Kosten- und Gebührenrecht

Keine Befangenheit wegen der Anforderung von PKH-Unterlagen unter Fristsetzung

Aktenzeichen  M 9 KO 16.18, M 9 SO 16.1887

Datum:
31.5.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 54 Abs. 1, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO ZPO § 42, § 114 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Ein Ablehnungsgesuch, dass allein damit begründet wird, dass das Gericht die Rücksendung des ausgefüllten Formblatts der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse unter Fristsetzung angefordert hat, ist rechtsmissbräuchlich. (redaktioneller Leitsatz)
2 Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, dass nicht nur der Antrag, sondern auch die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Erklärungsformular eingereicht wird (§ 117 Abs. 2 ZPO). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Ablehnung der Richter der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts München wird abgelehnt.
II. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe in den Verfahren M 9 KO 16.1885 und M 9 SO 16.1887 werden abgelehnt.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 13. April 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 14. April 2016, Prozesskostenhilfe im Rahmen eines „KO“-Verfahrens und eines „SO“-Verfahrens für die notwendige Rechtsverfolgung, Rechtsverteidigung in einem anschließenden Hauptsacheverfahren (M 9 KO 16.1885) und in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (M 9 SO 15.1887) beantragt. Unter anderem beantragte er in diesen Verfahren die unverzügliche Vorlage der chronologisch geordneten und paginierten Verwaltungsakten der Gemeinde ab 2015, die Gewährung von Akteneinsicht in die Verwaltungsakten, die Gerichtsakten, die Prozesskostenhilfeakten u.a. und die Übermittlung der amtlichen PKH-Formblätter.
Mit Schreiben vom 14. April 2016 wurde der Antragsteller gebeten, die betreffenden Bescheide der Gemeinde zur Zuordnung des Gegenstands des Verfahrens (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nachzureichen oder die Angaben zum Inhalt der Bescheide zu präzisieren. Als Anlage beigefügt wurden der Vordruck „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ sowie ein Hinweisblatt; in dem Schreiben wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Formblätter zur Beantragung von Prozesskostenhilfe beigefügt worden seien. Das Schreiben wurde am 14. April 2016 zur Post gegeben.
Mit Schreiben vom 27. April 2016 wurde der Antragsteller unter Angabe des Aktenzeichens aufgefordert, seine Anträge zu präzisieren, binnen 14 Tagen die angefochtenen Bescheide sowie die Formblätter zur Prozesskostenhilfe vorzulegen.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 beantragte der Antragsteller, bis zur Gewährung und dem Vollzug der Akteneinsicht die Vorlage der PKH-Formblätter zu vertagen, ruhen zu lassen, bis zum, z.B. 31. Mai 2016.
Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Frist zur Vorlage der Prozesskostenhilfeunterlagen nicht verlängert wird.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2016 stellte der Antragsteller Antrag auf Ablehnung des BE-Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit entsprechend der VwGO- i.V.m. ZPO-Bestimmungen. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der abgelehnte 9.-VG-Spruchkörper derart massiv gegen das VwGO-Verfahrensrecht, gegen die Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte verstoße, dass bei verständiger Würdigung der Sache beim PKH-Antragsteller der Eindruck erweckt wird, dieser abgelehnte 9.-VG-Spruchkörper nehme diesem gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflusse. Der Spruchkörper habe grundlos die beantragte Gewährung von Akteneinsicht in die VG-Akten mit PKH-Beiakten, die gemeindlichen Verwaltungsakten, den aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts und den zutreffenden Geschäftsverteilungsplan der VG-Kammer verweigert. Des Weiteren sei ohne Angabe von Gründen das rechtliche Gehör verweigert worden.
Bis zur Entscheidung über diese Anträge hat der Antragsteller keine Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO abgegeben.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Ausschließung und Ablehnung aller Richter der Kammer wird als unzulässig verworfen, da das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, NVwZ-RR 2013, 225). Das Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich, da sich der Begründung des Ablehnungsantrags auch nicht im Ansatz ein sachlich nachvollziehbarer Bezug zum konkreten Rechtsstreit und den geltend gemachten Ablehnungsgründen entnehmen lässt (BVerwG, NVwz-RR 2013, 583). In den Verfahren des Antragstellers wurden keine Entscheidungen getroffen, sondern nur die Rücksendung des ausgefüllten Formblatts der Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse unter Fristsetzung angefordert, wie es § 117 Abs. 2 ZPO vorschreibt. Die Fristsetzung war angemessen und erforderlich, da der Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein Eilverfahren beantragt hat. Unter Berücksichtigung dessen, dass ohne die Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse kein zulässiger Antrag vorliegt, wird aus der Art und Weise des Vorgehens des Antragstellers ein gesetzwidriger, das Instrument der Richterablehnung missbräuchlicher Einsatz dieses Rechts erkennbar (BVerfG, B.v. 14.11.2012 – 2 KSt 1/11 – juris). Die Kammer konnte daher über dieses Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung aller abgelehnten Richter entscheiden (BVerfG, B.v. 18.2.2016 – 2 BVE 6/15 – juris).
2. Der Antrag auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in den Verfahren M 9 KO 16.1885 und M 9 SO 16.1887 ist unzulässig. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung Voraussetzung, dass nicht nur der Antrag, sondern auch die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Erklärungsformular eingereicht wird (§ 117 Abs. 2 ZPO). Diesen Anforderungen ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Die Rechtsverfolgung hat deshalb schon aus diesem Grund keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass über den Antrag auf Akteneinsicht in alle Behördenakten ab 2015, die Gerichtsakten und die PKH-Akten nicht mehr zu entscheiden war.
Ziffer I. des Beschlusses ist unanfechtbar, § 146 Abs. 2 VwGO.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

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