Aktenzeichen 21 ZB 15.1775
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1 Zwar ist einem Kläger, der innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 S. 1 VwGO keinen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat, bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Grundsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO in die versäumte Rechtsmittelfrist zu gewähren; Voraussetzung dafür ist aber, dass innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingereicht wurde. (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Prozesskostenhilfeverfahren kommt es bei einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten auf das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO nicht an. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 14 K 14.1511 2015-06-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Juni 2015 wird abgelehnt.
Gründe
1. Der Senat legt den Antrag zugunsten des anwaltlich nicht vertretenen Klägers dahin aus, dass Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Juni 2015 beantragt wird (§ 88 VwGO).
Im Betreff des Schriftsatzes vom 17. August 2015 bezeichnet der Kläger zwar sein Begehren mit „Antrag auf PKH und Einlegen der Berufung“. Eine Berufung wäre aber schon deshalb unzulässig, weil sie vom Verwaltungsgericht nicht zugelassen wurde (§ 124 a Abs. 2 Satz 1 VwGO)
Ein im Grundsatz sachdienlicher Antrag auf Zulassung der Berufung wäre ebenfalls unzulässig. Der Kläger könnte einen solches Rechtsmittel mangels Postulationsfähigkeit nicht wirksam selbst einlegen. Er muss sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Prozessbevollmächtigten im Sinn des § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO, namentlich einen Rechtsanwalt, vertreten lassen (§ 67 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO). Darauf hat bereits die dem angegriffenen Urteil beigefügte Rechtsmittelbelehrung hingewiesen.
Der Kläger begehrt aber auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes. Er benennt damit das in der gegebenen prozessualen Situation bezogen auf einen beabsichtigten Zulassungsantrag allein zweckmäßige Begehren. Dafür spricht auch, dass der Kläger im Schriftsatz vom 17. August 2015 die von ihm bereits vorgelegte „Berufung“ als „Entwurf“ bezeichnet hat.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ein künftiger Antrag auf Zulassung der Berufung wäre mangels Fristwahrung unzulässig.
Zwar ist einem Kläger, der innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO keinen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat, bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Grundsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO in die versäumte Rechtsmittelfrist zu gewähren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingereicht wurde (vgl. BayVGH, B. v. 8.2.2013 – 7 ZB 13.268 – juris m. w. N.). Daran fehlt es hier. Die Monatsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das dem Kläger am 17. Juli 2015 zugestellte Urteil endete am 17. August 2015 (§ 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ging dem Gericht zwar am letzten Tag der Frist zu. Er war jedoch nicht vollständig, weil die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO beizufügende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlte. Eine solche war nicht mit Blick auf die für das Klageverfahren unter dem 20. Oktober 2014 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entbehrlich. Denn der Kläger hatte darin unter Hinweis auf einen noch ausstehenden schriftlichen Arbeitsvertrag und einen insoweit erstmals im November zufließenden Arbeitslohn keine genauen Angaben zu seinen Einnahmen gemacht.
Unabhängig davon hätte ein Antrag auf Zulassung der Berufung auch in der Sache keinen Erfolg, wobei es im Prozesskostenhilfeverfahren bei einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten auf das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht ankommt (vgl. Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 166 Rn. 18 f.).
Weder aus dem Vorbringen des Klägers, das im Wesentlichen den erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein Zulassungsgrund im Sinn des § 124 Abs. 2 VwGO besteht. Insbesondere ist nichts ersichtlich, was ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils begründen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Klagevorbringen auseinandergesetzt und zutreffend dargelegt, weshalb der Kläger keinen Anspruch darauf hat, dass die Verwaltungsverfahren gemäß Art. 51 BayVwVfG wieder aufgegriffen werden, die mit dem Widerruf seines Kleinen Waffenscheins (Bescheid des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 7.8.2006) und mit einem Erwerbs- und Besitzverbot von Waffen und Munition (Bescheid des Landratsamts vom 6.12.2007) bestandskräftig abgeschlossen wurden. Entsprechendes gilt für einen vermeintlichen Anspruch auf Widerruf der genannten Verwaltungsakte. Auch für den vom Kläger nur allgemein behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und damit für einen Verfahrensfehler, der nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte, besteht kein konkreter Anhalt.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Prozesskostenhilfeverfahren gebührenfrei ist, Auslagen im Sinn von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 5 ZPO nicht angefallen sind und dem Beklagten gegebenenfalls entstandene Kosten nicht erstattet werden (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).