Aktenzeichen M 10 M 15.4735
Leitsatz
Die im Widerspruchsbescheid vom Landratsamt erhobenen Gebühren und Auslagen sind auf Antrag von diesem zurückzuerstatten. Sie können nicht mit dem gerichtlichen Rückfestsetzungsbeschluss festgesetzt werden. (redaktioneller Leitsatz)
Die Kosten für Ablichtungen, Schreibarbeiten und Porto können grundsätzlich als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen eines Beteiligten geltend gemacht werden. Sie müssen jedoch im Einzelfall konkret aufgeführt und im Zweifelsfall belegt werden. Eine nur pauschale Geltendmachung ist nicht möglich. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Verzinsung entrichteter Gerichtskosten, die von der Staatskasse rückerstattet wurden, ist nicht möglich, weil nach § 5 Abs. 4 GKG Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten nicht zu verzinsen sind. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller (Kläger) wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2015.
Der Kläger wurde von der Antragsgegnerin (Beklagten) mit Bescheid vom 17. Februar 2011 zur Zweitwohnungsteuer herangezogen. Die Klage des Klägers wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. April 2012 abgewiesen. Die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts München erließ aufgrund der Kostenentscheidung im Urteil vom 19. April 2012 am 11. Mai 2012 einen Kostenfestsetzungsbeschluss, worin die der Beklagten entstandenen notwendigen Aufwendungen antragsgemäß auf insgesamt 502,78 Euro festgesetzt wurden.
Auf die Berufung des Klägers hin hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 27. Juni 2013 (4 B 13.592) das Urteil des Verwaltungsgerichts München sowie den streitgegenständlichen Zweitwohnungsteuerbescheid auf; zur Tragung der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen wurde die Beklagte verpflichtet.
Die Revision der Beklagten wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2014 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 1. und vom 22. Februar 2015 beantragte der Kläger die Rückzahlung der von ihm einbezahlten Gerichtskosten sowie deren Verzinsung ab dem Tag der Zahlung (16.9.2011) bis zur Rückzahlung sowie die von der Beklagten geltend gemachten Anwaltskosten gemäß Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11. Mai 2012 in Höhe von 502,78 Euro zuzüglich Verzinsung ab dem 11. Mai 2012 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Die vom Kläger einbezahlten Gerichtsgebühren in Höhe von 243,- Euro wurden dem Kläger ohne die beantragte Verzinsung von der Staatsoberkasse rückerstattet.
Mit Rückfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. April 2015 wurde der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11. Mai 2012 für wirkungslos erklärt und die vom Kläger für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München an die Beklagte entrichteten Kosten von insgesamt 502,78 Euro rückfestgesetzt. Die Verzinsung des zu erstattenden Betrages ab dem 11. Mai 2012 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz wurde angeordnet.
Mit Schreiben 5. Mai 2015 beantragte der Kläger die Entscheidung des Gerichts über den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. April 2015. Er habe den Beschluss vom 16. April 2015 am 25. April 2015 erhalten. Der Kostenfestsetzungsbeschluss umfasse nicht alle vom Kläger im Gerichtsverfahren zu Unrecht bezahlten Kosten. Das Gericht habe zwar die Gerichtsgebühren zurückerstattet, jedoch deren Verzinsung abgelehnt. Die zu Unrecht erhobenen Gerichtsgebühren seien jedoch ebenso zu verzinsen wie zu Unrecht bezahlte Anwaltskosten.
Dem gerichtlichen Verfahren sei das Widerspruchsverfahren vorausgegangen. Dieses sei Teil des Gerichtsverfahrens. Für den rechtswidrigen Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … habe er am 1. September 2011 85,95 Euro bezahlt, die ebenfalls mit Zinsen zurückzuerstatten seien.
Obwohl der Verwaltungsgerichtshof die Bescheide der Beklagten als rechtswidrig aufgehoben habe und der Termin zur Verhandlung über die Revision der Beklagten bereits festgestanden habe, habe die Beklagte wegen ihrer für rechtswidrig erklärten Forderung die Zwangsvollstreckung betrieben. Deswegen seien dem Antragsteller Unkosten in Höhe von 106,50 Euro entstanden, deren Erstattung der Antragsteller mit Zinsen verlange.
Für Ablichtungen, Abschriften, Schreibarbeiten und Porto habe der Kläger weit über 100,- Euro aufwenden müssen; er verlange hierfür pauschal 100,- Euro von der Beklagten.
Dem Antrag war eine Zahlungsaufforderung des Obergerichtsvollziehers … vom 11. Juli 2014 beigelegt, aus der sich ergibt, dass die Zwangsvollstreckung aus verschiedenen offenen Zweitwohnungsteuerforderungen der Jahre 2012 – 2014 sowie Säumniszuschläge hierfür und Mahngebühren gemäß Ausstandsverzeichnis der Beklagten vom 10. Juli 2014 erfolgte.
Die Kostenbeamtin hat dem Antrag nicht abgeholfen und dem Gericht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
1. Soweit sich der Kläger gegen den Rückfestsetzungsbeschluss vom 16. April 2015 wendet, ist die Erinnerung nach § 165 VwGO zulässig, aber unbegründet.
a) Der Kläger begehrt über die Rückerstattung der von ihm aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 11. Mai 2012 gezahlten Aufwendungen der Beklagten von 502,78 Euro einschließlich deren Verzinsung hinaus auch die Rückerstattung der von ihm gezahlten Kosten im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des LRA … v. 17.8.2011, Gebühren in Höhe von 82,50 Euro und Auslagen in Höhe von 3,45 Euro). Die Erstattung dieser Kosten kann nicht von der Beklagten als „notwendige Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens“ nach § 162 Abs. 1 VwGO verlangt werden. Vielmehr sind die Gebühren und Auslagen, die im Widerspruchsbescheid vom Landratsamt festgesetzt wurden, von diesem zurück zu erstatten. Der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2013 aufgehoben. Damit fehlt ein Rechtsgrund für die Zahlung der Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Kläger an das Landratsamt. Auf einen entsprechenden Antrag des Klägers hat das Landratsamt die eingezogenen Kosten an den Kläger rückzuerstatten.
b) Der Kläger konnte nicht darlegen, weshalb ihm gegen die Beklagte ein weiterer Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 106,50 Euro zustehen soll. Soweit sich der Kläger sinngemäß hierzu auf eine Zahlungsaufforderung des Obergerichtsvollziehers … vom 11. Juli 2014 bezieht, in welcher verschiedene Forderungen der Beklagten (Ausstandsverzeichnis v. 10.7.2014) genannt sind, sind diese Forderungen offensichtlich nicht im Gerichtsverfahren entstanden. Vielmehr hat die Beklagte die festgesetzte und (teilweise) nicht entrichtete Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 – 2014 beigetrieben. Insoweit liegen keine erstattungsfähige Kosten des Gerichtsverfahrens vor.
Im Übrigen war der Kläger zur Zahlung der festgesetzten Zweitwohnungsteuer verpflichtet, solange die Zweitwohnungsteuerbescheide nicht rechtskräftig gerichtlich aufgehoben waren. Denn nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage unter anderem bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. Insoweit bleibt der Adressat eines Zweitwohnungsteuerbescheides zahlungspflichtig, auch wenn er fristgerecht Widerspruch eingelegt und/oder Klage erhoben hat. Der Gesetzgeber hat normativ festgelegt, dass öffentliche Abgaben und Kosten zunächst zu zahlen sind, auch wenn sich später die Rechtswidrigkeit der Zweitwohnungsteuerbescheide ergeben sollte. Dementsprechend fallen auch kraft Gesetzes Säumniszuschläge an, falls eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird (§ 240 AO i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 b) aa) KAG).
c) Die Kosten für Ablichtungen, Abschriften, Schreibarbeiten und Porto können grundsätzlich als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen der Beteiligten geltend gemacht werden. Derart entstandene Kosten müssen jedoch im Einzelfall konkret aufgeführt und im Zweifelsfall belegt werden. Eine nur pauschale Geltendmachung – wie hier in Höhe von 100,- Euro – ist nicht möglich. Lediglich Rechtsanwälte können über ihre allgemeinen Geschäftskosten hinaus Pauschalen für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten sowie Pauschalen für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen geltend machen (Nrn. 7000 und 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG). Eine pauschale Vergütung für Prozessbeteiligte ist dagegen nicht möglich.
Im Übrigen wäre zu prüfen, ob von dem Kläger geltend gemachte Auslagen für Ablichtungen oder Postdienstleistungen nicht möglicherweise bereits von dem von ihm im Berufungs- und Revisionsverfahren beauftragten Rechtsanwalt geltend gemacht wurden.
2. Eine Verzinsung der von dem Kläger entrichteten Gerichtskosten, die von der Staatskasse in voller Höhe rückerstattet wurden, ist nicht möglich.
Nach § 5 Abs. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) werden Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten (vorbehaltlich der nach Nr. 9018 des Kostenverzeichnisses für das erstinstanzliche Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrens-Gesetz geltende Regelung – hier nicht einschlägig) nicht verzinst.
3. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.