Kosten- und Gebührenrecht

Kostenentscheidung nach Erledigung einer Klage gegen die Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung

Aktenzeichen  20 B 17.901

Datum:
7.5.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11848
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3
VwGO § 161 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1 Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersagung einer gewerblichen Altkleidersammlung ist auf die Sachlage in der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei einer Gesamtmenge von angezeigten, nicht bestandskräftig untersagten gewerblichen Sammlungen in Höhe von 470 t/Jahr ist die „Irrelevanzschwelle“ in der Regel überschritten (Anschluss an BVerwG BeckRS 2016, 52475). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 12.6420 2014-04-10 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. April 2014 ist wirkungslos geworden.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. April 2014, Az.: M 17 K 12.6420 ist damit wirkungslos geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO).
Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es grundsätzlich, demjenigen die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der bei Fortsetzung des Verfahrens, wenn das erledigende Ereignis nicht eingetreten wäre, unterlegen wäre (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 161 Rn. 16; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. Erg.Lieferung Juni 2017, § 161 Rn. 23).
Erledigendes Ereignis war hier die Aufhebung der streitgegenständlichen Untersagung durch den Beklagten aufgrund der Reduzierung der Gesamtsammelmenge der gewerblichen Altkleidersammler in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2018. Wäre diese nicht erfolgt, so wäre die Berufung des Beklagten voraussichtlich begründet gewesen und die Klage abgewiesen worden: Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – BVerwGE 155, 336) ist auf die Sachlage in der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen. Die Untersagungsverfügung des Beklagten, die auf das Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG durch die gewerbliche Sammlung der Klägerin im Zusammenwirken mit anderen angezeigten, aber nicht bestandskräftig oder sofort vollziehbar untersagten privaten Sammlungen (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris; U.v. 11.7.2017 – 7 C 35.15, 7 C 36.15 – juris; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 20 CS 16.1416 – juris; B.v. 11.1.2018 – 20 CS 17.1913, 20 ZB 17.1914, 20 ZB 17.1915, 20 ZB 17.1916 – juris) gestützt war, war bis zu der Reduzierung der Sammelmengen voraussichtlich rechtmäßig, da bei einer Gesamtmenge von angezeigten, nicht bestandskräftig untersagten gewerblichen Sammlungen in Höhe von 470 t/Jahr die vom Bundesverwaltungsgericht gezogene „Irrelevanzschwelle“ (U.v. 30.6.2016 – 7 C 4.15 – juris Rn. 59) hier aller Voraussicht nach überschritten worden wäre.
Der Klägerin ist zwar grundsätzlich zuzugeben, dass sie selbst ihre Sammelmenge in der mündlichen Verhandlung nicht reduziert (im Gegenteil sogar von 20t/Jahr auf 28t/Jahr geringfügig erhöht) hat. Dies ändert aber nichts daran, dass ihre Klage ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich erfolglos geblieben wäre. Dies rechtfertigt es, ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zu den von der Klägerin zu tragenden Prozesskosten gehören gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nach der Billigkeit auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der im erstinstanzlichen Verfahren einen Antrag gestellt und einen solchen im Berufungsverfahren (Schriftsatz vom 22. Februar 2018) angekündigt hat.
Der Streitwert war nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 2.4.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit festzusetzen und entspricht dem Streitwert, von welchem der Senat in ständiger Rechtsprechung in derartigen Verfahren ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 11.1.2018 – 20 CS 17.1913, 20 ZB 17.1914, 20 ZB 17.1915, 20 ZB 17.1916 – juris).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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