Aktenzeichen S 7 KR 37/19
Leitsatz
Transsexuelle haben Anspruch auf operative Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale, wenn rechtskräftig festgestellt ist, dass sie als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen sind.(Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.02.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten einer geschlechtsangleichenden Operation der Klägerin zu übernehmen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 01.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2019 und der Anspruch auf eine geschlechtsangleichende Operation der Klägerin. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und zu beanstanden, da für das Gericht feststeht, dass die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf die beantragte geschlechtsangleichende Operation hat.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs auf eine geschlechtsangleichende Operation bei der Klägerin ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Zum Transsexualismus und zu den von der GKV insoweit zu erbringenden Behandlungsleistungen hat das BSG mit seinem Urteil vom 11.09.2012 – B 1 KR 9/12 R hinsichtlich der Ansprüche auf geschlechtsangeleichende Operationen von Transsexuellen entschieden.
Das BSG ist davon ausgegangen, dass transsexuelle Versicherte nach § 27 Abs. 1 SGB V Anspruch auf geschlechtsangleichende Behandlungsmaßnahmen einschließlich chirurgischer Eingriffe in gesunde Organe zur Minderung ihres psychischen Leidensdrucks haben können, um sich dem Erscheinungsbild des angestrebten anderen Geschlechts deutlich anzunähern. Die Reichweite des Anspruchs auf geschlechtsangleichende Behandlung bestimmt sich auf der Basis der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankenbehandlung nach medizinischen Kriterien. Davon ausgehend hat die Klägerin Anspruch auf eine die beantragte Operation.
Grundvoraussetzung des Anspruchs Versicherter auf Krankenbehandlung ist, dass sie an einer Krankheit leiden. Krankheit iS von § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 10 mwN – Zisidentität; zu Bestrebungen, den Transsexualismus zu „entpathologisieren“, vgl das LSG-Urteil – Juris RdNr. 44). Die Klägerin leidet in diesem Sinne an einer Krankheit, nämlich an behandlungsbedürftigem Transsexualismus.
Transsexualismus ist nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse eine psychische Krankheit. Transsexuelle leben in dem irreversiblen und dauerhaften Bewusstsein, dem Geschlecht anzugehören, dem sie aufgrund ihrer äußeren körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Zeitpunkt der Geburt nicht zugeordnet wurden (vgl BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, RdNr. 34 mwN). Für die Diagnose entscheidend ist die Stabilität des transsexuellen Wunsches, der vollständigen psychischen Identifikation mit dem anderen, dem eigenen Körper widersprechenden Geschlecht (vgl BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, RdNr. 35 unter Hinweis auf Becker/Berner/Dannecker/Richter-Appelt, Zf Sexualforschung 2001, S. 258, 260; Pichlo in Groß/Neuschaefer-Grube/Steinmetzer, Transsexualität und Intersexualität, Medizinische, ethische, soziale und juristische Aspekte, 2008, S. 121). Die ICD-10 ordnet Transsexualismus mit dem Schlüssel F64.0 (Störungen der Geschlechtsidentität) dem Kapitel V zu (Psychische und Verhaltensstörungen ). F64.0 spricht von dem „Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden“.
Die Rechtsordnung erkennt Transsexualismus nicht nur personenstandsrechtlich, sondern auch als behandlungsbedürftige Krankheit an. Der Gesetzgeber hat bereits durch Schaffung des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz ) vom 10.9.1980 (BGBl I 1654; zuletzt geändert durch Beschluss des BVerfG vom 11.1.2011 – 1 BvR 3295/07 – BGBl I 224 = BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909) bestätigt, dass der Befund des Transsexualismus eine außergewöhnliche rechtliche Bewertung rechtfertigt (BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3, RdNr. 11; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 17). Inzwischen erstreckt das SGB V ausdrücklich die ambulante spezialfachärztliche Versorgung auf die Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die je nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und besondere Ausstattungen erfordern. Hierzu gehört ua Transsexualismus als seltene Erkrankung (vgl § 116b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst i SGB V idF durch Art. 1 Nr. 44 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983; vgl dazu BT-Drucks 17/6906 S. 81; vgl zuvor Anlage 2 Nr. 9 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V idF vom 18.10.2005, BAnz Nr. 7 S 88 vom 11.1.2006, zuletzt geändert am 15.12.2011, BAnz Nr. 197 S. 4655, in Kraft getreten am 31.12.2011; zur erstmaligen Berücksichtigung des Transsexualismus als seltene Erkrankung im Rahmen des § 116b SGB V aF vgl die Bekanntmachung des GBA über eine Ergänzung des Katalogs nach § 116b Abs. 3 SGB V vom 16.3.2004, BAnz Nr. 88 S. 10 177).
(BSG, Urteil vom 11. September 2012 – B 1 KR 11/12 R -, juris))
Bereits im Jahr 1987 hatte das BSG jedoch zum generellen Umfang des Anspruchs eines Transsexuellen Ausführungen gemacht: „Zwar hätte es (das LSG, Anmerkung der Verf.) möglicherweise den im Begriff der Behandlungsbedürftigkeit mit eingeschlossenen Begriff der Zweckmäßigkeit der Behandlung verkannt, wenn es bei der hier vorliegenden Krankheit nicht eine gewisse Vorrangigkeit psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung mit erwogen hätte.“
Angaben zu durchgeführter Psychotherapie sind tatsächlich im Verfahren nur spärlich vorhanden. Dies ist jedoch nach Ansicht der Kammer ohne Einfluss auf die weiteren Ansprüche der Klägerin. Nach Ansicht der Kammer würde eine weitere Anwendung dieses Grundsatzes (Vorrang von Psychotherapie) beim jetzigen Stand des Verfahrens sowohl dem Transsexuellen-Gesetz (TSG) als auch den sich aus dem Grundgesetz ergebenden Rechten der Klägerin widersprechen.
Durch den Beschluss des Amtsgerichts D-Stadt vom 16.05.2018 ist festgestellt worden, dass die Klägerin dem weiblichen Geschlecht als zugehörig anzusehen ist.
Ihre Rechte und Pflichten ergeben sich ab diesem Zeitpunkt aus § 10 Abs. 1 TSG:
„Von der Rechtskraft der Entscheidung an, dass der Antragsteller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, richten sich seine vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.“
Würde man zum jetzigen Zeitpunkt von der Klägerin noch die Durchführung einer Psychotherapie verlangen, so stellt sich für die Kammer die Frage, was das Ziel, dieser Psychotherapie sein sollte. Dass eine Versöhnung mit dem Geburtsgeschlecht nicht zu erwarten ist, ergibt sich aus den ausführlichen psychologischen Gutachten, die vom Amtsgericht D-Stadt im Rahmen der Personenstandänderung eingeholt worden sind. Damit bliebe letztlich nur das Ziel, dass sich die Klägerin (von Gesetzes wegen eine Frau!) damit auseinandersetzen solle, ob es zur Herstellung ihrer tatsächlichen Geschlechtsidentität tatsächlich notwendig sein solle, ihre männlichen Geschlechtsorgane zu entfernen. Würde der MDK in seiner dann durchzuführenden Begutachtung zu einem negativen Ergebnis gelangen, so käme es tatsächlich zu dem Ergebnis, dass die Klägerin gezwungen wäre, weiterhin in einem teilweise männlichen Körper zu leben.
Seitens des BVerfG wurde im Jahr 2011 ausgeführt: „Art. 2 Abs. 1 GG iVm Art. 1 Abs. 1 GG schützen auch die sexuelle Selbstbestimmung sowie das Finden und Erkennen der eigenen sexuellen Orientierung (vgl BVerfG, 06.12.2005, 1 BvL 3/03, BVerfGE 115, 1 ; BVerfG, 27.05.2008, 1 BvL 10/05, BVerfGE 121, 175 ). Einer transsexuellen Person muss es möglich sein, entsprechend dem empfundenen Geschlecht zu leben, ohne in ihrer Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen ihrem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und ihrer rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden (vgl BVerfG, 18.07.2006, 1 BvL 1/04, BVerfGE 116, 243 ).“
(BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3295/07 -, BVerfGE 128, 109-137))
In zeitlichem Anschluss an diese Entscheidung führt das BSG am 11.09.2012 (aaO) aus: „Das Spektrum medizinisch indizierter Krankenbehandlung des Transsexualismus ist mittlerweile – anknüpfend an den Erkenntnisfortschritt über die Erkrankung – weit gefächert. Für erforderlich werden individuelle therapeutische Lösungen erachtet, die von einem Leben im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen über hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung reichen können (vgl BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, RdNr. 36 unter Hinweis auf Pichlo in Groß/Neuschaefer-Grube/Steinmetzer, Transsexualität und Intersexualität, Medizinische, ethische, soziale und juristische Aspekte, 2008, 119, 122; Rauchfleisch, Transsexualität – Transidentität, 2006, 17; Becker in Kockott/Fahrner, Sexualstörungen, 2004, 153, 180, 181).
Während notwendige Krankenbehandlung des Transsexualismus auf psychischer Ebene nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ermöglichung und Stützung eines Lebens im anderen Geschlecht ohne somatische Maßnahmen unproblematisch von § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V erfasst ist, versteht sich dies für hormonelle Behandlungen bis hin zur weitgehenden operativen Geschlechtsangleichung nicht in gleicher Weise beinahe von selbst. Der erkennende Senat erachtet dennoch solche Ansprüche weiterhin für möglich.
Die ständige Rechtsprechung des für diese Frage allein zuständigen erkennenden Senats verneint grundsätzlich eine Behandlungsbedürftigkeit psychischer Krankheiten mittels angestrebter körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahmen nicht durch körperliche Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 13 – Zisidentität; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14, RdNr. 16; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3, RdNr. 5; BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr. 5 S. 29 f, jeweils mwN). In Bezug auf Operationen am – krankenversicherungsrechtlich betrachtet – gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, lässt sich ausgehend von der aufgezeigten Rechtsprechung grundsätzlich eine Behandlungsbedürftigkeit nicht begründen (näher dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 13 mwN – Zisidentität).
Auch allein das subjektive Empfinden eines Versicherten vermag die Regelwidrigkeit und die daraus abgeleitete Behandlungsbedürftigkeit seines Zustandes nicht zu bestimmen. Maßgeblich sind vielmehr objektive Kriterien, nämlich der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (§ 2 Abs. 1 S. 3, § 28 Abs. 1 S. 1 SGB V; vgl zur Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, RdNr. 23 mwN) und – bei der Frage, ob eine Entstellung besteht – der objektive Zustand einer körperlichen Auffälligkeit von so beachtlicher Erheblichkeit, dass sie die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet (BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 LS und RdNr. 13 f). Andernfalls würde der Krankheitsbegriff über Gebühr relativiert und an Konturen verlieren. Es würde nicht gezielt gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen, sondern nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits angestrebt (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 14 mwN – Zisidentität). Daran hält der Senat fest.
Der Senat hat allerdings bisher unter Hinweis auf die Regelungen des TSG eine Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen in dem hier betroffenen Bereich im Falle einer besonders tief greifenden Form des Transsexualismus gemacht. Er hat in diesen Fällen einen Anspruch auf medizinisch indizierte Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operationen bejaht (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 15 – Zisidentität), zugleich aber auch – neben § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V – dem Regelungskonzept des TSG Grenzen der Reichweite des Anspruchs auf Krankenbehandlung entnommen (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 17 – Zisidentität). Die Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen sind danach beschränkt auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintritt (vgl BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 20 RdNr. 15 unter Hinweis ua auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 TSG).“
Darauf aufbauend setzt die von der Beklagten beauftragte Begutachtung des MDK somit am falschen Zeitpunkt an. Letztlich würde sie noch eine rechtliche Situation zugrunde legen, die den oben zitierten Beschluss des BVerG zur Nichtanwendung der Nr. 3 und 4 des § 8 Abs. 1 TSG außer Acht ließe.
Bis zu diesem Beschluss stand die personenstandsrechtliche Entscheidung nämlich zwingend am Ende sämtlicher rechtlicher und medizinischer Maßnahmen. Eine personenstandsrechtliche Änderung des Geschlechts war demnach nur möglich, wenn – u.a. – die geschlechtsangleichende Operation stattgefunden hatte. Unter diesem Gesichtspunkt machte die vertiefte medizinische Beurteilung der „besonders tiefgreifenden Form des Transsexualismus“ medizinisch und rechtlich auch tatsächlich Sinn, da entschieden wurde, ob im Falle eines Mann-zur-Frau-Transsexualismus einem – körperlich gesunden – Mann die männlichen Geschlechtsorgane entfernt werden sollten. Nachdem die geschlechtsangleichende Operation zwingende Voraussetzung für die Personenstandsänderung war, stand es außer Frage, dass vor der „Schaffung von Fakten“ eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Operationsindikation erfolgen musste, gerade um zu vermeiden, dass zwar die Operation durchgeführt, dass nachfolgende personenstandsrechtliche Verfahren aber erfolglos bliebe. Letztlich musste zu diesem Zeitpunkt bei der Bewilligung bereits eine Prognose möglich sein, dass im Anschluss an die Operation das personenstandsrechtliche Verfahren auch Erfolg haben würde.
Mit der Entscheidung des BVerfG änderte sich der zwingende Begutachtungszeitpunkt jedoch, da die Personenstandsänderung auch dann durchgeführt werden kann, wenn (noch) keine geschlechtsangleichende Operation stattgefunden hat. Die Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen zum Erlangen der „passenden“ Geschlechtsidentität sollten den Betroffenen nämlich gerade nicht mehr vorgeschrieben werden, sondern letztlich sollte der Betroffene selbst entscheiden dürfen, wie sein gefühltes Geschlecht in Einklang mit seinem Körper zu bringen sein sollte. Zum dem bei der Klägerin avisierten Begutachtungszeitpunkt würde man daher die Begutachtung einer Frau durchführen, die ein männliches Geschlechtsorgan besitzt. Die Definition ihrer Geschlechtsidentität obliegt jedoch nach den obigen Ausführungen nicht dem MDK, sondern der Klägerin selbst.
Geht man also mit dem BSG (s.o.) davon aus, dass Ansprüche beschränkt seien auf einen Zustand, bei dem aus der Sicht eines verständigen Betrachters eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts eintreten würde, so steht außer 28Frage, dass der jetzt bei der Klägerin bestehende Phänotyp dem sicher nicht entspricht. Letztlich ist subjektiv und objektiv von einem regelwidrigen Körperzustand der Klägerin auszugehen.
Die Kammer schließt sich hier ausdrücklich dem Bundesgerichtshof an, der bereits im Jahr 1995 zu einer vollständigen Geschlechtsangleichung folgendes ausgeführt hat: „Zu Recht hat schon das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass bezüglich der operativen Veränderung der äußeren Geschlechtsmerkmale eines Versicherten jedenfalls dann eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) vorliegt, wenn der Versicherte die rechtskräftige Feststellung erreicht hat, dass er als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist (vgl. §§ 8ff. des Transsexuellen-Gesetzes vom 10. September 1980 – BGBl. I, S. 1654ff.).“
(BGH, Beschluss vom 08. März 1995 – IV ZR 153/94 -, juris))
Eine entsprechende Aufklärung über die Risiken und Möglichkeiten des Eingriffs hat selbstverständlich durch die Behandler zu erfolgen. Eine entsprechende Überprüfung durch den MDK ist aus Sicht der Kammer nicht erforderlich.
Im Ergebnis kann die Klägerin daher von der Beklagten die streitgegenständliche geschlechtsangleichende Operation verlangen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.