Kosten- und Gebührenrecht

Lauterkeitsrechtliche Unterlassungsklage bei Verbraucherverbänden

Aktenzeichen  29 W 1623/17

Datum:
17.1.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 5214
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1
GKG § 39 Abs. 1, § 51 Abs. 2, § 68 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 2. August 2017 dahin abgeändert, dass der Streitwert auf 40.000,- € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Von einem Tatbestand wird in entsprechender Anwendung der Vorschriften § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Der Wert eines klageweise geltend gemachten lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruchs ist grundsätzlich gemäß § 51 Abs. 2 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsklagen von Verbraucherverbänden i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG kommt es für den Streitwert auf das satzungsmäßig wahrgenommene Interesse der Verbraucher an; maßgebend sind die gerade diesen drohenden Nachteile (vgl. BGH GRUR 2017, 212 – Finanzsanierungen Tz. 9 m. w. N.).
Nach allgemeiner Auffassung stellt die eigene Wertangabe eines Klägers zu Beginn des Verfahrens in der Regel ein gewichtiges Indiz für eine zutreffende Bewertung dar (ständige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München, vgl. Senat WRP 2008, 972 [976] – Jackpot-Werbung; vgl. auch BGH GRUR 1986, 93 [94] – Berufungssumme; GRUR 1977, 748 [749] – Kaffeeverlosung II; GRUR 1968, 106 [107] – Ratio-Markt), weil in diesem Verfahrensstadium, in dem die spätere Kostentragungspflicht noch offen ist, erfahrungsgemäß Angaben von größerer Objektivität erwartet werden dürfen als zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kostentragungspflicht bereits feststeht oder zumindest mit erheblicher Sicherheit vorauszusehen ist (vgl. BGH GRUR 2012, 1288 – Vorausbezahlte Telefongespräche II Tz. 4 m. w. N.). Ergibt sich allerdings aus den Gesamtumständen, dass die Streitwertangabe das tatsächliche Interesse des Antragstellers offensichtlich nicht zutreffend widerspiegelt, kommt ihr keine Bedeutung zu (vgl. Senat, a. a. O., – Jackpot-Werbung S. 976; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. November 2011 – 6 W 65/10, juris, dort Tz. 2).
2. Im Streitfall hat zwar der Kläger in der Klageschrift den Streitwert mit 60.000,- € angegeben. Diese Angabe ist indes im Lichte der Rechtsprechung zu Streitwerten in vergleichbaren Verfahren als offensichtlich unzutreffend anzusehen, so dass eine davon abweichende Bewertung geboten ist.
a) Regelmäßig wird für vom Kläger eingeleitete Verfahren, in denen Unterlassungsansprüche wegen des Fehlens von Angaben nach § 16a EnEV geltend gemacht werden, ein Streitwert von 30.000,- € festgesetzt. Das entspricht sowohl der Praxis der für Streitigkeiten aus dem Lauterkeitsrecht zuständigen Senate des Oberlandesgerichts München als auch zahlreichen anderen Gerichten, wie die vom Kläger vorgelegten Unterlagen zeigen.
Dies rechtfertigt es jedoch nicht, bei mehrfachen Verstößen den Streitwert in Höhe von 30.000,- € für jeden zur Klagebegründung herangezogenen Verstoß in Ansatz zu bringen. Denn durch diese Verstöße wurden nicht mehrere selbständige Unterlassungsansprüche begründet, die jeweils mit 30.000,- € bewertet und gemäß § 39 Abs. 1 GKG addiert werden könnten; es handelt sich dabei vielmehr lediglich um mehrere unter eine einheitliche konkrete Verletzungsform fallende Handlungen, die nur zu einen einheitlichen Unterlassungsanspruch geführt haben.
Allerdings ist es im Hinblick darauf, dass der Beklagte auch nach der Abmahnung des Klägers vom 19. August 2016 das beanstandete Verhalten fortgesetzt hat, gerechtfertigt, von einem überdurchschnittlichen Angriffsfaktor auf Seiten der Beklagten auszugehen. Ein Streitwert in Höhe von 40.000, € erscheint daher angemessen (§ 51 Abs. 2 GKG); eine darüber hinausgehende Herabsetzung ist nicht angezeigt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).

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