Medizinrecht

Ansprüche aus einem Unfallereignis

Aktenzeichen  11 O 3244/17

Datum:
2.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55385
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 1, § 128 Abs. 2, § 709

 

Leitsatz

Mangels nachweisbarem Kausalzusammenhang der behaupteten Primärverletzung mit dem Unfallereignis scheidet auch die Unfallbedingtheit der ärztlichen Behandlungskosten aus. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 9.837,87 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche zu.
1. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass die von ihr geschilderten gesundheitlichen Beschwerden, der gesundheitlich bedingte behauptete Verdienstausfall und behauptete Haushaltsführungsschaden sowie die geltend gemachten Arztkosten in kausalem Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 05.01.2017 stehen.
Aufgrund der nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführen des Sachverständigen Dr. A2. steht fest, dass ein kausaler Zusammenhang der behaupteten HWS-Distorsion zum streitgegenständlichen Unfall nicht nachgewiesen werden kann.
Dabei ist zu beachten, dass die von der Klägerin behaupteten Beschwerden, nämlich Kopfschmerzen, Schwindel und Sehstörungen, wenig aussagekräftig sind. Auch sind die in Anl. K 2, K3 und K5 genannten Befunde im Wesentlichen unspezifisch, da sie sowohl bei unfallunabhängigen als auch bei unfallabhängigen Beschwerdebildern insbesondere der Halswirbelsäule vorliegen können.
Der Nachweis, dass die geschilderten Beschwerden kausal auf den Unfall vom 05.01.2017 zurückzuführen sind, ist der Klägerin nicht gelungen. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. A2. steht fest, dass die Belastungen, welche die Klägerin im Rahmen des Unfalls zu ertragen hatte, nicht für einen Nachweis der Überschreitung der physiologischen Bewegungsgrenze ausreichen. Zunächst ist zu beachten, dass es sich um einen Anstoß des klägerischen Pkws von vorne handelt, denn bei plötzlichen Kopfbewegungen nach vorn ist die HWS aus biologischen Gründen weniger gefährdet als bei Auffahrunfällen von hinten.
Außerdem steht aufgrund den Ausführungen des Sachverständigen Dr. A2. fest, dass die Beschädigungen am klägerischen Fahrzeug in verformungsmechanischer Sicht nicht umfangreich sind und auf eine Kollisionsgeschwindigkeit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs von etwa 12 km/h schließen lassen, woraus sich eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung am klägerischen Fahrzeug von 11 km/h ergibt. Die zeitliche Auflösung des Stoßes hat ergeben, dass das klägerische Fahrzeug mit einer Spitzenbeschleunigung von bis zu etwa 5 g nach hinten gestoßen wurde. Damit lag in kollisionsdynamischer Hinsicht kein außergewöhnlich heftiger Anstoß vor. Das Kopf-Hals-System der Klägerin war einer Spitzenbelastung von 5 g ausgesetzt. Dadurch kam es zwischen dem Kopf und dem Hals zu Spitzenkräften in der Größenordnung von 140 N und zwischen dem Hals und der Brustwirbelsäule zu Spitzenkräften von etwa 250 N. Zwischen dem Kopf und dem Hals war es bei der relativen Rückwärtsbewegung des Kopfes zur Kopfstütze hin zwischen dem Kopf und dem Hals um die Körperquerachse zu einem Moment von etwa 8 Nm gekommen. Der Sachverständige stellt fest, dass die Belastungen, denen die Klägerin ausgesetzt war, nicht nachweisbar unphysiologisch waren und auch im täglichen Leben vorkommen können.
Anknüpfungstatsachen, die rechtfertigen können, warum die Klägerin trotz einer physiologisch relativ geringen Belastung, ein schweres Schleudertrauma erlitten hat, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Einwendungen gegen das unfallanalytisch-biomechanische Gutachten hat die Klägerin nicht erhoben.
Da nicht nachgewiesen werden kann, dass die von der Klägerin behaupteten Beschwerden auf das Unfallereignis zurückzuführen waren, scheidet ein Schmerzensgeldanspruch der Klägerin aus.
Soweit die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vorträgt und beruhend auf dieser Arbeitsunfähigkeit entgangenen Gewinn fordert, ist ein Nachweis der Unfallbedingtheit nicht geführt. Auch ist der Nachweis der Unfallbedingtheit des Haushaltsführungsschadens nicht geführt. Es mag zwar durchaus sein, dass sich die Klägerin subjektiv nicht in der Lage gefühlt hat, ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen oder ihren Haushalt zu führen. Nachdem der Sachverständige Dr. A2. jedoch zu dem Ergebnis kommt, dass es aus seiner Sicht zu keiner unphysiologische Insassenbelastung stattgefunden haben kann, erscheint die vorgetragene Arbeitsunfähigkeit und die Unfähigkeit, den Haushalt zu führen, auch für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Mangels nachweisbarem Kausalzusammenhang der behaupteten Primärverletzung mit dem Unfallereignis scheidet auch die Unfallbedingtheit der ärztlichen Behandlungskosten aus.
2. Die Klage war daher abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel