Aktenzeichen M 18 M 16.5617
Leitsatz
1 Eine unterschiedliche Interessenlage und Betroffenheit der Mandanten indiziert das Vorliegen verschiedener Angelegenheiten iSv § 7 RVG. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Werden Verfahren aus Gründen der Prozessökonomie zwar gemeinsam verhandelt, aber getrennt erledigt, liegen verschiedene Angelegenheiten iSv § 7 RVG vor. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger und Erinnerungsführer trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Mutter des Klägers/Antragstellers und jetzigen Erinnerungsführers (im Folgenden: Kläger) hatte im Gebiet des Landkreises … lange Jahre eine Rinderhaltung. Der Kläger war der hierfür verantwortliche Betreuer. Im Jahr 2014 erhoben sowohl der Kläger wie auch seine Mutter mehrere Klagen gegen verschiedene tierschutz- und tierseuchenrechtliche Bescheide des Landratsamts …, die an sie als Eigentümerin bzw. als Betreuer ergingen; ferner stellten sie verschiedene Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
Der Kläger erhob am 22. April 2014 Klage gegen einen tierschutzrechtlichen Auflagenbescheid vom 21. März 2014 (M 18 K 14.1685), am 9. Mai 2014 Klage und Eilantrag gegen die (erneute) Androhung von Zwangsgeldern im Bescheid vom 7. April 2014 (M 18 S 14.2007, M 18 K 14.2008), am 4. Juli 2014 Klage gegen den Bescheid vom 3. Juni 2014, mit dem ihm das Halten und Betreuen von Rindern untersagt wurde (M 18 K 14.2845) und am 22. September 2014 Klage und Eilantrag gegen die Anordnung vom 17. September 2014 bezüglich Schutzmaßnahmen gegen Salmonellose des Rindes (M 18 S 14.4326, M 18 K 14.4328).
Der für die mündliche Verhandlung der Streitsachen auf den 18. Februar 2015 angesetzte Termin wurde aufgrund der kurzfristigen Mandatierung des Bevollmächtigten des Klägers abgesetzt; in der mündlichen Verhandlung am 15. April 2015 wurden sowohl die Streitsachen des Klägers wie auch die seiner Mutter verhandelt. Zu diesem Termin erschienen der Kläger und seine Mutter persönlich mit ihrem Bevollmächtigten. Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung und zum Ausgang der Verfahren, die zurückgenommen oder erledigt erklärt wurden, wird auf die in den oben genannten beigezogenen Verfahrensakten enthaltene Niederschrift Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2016 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers beim Verwaltungsgericht München die Festsetzung der sich aus der Kostenrechnung ergebenden Vergütung seiner Tätigkeit in den oben genannten Verfahren. Seine Mandatierung sei, wie aus der beigefügten Vollmacht ersichtlich, am 13. Februar 2015 erfolgt. Auf die Kostenrechnung vom 11. Mai 2015 habe der Kläger trotz Aufforderung keine Zahlungen geleistet.
Auf die Anhörung des Urkundsbeamten des Gerichts vom 20. September 2016 zu möglichen Einwendungen zu dem Antrag seines Bevollmächtigten äußerte sich der Kläger nicht.
Mit Beschluss vom 17. November 2016, dem Kläger gegen Postzustellungsurkunde zugestellt am 19. November 2016, setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts den vom Kläger seinem Bevollmächtigten geschuldeten gesetzlichen Vergütungsanspruch auf 3.075,47 € zuzüglich Zinsen ab 20. Juli 2016 fest.
Unter dem gleichen Datum wurde die von der Mutter des Klägers dem Bevollmächtigten geschuldete Vergütung auf 2.213,12 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2016, eingegangen am gleichen Tag, wandte sich der Kläger gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 17. November 2016. Zur Begründung trug er vor:
Seine gerichtlichen Verfahren seien mit denen seiner Mutter in der Hauptverhandlung zusammengelegt und gleichzeitig verhandelt worden. Seine und seiner Mutter Verfahren seien identisch und könnten nicht doppelt abgerechnet werden. Auch der Richter habe in der Verhandlung darauf hingewiesen, dass durch das voreilige Handeln der Behörde es nichts mehr zu entscheiden gäbe und habe einen Vergleich angeboten, wonach sich bei einer Klagerücknahme die Kosten für den Kläger auf 1/3 ermäßigen würden. Dies habe das Gericht auch dem Bevollmächtigten vorgeschlagen, der hiermit einverstanden gewesen sei. Durch die Vorwegnahme der gerichtlichen Entscheidung gebe es nichts mehr zu entscheiden und auch keinen Streitwert. Schließlich habe der Anwalt eine Schadensersatzklage entgegen des Auftrags bisher nicht eingereicht; das Verfahren sei daher nicht abgeschlossen. Es werde vorgeschlagen, im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs dem Anwalt einmalig 2.213,12 € zu bezahlen. Für eine Doppelforderung fehle die Gegenleistung.
Der Bevollmächtigte des Klägers äußerte sich mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 dahin, dass es sich bei allen Verfahren um getrennte, mittlerweile abgeschlossene Streitgegenstände handeln würde, denen verschiedene Angelegenheiten zugrunde gelegen hätten. Mit der Erhebung einer Schadensersatzklage sei er nie beauftragt worden, dieses Verfahren verwechsle der Kläger offensichtlich mit dem noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren wegen der Kosten für die Wegnahme der Rinder. Schließlich seien sowohl der Kläger wie auch seine Mutter bei der Verhandlung anwesend gewesen. Ein Vergleich, wonach er seine Honorarforderung auf 1/3 reduzieren würde, sei weder vom Gericht vorgeschlagen, noch von ihm akzeptiert worden. Angesprochen worden sei nur die Reduzierung der Gerichtskosten auf 1/3 im Fall der Antrags- oder Klagerücknahme.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung des Klägers nicht ab und legte sie am 14. Dezember 2016 dem Richter zur Entscheidung vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte aus diesem Verfahren und den beigezogenen Verfahren M 18 S 14.2007, M 18 K 14.2008, M 18 K 14.1685, M 18 S 14.4326, M 18 K 14.4328, M 18 K 14.2845, M 18 S 14.2009, M 18 K 14.2010, M 18 K 14.1696, M 18 S 14.4530, M 18 K 14.2836 und M 18 K 14.4529 Bezug genommen.
II.
Der Antrag des Klägers auf Entscheidung des Gerichts ist statthaft (§§ 165, 151 VwGO) und innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses am 19. November 2016 bei Gericht eingegangen.
Die Erinnerung hat aber in der Sache keinen Erfolg; die Vergütung wurde zutreffend und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben festgesetzt.
Der Kläger wendet sich vor allem dagegen, dass sein Bevollmächtigter sowohl gegen ihn wie auch gegen seine Mutter eine Honorarforderung geltend macht.
Die Vergütung eines Rechtsanwalts richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Dabei erhält der Rechtsanwalt gemäß § 7 Abs. 1 RVG seine Gebühren nur einmal, wenn er in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird. Dies ist bei den Streitverfahren des Klägers und seiner Mutter entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht der Fall; sein Bevollmächtigter wurde hierbei vielmehr in verschiedenen Angelegenheiten tätig.
Auch wenn es in allen Verfahren im weitesten Sinn um die Rinderhaltung der Mutter des Klägers ging, wurden der Kläger und seine Mutter durch die verschiedenen angefochtenen Bescheide des Beklagten in unterschiedlicher Weise in Anspruch genommen; die Mutter des Klägers als Eigentümerin und Halterin der Tiere, der Kläger als verantwortlicher Betreuer und Halter. Damit war bereits eine unterschiedliche Interessenlage und Betroffenheit des Klägers einerseits und seiner Mutter andererseits gegeben. Dementsprechend wurde auch in allen Verfahren getrennt Klage erhoben bzw. eine Eilentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Die Verfahren, die aus Gründen der Prozessökonomie gemeinsam verhandelt wurden, wurden auch getrennt erledigt. Von derselben Angelegenheit kann insoweit nicht ausgegangen werden (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, VV 1008, RdNr. 4).
Bei Klageverfahren und Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO handelt es sich schon nach dem Gesetzeswortlaut des § 17 Nr. 4c RVG um verschiedene Angelegenheiten, auch wenn sie den gleichen Bescheid betreffen (vgl. VG Aachen, B.v. 13.1.2016 – 5 L 295/15 – juris).
Damit steht die Vergütung, die sich – entsprechend der für die jeweiligen Verfahren festgesetzten Streitwerte – auch der Höhe nach von der von der Mutter des Klägers festgesetzten unterscheidet, dem Klägerbevollmächtigten wie gefordert und festgesetzt zu.
Nicht richtig ist das Vorbringen des Klägers bezüglich eines gerichtlichen Hinweises, dass es „nichts mehr zu entscheiden gäbe, da die Behörde in dem Verfahren dem Gericht vorgegriffen habe“ und es somit auch keinen Streitwert zur Bemessung eines Honorars mehr gebe. Wie aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung ersichtlich ist, wurden alle Streitsachen des Klägers sachlich und rechtlich erörtert, auch wenn sie sich teilweise schon vor der mündlichen Verhandlung aufgrund der Wegnahme der Tiere durch das Landratsamt und durch Zeitablauf teilweise erledigt hatten bzw. aufgrund obergerichtlich bestätigter, bereits ergangener gerichtlicher Entscheidungen im Eilverfahren eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht erfolgreich gewesen wäre. Insbesondere zur Einsparung von Gerichtskosten und im Hinblick auf das noch laufende Strafverfahren gegen den Kläger wurde nach Verhandlung jeder Streitsache diese durch den persönlich anwesenden Kläger und seinen Bevollmächtigten für erledigt erklärt oder zurückgenommen. Erst mit den danach folgenden Einstellungsbeschlüssen wurden die gerichtlichen Verfahren beendet; die Wegnahme der Rinder und anderweitige Unterbringung führte nicht automatisch zu einer Beendigung der anhängigen Streitverfahren.
Der Verzicht auf die Beitreibung von gegen den Kläger festgesetzten Zwangsgeldern war ein vom Gericht vorgeschlagenes Entgegenkommen des Beklagten, das ohne Einfluss auf die Gebührenhöhe des Bevollmächtigten ist. Im Übrigen wurde diesbezüglich auch kein Vergleich geschlossen, sondern der Kläger hat die Klage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, was zu einer Reduzierung der Gerichtsgebühren auf 1/3 führte.
Es ist nicht richtig, dass das Gericht auch im Hinblick auf das Honorar des Bevollmächtigten eine Reduzierung dessen Forderung auf 1/3 vorgeschlagen hätte und der Bevollmächtigte hiermit sein Einverständnis erklärt hat. Der Hinweis des Gerichts, dass sich bei Klagerücknahme die Gebühren auf 1/3 ermäßigen würden, bezog sich ausdrücklich auf die bei Unterliegen vom Kläger zu bezahlenden Gerichtsgebühren im Fall eines Urteils. Die Honorarforderung des Bevollmächtigten des Klägers wurde zu keiner Zeit in der mündlichen Verhandlung thematisiert und ist auch zunächst Sache einer Partei und ihres Rechtsanwalts.
Da die vom Kläger gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vorgebrachten Einwendungen nicht durchgreifen, war die Erinnerung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Gerichtsgebühren werden gemäß § 66 Abs. 6 GKG nicht erhoben.
Zuständig für die Entscheidung war der Berichterstatter gemäß § 87a VwGO (vgl. Eyermann, VwGO, § 87a, RdNr. 12).