Aktenzeichen RN 5 K 17.255
ZPO § 114 Abs. 1
Leitsatz
Bayerisches Zuschussprogramm zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat im Landkreis R.-I. (Zuschussprogramm Wohngebäude Hochwasser 2016, IIC1-4740.4-2-2) des Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.07.2016 (AllMbl 2016, 1636).
1. Förderfähiger Hausrat iSd Nr. 3.2. S. 2 Hs. 2 des Bayerischen Zuschussprogramms zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden liegt nicht vor, wenn Gegenstände in einem Haushalt in doppelter Ausführung vorhanden sind, da diese Gegenstände über den angemessenen Bedarf hinausgehen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Stromaggregat, Spielzeugeisenbahn, Rasenmäher, Fahrräder und Winterreifen sind keine für die Haushalts- und Lebensführung notwendigen Sachen und damit förderfähiger Hausrat iSd Nr. 3.2 S. 2 des Bayerischen Zuschussprogramms zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden, wofür auch die Tatsache der (längerfristigen) Einlagerung solcher Gegenstände spricht. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Berechnung der Schadensgrenze aus Nr. 3.3 S. 4 des Bayerischen Zuschussprogramms zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden sind die Zeitwerte anzusetzen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, mit der er sich gegen einen Ablehnungsbescheid wenden möchte und Zuwendungen im Rahmen der Hochwasserhilfe begehrt.
Mit Antrag vom 29.12.2016, beim Antragsgegner eingegangen am 29.12.2016, beantragte der Antragsteller aufgrund des Bayerischen Zuschussprogramms zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat im Landkreis R.-I. einen Zuschuss für die Beseitigung von Schäden an seinem Hausrat. Diesem Antrag fügte der Antragsteller eine Liste mit beschädigten Gegenständen und dem jeweiligen Zeitwert bei. Danach wurden beim Hochwasser folgende Gegenstände des Antragstellers zerstört:
Waschmaschine AEG (500 Euro)
Küche zerlegt, Geschirrspüler und Küchengeräte E-Ofen (1200 Euro)
Geschirr und Töpfe (400 Euro)
Raclette und Fondueset (150 Euro)
Mikrowelle (150 Euro)
Zerlegter Wohnzimmerschrank (600 Euro)
Zerlegtes Schlafzimmer mit Matratzen (2000 Euro)
Stromaggregat (150 Euro)
Rasenmäher (100 Euro)
Staubsauger (100 Euro)
Spielzeugeisenbahn (200 Euro)
2 Fahrräder (1000 Euro)
Spielkonsole (200 Euro)
4 Winterreifen (160 Euro)
Der Antragsteller ist mit Hauptwohnsitz in 1 … in 2 … gemeldet. Im dortigen Haus seiner Mutter bewohnt der Antragsteller einen Teil dieses Hauses mit seiner Freundin bzw. jetzigen Ehefrau, die dort ihre eigenen Möbel und Haushaltsgegenstände einbrachte. Der Antragsteller lagerte seinen Hausrat vorübergehend in einer Garage in 3 … in 2 … ein. Diese Garage wurde von der Mutter des Antragstellers angemietet, da die Mutter des Antragstellers in 3 … in 2 … eine Eigentumswohnung besitzt, die vermietet wird. Am 01.06.2016 kam es infolge des Hochwasser zur Überflutung der dort angemieteten Garage.
Am 10.06.2016 beantragte die Mutter des Antragstellers laut Antrag für das Erdgeschoss in 3 … Sofortgeld in Höhe von 1500 €, wobei auf dem Antrag handschriftlich „Keller Eigentümer 3 …“ vermerkt war, und Soforthilfe für Hausrat in Höhe von 1500 € für den Keller in 1 … Beide Beträge wurden der Mutter des Antragstellers ausbezahlt.
Mit Bescheid vom 10.01.2017 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Hochwasserhilfe mit der Begründung ab, dass der Antragsteller zum Schadenszeitpunkt nicht in 3 … in 2 … gemeldet war.
Rechtsgrundlage des Bescheids ist das Bayerisches Zuschussprogramm zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und an Hausrat im Landkreis Rottal-Inn (Zuschussprogramm Wohngebäude Hochwasser 2016, IIC1-4740.4-2-2) des Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 29.07.2016 (AllMBl 2016, 1636).
Mit Schriftsatz vom 13.02.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Regensburg die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Rechtsanwalts für eine beabsichtigte Klage gegen den Ablehnungsbescheid des Landratsamts … vom 10.01.2017 und der Verpflichtung des Antragsgegners, den Antrag des Klägers vom 29.12.2016 auf Gewährung von Zuschuss nach dem Bayerischen Zuschussprogramm zur Behebung der vom Hochwasser im Mai/Juni 2016 verursachten Schäden an überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und Hausrat im Landkreis Rottal-Inn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Zur Begründung seines Antrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass es keinen Unterschied machen könne, wo ein Geschädigter Hausratsgegenstände zum Zeitpunkt des Hochwassers zwischenlagere. Eine Unterscheidung zu treffen, wo sich dieser Lagerraum befinde, erscheine willkürlich und sei daher unzulässig.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 15.03.2017, eingegangen bei Gericht am 16.03.2017, den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass der gemeldete Hauptwohnsitz gleichzeitig Nachweis für den Lebensmittelpunkt einer betroffenen Person und des zu Haushalts- und Lebensführung notwendigen Hausrats sei. Reine Lagerplätze, die nicht der erforderlichen Lebensführung im Haushalt dienen, können daher nicht berücksichtigt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) unbeschadet der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers abzulehnen, weil die beabsichtigte Klage auf Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 10.01.2017 und Verpflichtung zur Neuverbescheidung unter Rechtsauffassung des Gerichts keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet.
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Antrag kann, wie vorliegend, auch für einen noch nicht anhängigen, erst beabsichtigten gerichtlichen Rechtsbehelf gestellt werden (sog. isolierter PKH-Antrag). Bei der Entscheidung, ob hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung vorliegen, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden (vgl. BVerfG vom 10.8.2001 DVBl. 2001, 1748 ff.). Eine gewisse Erfolgsaussicht genügt (vgl. BayVGH vom 17.12.99 Az. 12 C 99.1542 ). Hinreichend sind die Erfolgsaussichten dann, wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn der vom Beteiligten vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Hochwasserhilfe.
1.) Zunächst fehlt es bereits an der Antragsberechtigung des Antragstellers. Nach Nr. 3.1 des Bayerischen Zuschussprogramms sind im Falle von zerstörtem Hausrat natürliche Personen als private Eigentümer und Mieter von Wohnraum als Zuwendungsempfänger antragsberechtigt. Der Antragsteller ist jedoch weder Eigentümer der Eigentumswohnung noch Eigentümer der Garage in 3 …, in der die streitgegenständlichen Gegenstände gelagert waren. Der Antragsteller war auch nicht Mieter der Garage. Die Garage wurde von der Mutter des Antragsteller selbst nur angemietet und nicht an den Antragsteller weitervermietet. Überdies handelt es sich bei der Garage nicht um Wohnraum. Die Garage ist mit dem Wohnraum des Antragstellers zudem weder baulich, noch räumlich derart verknüpft, dass man gegebenenfalls hierdurch eine Antragsberechtigung herleiten könnte.
2.) Zudem handelt es sich bei den in der Garage in 3 … eingelagerten Gegenständen, unabhängig von der Frage, wo diese Gegenstände gelagert wurden, nicht um förderfähigen Hausrat im Sinne des Bayerischen Zuschussprogramms.
a) Nach Nr. 3.2. Satz 2 des Bayerischen Zuschussprogramms zählen zum Hausrat nur die zur Haushalts- und Lebensführung notwendigen Möbel, Geräte und sonstigen Bestandteile einer Wohnungseinrichtung, soweit sie nicht über den angemessenen Bedarf hinausgehen. Damit stellen die vom Kläger in der Garage eingelagerte Haushaltsgegenstände, namentlich die zerlegte Küche mit Elektrogeräten und Geschirr, das zerlegte Schlafzimmer mit Matratzen, der zerlegte Wohnzimmerschrank, die Waschmaschine und der Staubsauger, zwar grundsätzlich förderfähigen Hausrat im Sinne des Bayerischen Zuschussprogramms dar.
Förderfähiger Hausrat liegt nach Nr. 3.2. Satz 2 Hs. 2 jedoch dann nicht vor, soweit diese Gegenstände über den angemessenen Bedarf hinausgehen. Dies ist nach Ansicht des Gerichts aber dann zu bejahen, wenn Gegenstände in einem Haushalt in doppelter Ausführung vorhanden sind. Unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller mit seiner Freundin einen eigenen Haushalt führt oder ob er mangels räumlicher Abtrennung auch in einem gemeinsam umfassenden Haushalt mit seiner Mutter lebt, waren in den Haushalt des Antragstellers jedenfalls die Möbel und sonstigen Haushaltsgegenstände seiner Freundin bzw. jetzigen Ehefrau eingebracht. Daher ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller und seiner jetzigen Ehefrau damit alles für die Haushaltsführung Notwendige zur Verfügung stand und der Lebensalltag sehr gut ohne die eingelagerten Gegenstände zu bewältigen war und ist; zumal vom Antragsteller auch nichts Gegenteiliges vorgetragen wurde. Auch spricht die Tatsache der Einlagerung selbst gegen die Notwendigkeit der in der Garage eingelagerten Gegenstände. Zwar mag es nachvollziehbar sein, wenn der Antragsteller anführt, dass die Gegenstände aufgrund der krankheitsbedingen Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers und seiner Mutter nicht sofort von der Garage in das Haus in 1 … verbracht werden konnten. Wären die in der Garage eingelagerten Gegenstände für die Haushaltsführung jedoch so wesentlich gewesen, so hätte man wohl trotzdem einen Weg gefunden, zumindest die für die Haushaltsführung zwingend erforderlichen Gegenstände kurzfristig umzulagern.
Dies wird auch durch die Ausführungen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 16.08.2017 bestätigt. Dort führt er wie folgt aus:
„Nach Umzug in 1 … lagerte der Antragsteller Teile seines Hausrats, soweit diese nicht unmittelbar Verwendung fanden, in der gefluteten Garage zwischen, wo diese dann zerstört wurden.“
Dies zeigt vielmehr, dass die in der Garage eingelagerten Gegenstände nach dem Umzug in die 1 … gar keine Verwendung mehr fanden und deshalb eingelagert wurden. Dann kann aber auch keinesfalls von zur Haushalts- und Lebensführung notwendigen Möbeln und Geräten im Sinne des Bayerischen Zuschussprogramms gesprochen werden.
Das Gericht kommt daher zur Überzeugung, dass die in der Garage eingelagerten oben genannten Haushaltsgegenstände aufgrund doppelter Ausführung über den angemessenen Bedarf im Sinne der Regelung des Zuschussprogramms hinausgehen.
b) Wie der Antragsteller im Schriftsatz vom 16.08.2017 ausführt, bleiben nach Abzug der bereits im gemeinsamen Haushalt des Antragstellers und seiner jetzigen Ehefrau vorhandenen Gegenstände nur noch das Stromaggregat, die Spielzeugeisenbahn, der Rasenmäher, die zwei Fahrräder und die vier Winterreifen.
Das Gericht kann bei diesen genannten Gegenständen aber nicht nachvollziehen, warum diese Sachen für die Haushalts- und Lebensführung notwendig und damit förderfähiger Hausrat im Sinne der Nr. 3.2 Satz 2 des Bayerischen Zuschussprogramms sein sollten. Darüber hinaus spricht auch hier die Tatsache der (längerfristigen) Einlagerung erneut gegen eine Notwendigkeit für die Haushalts- und Lebensführung.
Aber selbst, wenn man das Stromaggregat, den Rasenmäher, die zwei Fahrräder und die vier Winterreifen grundsätzlich zum förderfähigen Hausrat zählen würde, so scheitert die Bewilligung eines Zuschusses an Nr. 3.3 Satz 4 des Bayerischen Zuschussprogramms. Danach sind Hochwasserschäden, zu deren Beseitigung Kosten von weniger als 1500 Euro je Haushalt anfallen, nicht förderfähig. Da gemäß Nr. 3.2 Satz 1 Spiegelstrich 2 Hs. 2 des Bayerischen Zuschussprogramms in der Regel nur der Wert der zerstörten oder beschädigten Hausratsgegenstände und nicht der Wert für eine gleichartige neue Sache ersetzt wird, sind zur Berechnung der Schadensgrenze aus Nr. 3.3 Satz 4 die Zeitwerte anzusetzen. Wenn man nun die vom Antragsteller angegebenen und bereits sehr hoch angesetzten Zeitwerte des Stromaggregats (150 Euro), des Rasenmähers (100 Euro), der zwei Fahrräder (1000 Euro) und der vier Winterreifen (160 Euro) addiert, so ergibt sich daraus eine Summe von 1410 Euro. Damit handelt es sich dann aber um einen nach Nr. 3.3. Satz 4 des Zuschussprogramms nicht förderfähigen Hochwasserschaden unter 1500 Euro.
Mangels förderfähigen Hausrats im Sinne des Zuschussprogramms muss über eine etwaige Anrechnung des der Mutter des Antragstellers gewährten Sofortgeldes für die 3 … nach Nr. 5 Satz 3 des Bayerischen Zuschussprogramms gar nicht mehr entschieden werden.
Aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage war der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen.