Kosten- und Gebührenrecht

XII ZR 29/19

Aktenzeichen  XII ZR 29/19

Datum:
25.3.2020
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:250320BXIIZR29.19.0
Normen:
§ 145 Abs 3 ZPO
§ 544 ZPO
Spruchkörper:
12. Zivilsenat

Leitsatz

Eine Hilfsaufrechnung kann auch noch im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgenommen werden.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Frankfurt, 6. Februar 2019, Az: 2 U 60/18vorgehend LG Frankfurt, 7. Mai 2018, Az: 2-28 O 203/17nachgehend BGH, 22. Juli 2020, Az: XII ZR 29/19, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Februar 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen (§§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO).
Wert: 180.785 €

Gründe

1
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Räumung und Herausgabe von Geschäftsräumen verurteilt sowie – unter Aberkennung ihrer Hilfsaufrechnung – zur Zahlung von Miete beziehungsweise Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 137.088 €. Die Beklagten haben gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil fristgerecht Beschwerde gemäß § 544 Abs. 1 ZPO eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung haben sie ihre Hilfsaufrechnung zurückgenommen.
2
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
3
3. Bei der Wertbemessung ist die Rücknahme der Hilfsaufrechnung zu berücksichtigen.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Aufrechnende nicht gehindert, eine einmal erklärte Hilfsaufrechnung frei zurückzunehmen. Denn sie wird nur für den Fall erklärt, dass das Gericht die Klagforderung in seiner abschließenden Entscheidung für begründet erachtet (vgl. Senatsurteil BGHZ 179, 1, 5 = FamRZ 2009, 401 Rn. 12 mwN). Eine Prozesserklärung ist – mangels abweichender Regelung wie etwa in § 269 Abs. 1 ZPO – nach der Dispositionsmaxime frei rücknehmbar, wenn sie noch keine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung hatte, die angestrebte gerichtliche Entscheidung noch nicht ergangen ist und durch sie auch keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist (vgl. BGH Urteil vom 7. Juni 2001 – I ZR 157/98 – NJW 2002, 442 – zum Widerruf einer einseitigen Erledigungserklärung in der Revisionsinstanz; BGH Urteil vom 27. Februar 2015 – V ZR 128/14 – NJW 2015, 2425 Rn. 28 mwN – zum Widerruf der Prozessführungsermächtigung). Das gilt auch für die Hilfsaufrechnung, wenn – wie hier – die Hauptforderung noch nicht rechtskräftig zuerkannt wurde. Sie hat keine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung und kann bis zur Rechtskraft der abschließenden Entscheidung zurückgenommen werden. Dies ist eine Folge des Umstands, dass die im Prozess erklärte Aufrechnung ein Verteidigungsmittel ist, das auch in seiner sachlich-rechtlichen Wirkung davon abhängig ist, dass die prozessuale Geltendmachung der Aufrechnung wirksam wird (BGH Urteil vom 11. Oktober 1990 – I ZR 32/89 – NJW-RR 1991, 156, 157). Eine Rücknahme der Hilfsaufrechnung ist unter diesen Voraussetzungen auch im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zulässig, weil gemäß § 544 Abs. 7 Satz 1 ZPO die Rechtskraft des Berufungsurteils gehemmt wird. Eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 1 ZPO (iVm § 555 ZPO) ist nicht geboten (vgl. BGHZ 57, 242, 243 f. = NJW 1972, 450).
5
Die schon mit Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde erklärte Rücknahme der Hilfsaufrechnung führt dazu, dass die Hilfsaufrechnung für den gerichtlichen Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 GKG nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BGH Urteil vom 14. Dezember 2017 – IX ZR 243/16 – NJW-RR 2018, 700 Rn. 23 und BGH Beschluss vom 26. September 2013 – IX ZR 204/11 – MDR 2013, 1376).
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