Kosten- und Gebührenrecht

Streitwert bei Vorgehen gegen eines kraftfahrzeugzulassungsrechtliche Mängelbeseitigungsanordnung

Aktenzeichen  11 C 20.1680

Datum:
24.8.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24632
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 63 Abs. 2, § 68 Abs. 1 S. 1
RVG § 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 S. 3, § 32 Abs. 2 S. 1
FZV § 5 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Beschwerdesumme bestimmt sich danach, inwieweit sich im Falle des Erfolgs der Beschwerde deines Rechtsanwalts seine Gesamtvergütung (Gebühren und Auslagen einschließlich anfallender Umsatzsteuer) erhöhen würde. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Verpflichtung zur zulassungsrechtlichen Mängelbeseitigung gibt der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Empfehlung. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 20.343 2020-06-24 GeB VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

Die Streitwertbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Über die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung entscheidet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 Hs. 2 GKG der Senat, weil die angefochtene Entscheidung durch die Kammer getroffen worden ist.
Die Beschwerde, die die Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG im eigenen Namen erhoben haben, hat keinen Erfolg.
Nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den nach § 63 Abs. 2 GKG der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, nur statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt. Die Behauptung, dass dies hier der Fall sei, wurde rechnerisch nicht ansatzweise aufgezeigt und ist nicht nachvollziehbar.
Maßgebend für die Berechnung der Beschwerdesumme ist die Differenz der aus den verschiedenen Streitwerten resultierenden Gebühren. Bei der Beschwerde eines Rechtsanwalts ist für die Beschwerdesumme der Betrag maßgebend, um den sich im Falle des Erfolgs der Beschwerde seine Gesamtvergütung (Gebühren und Auslagen einschließlich anfallender Umsatzsteuer) erhöhen würde. Dabei kommt es auf die Gebühren an, die dem Rechtsanwalt tatsächlich zustehen würden (vgl. Laube in BeckOK Kostenrecht, Stand 1.6.2020, § 68 GKG Rn. 70 f.; Schneider in Schneider/Volpert/ Fölsch, FamGKG, 3. Aufl. 2019, § 32 RVG Rn. 11 ff.; Toussaint in Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, § 32 RVG Rn. 17; BayVGH, B.v. 17.12.2018 – 10 C 18.2582 – juris Rn. 4; B.v. 3.9.2013 – 6 C 13.1598 – juris Rn. 2 jeweils m.w.N.).
Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG i.V.m. Nr. 3100 Teil 3 Abschnitt 1 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG erhält der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Verfahren im ersten Rechtszug eine 1,3-fache Verfahrensgebühr. Es ist nicht ersichtlich, dass hier in dem durch Gerichtsbescheid beendeten schriftlichen Verfahren eine Terminsgebühr gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG oder eine nicht anrechenbare Geschäftsgebühr nach Teil 2 Abschnitt 1 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entstanden sein könnten. Die Verfahrensgebühr beträgt bei einem Streitwert von 1.250,- EUR zuzüglich Umsatzsteuer (19%) 177,90 EUR (1,3 x 115,- + 28,40, EUR). Bei einem Streitwert von 2.500,- EU beläuft sich die 1,3-fache Verfahrensgebühr (261,30 EUR) zuzüglich Umsatzsteuer auf 310,94 EUR. Der hieraus zu ermittelnde Differenzbetrag in Höhe von 133,04 EUR liegt unter der Beschwerdesumme von 200,- EUR.
Abgesehen davon wäre die Beschwerde auch unbegründet. Der vom Verwaltungsgericht auf 1.250,- EUR festgesetzte Streitwert entspricht der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden, vom Gericht nach Ermessen zu bestimmenden Bedeutung der Sache (§ 52 Abs. 1 GKG), wobei den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Orientierungshilfe besonderes Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2015 – KSt 2.15 u.a. – JurBüro 2016, 23 = juris Rn. 4 vgl. auch BVerfG, B.v. 8.12.2011 – 1 BvR 1393/10 – juris Rn. 4 ff.). Für die streitgegenständliche isolierte Verpflichtung zur Mängelbeseitigung gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) vom 3. Februar 2011 (BGBl I S. 139), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2019 (BGBl I S. 1416), gibt der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, Anh. § 164 Rn. 14) keine Empfehlung. In Nr. 46.16 des Streitwertkatalogs wird lediglich für die Sicherstellung und Stilllegung eines Kraftfahrzeugs der Ansatz des halben Auffangwerts (2.500,- EUR) empfohlen. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Streitwertkommission die ebenfalls in § 5 Abs. 1 FZV aufgeführte Mängelbeseitigung übersehen hat. Der Senat hat bereits entschieden, dass die wesentlich weniger einschneidende, da nicht betriebsbeschränkende Verpflichtung zur Mängelbeseitigung, auch wenn sie in einem isolierten Bescheid erfolgt, nicht nochmals mit 2.500,- EUR zu bewerten ist, sondern als Vorstufe zur Betriebsuntersagung im Fall der Nichtbefolgung bis zum Ablauf der behördlich festgelegten Frist in ihrer Bedeutung lediglich mit der Hälfte dieses Streitwerts anzusetzen ist (BayVGH, U.v. 22.10.2019 – 11 BV 119.824 – juris Rn. 56). Mit ihr soll dem Fahrzeughalter die Gelegenheit gegeben werden, weitergehende Maßnahmen wie eine Betriebsbeschränkung bzw. -untersagung und letztlich die Außerbetriebsetzung abzuwenden.
Hieran ändert der Umstand, dass der Beklagte die Verpflichtung zur Mängelbeseitigung mit einer Zwangsgeldandrohung in Höhe von 250,- EUR versehen hatte und die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit weiterer Zwangsgeldandrohungen (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG), nichts. Nach Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs bleibt die Androhung eines Zwangsgelds außer Betracht, wenn sie wie hier neben einer Grundverfügung erfolgt und die Höhe des Zwangsgelds nicht höher ist als der für die Grundverfügung zu bemessende Streitwert. Weitere Zwangsgeldandrohungen waren nicht Gegenstand der Klage. Sie dürfen erst dann – durch gesonderten Bescheid – erfolgen, wenn das angedrohte Zwangsgeld keinen Erfolg hatte (vgl. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG); Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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