Aktenzeichen M 25 M 17.50108
VV RVG Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2
VwGO § 165
Leitsatz
1 Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG fällt nicht an, wenn ein Beteiligter in dem durch Gerichtsbescheid beendeten Klageverfahren in vollem Umfang obsiegt hat und daher mangels erforderlicher Beschwer von vornherein einen Antrag auf mündliche Verhandlung in zulässiger Weise nicht stellen kann. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wurde durch Gerichtsbescheid entschieden, ist es unerheblich, ob die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der rechtsanwaltlich vertretene Antragsteller wandte sich im Verfahren M 25 K 16.50350 gegen eine Dublin-Entscheidung der Antragsgegnerin. Mit Gerichtsbescheid vom 21. Dezember 2016 gab das Gesicht der Klage vollumfänglich statt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 27. Dezember 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung der Kosten in Höhe von 925,23 €. Darin war auch eine Terminsgebühr in Höhe von 363, 60 € (netto) enthalten.
Mit Beschluss vom 9. Januar 2017 setzte die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die dem Kläger im Verfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 492,54 € fest. Die Festsetzung der beantragten Terminsgebühr sowie der anteiligen Mehrwertsteuer wurde abgelehnt.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2017 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung wurde angeführt, aus Nr.3104 RVG ergebe sich eindeutig, dass eine Terminsgebühr entstehe, wenn in einem Verfahren nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werde. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid im Falle des Obsiegens keine Terminsgebühr entstehe, so hätte er dies ausdrücklich regeln müssen. Es sei kein Grund ersichtlich, warum bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid eine andere Kostenfolge eintreten sollte als bei der Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.
II.
Die gemäß §§ 165, 151 VwGO zulässige Erinnerung ist unbegründet. Die Urkundsbeamtin hat im Beschluss vom 9. Januar 2017 zu Recht keine Terminsgebühr festgesetzt.
Nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann.
Zwar wurde vorliegend durch Gerichtsbescheid entschieden. Es fehlt jedoch an der zweiten Voraussetzung, da der Antragssteller eine mündliche Verhandlung nicht beantragen konnte. Die gesetzliche Begründung zur Anpassung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 des Vergütungsverzeichnisses (BTDrucksache 17/11471, S. 275) zeigt, dass die Entstehung der „fiktiven Terminsgebühr“ auf solche Fälle beschränkt werden soll, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann.
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da der Kläger vollständig obsiegt hat. In einem solchen Fall besteht keine Erforderlichkeit, auf einen etwaigen entsprechenden Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Ablehnung eines – mangels Rechtsschutzbedürfnis offensichtlich unzulässigen – Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss nicht notwendigerweise durch Urteil erfolgen. Das Gericht kann den Antrag in diesem Fall vielmehr durch Beschluss in entsprechender Anwendung von § 125 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO als unzulässig verwerfen (Eyermann, VwGO 14. Aufl. § 84 Rn. 21).
Unerheblich ist ferner, ob die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Entscheidend ist vielmehr, wie das Gericht im vorliegenden Fall konkret entschieden hat. Insofern werden die Entscheidungsformen ohne mündliche Verhandlung (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1) und durch Gerichtsbescheid (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2) im Vergütungsverzeichnis klar unterschieden.
Kosten; § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.