Aktenzeichen M 10 K 15.4879
AO AO § 233, § 233a Abs. 1
Leitsatz
Ein Anspruch auf Verzinsung zu viel gezahlter Abschlagszahlungen – verglichen mit der Jahresgesamtgebührenforderung – besteht nicht. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Das Verfahren betreffend Ziffer 1 des Klageantrags wird eingestellt.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
2. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer 1 des Klageantrags für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und nach § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist.
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten hinsichtlich des Klageantrags zu 1) (den Abrechnungsbescheid Wassergebühren vom 28.1.2015 auf einen Zählerstand von 330 m³ zum Ablesetag 17.12.2014 abzuändern) zwischen den Klägern einerseits und dem Beklagten andererseits hälftig aufzuteilen. Dabei ist der Klageantrag als Teilanfechtung des Gebührenbescheides auszulegen mit dem Ziel, die über den vom Kläger angegebenen Verbrauch hinausgehende Gebührenfestsetzung teilweise aufzuheben. Diesem Rechtsschutzbegehren ist der Beklagte letztlich mit Erlass des Änderungsbescheids vom 31. Dezember 2015 nachgekommen, was zur Erledigung dieses Klageantrags geführt hat. Allerdings war bei Eintritt des erledigenden Ereignisses offen, ob die Klage insoweit Erfolg gehabt hätte. Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt sich gerade nicht, dass die Kläger rechtzeitig Widerspruch gegen den angefochtenen Gebührenbescheid vom 28. Januar 2015 eingelegt haben. Sollte kein oder nicht rechtzeitig Widerspruch eingelegt worden sein, wäre die erst am 7. August 2015 erhobene Klage verfristet (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO), die Klage damit unzulässig.
Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Kläger tatsächlich wie von ihm vorgetragen rechtzeitig mit Schreiben vom 5. Februar 2015 beim Beklagten Widerspruch eingelegt hat, dieses Schreiben aber in Verstoß geraten ist.
Für die Einlegung eines Widerspruchs spricht u. a., dass der Kläger ausweislich einer Telefonnotiz in der Behördenakte am 4. Februar 2015 beim Beklagten angerufen hat und auf den seiner Meinung nach falschen geschätzten Zählerstand im angefochtenen Bescheid hingewiesen hat: tatsächlich habe der Kläger am 17. Dezember 2014 eine E-Mail geschickt mit einem Zählerstand von 330 m³, also einem geringeren Verbrauch. Darüber hinaus findet sich in der Behördenakte auch ein handschriftlicher Klebezettel, auf dem vermerkt ist: „…-straße 30, 17.12.14, 330 m³, E-Mail wahrscheinlich übersehen, → defekt! sorry-… LG“. Weiter ist im erledigenden Korrekturbescheid vom 31. Dezember 2015 ausgeführt „… wurde Ihr Widerspruch bearbeitet und nach Ihren Angaben abgeändert.“
Damit lässt sich nicht ausschließen, dass der Kläger zum einen wie vorgetragen vor Erlass des angefochtenen Gebührenbescheides bereits den von ihm abgelesenen Wasserzählerstand mitgeteilt hat; jedenfalls hat er diesen Stand telefonisch auch am 4. Februar 2015 mitgeteilt. Dies lässt zum anderen vermuten, dass er ebenso auch Widerspruch eingelegt hat.
Unzulässig war jedenfalls die Klage der Klägerin zu 2), da der angefochtene Bescheid lediglich an den Kläger gerichtet war; die Klägerin war damit nicht in ihren Rechten verletzt, § 42 Abs. 2 VwGO.
Da jedoch wegen der Erledigung der Hauptsache eine weitere Sachaufklärung nicht angezeigt ist, entspricht es billigem Ermessen, die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben.
3. Mit den übrigen Klageanträgen zu 2 bis 5 macht der Kläger im Wesentlichen Rückzahlungsansprüche infolge zu hoher Festsetzung von Abschlagsbeträgen sowie eine Verzinsung der von ihm begehrten Abschlagsreduzierung für das Veranlagungsjahr 2015 geltend.
Für eine derartige Neuberechnung von Abschlagszahlungen ist aber ebenfalls bereits tatsächlich Erledigung eingetreten. Das Veranlagungsjahr für die Festsetzung von Wassergebühren durch den Beklagten 2015 ist bereits abgeschlossen. Abschlagszahlungen wie hier vom Beklagten festgesetzt dienen der Vorfinanzierung der im Veranlagungsjahr zu erwartenden Gebührenschuld. Mit Ende des Veranlagungsjahrs wird die entstandene Wassergebührenforderung festgesetzt, dabei werden die geleisteten Abschlagszahlungen verrechnet. Je nachdem entsteht eine Nachforderung, wenn die Abschlagszahlungen insgesamt weniger betragen haben als die gesamte Gebührenforderung, oder es errechnet sich eine Zuvielleistung durch den Abgabepflichtigen, weil die Abschlagszahlungen zu einem höheren Betrag geführt haben, als tatsächlich als Wassergebührenforderung entstanden ist. Eine derartige Überzahlung ist dann spätestens im Folgejahr auszugleichen bei der Festsetzung neuer Abschlagszahlungen. Insoweit hat sich das Klagebegehren auf Abänderung der Abschlagszahlungen für das Veranlagungsjahr 2015 erledigt.
Ein Anspruch auf Verzinsung zu viel gezahlter Abschlagszahlungen – wiederum verglichen mit der Jahresgesamtgebührenforderung – besteht gerade nicht. Für die Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuer- bzw. Abgabenschuldverhältnis verweist der hier anzuwendende Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b) Buchstabe aa) KAG auf §§ 233, 234 Abs. 1 und 2 und § 235 AO. Nach § 233 AO sind Ansprüche aus dem Steuer- bzw. Abgabenschuldverhältnis nur zu verzinsen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Nach § 233 a Abs. 1 AO findet u. a. eine Verzinsung auch von Steuererstattungsansprüchen des Steuerschuldners statt. Auf diese Norm wird aber im Kommunalabgabengesetz nicht verwiesen. Damit schließt der Bayerische Landesgesetzgeber gerade eine Verzinsung von Erstattungsansprüchen aus. Für die vom Kläger geltend gemachten Forderungen besteht somit keine Rechtsgrundlage.
Selbst bei Anwendbarkeit des § 233 a Abs. 1 AO würde für den vorliegenden Fall jedoch nichts anderes gelten. Denn § 233 a Abs. 1 Satz 2 AO schließt seinerseits gerade die Verzinsung von Steuererstattungen für die Festsetzung von Vorauszahlungen aus. Danach gilt die Pflicht zur Verzinsung eines Unterschiedsbetrags, also einer Steuererstattungsforderung, gerade nicht für die Festsetzung von Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen.
Damit ist die Klage in den Klageanträgen 2 bis 5 kostenpflichtig nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4. Für die Kostengesamtentscheidung verbleibt es wie ausgesprochen bei der Kostenaufhebung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Klageabweisung einen nur geringen Teil ausmacht (Rechtsgedanke des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
1. Die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens und die hierzu ergangene Kostenentscheidung sind unanfechtbar.
2. Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können im Übrigen die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 78,– festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
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