Kosten- und Gebührenrecht

Zum Streitwert für eine Klage auf Einspeisung eines Fernsehprogramms

Aktenzeichen  7 C 18.2255

Datum:
14.12.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35696
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2, § 68 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Das hinter einer Klage auf Verpflichtung zur unentgeltlichen Einspeisung und Weiterverbreitung eines Fernsehprogramms stehende wirtschaftliche Interesse des Klägers, unentgeltlich die Dienstleistung der Beigeladenen zu erhalten, bemisst sich nach der Höhe der ersparten Vergütung. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die wirtschaftliche Identität verschiedener Streitgegenstände lässt sich – über eine Ausnahme vom Gebot der Zusammenrechnung in § 39 Abs. 1 GKG – nur berücksichtigen, wenn diese im selben Verfahren geltend gemacht werden (Anschluss an OVG Bln-Bbg BeckRS 2018, 8951). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 15.121 2018-05-15 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 15. Mai 2018.
In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte der Kläger im Wege einer Verpflichtungsklage von der Beklagten den Erlass eines Bescheids an die Beigeladene, mit der diese verpflichtet werden sollte, das Programm des Klägers „ARDalpha“ in ihr analoges Kabelnetz in Bayern einzuspeisen und weiterzuverbreiten. Nach Rücknahme der Klage mit Schreiben des Klägers vom 13. April 2018 wurde das Verfahren eingestellt und der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG auf 468.000 Euro festgesetzt. Maßgeblich für das wirtschaftliche Interesse des Klägers i.S.v. § 52 Abs. 1 GKG sei der Betrag, den die Beigeladene als Vergütung für die Einspeisung des Fernsehprogramms begehre und dessen Bezahlung der Kläger verweigere. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. März 2016 – 7 CE 15.1741 – verwiesen.
Im Rahmen eines zeitgleich zum Hauptsacheverfahren vom Kläger betriebenen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Az. M 17 E 15.126) wurde die Beklagte (als Antragsgegnerin im dortigen Verfahren) mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 30. Juli 2015 zum Erlass einer derartigen (vorläufigen) Verfügung verpflichtet. Die hiergegen gerichteten Beschwerden der Beklagten (Antragsgegnerin) sowie der Beigeladenen wurden mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. März 2016 – 7 CE 15.1741 – zurückgewiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde nach § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 234.000 Euro festgesetzt.
Mit Bescheid vom 26. August 2015 kam die Beklagte dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. Juli 2015 nach und verpflichtete die Beigeladene, das Programm „ARDalpha“ bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren (Az. M 17 K 15.121) in ihr analoges Kabelnetz einzuspeisen und an die angeschlossenen Haushalte und nachgelagerten Netze weiterzuverbreiten. Die hiergegen von der Beigeladenen zum Verwaltungsgericht München erhobene Anfechtungsklage (Az. M 17 K 15.4298) nahm diese am 9. April 2018 zurück. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München (ebenfalls) vom 15. Mai 2018 wurde auch dieses Verfahren eingestellt und der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 234.000 Euro mit der Begründung festgesetzt, das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen als Klägerin entspreche demjenigen der Antragspartei im Verfahren 7 CE 15.1741.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2018 hat der Kläger Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 15. Mai 2018 eingelegt und beantragt,
den Streitwert auf maximal 234.000 Euro festzusetzen.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der festgesetzte Streitwert i.H.v. 468.000 Euro entspreche nicht der Bedeutung der Sache. Bei der Festsetzung des Streitwerts sei das Verhältnis dieses Verfahrens zum ebenfalls beendeten Parallelverfahren M 17 K 15.4298 zu berücksichtigen. Gegenstand beider Verfahren sei die analoge Weiterverbreitung des Programms „ARDalpha“ in den Netzen der Beigeladenen, die im Verfahren M 17 K 15.4298 die Rolle der Klägerin eingenommen habe. Der Streitgegenstand in beiden Verfahren sei wirtschaftlich identisch und deshalb sei es unangemessen, Streitwerte anzusetzen, die in der Summe (234.000 Euro + 468.000 Euro) das identische wirtschaftliche Interesse überstiegen. Die Berücksichtigung des Parallelverfahrens M 17 K 15.4298 sei umso mehr geboten, als sich dieses Verfahren automatisch mit dem hiesigen Verfahren erledigt hätte.
Die Beklagte hat sich gegen eine Abänderung des Streitwerts ausgesprochen.
Die Beigeladene verweist auf ihren Schriftsatz vom 9. Mai 2018 und sieht von einer weiteren Stellungnahme ab.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (M 17 E 15.126) Bezug genommen.
II.
Die Streitwertbeschwerde, über die die Berichterstatterin gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG als Einzelrichterin entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zu Recht auf 468.000 Euro festgesetzt.
In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen.
Grundlage der Wertberechnung ist die Bedeutung der Sache für den Kläger und zwar so, wie sie sich im jeweiligen Verfahren aufgrund seines Antrag objektiv beurteilt ergibt (vgl. Dornhöfer in Binz/Dornhöfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, § 52 GKG Rn. 2 m.w.N.). Nach seinem Antrag war die vom Kläger erhobene Klage gerichtet auf den Erlass eines Bescheids durch die Beklagte, mit dem die Beigeladene verpflichtet werden sollte, ihrer Must-carry-Pflicht bedingungslos nachzukommen und das Programm des Klägers „ARDalpha“ in ihr analoges Kabelnetz in Bayern einzuspeisen und weiterzuverbreiten. Die Beigeladene hingegen machte die Erfüllung der Verpflichtung vom Abschluss eines das Entgelt regelnden Einspeisungsvertrags abhängig und verweigerte eine unentgeltliche Einspeisung und Weiterverbreitung.
Wie der Senat bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Beschluss vom 3. März 2016 – 7 CE 15.1741 – (juris Rn. 23) ausgeführt hat, bemisst sich das hinter dem Rechtsstreit stehende wirtschaftliche Interesse des Klägers, unentgeltlich die Dienstleistung der Beigeladenen zu erhalten, nach der Höhe der ersparten Vergütung. Nicht geteilt werden kann daher die Auffassung der Beigeladenen, dass das monetäre Interesse des Verfahrens nicht konkret bezifferbar sei, weil der Vergütungsanspruch der Beigeladenen beim Oberlandesgericht München anhängig gewesen sei. Auch wenn es im zugrundeliegenden Rechtsstreit nicht darum geht, ob der Kläger für die Einspeisung und Weiterverbreitung des Programms „ARDalpha“ bezahlen muss, gibt es genügend Anhaltspunkte, das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu bestimmen, so dass für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe des Auffangwerts kein Raum bleibt. Es ist daher angemessen und nicht zu beanstanden, dass sich das Verwaltungsgericht bei der Festsetzung des Streitwerts am Jahresbetrag des bis Ende 2012 noch vom Kläger gezahlten Nettoentgelts für die Einspeisung des (Vorläufer) Programms „BRalpha“ in Höhe von monatlich 39.000 Euro, mithin 468.000 Euro jährlich, orientiert hat. Die Höhe des Nettoentgelts wird vom Kläger nicht bestritten. Durch die Festsetzung lediglich eines Jahresbetrags wird zudem hinreichend berücksichtigt, dass im zugrundeliegenden Verfahren nur eine in ihren Wirkungen zeitlich befristete Regelung herbeigeführt werden sollte, weil Art. 34 BayMEG ab dem 1. Januar 2019 eine Verbreitung von Rundfunkprogrammen ausschließlich in digitaler Technik vorsieht.
Entgegen der Ansicht des Klägers kommt eine Herabsetzung des Streitwerts auf 234.000 Euro nicht in Betracht. Die vom Kläger zur Begründung angeführte wirtschaftliche Identität des Streitgegenstands im zugrundeliegenden Verfahren und im Verfahren M 17 K 15.4298 kann nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts führen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob tatsächlich von einer wirtschaftlichen Identität der Streitgegenstände in beiden Verfahren ausgegangen werden kann. Selbst dann, wenn dies der Fall wäre, käme eine Herabsetzung des Streitwerts im zugrundeliegenden Verfahren nicht in Betracht. Denn die wirtschaftliche Identität verschiedener Streitgegenstände lässt sich – über eine Ausnahme vom Gebot der Zusammenrechnung in § 39 Abs. 1 GKG – nur berücksichtigen, wenn diese im selben Verfahren geltend gemacht werden (vgl. OVG Berlin-Bdg, B.v. 27.4.2018 – OVG 2 L 12.18 – juris Rn. 4). Handelt es sich um unterschiedliche Verfahren, ist der Streitwert für jedes einzelne Verfahren nach Maßgabe des § 52 GKG zu bestimmen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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