Aktenzeichen M 19 M 17.46456
Leitsatz
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG fällt nicht an, wenn ein Beteiligter in dem durch Gerichtsbescheid beendeten Klageverfahren in vollem Umfang obsiegt hat und daher mangels erforderlicher Beschwer von vornherein einen Antrag auf mündliche Verhandlung in zulässiger Weise nicht stellen kann. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Kostenerinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Das Gericht hat mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2017, rechtskräftig seit 1. Juni 2017, im Verfahren 19 K 17.32482 den Antragsgegner verurteilt, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Antragsteller hat im Verfahren 19 K 17.32482 somit vollständig obsiegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 31. Mai 2017 beantrage der Antragsteller u.a. die Festsetzung einer Terminsgebühr in Höhe von 363,60 Euro. Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. Juni 2017 mit, dass die Terminsgebühr nicht in Ansatz gebracht werden könne, da zwar ein Gerichtsbescheid ergangen sei, aufgrund des vollständigen Obsiegens in der Hauptsache aber mangels Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses kein Antrag auf mündliche Verhandlung hätte gestellt werden können (Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 Anlage 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (VV RVG)).
Der Antragsteller führte hierzu mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 aus, dass der Gerichtsbescheid einem Urteil gleichgestellt sei, damit eine gerichtliche Entscheidung darstelle und die Kostenfrage nicht anders zu behandeln. Bereits mit dem Erlass des Gerichtsbescheids seien die Kosten entstanden, denn der Antragsteller habe sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt und damit dem Gericht zu erkennen gegeben, dass er auf eine mündliche Verhandlung verzichte.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts vom 24. Juli 2017 wurden die zu erstattenden Aufwendungen in Höhe von insgesamt 492,54 Euro festgesetzt. Dabei kam eine 1,3 Verfahrensgebühr sowie eine Auslagenpauschale zum Ansatz. Die beantragte Terminsgebühr wurde nicht festgesetzt. Zur Begründung wurde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 13. November 2015 – 12 A 30/15 – juris verwiesen.
Am 28. Juli 2017 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Gerichts.
Die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts hat der Erinnerung nicht abgeholfen und den Fall dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens M 19 K 17.32482 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Erinnerung (§ 165 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – i.V.m. § 151 VwGO) ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Urkundsbeamtin hat zu Recht die Festsetzung einer Terminsgebühr nicht vorgenommen.
Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 der Anlage 1 VV RVG ist nicht entstanden.
Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist nicht erfolgt, so dass eine Terminsgebühr ebenfalls nicht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG angefallen ist.
Eine Terminsgebühr ist auch nicht nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entstanden. Nach dieser Vorschrift fällt eine Terminsgebühr auch dann an, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Zwar ist hier durch Gerichtsbescheid entschieden worden. Da der Kläger aber obsiegt hat, konnte er mangels Beschwer in zulässiger Weise keine mündliche Verhandlung beantragen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 84 Rn. 37). Aus dem Wortlaut „beantragt werden kann“ folgt, dass der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch zulässig sein muss. Wäre nämlich das Wort „kann“ hier im rein faktischen Sinne (und nicht im Sinne eines rechtlichen Dürfens) zu verstehen, könnte ausnahmslos in allen Fällen, in denen durch Gerichtsbescheid entschieden wurde, mündliche Verhandlung beantragt werden. Denn niemand ist gehindert, auch einen unzulässigen Antrag zu stellen. Bei einem solchen Verständnis der Norm wäre aber der letzte Halbsatz von Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG ersichtlich überflüssig (vgl. insgesamt hierzu: VG Berlin, B.v. 7.9.2017 – 14 KE 29.17 – juris; VG Wiesbaden, B.v. 28.8.2017 – 3 O 359/17.WI.A – juris;). Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG fällt daher nicht an, wenn der betreffende Beteiligte – wie im vorliegenden Fall der Antragsteller – in dem durch Gerichtsbescheid beendeten Klageverfahren in vollem Umfang obsiegt hat und daher mangels erforderlicher Beschwer von vornherein einen Antrag auf mündliche Verhandlung in zulässiger Weise nicht stellen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154. VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.