Medizinrecht

Abweisung einer Asylklage wegen widersprüchlicher Schilderung einer Bedrohungslage durch Klägerin und Familienangehörige

Aktenzeichen  B 1 K 17.32310

Datum:
15.9.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 108 Abs. 1

 

Leitsatz

Stützen Familienangehörige bzw. Verwandte ihr angeblich im Heimatland erlittenes Verfolgungsschicksal auf dieselben gemeinschaftlich erlebten Sachverhalte, so kann den Darstellungen eine Glaubhaftigkeit nicht zugesprochen werden, wenn sich mit Blick auf Kernpunkte der geltend gemachten Bedrohung/Verfolgung bei einem Abgleich (hier: eklatante) Widersprüche in den unterschiedlichen Darstellungen der Ausländer ergeben.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des … für …vom … ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Als rechtmäßig erweist sich auch die Feststellung des …, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Schließlich geben die weiteren Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid keinen Anlass zur Beanstandung durch das Gericht.
In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zur Klage das Folgende zu auszuführen:
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Klägerin eine in allen wesentlichen Aspekten der angeblichen Verfolgungsgeschichte bzw. Bedrohungslage im Heimatland eine frei erfundene Version vorgetragen hat.
Die Widersprüche der Angaben der Klägerin zu den Angaben ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter sind so gravierend, dass ihren Angaben insgesamt eine Glaubhaftigkeit nicht zugesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass bereits die Angaben des Sohnes und seiner Ehefrau in maßgeblichen Punkten nicht plausibel in Einklang zu bringen sind. In deren Parallelverfahren Az. B 1 K 17.32311 hat das Gericht ausgeführt:
Ein erster, ganz erheblicher Widerspruch liegt in den Angaben hinsichtlich des Zeitpunkts des angeblichen Unfalls sowie der Dauer des angeblichen Krankenhausaufenthalts des Getöteten. So gab der Kläger zu 1 bei seiner Anhörung beim … an, die Person sei „sofort tot“ gewesen (S. 3 der Anhörungsniederschrift). Demgegenüber hat die Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, es sei nicht so gewesen, dass die Person sofort gestorben sei. Vielmehr hätten zwischen dem Unfall und dem Tod der Person ca. zehn Tage gelegen; diese sei im Krankenhaus verstorben (vgl. S. 2/3 der Sitzungsniederschrift). Wiederum in Abweichung hiervon sowie anders als noch beim … vorgetragen erklärte der Kläger zu 1 in der mündlichen Verhandlung, die Person sei vor ihren Tod zwei bis drei Tage im Krankenhaus gewesen (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift).
Gleichermaßen unstimmig sind die Angaben der Kläger zu 1 und 2 dann hinsichtlich des Tages, an dem die Familie des Verstorbenen das Haus der Mutter des Klägers zu 1 angezündet haben soll. Der Kläger zu 1 gab beim … hierzu an, das Haus der Mutter sei am 06.02. in Brand gesetzt worden (vgl. S. 4 der Anhörungsniederschrift). In der mündlichen Verhandlung soll es dann die Nacht vom 14.02. auf den 15.02. gewesen sein (vgl. S. 5 der Sitzungsniederschrift). Die Klägerin zu 2 erklärte beim …, das Haus der Schwiegermutter sei im Februar angezündet worden, das Datum wisse sie nicht mehr genau (vgl. S. 3 der Anhörungsniederschrift). Auch in der mündlichen Verhandlung konnte sie hierzu nichts Genaueres angeben. Jedoch erklärte sie hier, zwischen dem Tod des Verstorbenen und dem Anzünden des Hauses hätten „ca. eineinhalb Monate“ gelegen (S. 3 der Sitzungsniederschrift) gelegen, was jedoch nicht mit ihrer Angabe zum Todestag (05.02.) in Einklang zu bringen ist. Vom Gericht auf diese Ungereimtheit hingewiesen, wurde das Anzünden des Hauses auf „vielleicht Ende des Monats“ Februar datiert, also wiederum abweichend vom Vortrag des Klägers zu 1.
Nicht minder widersprüchlich sind die Angaben dazu, wie lange sie sich bei der Großmutter des Klägers zu 1 in … aufgehalten hätten. Hierzu gaben die Kläger zu 1 und 2 beim … – wohl miteinander abgesprochen – noch an, sie seien dort ca. einen Monat gewesen (vgl. S. 5 bzw. S. 3 der Anhörungsniederschrift des Klägers zu 1 bzw. der Klägerin zu 2). In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerin zu 2 dann, sie seien dort nur einen Tag geblieben und hätten von Anfang an geplant gehabt, nach … zu gehen (vgl. S. 4 der Sitzungsniederschrift). Auch der Kläger zu 1 erklärte in der mündlichen Verhandlung dann auf einmal, sie seien in … nur einen Tag gewesen (vgl. S. 5 der Sitzungsniederschrift). Über die Angaben der Klägerin zu 2 in der mündlichen Verhandlung hinausgehend erklärte der Kläger zu 1 außerdem noch, die Familie des Verstorbenen sei nach … zum Haus der Großmutter gekommen, weswegen sie hätten fliehen müssen. Auch hier weichen seine Angaben jedoch wieder von denen beim … ab: In der mündlichen Verhandlung gab er an, die Familie des Verstorbenen sei mit drei bis vier Autos gekommen (S. 6 der Sitzungsniederschrift); beim … waren es noch zwei Autos (S. 3 der Anhörungsniederschrift). Auch hinsichtlich der Uhrzeit, zu der die Kläger von … nach … gefahren sein wollen, divergierten die Angaben der Kläger zu 1 und 2 in der mündlichen Verhandlung. Laut Klägerin zu 2 war es Nachmittag bzw. später Nachmittag (S. 4 der Sitzungsniederschrift). Laut Kläger zu 1 war es Viertel vor elf Uhr nachts (S. 5 der Sitzungsniederschrift).
Schließlich sind auch noch die Angaben zu den (angeblichen) Ereignissen in Tiflis unglaubhaft. Beim … gab der Kläger zu 1 ausdrücklich an, er habe die Familie des Verstorbenen in … nicht gesehen (vgl. S. 5 der Anhörungsniederschrift). In der mündlichen Verhandlung erklärte er demgegenüber, er habe die Familie in … gesehen, sie habe ihn nur nicht am Gesicht erkannt (vgl. S. 6 der Sitzungsniederschrift).
Auch nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind die Widersprüche so eklatant, dass dem Sohn der Klägerin und dessen Ehefrau die vorgetragene Geschichte keinesfalls abgenommen werden kann.
Die Widersprüche und Ungereimtheiten werden bestätigt, wenn man die Angaben der hiesigen Klägerin mit in den Blick nimmt:
So hat die Klägerin beispielsweise in ihrer Anhörung angeben, auf ihrer „Flucht“, die sie auch über … geführt habe, hätten sie sich ungefähr einen Monat lang in … aufgehalten (S. 3 der Anhörungsniederschrift). Demgegenüber soll es nach der Darstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung so gewesen sein, dass sie nur einen Tag in … geblieben seien (S. 3 der Niederschrift). Es bedarf keiner vertieften Ausführungen, dass dies keinesfalls plausibel miteinander in Einklang zu bringen ist. Während des anschließenden Aufenthalts in … seien sie ständig zu Hause geblieben (S. 4 der Niederschrift). Im Gegensatz dazu hat der Sohn der Klägerin angeben, er habe in … auf einer Baustelle schwarzgearbeitet, um etwas Geld zusammen zu bekommen (S. 6 der Niederschrift im Verfahren Az. B 1 K 17.32311). Ganz erhebliche Differenzen ergeben sich auch in der Darstellung zum Aufenthalt in …. Nach der Version der Klägerin sei sie mit ihrer Familie die ganze Zeit im Haus der Schwester geblieben. Sie seien nicht ein einziges Mal nach draußen gegangen. Das Kind des Bruders habe die Karten gekauft, mit Hilfe der Schwester der Klägerin seien sie an die Karten gekommen. Der Schnellzug nach … sei dann ca. fünf Minuten nach 18.00 Uhr abgefahren (S. 4 der Niederschrift). Nach der Darstellung des Sohnes der Klägerin hätten sie den Zug nach … um viertel vor 11 Uhr nachts genommen. Um diese Uhrzeit fahre der Zug immer, er fahre nur einmal täglich (S. 5 der Niederschrift im Verfahren Az. B 1 K 17.32311). Nochmals im Gegensatz dazu hat die Schwiegertochter der Klägerin berichtet, sie könne sich nicht genau erinnern, wann sie in … aufgebrochen seien, es sie Nachmittag, später Nachmittag gewesen (S. 4 der Niederschrift). Nach der Darstellung der hiesigen Klägerin soll das Haus ca. 10 Tage nach der Beerdigung am 14.02.2017 angezündet worden sein (S. 3 der Niederschrift). Die Schwiegertochter berichtete von einem Ausbrechen des Brandes ca. 1,5 Monate nach dem Tod der verstorbenen Person, der Sohn der Klägerin meinte, das Haus sei in der Nacht vom 14. auf den 15. Februar in Brand gesetzt worden (S. 3, 5 der Niederschrift im Verfahren Az. B 1 K 17.32311). Auch in dieser Beziehung wird deutlich – die Aufzählung von Widersprüchen ließe sich noch fortsetzen -, dass Klägerin und ihre Verwandten in Bezug auf die angeblich die Ausreise auslösenden Ereignisse nicht aus eigenem Erleben berichtet haben, sondern sich eine Geschichte zurecht gelegt haben, um ihre Chancen im Asylverfahren zu erhöhen.
Es liegt insgesamt deutlich auf der Hand, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrten Rechtspositionen hat.
Die Klage wird daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abgewiesen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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