Aktenzeichen 3 E 689/21, 3 E 689/21 Ge
§ 6 CoronaVInfSchV TH
§ 7 CoronaVInfSchV TH
§ 16 IfSG
§ 28 IfSG
… mehr
Leitsatz
1. Anordnungen nach dem IfSG sind Dauerverwaltungsakte.(Rn.59)
2. Atteste eines Heilpraktikers sind grundsätzlich nicht geeignet, medizinische Anknüpfungspunkte zur Befreiung von der Maskenpflicht nachzuweisen.(Rn.49)
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 2. Juni 2021 gegen Ziffer 3. und 4. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2021 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin betreibt den Bioladen „K…“. Sie wendet sich gegen die coronabedingten Anordnungen für ihr Geschäft.
Erstmals wurde die Antragstellerin mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. Oktober 2020 darauf hingewiesen, dass bei dieser mehrere Beschwerden von Bürgern eingingen, welche mitteilten, dass in den Verkaufsräumen der Antragstellerin die Infektionsschutzregeln nicht eingehalten würden. Daraufhin teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 3. November 2020 mit, dass sie die Empfehlungen der Stadt Gera und des Freistaats Thüringen zum Infektionsschutz einhalte.
Mit Schreiben vom 24. November 2020 wurde die Antragstellerin von der Antragsgegnerin aufgefordert, ihr Infektionsschutzkonzept zur Prüfung vorzulegen. Daraufhin übersandte die Antragstellerin am 30. November 2020 ein Infektionsschutzkonzept, welches u.a. Angaben zum Schutz der Mitarbeiter und Infektionsschutzregeln beinhaltete.
Aufgrund erneuter Beschwerden von Bürgern bei der Antragsgegnerin wies diese die Antragstellerin am 5. Januar 2021 erneut auf die Einhaltung der Infektionsschutzregeln hin. Dies wiederholte die Antragsgegnerin am 19. Februar 2021 unter Hinweis auf die Bußgeldbewehrung im Falle eins festgestellten Verstoßes gegen die Normen der Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen und schrittweisen weiteren Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO). Daneben wurde der Antragstellerin im Rahmen einer Anhörung die Möglichkeit eingeräumt, zu den behaupteten Verstößen Stellung zu nehmen.
Am 15. April 2021 nahm die Antragsgegnerin zwischen 15.03 Uhr und 15.30 Uhr eine Kontrolle in den Räumlichkeiten der Antragstellerin vor. Hierbei wurde festgestellt, dass keine konkreten Hinweise zu den Infektionsschutzregeln vorhanden waren und weder Kunden noch Personal – selbst nach Aufforderung – einen Mund-Nasen-Schutz trugen.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. April 2021 wurde die Antragstellerin verpflichtet, sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter in ihren Verkaufsräumen mit sofortiger Wirkung eine qualifizierte Mund-Nasen-Bedeckung verwenden müssen (Ziffer 1). Daneben wurde sie verpflichtet, anwesende Personen durch gut sichtbare Aushänge über die Infektionsschutzregeln zu informieren (Ziffer 2). Zudem habe die Antragstellerin sicherzustellen, dass nur solchen Personen ab dem 15. Lebensjahr der Zutritt gewährt wird, die einen qualifizierten Mund-Nasen-Schutz tragen (Ziffer 3). Für die Nichtbeachtung dieser Anordnungen werde ein Zwangsgeld von 5.000 € angedroht (Ziffer 4.) Weiterhin wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 5.). Zur Begründung legte die Antragsgegnerin dar, dass die Antragstellerin als verantwortliche Person i.S.d. § 5 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO sicherzustellen habe, dass, sowohl sie wie auch ihre Mitarbeiter und Kunden einen qualifizierten Mund-Nasen-Schutz zu tragen haben. Außerdem sei die Antragstellerin verpflichtet, dies durch geeignete Hinweisschilder ihren Kunden mitzuteilen. Die Antragsgegnerin habe dies zu überwachen und durchzusetzen. Angesichts der Beharrlichkeit der Antragstellerin, den Maßgaben der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO nicht Folge zu leisten, sei die Anordnung und Zwangsgeldandrohung nunmehr von Nöten.
Gegen diesen Bescheid hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin am 2. Juni 2021 Widerspruch erhoben. Es gäbe keine generelle Verpflichtung für die Angestellten der Antragstellerin während der gesamten Arbeitszeit einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Eine solche müsse im Einzelfall angeordnet werden. Hinweisschilder existierten entgegen der Aussage der Antragsgegnerin. Zudem sei die Antragstellerin nicht verpflichtet, ihren Beschäftigten entsprechende Masken bereitzustellen. Diese müssten die Masken ohnehin nicht tragen, da sie über entsprechende Atteste verfügten, welche sie von der Maskenpflicht befreiten. Gleichzeitig werde die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt.
Am 11. Juni 2021 hat sich die Antragstellerin wegen vorläufigen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht gewandt.
Die Anordnungen der Antraggegnerin seien zu unbestimmt und daher nicht ausführbar. Was ein „qualifizierter Mund-Nasen-Schutz“ sei, könne bereits niemand wissen. Zudem könne die Anordnung aufgrund der ärztlichen Atteste, welche die Mitarbeiter vorgelegt hätten, tatsächlich nicht ausgeführt werden; demgemäß sei sie rechtswidrig. Ebenso könne der Antragstellerin eine Überprüfung des Alters ihrer Kunden oder deren möglicher ärztlicher Befreiungsatteste nicht auferlegt werden. Dies sei Aufgabe der Ordnungsbehörden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Juni 2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. April 2021 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, ihre Anordnung sei rechtmäßig.
Sie verweist auf den Bescheid und trägt ergänzend vor, dass zum Zeitpunkt der Anordnung die Inzidenz in der Stadt Gera bei 358,66 gelegen habe. Aufgrund der Hygienekontrolle am 15. April 2021 und der zahlreichen Beschwerden von Bürgern sei durch den erlassenen Bescheid der Vollzug der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO sicherzustellen.
Die jeweiligen Anordnungen seien bestimmt genug. Die Rechtspflicht der Antragstellerin, die Hygienevorschriften einzuhalten, resultiere unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen seien die Anordnungen auch verhältnismäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf den Inhalt der von der Antragsgegnerin vorgelegten Sachakte (1 Heftung) Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der gemäß §§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 8 IfSG ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 2. Juni 2021 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. April 2021 ist zulässig und teilweise begründet.
Bei der Entscheidung über einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Dabei sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs maßgeblich zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfs ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Ist hingegen der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bedarf es einer allgemeinen Abwägung der verschiedenen Interessen. Dann werden die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall der Stattgabe des Eilantrags und einer späteren Erfolglosigkeit in der Hauptsache den Auswirkungen gegenübergestellt, wenn der Eilantrag abgelehnt, aber der Rechtsbehelf in der Hauptsache erfolgreich sein wird.
Die vorzunehmende Interessenabwägung, bei der die Rechtslage nur summarisch geprüft wird, fällt hier im tenorierten Umfang zu Gunsten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung des Bescheids der Antragsgegnerin überwiegt nur teilweise das persönliche Interesse der Antragstellerin, von den angeordneten Maßnahmen vorläufig verschont zu bleiben.
Der Widerspruch der Antragstellerin wird voraussichtlich hinsichtlich der Anfechtung der Ziffern 3. und 4. des Bescheids der Antragsgegnerin Erfolg haben. Die Ziffern 3. und 4. sind rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs war diesbezüglich anzuordnen.
1. Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig.
a. Rechtsgrundlage für die von der sachlich und örtlich zuständigen Antragsgegnerin getroffenen Anordnungen ist § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.
Die Antragsgegnerin hat im angegriffenen Bescheid zwar sowohl § 28 Abs. 1 IfSG als auch § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG als Rechtsgrundlagen genannt, führt unter II. jedoch § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG ausdrücklich als „Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Bescheids“ an.
aa. Nach § 16 Abs. 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit drohenden Gefahren, die deshalb entstehen, weil Tatsachen festgestellt werden, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder wenn anzunehmen ist, dass solche Tatsachen vorliegen. Die Vorschrift lässt somit allgemeine Maßnahmen zu, wenn ein konkreter Gefahrenverdacht besteht. Nach § 28 Abs. 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, oder wenn sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war. Diese Ermächtigungsgrundlage knüpft demnach unter anderem daran an, dass Kranke konkret festgestellt worden sind. Somit handelt es sich bei Art. 28 Abs. 1 IfSG um die speziellere Befugnisnorm, die der allgemeiner gefassten Norm des § 16 Abs. 1 IfSG vorgeht (ThürVerfGH, Urt. v. 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 389, 403; so auch VG Minden, Beschl. v. 21. April 2020 – 7 L 299/20 – juris; VG Regensburg Beschl. v. 29. April 2020 – 14 S 20.700 – juris Rn. 34). Die von der Antragsgegnerin benannte Verhinderung der Verbreitung neuer Virusmutationen vermag hieran nichts zu ändern, da derartige Mutationen lediglich eine Abwandlung des Sars-CoV-2-Virus, jedoch keine eigenständige neue Grunderkrankung darstellen.
Es ist demgegenüber nicht ernstlich streitig – und wird von der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt – dass derzeit eine nach dem Infektionsschutzgesetz zu bekämpfende übertragbare Krankheit festzustellen ist. Dass es sich bei der Coronavirus-Krankheit COVID-19 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG handelt, unterliegt keinem Zweifel. Sie ist im ganzen Bundesgebiet – einschließlich Thüringen – nach der Einschätzung des vom Gesetzgeber durch § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu vorrangig berufenen Robert-Koch-Instituts verbreitet. Dass derzeit die Pandemielage noch fortbesteht, hat der Bundesgesetzgeber zuletzt durch Bundestagsbeschluss vom 11. Juni 2021 durch Verlängerung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite festgestellt.
bb. Im Ergebnis ist es allerdings unschädlich, dass die falsche Rechtsgrundlage – nämlich § 16 Abs. 1 IfSG – herangezogen wurde. Grundsätzlich kann eine in einem Bescheid verfügte Regelung auf einer anderen Rechtsgrundlage als der im Bescheid Genannten aufrechterhalten werden, wenn der Austausch der Rechtsgrundlage die Identität der im Bescheid getroffenen behördlichen Regelung unberührt lässt; wenn sie also auf dasselbe Regelungsziel gerichtet bleibt und infolge des „Austauschs“ der Rechtsgrundlage keine Wesensänderung erfährt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 19. August 1988 – 8 C 29.87 – juris Rn. 13; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 26. Mai 2009 – 1 LB 38/08 – juris Rn. 36).
Dies ist vorliegend der Fall. § 28 IfSG enthält gegenüber § 16 IfSG keine zusätzlichen, sondern lediglich andere Voraussetzungen. Außerdem enthalten beide Normen eine generalklauselhafte Eingriffsgrundlage für die Antragsgegnerin. Zudem knüpfen beide Vorschriften an ein gebundenes Ermessen an, sodass für die Kammer kein Anlass besteht, den Bescheid lediglich wegen der unzutreffenden Benennung der Ermächtigungsgrundlage für rechtswidrig zu befinden (in diesem Sinne auch BVerwG, Urt. v. 16. Dezember 1971 – I C 60/67 zu den Vorgängervorschriften des BSeuchG; vgl. ThürOVG, Beschl. v. 8 April 2020 – 3 EN 245/20; VG Regensburg Beschl. v. 29. April 2020 – 14 S 20.700 – jeweils juris).
cc. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. Satz 1 IfSG liegen vor. Als Rechtsfolge sieht § 28 Abs. Satz 1 IfSG vor, dass die zuständige Behörde die „notwendigen Schutzmaßnahmen“ zu treffen hat, wobei beispielhaft Maßnahmen nach den §§ 29 bis 31 IfSG genannt werden, die vorliegend aber nicht einschlägig sind.
Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – „wie“ des Eingreifens – ist der Behörde Ermessen eingeräumt. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss, nämlich Maßnahmen, die zur Verhinderung der (Weiter-) Verbreitung der Krankheit geboten sind. Darüber hinaus sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (BVerwG, Urt. v. 22. März 2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 23; VG Düsseldorf, Beschl. v. 20. März 2020 – 7 L 575/20 – juris).
Bei den angegriffenen Anordnungen handelt es sich um Maßnahmen, die grundsätzlich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geeignet sind. Im Wesentlichen bedient sich die Antragsgegnerin derselben Regelungen wie sie jeweils in ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO normiert sind. Dass es sich hierbei um Anordnungen handelt, welche auf Grundlage von § 28 Abs. 1 IfSG ergehen durften, ist nunmehr für den Freistaat Thüringen höchstrichterlich geklärt (ThürVerf-GH, Urt. v. 1. März 2021 – 18/20 – juris).
b. Ein Anhörungsmangel gemäß § 28 ThürVwVfG ist nicht gegeben. Die Antragstellerin wurde jedenfalls am 19. Februar 2021 schriftlich angehört und hatte ebenfalls im Rahmen der Vorortkontrolle durch die Antragsgegnerin am 15. April 2021 ausreichend Gelegenheit zum Sachverhalt Stellung zu nehmen.
c. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sind die Ziffern 1. und 2. des angefochtenen Bescheids gemäß § 37 Abs. 1 ThürVwVfG hinreichend konkret und bestimmt.
§ 37 Abs. 1 ThürVwVfG fordert nur eine hinreichende, keine absolute Bestimmtheit. Ausreichend ist damit, dass sich der Inhalt durch Auslegung unter Zugrundelegung des Empfängerhorizonts ermitteln lässt (OVG NRW, Beschl. v. 19. Juni 2015 – 11 A 2046/13 – juris). Die Anforderungen orientieren sich an den Erfordernissen der jeweiligen Anordnungen und den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (OVG NRW, Urt. v. 12. März 2019 – 13 A 2785/17 – juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 23. Dezember 2013 – 3 L 220/12 – juris).
Ausgehend von diesen Maßgaben ergeben sich keine durchgreifenden Zweifel an der Bestimmtheit der getroffenen Anordnungen.
aa. Die Anordnung der Antragsgegnerin in Ziffer 1. des Bescheids vom 30. April 2021, wonach alle Mitarbeiter in den Verkaufsräumen der Antragstellerin einen „qualifizierten Mund-Nasen-Schutz“ verwenden müssen, ist ausreichend konkret und bestimmt. Was unter einem qualifizierten Mund-Nasen-Schutz zu verstehen ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, hier der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO. Demnach sind „gewöhnliche“ Mund-Nasen-Bedeckungen gemäß § 6 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO selbst genähte oder selbst hergestellte Stoffmasken, Schals, Tücher, Hauben und Kopfmasken sowie sonstige Bedeckungen von Mund und Nase. Ein qualifizierter Mund-Nasen-Schutz sind demgegenüber medizinische Gesichtsmasken oder Atemschutzmasken ohne Ausatemventil mit technisch höherwertigem Schutzstandard, insbesondere FFP2 Masken (§ 6 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO). Dass die Antragsgegnerin auf solche Masken abhebt, ergibt sich zudem auch aus Ziffer 3. des Bescheides, wonach sie eine qualifizierte Mund-Nasen-Maske als „FFP2 oder medizinische Gesichtsmaske“ benennt.
bb. Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken unterliegt auch die Anordnung in Ziffer 2. des Bescheids vom 30. April 2021, nach der durch gut lesbare Aushänge sicherzustellen ist, dass sich anwesende Personen im Geschäft der Antragstellerin zu den Infektionsschutzregeln informieren können.
In der Begründung des Bescheides weist die Antragsgegnerin ausdrücklich auf § 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO „Allgemeine Infektionsschutzregeln“. Damit ist noch hinreichend erkennbar, dass die dort genannten Regeln gemeint sind. Zu den allgemeinen Infektionsschutzregeln nach § 3 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO gehören insbesondere die Reduzierung von Kontakten, der Schutz vor Infektionen durch Tröpfchen und Aerosole sowie die möglichst weitgehende Vermeidung von Schmierinfektionen über Vehikel und Gegenstände. Daneben sollen die allgemein und frei zugänglichen Informationen des Robert-Koch-Institutes einzuhalten und umzusetzen sein. Zusätzlich resultieren die Hinweispflichten für Antragstellerin als verantwortliche Person nach § 5 Abs. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO aus den weiteren Angaben des Abs. 3. Dort wird u.a. in Ziffer 3 normiert, dass durch sie sicherzustellen ist, dass anwesenden Personen über allgemeine Schutzmaßnahmen, insbesondere Händehygiene, Abstand halten, Rücksichtnahme auf Risikogruppen sowie Husten und Niesetikette unterrichtet werden.
Der Antragstellerin ist es grundsätzlich zumutbar, sich aus aufbereiteten und frei zugänglichen Quellen entsprechend ihrer Arbeitgeberpflichten zu informieren und dies in Form von frei gestaltbaren Hinweisen an ihre Kunden und Mitarbeiter weiterzugeben. Insbesondere werden im Infektionsschutzkonzept der Antragstellerin vom 30. November 2020 Infektionsschutzregeln wie die Handdesinfektion im Eingangsbereich, die Gewährleistung des Mindestabstandes und das Tragen von Masken (selbst genannt und es wird auf Hinweisschilder im Eingangs- und Kassenbereich hingewiesen).
2. Die Anordnungen sind allerdings nur hinsichtlich der Ziffern 1. und 2. inhaltlich rechtmäßig. Die Ziffern 3. und 4. sind rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
a. Anders als die Antragstellerin meint, kann sie wirksam verpflichtet werden, das Tragen der Masken durch ihre Arbeitnehmer sicherzustellen (Ziffer 1. des Bescheids vom 30. April 2021).
Gemäß § 7 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO sind Arbeitgeber verpflichtet, ein hohes Niveau des Arbeitsschutzes zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten im Sinne des § 2 Abs. 2 ArbSchG zu gewährleisten. Nach § 6 Abs. 9 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO bleibt hinsichtlich der Verpflichtung einen qualifizierten Mund-Nasenschutz bei der Arbeit zu tragen, die die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) unberührt.
Demgemäß hat der Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Infektionsschutzkonzepte die Corona-ArbSchV und die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregeln zu beachten und umzusetzen. Gemäß § 4 Abs. 1 und 1a Corona-ArbSchV hat der Arbeitgeber medizinische Gesichtsmasken bzw. die in der Anlage Corona-ArbSchV der bezeichneten Atemschutzmasken bereitzustellen, wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann Bei diesen handelt es sich jeweils um einen qualifizierten Mund-Nasen-Schutz i.S.d. ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO. Nach § 4 Abs. 1b Corona-ArbSchV ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Masken oder mindestens gleichwertige Masken zu tragen. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Vor-Ort-Termins festgestellt, dass der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann und keine weiteren Schutzmaßnahmen getroffen worden sind. Auf dieser Grundlage hat sie mit den angefochtenen Bescheid die Verpflichtung der Antragsgegnerin geregelt, um eine weitere Ausbreitung der SARS-CoV-2-Virus zu verhindern. Das Tragen einer qualifizierten Mund-Nasen-Bedeckung mag mit Unannehmlichkeiten verbunden sein. Im Rahmen der hier zu treffenden Abwägung ist jedoch dem Schutz überragend gewichtiger Gemeinwohlbelange wie dem Leben und der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung ein höheres Gewicht gegenüber der allgemeinen Handlungsfreiheit und ggf. dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer beizumessen (so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20. Mai 2020 – 2 KM 384/20 OVG – juris Rn. 23; OVG NRW, Beschl. v. 19. Mai 2020 – 13 B 557/20.NE – juris Rn. 112; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. Mai 2020 – 1 S 1357/20 – juris Rn. 41 ff.; SaarlOVG, Beschl. v. 13. Mai 2020 – 2 B 175/20 – juris Rn. 23; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 13. Mai 2020 – 3 MR 14/20 – juris Rn. 24; HessVGH, Beschl. v. 5. Mai 2020 – 8 B 1153/20.N – juris Rn. 43; siehe auch die Folgenabwägung des NdsOVG, Beschl. v. 5. Mai 2020 – 13 MN 119/29 – juris Rn. 49).
Der Gesundheitsschutz, insbesondere die Verlangsamung der Ausbreitung der hoch infektiösen Viruserkrankung, gegen welche es derzeit keine verlässlich wirksamen medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten gibt und die nicht selten schwer und im messbaren Prozentbereich tödlich verläuft oder wahrscheinlich zu schweren lang andauernden Schäden führen kann, rechtfertigt in der gegenwärtigen epidemischen Lage auch einschneidende Maßnahmen. Insbesondere angesichts des zutreffenden Hinweises der Antragsgegnerin, dass derzeit besonders ansteckende Mutationsvarianten im Umlauf seien, besteht weiterhin die Gefahr, dass ohne Kontaktbeschränkungen die Infektionsgeschwindigkeit wieder sehr schnell zunimmt und es zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18. Mai 2020 – 1 S 1357/20 – juris Rn. 61; siehe auch SaarlOVG, Beschl. v. 13. Mai 2020 – 2 B 175/20 – juris Rn. 23). Demgegenüber stellen sich die mit der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Ladengeschäft der Antragstellerin verbundenen Belastungen als von vergleichsweise geringem Gewicht dar. In der gegenwärtigen Pandemielage hat auch der Arbeitgeber sicherzustellen hat, dass die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen einem nur geringen bis gar keinem Infektionsrisiko ausgesetzt werden.
An der Rechtmäßigkeit dieser Verpflichtung bestehen auch nach dem Vortrag der Antragstellerin, ihre Arbeitnehmer verfügten im Einzelnen über gültige Atteste, die sie von der Maskenpflicht befreien, keine Zweifel.
Ausnahmsweise gilt die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO nicht für Personen, denen es wegen Behinderung, aus gesundheitlichen- oder anderen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist einen solchen zu Tragen und die dies in geeigneter Weise glaubhaft machen.
Die Antragstellerin hat aber nicht glaubhaft gemacht, dass hinreichende medizinische Gründe vorlägen, die eine Befreiung von der Maskenpflicht für ihre Arbeitnehmer oder sich selbst in den Räumlichkeiten ihres Geschäfts rechtfertigen würden.
Vorliegend ist Ziel der Antragstellerin, mithilfe der Behauptung, es lägen ärztliche Bescheinigungen für sie selbst und ihre Beschäftigten vor, einen rechtlichen Vorteil zu erwirken, nämlich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs herzustellen. In derartigen Konstellationen muss die Behörde bzw. das Gericht aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen selbstständig zu prüfen (vgl. insoweit zur Maskentragepflicht an Schulen: OVG NRW, Beschl. v. 24. September 2020 – 13 B 1368/20 – juris). Die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält (VG Würzburg, Beschl. v. 16. September 2020 – W 8 E 20.1301.; VG Potsdam, Beschl. v. 23. September 2020 – VG 6 L 824/20; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 10. September 2020 – 5 L 757/20.NW – jeweils juris).
Zwar hat die Antragstellerin für sich selbst sowie für die Beschäftigten K…, P…, F… und F… jeweils Atteste der Heilpraktikerin … K… vorgelegt (Bl. 47-49 BA). Diese genügen jedoch nicht den Anforderungen an die Glaubhaftmachung entsprechender gesundheitlicher Befreiungsgründe. Atteste von Heilpraktikern sind schon dem Grunde nach nicht geeignet, einen ausreichenden gesundheitlichen Grund zur Befreiung von der Maskenpflicht glaubhaft machen zu können. Sie stehen insbesondere nicht den ärztlichen Zeugnissen gleich, was sich hinreichend aus den unterschiedlichen beruflichen Zugangsvoraussetzungen ergibt. Sie können daher keine geeignete Grundlage einer Glaubhaftmachung medizinischer Tatsachen sein (VG Potsdam, Beschl. v. 23. September 2020 – VG 6 L 824/20 – juris; Eibenstein/ Schlereth/ Lang, Das ärztliche Attest in der COVID-19-Pandemie, COVuR 2021, 148 [151 f.]).
Ungeachtet dessen enthalten die Atteste keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben, welche das Gericht zu einer eigenständigen Prüfung des Ausnahmetatbestands ermöglicht. Die nicht näher umschriebenen und weit reichenden Aussagen der Atteste, wonach die Beschäftigten und die Antragstellerin etwa an „Atemproblemen“, „Dyspnoe“ (Kurzatmigkeit), „asthmatischen Problemen“ oder gar „seelischen Problemen“ leiden sollen, zeigen nicht auf, inwiefern sich das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für die Antragstellerin und ihre Beschäftigten während der Arbeitszeit nicht möglich bzw. unzumutbar sein soll.
Die Kammer kann damit offen lassen, ob es sich bei den Attesten um von vornherein ungenügende Gefälligkeitsatteste handelt, wofür zumindest spricht, dass sie vom selben Aussteller und – mit Ausnahme der Beschäftigten K… – am selben Ausstellungstag am 2. bzw. 26. März 2021 verfasst worden, kaum aussagekräftigen Diagnosen wie „Atemprobleme“, „Dyspnoe“ oder „seelische Probleme“ enthalten sowie keine Angabe eines konkreten Untersuchungsdatums wiedergeben (vgl. VG Potsdam, Beschl. v. 23. September 2020 – VG 6 L 824/20 – juris).
Die Antragstellerin hat mithin nicht glaubhaft gemacht, dass die von ihr vorgelegten Atteste den Maßgaben der insofern übereinstimmenden arbeits- wie auch verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Befreiung von der Maskenpflicht genügen (BayVGH, Beschl. v. 8. Dezember 2020 – 20 CE 20.2875 – juris Rn. 11; VG Würzburg, Beschl. v. 16. September 2020 – W 8 E 20.1301.; VG Potsdam, Beschl. v. 23. September 2020 – VG 6 L 824/20; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 10. September 2020 – 5 L 757/20.NW; LAG Köln, Urt. v. 12. April 2021 – 2 SaGa 1/21; ArbG Siegburg, Urt. v. 16. Dezember 2020 – 4 Ga 18/20 – jeweils juris).
Die Kammer sieht damit keine tatsächlich nachvollziehbaren Anhaltspunkte davon auszugehen, die Antragstellerin könne dieser Anordnung nicht nachkommen.
b. Die Kammer hat ebenfalls keinen Anlass davon auszugehen, dass die Anordnung einer bloßen Hinweispflicht (Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids) für Dritte aus sonstigen – im Übrigen nicht weiter vorgetragenen Gründen – rechtswidrig ist.
Soweit der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, es seien Hinweise in den Räumlichkeiten der Antragstellerin angebracht, genügen diese offenkundig nicht den Maßgaben der §§ 3 und § 5 Abs. 3 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO.
Die Informationen der Antragstellerin, welche sich im Wesentlichen darauf beschränken, dass „in diesen Geschäftsräumen die Anordnungen des Infektionsschutzgesetzes gelten“, die „AHA-Regeln“ als „Angst ablegen, Hinterfragen, Austauschen“ zu verstehen seien und als Aushang der Hausordnung wiedergeben, dass „alle Kunden, die dieses Geschäft betreten, einverstanden sind, dass mit oder ohne Maske eingekauft werden darf“ (Bl. 42, 43 BA), lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass die Antragstellerin nicht an einer regelkonformen Information ihrer Kunden interessiert ist.
Die Anordnung der Antragsgegnerin ist daher nicht zu beanstanden.
c. Als in der Sache rechtswidrig erweist sich allerdings Ziffer 3. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. April 2021, wonach diese Personen, die das 15. Lebensjahr erreicht haben, den Zutritt nur mit qualifizierten Mund-Nasenschutz gestatten darf.
Bei der Anordnung bestimmter Zugangsvoraussetzungen zu Geschäften des Einzelhandels im Rahmen des Vollzugs der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der während seiner gesamten Wirkungsdauer rechtmäßig sein muss, denn Ziffer 3. des Bescheids der Antragsgegnerin trifft keine nur eine einmalige, stichtagsbezogene Regelung. Sie ordnet vielmehr eine umfassende und unbefristete Zutrittsmaßnahme an, sodass der Dauerverwaltungsakt seine Regelungswirkung ständig neu entfaltet und das zu Grunde liegende Verwaltungsrechtsverhältnis ständig neu konkretisiert wird (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 6. April 2021 – 13 ME 166/21 – juris mw.N.; VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschl. v. 10. Dezember 2020 – 5 L 1066/20.NW). Deshalb bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sieht § 6 Abs. 4 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO i.d.F.v. 1. Juni 2021 als Rechtsgrundlage der Anordnung vor, dass Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr anstelle der gewöhnlichen Mund-Nasen-Bedeckung eine qualifizierte Gesichtsmaske zu verwenden haben, wenn sie sich als Kunden in Geschäften und Dienstleitungsbetrieben mit Publikumsverkehr aufhalten. Die durch die Antragsgegnerin angeordnete Verpflichtung, welche das Alter des Trägers einer qualifizierten Mund-Nasenbedeckung mit dem 15. Lebensjahr vorsah, wurde mit Inkrafttreten der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO in ihrer derzeit geltenden Fassung auf das 16. Lebensjahr geändert.
In der amtlichen Begründung weist der Verordnungsgeber darauf hin, dass die Altersangaben hinsichtlich der Änderung des IfSG (§ 28b Abs. 9) vorgenommen wurden, um unnötige unterschiedliche Regelungen zwischen Bund und Land zu vermeiden (Begründung zur Vierten Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 1. Juni 2021, S. 4). Der Bundesgesetzgeber seinerseits begründet die Altersfestlegung für FFP2- oder medizinische Masken mit den besonderen körperlichen Voraussetzungen ihrer Träger (BT-Drs. 19/28732, 21).
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin war demgemäß anzuordnen, da die Anordnung der Antragsgegnerin nicht mehr dem Verordnungsstand zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung entsprach.
Im Übrigen weist die Kammer jedoch darauf hin, dass – anders als die Antragstellerin darlegt – diese grundsätzlich wirksam verpflichtet werden kann, Einlass nur für solche Kunden zu gewährleisten, die das jeweils in der geltenden ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO genannte Alter erreicht haben.
Die Kammer übersieht hierbei nicht, dass der Vorhalt der Antragstellerin, sie könne nicht das Alter eines jeden Kunden überprüfen, zumal sich dieser möglicherweise weigere zu kooperieren, in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden sein kann. Soweit die Antragstellerin vorträgt, es sei ihr aber grundsätzlich nicht zumutbar, Atteste von Kunden zu kontrollieren, die sich auf eine Befreiung der Maskenpflicht berufen, kann sie hiermit im Falle einer erneuten Anordnung der Antragsgegnerin voraussichtlich nicht durchdringen. Die Situation ist vergleichbar mit den nach dem Jugendschutzgesetz notwendigen Kontrollen. Zwar bedarf es im Gegensatz zu den Attesten der Arbeitnehmer bei denen von Einkaufskunden keiner Wiedergabe der Anknüpfungspunkte an die medizinischen Tatsachen, die eine Befreiung vom Tragen des Mund-Nasen-Schutzes erforderlich machen, dennoch ginge von der Überprüfung eines Attests des Kunden keine rechtswidrige Belastung für die Antragstellerin aus (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 11. Juni 2020 – 3 R 102/20; so auch OVG NRW, Beschl. v. 19. Mai 2020 – 13 B 557/20.NE – juris Rn. 114; ähnlich OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 20. Mai 2020 – 2 KM 384/20 OVG – juris Rn. 23).
3. Vom Gericht überprüfbare Ermessenfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) sind hinsichtlich der Ziffern 1. und 2. des Bescheids nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Antragsgegnerin die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin berücksichtigt. Die Maßnahmen erweisen sich nach summarischer Prüfung auch als verhältnismäßig. Sie dienen dem Zweck, die Beschäftigten der Antragstellerin sowie ihre Kunden vor der Weiterverbreitung des Coronavirus einschließlich etwaiger Virusmutationen zu schützen.
Die Einrichtung der Antragstellerin stellt als Verkaufsraum, geprägt durch die Nähe der dort aufhaltigen Personen sowie ihrer Verweildauer, einen Ort der grundsätzlich die Weiterverbreitung von Viren und Virusmutationen begünstigt.
Gleich geeignete, mildere Mittel sind ebenfalls nicht erkennbar. Angesichts der als Generalklausel ausgestalteten Eingriffsgrundlage und der sowohl schriftlichen wie im Rahmen der Vorortkontrolle mündlichen Aufforderung, die Maßgaben der ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO einzuhalten, stellt auch ein Zwangsgeld das – etwa im Gegensatz zur grundsätzlich ebenfalls zulässigen Betriebsschließung – erkennbar mildeste Mittel dar.
4. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs war auch hinsichtlich der Ziffer 4. des Bescheids anzuordnen. Die Zwangsgeldandrohung ist rechtswidrig, da sie zu unbestimmt ist. Der Androhung lässt sich nicht klar entnehmen, für welche konkrete Verpflichtung im Bescheid vom 30. April 2021 ein Zwangsgeld angedroht wird. Gemäß § 46 Abs. 3 Hs. 2 ThürVwZVG muss die Androhung für jede einzelne Verpflichtung getrennt ergehen. Die Zwangsgeldandrohung bei „Nichtbeachtung dieser Anordnung“ genügt den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen daher nicht.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Kostentragung je zur Hälfte beruht darauf, dass das Interesse der Antragstellerin nicht sicherstellen zu müssen, dass Personen ab dem 15. Lebensjahr in ihrem Geschäftsräumen einen qualifizierten Mund-Nasen-Schutz tragen und im Falle eines Verstoßes gegen die Anordnungen von einem Zwangsgeld verschont zu bleiben ähnlich zu bewerten ist, wie das Interesse, keine Hinweise anbringen zu müssen und ihre Mitarbeiter zum Tragen eines qualifizierten Mund-Nasen-Schutz zu verpflichten.
6. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, ist eine Reduzierung des Streitwertes für das Eilverfahren in Anlehnung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht angezeigt. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte war der Regelstreitwert festzusetzen.