Medizinrecht

Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung

Aktenzeichen  3 CE 18.1403

Datum:
14.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23389
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 65 Abs. 2 S. 1
VwGO § 123, § 146 Abs. 4

 

Leitsatz

1 Dass die Behörde aufgrund einer monatelangen krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst bezweifeln muss, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amts zu erfüllen, versteht sich ebenso von selbst wie auch die mit der Herkunft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von einer auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet spezialisierten Arztpraxis begründete Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. (Rn. 4) (red. LS Alexander Tauchert)
2 Die im Informationsblatt beispielhaft weiter aufgeführten Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen, die den Antragsteller nicht unerhebliche Gesundheitsrisiken (etwa durch Strahlenbelastung) befürchten lassen, stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang zur angeordneten Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet. Sie können deshalb auch nicht im Wege der Auslegung als in die konkrete Anordnung aufgenommen angesehen werden und sind deshalb nicht mitumfasst. (Rn. 5) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

M 5 E 18.2373 2018-06-29 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung in den Gründen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird, hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung der Antragsgegnerin vom 23. April 2018 freizustellen, zu Recht abgelehnt. Die mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung (u.a.) ausgeführt, dass diese Untersuchungsanordnung nach Art und Umfang hinreichend bestimmt sei. Gegenstand der Anordnung sei eine Untersuchung im neurologisch-psychiatrischen Fachbereich, deren typische Untersuchungsbestandteile auf Seite 1 der Untersuchungsanordnung vor den Einzelfragen an den begutachtenden Arzt (auf Seite 2) erläutert würden. Mit dieser Untersuchungsanordnung trage die Antragsgegnerin dem Umstand Rechnung, dass die vom Antragsteller zuletzt vorgelegten Dienstunfähigkeitsbescheinigungen beginnend mit dem 12. Januar 2018 ausschließlich von einer Praxis ausgestellt worden seien, die ersichtlich auf diesen Fachbereich spezialisiert sei. Damit lägen konkrete Hinweise vor, dass beim Antragsteller gesundheitliche Störungen oder Beeinträchtigungen auf diesem Gebiet vorlägen, so dass die Untersuchungsanordnung auch nicht unverhältnismäßig sei.
Der Antragsteller rügt, mit der Untersuchungsanordnung vom 23. April 2018 könne er den möglichen Untersuchungsumfang nicht nachvollziehen, da nicht hinreichend deutlich werde, welche Untersuchungen neben einem ausführlichen Untersuchungsgespräch gegebenenfalls durchgeführt werden sollten. Es würden hier nur beispielhaft mögliche weitergehende Untersuchungen aufgezählt, die „je nach vorliegender Gesundheitsstörung“ oder „in Abhängigkeit vom vorliegenden Beschwerdebild und dem hier erhobenen Befund“ gegebenenfalls durchgeführt werden könnten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts finde durch die Erläuterung der typischen Untersuchungsbestandteile einer neurologisch-psychiatrischen Untersuchung auf Seite 1 der Untersuchungsanordnung keine hinreichende Eingrenzung der Untersuchung statt, so dass die Untersuchungsanordnung nicht überprüfbar und unverhältnismäßig sei. So werde etwa ausgeführt, dass falls erforderlich, auch eine körperliche Untersuchung erfolge. Wie weitgehend eine derartige körperliche Untersuchung erfolgen könnte, lasse sich der Untersuchungsanordnung aber nicht entnehmen. Naheliegend sei jedenfalls, dass hier nicht lediglich eine allgemeine körperliche Untersuchung, etwa einhergehend mit Messung des Gewichts, des Blutdrucks etc. erfolgen könne. Vielmehr solle die körperliche Untersuchung offenbar gegebenenfalls erst dann erfolgen, wenn dies nach dem ausführlichen Untersuchungsgespräch und gegebenenfalls der Durchführung von Testungen erforderlich erscheine. In Betracht kämen hier daher körperliche Zusatzdiagnostiken, die gegebenenfalls mit nicht unerheblichen Gesundheitsrisiken (etwa durch Strahlenbelastung) verbunden seien. Für derartige Untersuchungen, die mangels Eingrenzung von der hier verfahrensgegenständlichen Untersuchungsanordnung gegebenenfalls umfasst wären, wäre aber eine gesonderte Anordnung der Antragsgegnerin notwendig.
Damit kann der Antragsteller nicht durchdringen. Dass die Behörde hier aufgrund der monatelangen krankheitsbedingten Abwesenheit vom Dienst bezweifeln muss, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amts zu erfüllen, versteht sich ebenso von selbst wie auch die mit der Herkunft der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von einer auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet spezialisierten Arztpraxis begründete Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Zwar muss die Untersuchungsanordnung auch Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Kommt der betreffende Beamte indes – wie hier – trotz Aufforderung seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, um der Behörde die für den Erlass einer auf den Einzelfall konkret eingehenden Untersuchungsanordnung nötige Kenntnis über seine Erkrankung zu verschaffen, kann es ihm verwehrt sein, sich auf die darauf beruhende fehlende Bestimmtheit einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung zu berufen (BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – Rn. 29).
Die vom Antragsteller angeführten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung sollen sich hier nicht aus dieser selbst, sondern aus dem beigefügten – soweit ersichtlich – für Untersuchungsaufforderungen zu allen denkbaren medizinischen Fachrichtungen Verwendung findenden „Informationen zur ärztlichen Untersuchung“ der Antragsgegnerin (Personalbetreuung Beamte im SWM Konzern; Bl. 51 der Behördenakte) ergeben. Die streitgegenständliche Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung vom 23. April 2018 nimmt jedoch die im Informationsblatt beispielhaft aufgeführten Ergänzungen der körperlichen Untersuchungen durch technische Untersuchungen nicht vollumfänglich in Bezug, sondern beschreibt nur, dass gegebenenfalls ergänzend eine Laboruntersuchung notwendig werden kann. Die im Informationsblatt beispielhaft weiter aufgeführten Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen, die den Antragsteller nicht unerhebliche Gesundheitsrisiken (etwa durch Strahlenbelastung) befürchten lassen, stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang zur angeordneten Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet. Sie können deshalb auch nicht im Wege der Auslegung als in die konkrete Anordnung aufgenommen angesehen werden und sind nach Auffassung des Senats deshalb nicht mitumfasst.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 47 GKG (wie Vorinstanz).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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