Aktenzeichen L 8 SO 133/16
BGB § 104 Nr. 2, § 839
SGB V § 60, § 92 ABs. 1 S. 2 Nr. 12
SGB XII § 9 Abs. 2, § 19 Abs. 3, § 27a Abs. 1, Abs. 4, § 30, § 44, § 48, § 52 Abs. 1 S. 1, § 53 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1, § 54 Abs. 1 S. 1, § 60, § 97 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, § 98 Abs. 1
BayAGSG Art. 82 Abs. 1 Nr. 1
SGB IX § 2 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1, § 26, § 33, § 41, § 55 Abs. 1
Eingliederungshilfe-VO § 1 Nr. 1, Nr. 3, § 8 Abs. 1 S. 1, S. 2
EinglHV § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 6
Leitsatz
1 Prozessunfähig ist eine Person, die sich nicht durch Verträge verpflichten kann, also ua eine solche, die nicht geschäftsfähig iS des BGB ist, weil sie sich in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet und deshalb nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Bestimmte Krankheitsbilder können zu einer sog partiellen (Geschäfts- und) Prozessunfähigkeit führen, bei der sich die Prozessunfähigkeit auf einen gegenständlich begrenzten Lebensbereich beschränkt Soweit eine solche partielle Prozessunfähigkeit anzunehmen ist, erstreckt sie sich auf den gesamten Prozess. (redaktioneller Leitsatz)
3 Nicht sachdienlich ist eine Klageänderung, wenn sie dazu führt, dass der Rechtsstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 4 SO 24/09 2012-11-28 GeB SGREGENSBURG SG Regensburg
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 28. November 2012 wird zurückgewiesen, soweit sie das Ausgangsverfahren S 4 SO 24/09 betrifft.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Senat darf in seiner nach dem Geschäftsverteilungsplan A für das Jahr 2016 bestimmten Besetzung ohne Hinzuziehung von Vertretern über die Berufung des Klägers entscheiden. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.06.2016 sein (unzulässiges) Befangenheitsgesuch vom 07.06.2016 gegen die „unterzeichnenden Richter des Beschlusses vom 03.05.2016“ zurückgenommen.
1. Der Kläger ist und war im Berufungsverfahren prozessfähig. Ihm ist eine sachgerechte Prozessführung möglich. Prozessunfähig ist eine Person, die sich nicht durch Verträge verpflichten kann (vgl. § 71 Abs. 1 SGG), also u.a. eine solche, die nicht geschäftsfähig i.S. des § 104 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, weil sie sich in einem nicht nur vorübergehenden, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet (vgl. § 104 Nr. 2 BGB) und deshalb nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen (dazu etwa Lange in juris PraxisKommentar BGB, 7. Aufl 2014, § 104 RdNr. 12 ff mwN). Dabei können bestimmte Krankheitsbilder auch zu einer sog partiellen (Geschäfts- und) Prozessunfähigkeit führen, bei der sich die Prozessunfähigkeit auf einen gegenständlich begrenzten Lebensbereich beschränkt (st.Rspr. seit BGHZ 18, 184, 186 f; 30, 112, 117 f). Soweit eine solche partielle Prozessunfähigkeit anzunehmen ist, erstreckt sie sich auf den gesamten Prozess (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr. 32 S. 65). Eine solche (partielle) Prozessunfähigkeit liegt und lag zur vollen Überzeugung des Senats nicht vor. Für den Senat haben sich durch das Verhalten des Klägers im bisherigen Verlauf des Prozesses und insbesondere bei seiner persönlichen Anhörung im Termin die auf Grund der Vielzahl der Verfahren mit z.T. sinnentleerten Streitgegenständen aufkommenden Zweifel nicht bestätigt. Dies zeigt sich im schriftlichen Ausdruck, der zwar durch seitenlange, z.T. zusammenkopierte Auszüge aus anderen Texten geprägt ist, aber im weitesten Sinne (unter Zugrundelegung des Prozessverständnisses des Klägers) zielgerichtet auf das anhängige Verfahren Bezug nimmt. Der Senat hat in den über zweistündigen mündlichen Verhandlungen auch den Eindruck gewonnen, dass der Kläger im Rechtsgespräch zu einer sachgerechten Prozessführung mit der Unterstützung seiner Bevollmächtigten in der Lage ist.
2. Die zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 28. November 2012 ist unbegründet. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts R-Stadt vom 28. November 2012 ist zurückzuweisen, soweit sie das Ausgangsverfahren S 4 SO 24/09 betrifft. Der Bescheid des Beklagten vom 13.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.20109 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG).
3. Gegen die Entscheidung des SG vom 28. November 2012 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Der Kläger wendet sich gegen den Gerichtsbescheid vom 28. November 2012, mit dem die auf Kfz- Hilfe (Anschaffung und Übernahme der Betriebskosten für ein Kfz), hilfsweise Übernahme der Taxikosten für Transporte zu medizinischen Terminen gerichtete Klage abgewiesen wurde. Angesichts des zukunftsoffenen streitgegenständlichen Zeitraums seit der Antragstellung am 03.12.2008 ist der Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 EUR weit überschritten (Urteil des BSG vom 15.04.08, B 14/7b AS 52/06 R, wonach bei einem Ablehnungsbescheid der Streitgegenstand bis zur mündlichen Verhandlung reicht; vgl. auch Urteil des BSG vom 28.10.09, B 14 AS 62/08 R, Streitgegenstand Ablehnungsbescheid nur bis zur nächsten Antragstellung und entsprechendem Bescheid).
Die Berufung wurde frist- und formgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
4. Gegenstand der Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 13.02.2009 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides der Regierung der Oberpfalz (§ 95 SGG) vom 25.03.2009, mit dem der Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Betriebskostenpauschale sowie auf Übernahme der Instandhaltungskosten für ein Kfz zukunftsoffen abgelehnt hat.
Der Kläger hat erstinstanzlich – in der verbundenen Klage S 4 SO 31/09 die Verurteilung zu einer eine Beihilfe zur Beschaffung eines Kfzs und die Übernahme der Betriebskosten beantragt, hilfsweise die Übernahme der Taxikosten gegen den Beklagten, hilfsweise hat er eine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1 (Landkreis), hilfsweise der Beigeladenen zu 2 (DAK) begehrt. Mit den am 15.06.2016 gestellten Berufungsanträgen wendet sich der Kläger primär gegen den Beklagten und fordert unter Aufhebung der o.g. Bescheide die Übernahme der Betriebs- und Anschaffungskosten eines angemessenen Pkw sowie von 20 Fahrstunden, hilfsweise die Neubescheidung seiner Anträge auf Kfz-Hilfe bzw. Behindertenfahrdienst zu verurteilen. Hilfsweise wird dann die Verurteilung der Beigeladenen zu 2 (DAK) zur Leistungserbringung für alle notwendigen Fahrten zu Ärzten und Behandlern bzw. weiter hilfsweise zur Neubescheidung beantragt. Weiter hilfsweise soll der Beigeladene zu 1 (LK) zur Leistungserbringung für die notwendigen Fahrten des Klägers verurteilt werden, soweit diese nicht durch den Regelsatz abdeckbar sind, weiter hilfsweise in dem Umfang, in dem keine Verurteilung des Beklagten oder der Beigeladenen zu 2 erfolgt, den Beigeladenen zu 1 zur Bescheidung unter Berücksichtigung der notwendigen Fahrten des Klägers zu Ärzten und Behandlern, soweit diese nicht durch den Regelsatz abdeckbar sind, zu verurteilen, und weiter hilfsweise, soweit eine Verurteilung nach 1, 2, oder 3 an Pflichtverletzungen des Beklagten, der Beigeladenen bzw. des Beigeladenen scheitern sollte, insbesondere an einer Nichtbestimmbarkeit des Bedarfs auf Grund zu später oder sonst wie mangelnder Ermittlung von Amts wegen des jeweiligen Trägers scheitern sollte, den jeweiligen Pflichtsäumigen zur Erbringung von 50 EUR pro Tag zu verurteilen, bezogen auf den Bruchteil der Zeit des klagebefangenen Zeitraumes (der am 26.02.2007 mit der Antragstellung begann und zukunftsoffen andauert- BSG Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b 12/06 R, Rn. 8)
Darüber hinaus hat der Kläger, nachdem er im Berufungsverfahren jahrelang vergeblich zur Antragstellung aufgefordert wurde, in seinen Schriftsätzen vom 20.06.2016, 22.06. 2016 und 23.06.2016 eine Vielzahl von (Beweis-) Anträgen gestellt, die auf die Ermittlung des allgemeinen und seines besonderen Regelbedarfes sowie verschiedenster Sonderbedarfe (z.B. Haushaltsführung, Ernährung, Medikamente, Zahnreinigung, Transport etc.) gerichtet sind. Auf die früheren unbestimmten Klageanträge auf Schadensersatz und Schmerzensgeld hin haben die Beteiligten der Klageänderung widersprochen (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen zu 1) vom 12.06.2013, des Beigeladenen zu 2) vom 28.01.2014, des Beklagten vom 26.06.2013). Den in den Schriftsätzen vom 14.06.2016, 20.06.2016, 21.06.2016, 22.06.2016 und 23.06.2016 enthaltenen Klageänderungen haben der Beklagte und die Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat ausdrücklich widersprochen. Damit liegt im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage i.S. § 99 Abs. 2 SGG vor.
a. Die Anträge des Klägers auf Verpflichtung zur Übernahme der Bedarfsdeckung durch den Beklagten in Form der Übernahme der Kosten für 20 Fahrstunden und der Kosten des Behindertenfahrdienstes stellen zwar eine Klageänderung dar, sind aber nicht sachdienlich und daher unzulässig (§ 99 Abs. 1 SGG). Denn der Beklagte und die Beigeladenen haben den Klageänderungen widersprochen. Ein Fall des § 99 Abs. 3 SGG liegt nicht vor. Es handelt sich weder um zulässige Ergänzungen oder Berichtigungen der tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen, noch um Erweiterungen des Klageantrages oder um das Verlangen einer anderen Leistung wegen einer späteren Veränderung. Der Kläger versucht vielmehr, anstelle der ursprünglich beantragten Kfz-Hilfe nunmehr umfassend andere Leistungen (aliud) bei unveränderter Sachlage einzuklagen.
Zur Frage der Übernahme der Kosten von 20 Fahrstunden hat der Beklagte, soweit ersichtlich, noch keine Verwaltungsentscheidung getroffen, so dass eine (erstinstanzliche) Klage im Berufungsverfahren unzulässig ist. Damit ist eine geänderte Klage auch im Berufungsverfahren unzulässig und nicht sachdienlich (Meyer- Ladewig, SGG Kommentar, 11. Auflage, § 99 Rn. 10a). Über die Frage der Benutzung eines Behindertenfahrdienstes für vier Termine im Juli bis September 2012 hat der Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2013 bestandskräftig entschieden, so dass auch hier die Sachdienlichkeit (wegen der bestehenden Bindungswirkung) nicht bejaht wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte weitere Verwaltungsentscheidungen zu diesem Thema getroffen hat, deren Rechtmäßigkeit hier zu überprüfen wären. Es braucht im Rahmen der anhängigen Berufung zur Frage der Kfz-Hilfe als Betriebskostenpauschale bzw. Instandhaltungskosten für ein vorhandenes Kfz als Inhalt des ersten Klageantrags nicht entschieden werden, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Benutzung des Behindertenfahrdienstes erfüllt oder ob die Voraussetzungen zur Benutzung des Behindertenfahrdienstes nicht vorliegen, weil der Kläger weder eine geistige Behinderung mit den Merkzeichen G, H oder B hat, noch als Körperbehinderter mit einem GdB von 100 das Merkzeichen aG hat.
b. Hinsichtlich der gegen die Beigeladene zu 2) gestellten Anträge verneint der Senat ebenfalls die Sachdienlichkeit der Klageänderung. Erstinstanzlich hat der Kläger gegen den Beigeladenen zu 2 Ansprüche auf Kfz Hilfe, hilfsweise auf Übernahme von Taxikosten geltend gemacht. Diese Anträge kann er mit der Berufung weiterverfolgen. Weitergehende (unbestimmte) Anträge auf Leistungserbringung für alle notwendigen Fahrten des Klägers zu Ärzten und Behandlern, sind eine (unzulässige) Klageänderung, keine bloße Klageerweiterung im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG.
Das Gericht entscheidet nach Ermessen, ob eine Klageänderung sachdienlich ist (BSG 28.2.00, B 11 AL 247/99 B; BSG 5.2.03, B 6 KA 26/02 R, SozR 4-2500 § 117 Nr. 1; nach Kopp/Schenke § 91 Rn. 18 hat das Gericht einen gewissen Beurteilungsspielraum). Das Gericht muss die Änderung zulassen, wenn es die Sachdienlichkeit bejaht. Nicht sachdienlich ist eine Klageänderung, wenn sie dazu führt, dass der Rechtstreit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird (BVerwG NJW 70, 1564; BGH 6.4.04, X ZR 132/02, NJW-RR 04, 1076; Greger in Zöller § 263 Rn. 13), wenn also z.B. der Prozess entscheidungsreif ist und durch die Änderung bisherige Ergebnisse nicht verwertet werden könnten (BGHZ 143, 189; vgl. auch LSG B-Stadt 18.4.00, L 2 U 89/99, HV-INFO 01, 2404). Hier betreibt der Kläger eine Vielzahl von Klageverfahren gegen die Beigeladene zu 2) auf Übernahme von Fahrtkosten, Parkgebühren, höheres Km- Entgelt, Umrundungsgeld etc.). Der Senat verweist beispielhaft auf die Aufstellungen der Beigeladenen zu 2) vom 04.08.2014 und 14.11.2014. Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) sind zu der Frage, ob dem Kläger über den § 60 SGB V i.V.m. der Krankentransport RL nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB V hinaus Fahrtkosten zu erstatten sind, auch schon Rechtsstreite bis zum Bundessozialgericht – für den Kläger ergebnislos – geführt worden (Beschlüsse des BSG vom 24.09.2012, B 1 KR 79/11 B und vom 25.01.2010, B 1 KR 6/10 B PKH). Das BSG hat in diesen Entscheidungen unter Hinweis auf seine ständige Spruchpraxis bekräftigt, dass § 60 SGB V den Anspruch auf Fahrtkosten bewusst abschließend regele. Auch ohne Entscheidung eines Revisionsgerichts sei nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Zweck des § 92 SGB V klar, dass § 92 SGB V nicht die durch § 60 SGB V gezogenen Grenzen überwinden dürfe. Die Leistungsbegrenzung des § 60 SGB V sei nach der Rechtsprechung verfassungskonform. Angesichts dieser Entscheidungen hält der Senat die kurzfristig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte Klageänderung, mit der der Kläger nunmehr die Leistungserbringung für alle notwendigen Fahrten des Klägers zu Ärzten und Behandlern begehrt, für nicht sachdienlich. Der Kläger kann nicht in diesem Verfahren (erneut) versuchen, wie es sein Schriftsatz vom 17.04.2013 nahelegt, die Voraussetzungen der Krankentransport- Richtlinien zu seinen Gunsten zu verschieben. Im Übrigen kann weder der Kläger selbst noch das Gericht feststellen, welche Fahrtkostenanträge im Einzelnen noch rechtshängig in der Eingangsinstanz beim SG sind. Allein schon dieser, durch das mittlerweile schon nahezu querulatorisch geprägte Prozessverhalten des Klägers verursachte Umstand, spricht gegen eine Sachdienlichkeit der Klageänderung. Der Kläger kann nicht erwarten, dass der Senat in rund 100 Verfahren prüft, inwieweit für einzelne Fahrten schon Verwaltungsentscheidungen der Beigeladenen zu 2 vorliegen, die zu einer vorgreiflichen Rechtshängigkeit bzw. entgegenstehenden Rechtskraft führen. Insoweit ist es Aufgabe des Klägers, sein Klagebegehren zu präzisieren (vergleiche beispielsweise die Pflichten nach § 92 SGG bzw. die wiederholten Aufforderung des Senats im Rahmen von § 106 SGG). Der Kläger verkennt, dass über den Umweg der Beiladung im Verfahren gegen den Sozialhilfeträger nicht doppelt bzw. erneut Ansprüche gegen die Beigeladene zu 2) anhand der Vorschriften des SGB V geprüft werden können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert zwar eine gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, nicht aber das ständige, missbräuchliche Wiederholen von bereits anhängigen bzw. schon entschiedenen Rechtsfragen. Der Senat hält eine Überprüfung der von der Beigeladenen zu 2) getroffenen Verwaltungsentscheidungen in den jeweiligen Krankenversicherungsverfahren für allein zielführend, um trotz der querulatorischen Klageflut prozessual wirksame Entscheidungen treffen zu können.
c. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 1) (Landkreis) ist die nun im Berufungsverfahren erhobene geänderte Klage auf Leistungserbringung für die notwendigen Fahrten des Klägers ebenfalls nicht sachdienlich, nachdem erstinstanzlich anhand der gestellten Anträge (§ 123 SGG) über Kfz- Hilfe und Taxikosten entschieden wurde. Es ist nicht verständlich, weswegen der Kläger nun Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung eines abweichenden Bedarfes nach § 27 a Abs. 4 SGB XII geltend macht. Es ist nicht beurteilbar, ob überhaupt (und für welche Zeiten) bereits Verwaltungsentscheidungen des Beigeladenen zu 1) vorliegen und ob diese bestandskräftig geworden sind, weil der Beigeladene zu 1) seine Verwaltungsakten wegen zahlreicher anderweitiger Rechtsschutzbegehren des Klägers nicht übersandt hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Vertreter des Beigeladenen zu 1) bekundet, dass nach der Einstellung der laufenden Hilfen zum Lebensunterhalt im Januar 2008 (Bescheid vom 16.02.2007) keine weiteren Anträge des Klägers gestellt bzw. beschieden wurden. Damit liegt auch insoweit keine Sachdienlichkeit der Klageänderung i.S. § 99 Abs. 1, 2. Alt. SGG vor.
d. Der Senat entscheidet nicht über Ansprüche des Klägers gegen den örtlichen Sozialhilfeträger auf Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII (siehe soeben c). Daher sind die zahlreichen Beweisanträge des Klägers auf Ermittlung des allgemeinen und seines besonderen Bedarfes nicht entscheidungserheblich. Nach § 103 SGG erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen, die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Der Umfang der Amtsermittlungspflicht richtet sich nach dem Streitgegenstand, nämlich dem prozessualen Anspruch des Klägers unter Berücksichtigung der Verteidigung des Beklagten und der möglichen Entscheidung des Gerichts. Das Gericht muss bei der Ermittlung notwendig von seiner rechtlichen Beurteilung ausgehen und ist dabei nicht an den Vortrag und Beweisanträge nicht gebunden. Ausgehend von dem Gegenstand des Verfahrens (Ansprüche auf Kfz-Hilfe) sind die zahlreichen, unmittelbar vor dem Termin gestellten Beweisanträge des Klägers nicht entscheidungserheblich, weil der Kläger damit gutachterlich die Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit des allgemeinen Regelatzes des § 27 a Abs. 1 SGB XII und die Höhe seines individuellen Bedarfes klären lassen will, ohne einen konkreten Rechtsakt zu bezeichnen, der ihn insoweit in seinen Rechten verletzt. Die Ansprüche des Klägers gegen den Beigeladenen zu 1) auf Leistungen der Grundsicherung im Alter sind aber nicht streitgegenständlich. Im Übrigen verkennt der Kläger, dass es – auch im Verwaltungsverfahren beim Beigeladenen zu 1) – zunächst an ihm liegt, einen konkreten Bedarf zu bezeichnen. Er muss zunächst einmal einen solchen Bedarf – auch der Höhe nach – konkret benennen, damit der Beigeladene zu 1) gezielt seiner Amtsermittlungspflicht nachkommen könnte. Wenn der Kläger – wie geschehen, pauschal und nur rudimentär und auf drängende Nachfragen lediglich einzelne Belege vorlegt, genügte er nicht seine Mitwirkungsverpflichtung. Er hat zunächst die Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung zu beantragen (§ 44 SGB XII), seinen ihm entstehenden Bedarf zu beziffern und so den Beigeladenen zu 1) in den Stand zu versetzen, ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren ggfs. unter Einholung eines Sachverständigengutachtens, durchzuführen und dann den konkreten Bedarf des Klägers anhand der festgesetzten Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung zu decken. Das verfahrenstaktische Vorgehen des Klägers hat wohl dazu geführt, dass der Beigeladene zu 1) bislang keine Verwaltungsentscheidung in der Sache getroffen hat, sondern ausschließlich mit verfahrensbegleitenden Anträgen des Klägers (z.B. Vorgänge um Akteneinsicht in die digitalisierte Akte, „Privatsekretär“) und Stellungnahmen zu zahlreichen Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz und sonstigen Klage- und Berufungsverfahren beschäftigt war.
e. Der unter Ziffer 4 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten vom 14.06.2016 gestellte hilfsweise Antrag auf Verurteilung des jeweiligen Pflichtsäumigen zur Erbringung von 50 EUR pro Tag, bezogen auf den Bruchteil der Zeit des klagebefangenen Zeitraumes für den die Pflichtverletzung zur Nichtbestimmbarkeit führte, sowie bei Pflichtverletzungen mehrere Träger zum gleichen Zeitraum zu gleichen Teilen, erfüllt schon nicht die Voraussetzungen eines hinreichend bestimmten Klageantrages nach §§ 92 Abs. 1 S. 2, 123 SGG. Zwar legt der Senat dieses Vorbringen so aus, dass der anwaltlich vertretene Kläger damit nicht Amtshaftungsansprüche erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht, die abzutrennen und an die für den Beklagten und die jeweiligen Beigeladenen zuständigen Landgerichte zu verweisen wären (Art. 34 GG, § 839 BGB; 17 Abs. 2 S.2 GVG, § 71 GVG). Allerdings ist der hilfsweise gestellte Antrag zu unbestimmt, da auch nicht bestimmbar ist, auf welche Pflichtverletzung welcher Behörde hier für welche Zeiträume abgestellt wird. Damit ist er unzulässig und es kann keine Entscheidung über diesen Antrag ergehen.
5. Sein Klageziel verfolgt der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage im Grundverhältnis zum Sozialhilfeträger nach § 54 Abs. 1, 2,4, § 56 SGG, weil er Leistungen der Eingliederungshilfe begehrt, deren Umfang einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung des Beklagten bedarf.
6. Der Beklagte ist richtiger Klagegegner, weil er für die Erbringung der Eingliederungshilfe der sachlich und örtlich zuständige überörtliche Träger der Sozialhilfe ist. Dies ergibt sich aus § 97 Abs. 1, 2, 3 Nr. 1 SGB XII (Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, soweit das Landesrecht keine Bestimmung nach § 97 Abs. 2 SGB XII für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 bis 60 SGB XII trifft), Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 Bayer. AGSG bezüglich der sachlichen Zuständigkeit.
7. Das SG hat den örtlichen Sozialhilfeträger und die zuständige Krankenkasse mit Beschluss vom 31.01.2012 zum Verfahren nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen.
8. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 13.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2009 zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Kfz-Hilfe in Form der Gewährung einer Betriebskostenpauschale und der Übernahme von Instandhaltungskosten sowie im Widerspruchsbescheid auch die Kfz-Hilfe zur Anschaffung eines Kfz abgelehnt. Die dagegen gerichtete Klage war zulässig, aber unbegründet, so dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 28. November 2012 zurückzuweisen ist, soweit sie das Ausgangsverfahren S 4 SO 24/09 betrifft.
a. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Kfz gegen den gemäß § 98 Abs. 1, § 97 Abs. 1 SGB XII örtlich und sachlich zuständigen Beklagten als überörtlichen Träger der Sozialhilfe (Art. 82 Abs. 1 Nr. 1 Bayer. AGSG) ist § 19 Abs. 3 SGB XII (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.4.2007 – BGBl I 554 – erhalten hat) iVm § 53 Abs. 1 Satz 1 und § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (beide idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 – BGBl I 3022 – erhalten haben), § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO (idF, die die Norm durch das Gesetz vom 27.12.2003 erhalten hat; zur Unanwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in diesen Fällen vgl.: BSGE 103, 171 ff Rn. 12 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 5; BSG SozR 4-5910 § 39 Nr. 1 Rn. 20).
b. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe – als gebundene Leistung (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr. 1 Rn. 25) – (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Denn der Kläger ist durch seine Nierenerkrankung in seiner körperlichen Funktion (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 Nr. 1, 3 Eingliederungshilfe-VO) wesentlich behindert (§ 2 Abs. 1 SGB IX).
c. Der Kläger ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) nicht auf das beantragte Kfz zur Eingliederung in die Gemeinschaft i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO tatsächlich angewiesen. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und durch die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz wird nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO i.V.m Satz 2 in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist. Hilfen zur Instandhaltung sowie durch Übernahme von Betriebskosten eines Kfz können gewährt werden, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Benutzung eines Kfz angewiesen ist (§ 10 Abs. 6 EinglHV). Zur Zielrichtung der Kfz Hilfe hat das BSG zuletzt ausgeführt: (Urteil des BSG vom 12. Dezember 2013 – B 8 SO 18/12 R – Rn. 15 juris): “In Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs. 1 SGB IX) ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbE.ich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr. 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr. 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei ist dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihm die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (§ 53 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m § 55 Abs. 1 SGB IX). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs. 2 SGB XII), bei behinderten Kindern der Wünsche seiner Eltern, orientiert am Kindeswohl nach den Umständen des Einzelfalls. Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (BSG SozR 4-3500 § 54 Nr. 6 RdNr. 22; SozR 4-5910 § 39 Nr. 1 Rn. 25 f).”
Danach war hier weder die Anschaffung des Kfz noch die Übernahme der laufenden Betriebs- und Instandhaltungskosten zum Erreichen der Eingliederungsziele grundsätzlich geeignet. Der Kläger begehrt die beantragte Kfz-Hilfe – nach seinem ständigen Vortrag – ausschließlich, um die „Leistungslücke“ zu schließen, die bei der Anwendung von § 60 SGB V bei der Übernahme von Fahrtkosten zu ambulanten Behandlern und Therapeuten entstehen.
Für den ursprünglich geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zur Beschaffung und zum Unterhalt eines Kfz im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff SGB XII i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 6 EinglHV gegen den Beklagten fehlt es schon an einer schlüssigen Begründung für diesen klägerischen Anspruch, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt Teilhabeziele geltend macht. Hinsichtlich der rechtlichen Bedenken zur Einordnung von Fahrten zur ambulanten ärztlichen Behandlung in den Anspruch auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wird auf die Ausführungen in den Beschlüssen des Senats vom 17. September 2012, L 8 SO 41/12 B PKH und vom 22.07.2009, L 8 SO 64/09 B ER, sowie auf das Urteil des Senats vom 29.06.2010, Az.: L 8 SO 132/09 verwiesen.
Hinsichtlich der Ansprüche des Klägers auf Übernahme der Taxikosten als Leistung der Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII oder als abweichender Mehrbedarf nach § 30 SGB XII wird ebenfalls auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 17. September 2012, L 8 SO 41/12 B PKH und ergänzend auf den Beschluss des Senats vom 22. Juli 2009, L 8 SO 64/09 B ER verweisen. Der Sozialhilfeträger kann nicht ersatzweise Fahrtkosten zu einer ambulanten Krankenbehandlung übernehmen, wenn die Krankenkasse die Kostenübernahme abgelehnt hat, weil § 60 SGB V eine Kostenübernahme nur in besonderen Ausnahmefällen vorsieht. Würde das Sozialamt die Kosten ersatzweise übernehmen, wären Sozialhilfeempfänger besser gestellt als gesetzlich Krankenversicherte. Nach § 52 Abs. 1 S.1 SGB XII entsprechen daher auch die Gesundheitsleistungen der Sozialhilfe denen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. zur Problematik bei Arzneimitteln Beschluss des Senats vom 7. Januar 2014, L 8 SO 226/ 13 B ER).
Der Senat sieht hier von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist ergänzend auf die Ausführungen in den Gründen des Gerichtsbescheides vom 28. November 2012 (§ 153 Abs. 2, S. 2 SGG).
9. Auch hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Ansprüche gegen die Beigeladenen zu 2) und zu 1) auf Kfz-Hilfe bzw. Übernahme der Taxikosten verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 28.November 2012 (§ 153 Abs. 2 S. 2 SGG), die er sich nach eigener Prüfung voll zu Eigen macht.
10. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers.
11. Gründe für die Zulassung der Revision nach §§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG sind nicht ersichtlich.