Kosten- und Gebührenrecht

Unzulässiger Antrag gegen Privatperson bei Fragen des Rundfunkrechts

Aktenzeichen  M 6 E 17.2057

Datum:
6.7.2017
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 43, § 78 Abs. 1 Nr. 1
GKG GKG § 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

Ein verwaltungsgerichtlicher Rechtsbehelf ist unzulässig, wenn er nicht gegen einen der in § 78 VwGO abschließend aufgezählten Antragsgegner bzw. Beklagten gerichtet ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 889,50 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Bayerische Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, setzte gegenüber dem Antragsteller mit drei Bescheiden aus dem Jahr 2015 und 2016 Rundfunkbeiträge im privaten Bereich für eine Wohnung in Höhe von insgesamt 758,27 € fest. Da keine Zahlungen erfolgten, wandte sich der Bayerische Rundfunk mit Ausstandsverzeichnis vom 1. August 2016 an das Amtsgericht zwecks Beitreibung der Forderung. Der vom Gerichtsvollzieher auf den 22. September 2016 bestimmte Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft führte nicht zur Beibringung der Forderung, woraufhin sich der Bayerische Rundfunk an das Amtsgericht Schweinfurt wandte und dort den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16. März 2017 erwirkte, aufgrund dessen der Drittschuldner (ein für den Antragsteller kontoführendes Kreditinstitut) am 27. April 2017 an den Bayerischen Rundfunk als Gläubiger 810,63 € bezahlte.
Mit Antrag vom 24. April 2017 wandte sich der Antragsteller an das Amtsgericht München und stellte folgende Anträge:
„1. Es wird hiermit beantragt beiden Antragsgegnern aufzuerlegen die Pfändung unverzüglich rückgängig zu machen bis in der Sache gerichtlich entschieden ist. Sollte einer oder beide Antragsgegner der Verfügung nicht nachkommen wird beantragt diejenige Person/Personen mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € zu belegen. Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50,00 € einen Tag Ordnungshaft oder gleich Ordnungshaft von 6 Monaten anzuordnen.
2. Weiterhin wird beantragt, falls einer der Antragsgegner einen Eintrag in das Schuldnerverzeichnis veranlasst hat, den entsprechenden Antragsgegner aufzuerlegen diesen unverzüglich löschen zu lassen.
Sollte der verursachende Antragsgegner der sofortigen Löschung aus dem Schuldnerverzeichnis nicht nachkommen wird weiterhin beantragt ihn mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € zu belegen. Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50,00 € einen Tag Ordnungshaft oder gleich Ordnungshaft von 6 Monaten anzuordnen.
3. Weiterhin wird beantragt beide Antragsgegner zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu bewegen zukünftig auf rechtswidrige Forderungen zu verzichten.
Sollten die Antragsgegner dem nicht nachkommen wird weiterhin beantragt sie mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 € zu belegen. Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50,00 € einen Tag Ordnungshaft oder gleich Ordnungshaft von 6 Monaten anzuordnen.
Die Dauer der einstweiligen Verfügung soll zunächst auf 24 Monate begrenzt werden.“
Die Anträge sind einerseits gegen den Intendanten des Bayerischen Rundfunks persönlich sowie gegen den Gerichtsvollzieher am Amtsgericht München persönlich gerichtet. Das Amtsgericht erteilte den richterlichen Hinweis, der Antrag sei an das Amtsgericht Schweinfurt zu verweisen, soweit sich der Antragsteller gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wende. Im Übrigen sei der Weg zu den Zivilgerichten nicht gegeben und die Sache an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Es werde bereits jetzt darauf hingewiesen, dass die Einwendungen bislang nicht schlüssig dargelegt seien. Es wurde den Beteiligten eine Frist zur Stellungnahme bis 4. Mai 2017 gesetzt. Durch Beschluss vom 5. Mai 2017 wurde der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München verwiesen, wo die Akten am 10. Mai 2017 eingingen. Auf die Erstzustellung vom 12. Mai 2017 hin gab der Bayerische Rundfunk mit Datum 12. Mai 2017 eine Stellungnahme ab und vertrat darin die Ansicht, die Anträge richteten sich nicht gegen den Intendanten des Bayerischen Rundfunks persönlich, sondern gegen die Anstalt des öffentlichen Rechts Bayerischer Rundfunk. Er übermittelte ein Schreiben an das Amtsgericht Hof als zentralem Vollstreckungsgericht mit Datum 12. Mai 2017, worin der Bayerische Rundfunk um Löschung des Antragstellers aus dem Schuldnerverzeichnis mit der Begründung bat, die Forderung sei beglichen worden.
Das Gericht erteilte am 15. Mai 2017 den Beteiligten des Verfahrens mehrere richterliche Hinweise und stellte zunächst klar, dass aus seiner Sicht der Bayerische Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, nicht am Verfahren beteiligt sei. Dem Antragsteller wurde aufgegeben, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Hinweisschreibens gegenüber dem Gericht zu erklären, ob die Anträge weiterhin gegen die beiden Privatpersonen gerichtet sein sollten oder wer sonst Antragsgegner sein solle. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich die Anträge Nrn. 1 und 2 einerseits durch Begleichung der Forderung und andererseits durch das Schreiben des Bayerischen Rundfunks an das Amtsgericht Hof vom 12. Mai 2017 erledigt hätten. Die Beteiligten wurden insoweit zur Abgabe einer Erledigungserklärung innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung aufgefordert. Ferner wurde auf die Unzulässigkeit des Antrags Nr. 3 unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten hingewiesen. Unter Hinweis auf die nicht gegebene sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Anträge Nrn. 1 und 2 wurde den Beteiligten anheimgestellt, in der noch offenen Rechtsmittelfrist gegen den Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts München Rechtsmittel zu ergreifen. Auf dieses allen Beteiligten mit Postzustellungsurkunde zugestellte Schreiben hin äußerte sich lediglich der Intendant des Bayerischen Rundfunks, wobei er seine Stellung als Antragsgegner im vorliegenden Verfahren nicht in Frage stellte.
Durch Beschluss vom 29. Juni 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).
II.
Die Anträge sind unzulässig und daher ohne Erfolg.
Zunächst ist festzustellen, dass der Verwaltungsrechtsweg für die Anträge Nrn. 1 und 2 nicht gegeben ist. Die mit ihnen verfolgten Ziele hätte der Antragsteller mit Hilfe der einschlägigen zivilprozessualen Rechtsbehelfe verfolgen müssen. Dagegen ist er in diesem Zusammenhang mit Einwendungen gegen die der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Forderungen schon deshalb ausgeschlossen, weil die der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Festsetzungsbescheide des Bayerischen Rundfunks sämtlich bestandskräftig sind. Selbst wenn gegen sie mittels Widerspruch oder Klage vorgegangen worden wären bzw. würden, könnte der Bayerische Rundfunk aus diesen Bescheiden die Zwangsvollstreckung betreiben, weil sie kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Nur dann hätte dem Antragsteller der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen gestanden. Wird dagegen aus bereits bestandskräftigen und somit unanfechtbaren Festsetzungsbescheiden vollstreckt, so kann nur noch vor den Zivilgerichten gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung vorgegangen werden. Gleichwohl war das erkennende Gericht aufgrund § 17a, § 17b Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – an die in der Sache unzutreffende Verweisung durch das Amtsgericht München gebunden.
1. Die Anträge sind unzulässig, weil sie entgegen § 78 VwGO gegen Privatpersonen und nicht gegen einen in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Antragsgegner gerichtet sind. Sie wären gegen den Bayerischen Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts, zu stellen gewesen. Eine diesbezügliche Umdeutung nach § 88 VwGO kommt vorliegend nicht in Betracht. Der Antragsteller hat weder auf die entsprechenden Hinweise im Schreiben des Bayerischen Rundfunks vom 12. Mai 2017 noch den entsprechenden richterlichen Hinweis vom 15. Mai 2017 reagiert, so dass er an seinen Anträgen, wie er sie gestellt hat, festzuhalten ist. Sämtliche Anträge sind folglich bereits aus diesem Grund als unzulässig abzulehnen.
2. Die Anträge Nrn. 1 und 2 sind darüber hinaus auch deshalb als unzulässig abzulehnen, weil ihnen das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Sie haben sich aufgrund der Zahlung vom 27. April 2017 erledigt sowie hinsichtlich des Antrags Nr. 2 aufgrund des Schreibens des Bayerischen Rundfunks an das Amtsgericht Hof vom 12. Mai 2017, mit dem dieser die Löschung des Antragstellers aus dem Schuldnerverzeichnis beantragt hat. Trotz Aufforderung mit Fristsetzung durch das Gericht mit Schreiben vom 15. Mai 2017 hat der Antragsteller hinsichtlich der Anträge Nrn. 1 und 2 das Verfahren nicht für erledigt erklärt und auch sonst keine Veränderung seiner Anträge vorgenommen. Da die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sämtlich abgeschlossen und der Antragsteller auch nicht mehr im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, fehlt den Anträgen Nrn. 1 und 2 das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weshalb sie abzulehnen waren.
3. Der Antrag Nr. 3 war auch aus dem Grund als unzulässig abzulehnen, weil der Antragsteller insoweit auf Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel gegen eventuell noch zu erlassende zukünftige Festsetzungsbescheide des Bayerischen Rundfunks zu verweisen ist. Ihnen gegenüber ist eine sog. vorbeugende Unterlassungsklage und ein damit im Zusammenhang stehender Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutzverfahren subsidiär (§ 42, § 43 Abs. 1 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand 2013). Hinsichtlich des Antrags Nr. 1 besteht das Interesse des Antragstellers in der Rückzahlung des durch den Drittschuldner geleisteten Betrags in Höhe von 810,63 €. Bezüglich des Antrags Nr. 2 auf Löschung aus dem Schuldnerverzeichnis ist der Betrag in Höhe von 758,27 € zugrunde zu legen, dessen Beitreibung zur Eintragung des Antragstellers im Schuldnerverzeichnis geführt hatte. Hinsichtlich des Antrags Nr. 3 ging das Gericht in Anwendung des § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (nur) von den für ein Jahr im privaten Bereich für eine Wohnung zu zahlenden Rundfunkbeitrag in Höhe von monatlich 17,50 € aus.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen

Europarecht

Schadensersatz, Ermessensentscheidung, Aussetzungsantrag, Kommission, Aussetzung, Fahrzeug, Vorabentscheidungsverfahren, Zeitpunkt, Beschwerde, Verfahren, Schriftsatz, Rechtssache, EuGH, Anspruch, Aussetzung des Rechtsstreits, erneute Entscheidung
Mehr lesen