 1/2 = 462,61 € zu tragen hat. Aufwendungen der Antragstellerin wurden nicht angesetzt.
Hiergegen beantragte die Antragstellerin am 26. Juli 2017 die Entscheidung des Gerichts. Es wurde beantragt, Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von 20,- € zu berücksichtigen. Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 11. August 2017 vorgetragen, dass die allgemeine Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 dem nicht entgegenstehe, da sich diese nicht auf den Kostenausgleich nach § 106 ZPO, sondern nur auf Kostenfestsetzungsanträge nach § 104 ZPO, mithin nur auf Klageverfahren beziehe, in denen das Bundesamt vollständig obsiege. Hintergrund sei, dass beim Kostenausgleich die Kosten beider Parteien ohne zusätzlichen Aufwand miteinander verrechnet werden könnten, während beim reinen Obsiegen die Kosten direkt beim Verfahrensgegner angefordert werden müssten, was durch die dafür entstehenden Sach- und Personalkosten bei Beträgen von 20,- € für die Postpauschale im Regelfall unwirtschaftlich sei. Auch die elektronische Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen verursache Ausgaben/Kosten (Gehalt der Mitarbeiter, technische Ausstattung, Sachausgaben, Miete, Anschaffung, Strom etc.), die gerade in die Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO einflössen und auch die Übersendung des Prozesskostenausgleichs, die Erinnerung und die Stellungnahme erfolgten postalisch, sodass damit Porti entstünden.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte den Vorgang dem Gericht zur Entscheidung vor. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 10. bzw. 18. Januar 2018 gegeben.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 teilte die Antragstellerin mit, dass trotz Aufrechterhaltung der Rechtsansicht der Antrag auf Kostenausgleich in Höhe von 20,00 € zurückgenommen wird. Auf gerichtliche Anfrage vom 28. Dezember 2017, ob auch die Erinnerung zurückgenommen werde, äußerte sich die Antragstellerin nicht.
Der Bevollmächtigte des Antragsgegners führte mit Schriftsatz vom 8. Januar 2018 aus, dass der Erinnerung nach Rücknahme des Antrags auf Kostenausgleich das Rechtsschutzbedürfnis für die Erinnerung fehle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 17.31277 verwiesen.
II.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
Die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhobene, statthafte (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) Kostenerinnerung, über die der auch für die Hauptsache zuständige Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.1996 – 11 VR 40/95 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 03.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 9 ff.), ist wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 ihren Antrag auf Kostenausgleich in Höhe von 20,00 € zurückgenommen und damit zu erkennen gegeben, dass sie an der Weiterverfolgung ihres Begehrens auf Festsetzung einer Postpauschale in Höhe von 20,00 € nicht mehr interessiert ist. Dadurch ist ihr Rechtsschutzinteresse an der Fortführung des gerichtlichen Verfahrens entfallen.
Die Erinnerung ist darüber hinaus auch unbegründet.
Die Urkundsbeamtin hat die Festsetzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen i.H.v. 20,- € zu Recht abgelehnt.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG). Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Der nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO zugunsten der Behörde vorgesehene Rückgriff auf die Geltendmachung eines Pauschhöchstbetrages als Auslagenersatz anstelle der Geltendmachung und des Nachweises der Einzelauslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ändert nichts an der Tatsache, dass für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen tatsächlich (notwendige) Aufwendungen im Rahmen des Prozessverfahrens seitens der Behörde stattgefunden haben müssen. Die Behörde wird lediglich von der Verpflichtung, Einzelnachweise für die jeweiligen Aufwendungen zu erbringen, entbunden (vgl. a. VG München, B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673 m.w.N.).
Das Bundesamt hatte hier aber mangels Äußerung im Klageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen. Während des Erkenntnisverfahrens erfolgte kein postalischer Schriftverkehr an das Gericht. Die Behördenakte des Bundesamtes wurde nicht mit Hilfe eines Postdienstleisters (unter Entgeltaufwendung) an das Gericht übermittelt. Eine Übersendung der Kostennote im Klageverfahren kann einen Anspruch auf Festsetzung der Pauschale ebenso wenig begründen wie der Antrag auf Entscheidung des Gerichts im Erinnerungsverfahren. Denn gemäß § 162 Abs. 1 VwGO müssen die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein. Die Beschränkung auf die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bewirkt, dass die Aufwendungen während des eigentlichen Prozessverfahrens, hier also des Klageverfahrens, angefallen sein müssen (vgl. a. VG München, B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673). Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Bei Behörden sind Generalkosten, die allgemein mit der Prozessführung verbunden sind, nicht zu erstatten (vgl. VG München, B.v. 9.1.2018 – M 17 M 17.47881; B.v. 9.1.2018 – M 19 M 17.48581; B.v. 2.1.2018 – M 19 M 17.49875; B.v. 5.1.2018 – M 24 M 17.46144; B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673; Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 7; Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 23. Auflage, Vorb. 7 VV RVG Rn. 10).
Auch eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG kann die Antragstellerin nicht geltend machen, weil sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf diese Dokumentenpauschale nicht berufen können (vgl. § 1 RVG; VG München, B.v. 2.1.2018 – M 19 M 17.49875; SG Fulda, B.v. 4.4.2016 – S 4 SF 45/15 E – juris Rn. 18).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar (vgl. VGH BW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 3).

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