Aktenzeichen 22 C 16.1334
Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Nr. 1.1.3
Leitsatz
Der Streitwert einer Anfechtungsklage, die sich gegen eine zu einer Gaststättenerlaubnis erteilte Auflage richtet, wonach es dem Betreiber der Gaststätte untersagt wird, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen und zugleich gegen diesen Arbeitnehmer ein “Beschäftigungsverbot” verhängt wird, kann nach § 52 Abs. 1 und 2 GKG iVm Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nach dem Auffangwert auf 10.000 Euro festgesetzt werden, wenn sich sowohl der Betreiber der Gaststätte als auch der Beschäftigte, jedoch aufgrund verschiedener Interessen, gegen die Auflage wenden. (redaktioneller Leitsatz)
Einer nach Klageerhebung erfolgten vorläufigen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 GKG kommt keine Präjudizwirkung für die endgültige Festsetzung gemäß § 63 Abs. 2 S. 1 GKG. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Kläger tragen je zur Hälfte die Kosten des gerichtsgebührenfreien Beschwerdeverfahrens. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. Die Kläger wehren sich gegen eine nach ihrer Ansicht überhöhte Streitwertfestsetzung.
Sie wandten sich mit ihrer gemeinsam zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhobenen Anfechtungsklage gegen die in einer dem Kläger zu 1 erteilten Gaststättenerlaubnis enthaltene Auflage, mit der zum einen dem Kläger zu 1 – sinngemäß – untersagt wurde, den Kläger zu 2 in der betreffenden Gaststätte zu beschäftigen, und zum andern gegen den Kläger zu 2 „ein Beschäftigungsverbot verhängt“ wurde. Nach Klageeingang setzte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. März 2016 den Streitwert vorläufig auf 5.000 € fest. Nach übereinstimmenden Erledigterklärungen der Parteien stellte das Verwaltungsgericht (Einzelrichterin) das Klageverfahren mit Beschluss vom 15. Juni 2016 ein, legte den Klägern die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Streitwert auf 10.000 € fest.
Mit der Streitwertbeschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat, begehren die Kläger die Herabsetzung des Streitwerts auf 5.000 €. Sie machen geltend, das Verwaltungsgericht habe in dem Beschluss vom 10. Mai 2016, mit dem es über einen zugleich mit Klageerhebung gestellten Antrag der Kläger nach § 80 Abs. 5 VwGO befunden habe, den Streitwert auf 5.000 € festgesetzt. Zudem habe es im Klageverfahren den Streitwert – wenngleich nur vorläufig – ebenfalls auf 5.000 € festgesetzt. Weshalb sich demgegenüber der Streitwert nun auf 10.000 € verdoppelt haben solle, sei nicht ersichtlich. Eine Begründung dafür habe das Verwaltungsgericht nicht gegeben.
2. Über die Beschwerde entscheidet gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG der Einzelrichter.
Die Beschwerde ist unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat den Streitwert nicht zu hoch festgesetzt. Eine nach Klageerhebung erfolgte vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG ist kein Präjudiz für die endgültige Festsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Daraus, dass vorliegend die vorläufige Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts im Klageverfahren – wohl versehentlich – um die Hälfte zu niedrig ausgefallen ist, können die Kläger daher nichts zu ihren Gunsten herleiten.
Das Verwaltungsgericht hat im Einstellungsbeschluss vom 15. Juni 2016 die vorliegend zutreffenden für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Grundlagen genannt, nämlich § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i.d. Fassung der zuletzt am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen – nachfolgend: Streitwertkatalog). Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 52 Abs. 2 GKG ist dann, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ein Streitwert von 5.000 € – der sogenannte „Auffangwert“ – anzunehmen. Dies ist hier sowohl beim Kläger zu 1 als auch beim Kläger zu 2 der Fall: Ersterer bekämpfte – wie sich der Klagebegründung entnehmen lässt (Schriftsatz vom 21.3.2016, S. 5) – die streitgegenständliche Auflage in der Gaststättenerlaubnis als eine nach seiner Ansicht rechtswidrige Einschränkung seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit; letzterer machte geltend, diese Auflage komme für ihn einem grundrechtswidrigen allgemeinen Beschäftigungsverbot, mindestens aber einem unverhältnismäßigen Verbot gleich, in der Gastronomie generell beschäftigt zu werden (Schriftsatz vom 21.3.2016, S. 6 und 7). Hinreichende Anhaltspunkte, um diese beiden Begehren mit einem bestimmten Geldbetrag zu gewichten und auf diese Weise der für den jeweiligen Kläger bestehenden „Bedeutung der Sache“ gerecht zu werden, bot der Vortrag der Kläger nicht. Deshalb war jeweils gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Auffangwert (5.000 €) angemessen.
Nach der Empfehlung in Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs sind dann, wenn – wie hier – mehrere Kläger gemeinschaftlich klagen, die Werte der einzelnen Klagen zu addieren, es sei denn die Kläger begehren oder bekämpfen eine Maßnahme als Rechtsgemeinschaft. Die Empfehlungen im Streitwertkatalog erlauben in aller Regel eine hinreichend differenzierte Bemessung der Streitwerte, die sowohl den Interessen der Beteiligten eines Rechtsstreits (auf der Seite des Rechtsuchenden wie auf der Seite der Rechtsverteidigung) als auch einer praktikablen Handhabung Rechnung trägt (BayVGH, B.v. 29.4.2016 – 22 C 16.530 – juris, Rn. 11). Dass beide Kläger als Rechtsgemeinschaft prozessiert hätten, ist vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Zwar bekämpften beide Kläger einunddieselbe Auflage, jedoch aufgrund verschiedener Interessen: Der Kläger zu 1 verteidigte – wie er ausdrücklich erklärte – seine unternehmerische Freiheit als Arbeitgeber. Der Kläger zu 2 fürchtete um seinen Arbeitsplatz und maß der Auflage eine Bedeutung zu, die nach seiner Rechtsauffassung noch weiter ging als im Fall des Klägers zu 1; er meinte nämlich, die Auflage verbiete ihm die Arbeit als Beschäftigter zumindest im gesamten Bereich der Gaststättengewerbe. Die Addition beider Auffangwerte auf insgesamt 10.000 € ist daher nicht zu beanstanden.
Der – nur vermeintliche – Widerspruch der Streitwertfestsetzung im Klageverfahren gegenüber derjenigen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes besteht in Wirklichkeit nicht. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Ansicht der Kläger den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angenommenen Streitwert im Klageverfahren nicht ohne Grund verdoppelt. Vielmehr entspricht die von den Klägern bemängelte Differenzierung durch das Verwaltungsgericht der – in der gesamten Verwaltungsgerichtsbarkeit regelmäßig befolgten – Empfehlung unter Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Streitwert in der Regel die Hälfte (hier also 5.000 €) des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (hier: 10.000 €) beträgt.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 68 Abs. 3 GKG.
Gegen diesen Beschluss gibt es nach § 66 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG kein Rechtsmittel.