Aktenzeichen M 5 M 18.31843
RVG § 15 Abs. 2, § 16 Nr. 5
AsylG § 71a
Leitsatz
1 Ein Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und ein nachfolgendes Abänderungsverfahren sind gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit. Der Rechtsanwalt kann die Gebühr nur einmal fordern. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für den gebührenrechtlich maßgeblichen Ausgang des Verfahrens ist nicht auf das Abänderungs-, sondern auf das Ausgangsverfahren abzustellen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es besteht kein Wahlrecht des Rechtsanwalts, die nur einmal zu fordernde Gebühr erst im nachfolgenden Abänderungsverfahren zu verlangen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom … April 2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist ugandischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am … November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom … März 2017 unter Verweis auf ein in Norwegen bereits erfolglos durchgeführtes Erstverfahren abgelehnt wurde. Die Voraussetzungen für einen zulässigen Zweitantrag (§ 71a AsylG) lägen nicht vor. Hiergegen ließ der Antragsteller am 31. März 2017 Klage erheben (M 5 K 17.36300) und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragen (M 25 S 17.36301). Mit Beschluss vom 19. Juni 2017 hat das Gericht den Eilantrag abgelehnt. Einen Antrag auf Abänderung dieser Entscheidung hat das Gericht mit weiteren Beschlüssen vom 17. August 2017 (M 25 S7 17.46610), 14. September 2017 (M 25 S7 17.47619), 9. November 2017 (M 25 S7 17.49138), 7. März 2018 (M 5 S7 18.30694) und 16. März 2018 (M 5 S7 18.31200) abgelehnt. Auf einen am 27. März 2018 erneut gestellten Antrag auf Abänderung hin hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts angeordnet und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt (B.v. 29.3.2018 – M 5 S7 18.31396).
Mit Schriftsatz vom 4. April 2018 beantragte die Antragstellerpartei die Festsetzung ihrer erstattungsfähigen Kosten mit einer Gesamtsumme von 334,75 EUR. Diese umfassten eine 1,3-fache Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 2.500,00 EUR sowie eine Pauschale für Post und Telekommunikation.
Mit Beschluss vom 12. April 2018 lehnte die Urkundsbeamtin den Antrag des Bevollmächtigten des Antragstellers auf Festsetzung der dem Antragsteller im Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstandenen Kosten in Höhe von 334,75 EUR ab. Im Abänderungsverfahren könne der Rechtsanwalt keine Gebühren einfordern, die bereits im Ausgangsverfahren (M 25 S 17.36301) angefallen seien.
Mit Schriftsatz vom 26. April 2018, eingegangen bei Gericht am 27. April 2018, hat die Klagepartei gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss die Entscheidung des Gerichts beantragt. Der Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO stelle die Modifizierung des ursprünglichen Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO dar, sodass das ursprüngliche Begehren vom März 2017 nunmehr durch den gerichtlichen Beschluss vom 29. März 2018 unter Mitwirkung des Antrages vom 27. März 2018 erreicht worden sei.
Die Urkundsbeamtin half dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht ab und legte ihn dem Gericht zur Entscheidung vor.
Die Antragsgegnerin hat sich zu dem Antrag nicht geäußert.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie in den Verfahren M 5 K 17.36300, M 25 S 17.36301, M 25 S7 17.46610, M 25 S7 17.47619, M 25 S7 17.49138, M 5 S7 18.30694, M 5 S7 18.31200 und M 5 S7 18.31396 verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist gemäß §§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Insbesondere ist er fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe erhoben worden, §§ 165 Satz 1, 151 Satz 3, 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Funktionell zuständig zur Entscheidung ist die Einzelrichterin, da auch die zugrunde liegende Kostenlastentscheidung (hier mit Beschluss vom 29.3.2018 im Verfahren M 5 S7 18.31396) durch die Einzelrichterin erfolgt ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2016 – 4 C 16.755 – juris sowie B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris).
2. Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts ist nicht begründet.
Die Urkundsbeamtin hat im Beschluss vom 12. April 2018 zu Recht den Antrag des Bevollmächtigten des Antragstellers auf Festsetzung der dem Antragsteller im Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entstandenen Kosten in Höhe von 334,75 EUR abgelehnt.
Der Rechtsanwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nach § 15 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) nur einmal fordern. Nach § 16 Nr. 5 RVG handelt es sich u.a. bei Verfahren über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage (§ 80 Abs. 5 VwGO) sowie jedes nachfolgende Abänderungsverfahren (§ 80 Abs. 7 VwGO) gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit. Die Regelung beruht auf dem Grundgedanken, dass zwischen dem Abänderungsverfahren und dem vorausgegangenen Verfahren regelmäßig ein enger sachlicher und rechtlicher Zusammenhang besteht, der die Zusammenfassung der Verfahren zu einer gebührenrechtlichen Einheit rechtfertigt. Das Gesetz geht daher typisierend davon aus, dass der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Wesentlichen bereits im Ausgangsverfahren entstanden und damit durch die bereits dort angefallene Gebühr abgegolten ist (VG Ansbach, B.v. 19.5.2016 – AN 9 M 16.50100 – juris Rn. 18).
Für den gebührenrechtlich maßgeblichen Ausgang des Verfahrens ist daher nicht auf das Abänderungsverfahren abzustellen, sondern auf das Ausgangsverfahren. Das erscheint im Hinblick auf den Wortlaut des § 80 Abs. 7 VwGO auch sinnvoll, da eine Abänderung nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände begehrt werden kann. Dadurch wird der im Ausgangsverfahren ergangene Beschluss gerade nicht unrichtig oder aufgehoben, sondern hat insofern in Bezug auf die ursprüngliche Sachlage weiterhin Bestand.
Es besteht kein Wahlrecht des Rechtsanwalts, die nur einmal zu fordernde Gebühr erst in einem nachfolgenden Abänderungsverfahren zu verlangen (vgl. VG Regensburg, B.v. 9.10.2015 – RN 2 M 15.50593 – juris Rn. 13; VG Regensburg, B.v. 23.4.2009 – RN 7 M 08.2020 – juris; VG Ansbach, B.v. 14.8.2013 – AN 6 M 12.30309; VG Ansbach, AN 9 M 12.30668 – juris). Eine Gebühr für ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO entsteht nach § 16 Nr. 5 RVG nicht erneut, weil der mit der Gebühr abzugeltende Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts in aller Regel im Wesentlichen bereits im zwingend vorausgegangenen Ausgangsverfahren angefallen und deshalb mit der dort entstandenen Gebühr als insgesamt abgegolten gilt. Eine Verlagerung oder Aufteilung der insgesamt nur einmal zu verlangenden Gebühr in das nachfolgende Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist weder nach den gesetzlichen Bestimmungen noch der Sache nach gerechtfertigt. Anderenfalls würde die im Ausgangsverfahren ergangene Kostengrundentscheidung insofern unterlaufen, als die in diesem Verfahren angefallenen Kosten letztlich auf die – im Ausgangsverfahren obsiegende – Antragsgegnerin abgewälzt werden könnten (vgl. VG Bayreuth, B.v. 30.11.2015, a.a.O.). Ein Wahlrecht, das den Beteiligten berechtigten würde, aus möglicherweise divergierenden Kostenentscheidung diejenige auszuwählen, die ihr günstig erscheint, ist mit der gesetzlichen Intention von § 16 Nr. 5 RVG, wonach der für das nachfolgende Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO anfallende Arbeitsaufwand mit abgegolten sein soll, nicht zu vereinbaren (VG Ansbach, B.v. 19.5.2016, a.a.O., juris Rn. 20).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).