Aktenzeichen W 8 S 18.31741
Leitsatz
1 Die Behandlung von Erkrankungen wie dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, chronischer Hämodialysebehandlung und arterieller Hypertonie ist in Armenien gewährleistet und erfolgt kostenlos, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein kann. Auch die Behandlung von psychischen Erkrankungen, wie etwa PTBS oder Depressionen, ist in Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Gesetzgeber hat in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG aufgestellt. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Dialysebehandlung ist in Armenien möglich. (Rn. 13 – 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Die Antragsgegnerin lehnte den Asylantrag des Antragstellers mit Bescheid vom 13. August 2018 als offensichtlich unbegründet ab und drohte ihm die Abschiebung nach Armenien an.
Der Antragsteller ließ am 22. August 2018 gegen den Bescheid im Verfahren W 8 K 18.31739 Klage erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung wird angeordnet.
Zur Begründung ließ der Antragsteller ausführen: Der Kläger leide unter dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, chronischer Hämodialysebehandlung seit 1. März 2016 sowie arterieller Hypertonie. Er müsse deswegen zahlreiche Medikamente einnehmen. Die Krankheit des Antragstellers könne in Armenien nicht ausreichend behandelt werden, weil Medikamente nicht verfügbar seien bzw. der Antragsteller finanziell auch nicht in der Lage sei, die geforderten Zuzahlungen zu leisten. Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze sei beschränkt. Die Dialysebehandlung kostet ca. 35,00 US-Dollar pro Sitzung. Für den Kläger, der dreimal wöchentlich eine Dialyse benötige, bedeute dies monatliche Kosten in Höhe von 450,00 US-Dollar. Die Aufwendungen für die Fahrt zum Dialysezentrum sowie die Kosten für Medikamente kämen hinzu. Für den Antragsteller sei dies nicht bezahlbar. Der Antragsteller habe lediglich eine Invalidenrente in Höhe von 19.000,00 DRAM. Auch von seiner Familie in Armenien könne der Antragsteller keine Unterstützung erfahren. Sein Vater habe keine ständige Arbeit, sondern nur Gelegenheitsjobs. Die Familie habe sich schon für die Finanzierung der Krankenbehandlung verschuldet. Damit habe sich die Antragsgegnerin nicht auseinandergesetzt. Die Möglichkeiten des Antragstellers, Zugang zur Dialyse in Armenien zu erhalten, sei nicht individuell geprüft worden. Es sei nicht im Ansatz erkennbar, wie der Antragsteller in seiner beschränkten finanziellen Möglichkeit Zugang zur Dialyse in Armenien haben könne.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 18.31739) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung gegen die im Bescheid vom 13. August 2018 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen, hat keinen Erfolg. Der Antrag ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 17.4.2018, Stand: März 2018; vgl. ebenso BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 9.5.2018).
Das Vorbringen der Antragstellerseite rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die angesprochene persönliche Situation ist offensichtlich nicht asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant, wie die Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat.
Des Weiteren liegen insbesondere keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, die sich das Gericht zu Eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere hat das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich die Möglichkeiten der Dialysebehandlung in Armenien sowie die Verfügbarkeit der erforderlichen Medikamente dargelegt und ist auch im Einzelnen auf die Kosten sowie finanzielle Situation des Antragstellers eingegangen. Darauf wird im Einzelnen verwiesen.
Die Behandlung von Erkrankungen – der Antragsteller macht insbesondere geltend: dialysepflichtige Niereninsuffizienz, chronische Hämodialysebehandlung, arterielle Hypertonie – ist in Armenien gewährleistet und erfolgt kostenlos, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein kann. Auch die Behandlung von psychischen Erkrankungen, wie etwa PTBS oder Depressionen, ist in Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (vgl. zur medizinischen Versorgung Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 17.4.2018, Stand: März 2018, S. 19; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 9.5.2018, S. 38 f.).
Des Weiteren ist ergänzend anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer bzw. die Ausländerin muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen.
Vorliegend hat der Antragsteller seine Erkrankungen durch entsprechende qualifizierte ärztliche Atteste geltend gemacht. So legte der Antragsteller unter anderem ärztliche Bescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dr. K., Dr. W. und Dr. N. vom 12. März 2018 und 6. Juni 2017, des L. Krankenhauseses Sch. vom 11. April, 3. Februar und 25. Januar 2017 sowie Herz-Jesu-Krankenhauses Hiltrup vom 22. Dezember 2016 vor. Danach bestehe aus medizinischen Gründen beim Antragsteller nur eine eingeschränkte Reisefähigkeit bestehe. Würde durch die Reise die im Moment sichergestellte regelmäßige Fortführung von Hämodialysebehandlung (3mal wöchentlich) gefährdet, könnte der Antragsteller schnell in eine gefährliche, letztendlich auch lebensbedrohliche, gesundheitliche Situation geraten.
Zu diesen Erkrankungen ist anzumerken, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ersichtlich ist, dass diese nicht auch in Armenien behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten. Ein unmittelbarer Abbruch der Dialysebehandlung aufgrund fehlender finanzieller Mittel des Antragstellers ist nicht zu erwarten, so dass auch der Eintritt der schweren Folgen eines Abbruchs der Dialysebehandlung nicht zu erwarten ist. Insbesondere kann eine unzumutbare Unterbrechung bzw. gar ein Abbruch der Dialysebehandlung durch entsprechende Vorkehrungen bzw. Vorbereitung im Rahmen der Abschiebung bzw. einer freiwillige Rückkehr des Antragstellers sowie durch die Inanspruchnahme bestehender Hilfemöglichkeiten vermieden werden.
Die Dialysebehandlung in Armenien erfolgt grundsätzlich kostenlos. Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 35,00 US-Dollar pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber auch im geringen Umfang zuzahlen. Eine Dialysebehandlung ist in fünf Krankenhäusern in Eriwan sowie in weiteren Städten möglich. Problematisch ist indessen die Verfügbarkeit von Medikamenten. Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland (BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien, vom 9.5.2018, S. 38 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 17.4.2018, Stand: März 2018, S. 19).
Einer Auskunft der Deutschen Botschaft in Eriwan vom 10. März 2017 an das VG Bayreuth ist weiter zu entnehmen, dass sich ein Patient nur in einem (wohnortnahen) Krankenhaus mit einer funktionierenden Hämodialyse-Abteilung vorstellen muss. Wenn in der Abteilung ein Platz frei ist, wird der Patient automatisch in das Programm aufgenommen. Wenn das Krankenhaus keinen freien Platz hat, kann die Aufnahme eines neuen Patienten in kurzer Zeit nach Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erfolgen. Das Krankenhaus bekommt dann zusätzliche Mittel, so dass der Patient die kostenfreien und regelmäßigen Sitzungen erhalten kann (vgl. im Einzelnen auch schon die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 9 f.). Außerdem kann sich ein Patient, der Dialyse benötigt, auf privater Basis jederzeit direkt an die Krankenhausverwaltung wenden, um die Zeit bis zur Organisation der kostenfreien Dialyse zu überbrücken.
Der Antragsteller hat auch einen Anspruch auf eine kostenfreie Behandlung, wie ein an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof adressiertes medizinisches Gutachten von Prof. Savidis vom 12. Mai 2016 belegt. Bei einer Behinderung ersten und zweiten Grades werden die Kosten für die Behandlung und die erforderliche Medikamente voll, bei einer Behinderung dritten Grades zu 50% übernommen. Im Fall des Antragstellers besteht ein Anspruch auf volle Kostenübernahme, zumal er eine chronische Nierenerkrankung hat und einer Dialyse bedarf. Der Antragsteller der nach eigenen Angaben schon in der Vergangenheit einen kostenlosen Dialyseplatz in Armenien hatte, muss sich auf die Hilfemöglichkeiten in seinem Land verweisen lassen (vgl. auch schon die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 7 ff.).
Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid des Weiteren auch schon ausführlich dargelegt, dass die erforderlichen Medikamente bzw. Ersatzmedikamente – mit gleicher Wirksubstanz und Bioäquivalenz, wie unteranderem ausdrücklich in den Arztbriefen des L. Krankenhauses Sch. vermerkt ist – grundsätzlich in Armenien verfügbar sind und der Antragsteller auch weitestgehend einen Anspruch hat, diese Medikamente kostenlos zu erhalten. Dazu weist das Gericht darauf hin, dass die Medikamente in Armenien nicht exakt mit denen in Deutschland übereinstimmen müssen, im Ergebnis muss sich mit ihnen nur annähernd die gleiche Wirkung erzielen lassen, um gravierende Gesundheitsgefahren begegnen zu können.
Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise und wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.
Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, sowohl die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie Sozialsystems auszuschöpfen, als auch gegebenenfalls auf private Hilfemöglichkeiten, etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen, zurückzugreifen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen. Der Antragsteller ist bei einer Rückkehr nach Armenien nicht auf sich allein gestellt bzw. nicht allein und ohne Unterstützung; vielmehr kann er gegebenenfalls auch auf seine Eltern bzw. (Groß-)Familie zurückgreifen, die ihn bereits in der Vergangenheit unterstützt haben (vgl. auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 9.5.2018, S. 34 ff.).
Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass der Antragsteller die kostenlose und dauerhafte Dialyse in Armenien sowie die erforderlichen Medikation persönlich erreichen und gegebenenfalls nötige Zuzahlungen auch leisten kann.
Der Antragsteller hat Anspruch auf Schwerbehindertenrente. Er hat eine Rente bereits in Armenien in Höhe von 19.000 DRAM bis zu seiner Ausreise erhalten und kann diese nach seiner Rückkehr auch wieder erhalten. Hinzu kommt die mögliche Unterstützung durch Familienangehörige. Der Antragsteller kann auf ein familiäres Netzwerk in Armenien zurückgreifen, das ihn bereits in der Vergangenheit unterstützt hat. Soweit die eigenen finanziellen Möglichkeiten nicht ausreichen, muss sich der Antragsteller auf die Unterstützung durch seine Familie und sonstigen Stellen in Armenien verweisen lassen (vgl. auch schon die Ausführungen dazu im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 7).
Bezüglich der Kosten der Behandlung in Armenien und der gegebenenfalls notwendigen Überbrückungszeit ist noch zu ergänzen, dass bereits das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf die möglichen Rückkehr- und Starthilfen für freiwillige Rückkehrer nach Armenien nach dem REAG/GARP-Programm hingewiesen hat (vgl. Bl. 283 ff. der Bundesamtakte). Damit ist die Finanzierung eines einfachen Lebensunterhalts in den ersten Monaten nach der Rückkehr nach Armenien grundsätzlich möglich ist. Der Antragsteller könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1992 – 9 C 21/92 – BVerwGE 91, 150; U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – BVerwGE 104, 265; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es dem Antragsteller möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Armenien freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen.
Des Weiteren hat das Gericht keine Zweifel, dass für den Antragsteller die Möglichkeit besteht, bei einer Rückkehr in sein Heimatland seine Rechte wahrzunehmen und auch medizinische Hilfen in Armenien zu erreichen. Denn in Armenien sind zahlreiche wohltätige Organisationen und Organisationen mit humanitärer Mission tätig, die sich auf alle Bereiche erstrecken. Das armenische Rote Kreuz leistet soziale, ärztliche und psychologische Unterstützung etwa für alleinstehende Senioren, Flüchtlinge und Kinder. Wohltätigkeitsküchen werden betrieben und soziale Dienste geregelt. Des Weiteren können sozialbedürftige Personen in den Genuss verschiedener Beihilfen gelangen (vgl. dazu etwa Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 21.12.2017; siehe auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 9.5.2018, S. 34 ff.). Gerade auch für Rückkehrer nach Armenien besteht die Möglichkeit sich an ein EU-Gemeinschaftsprojekt, ein Vermittlungszentrum für Reintegration, zu wenden. Dieses Vermittlungszentrum steht armenischen Staatsangehörigen, die in ihre Heimat zurückkehren, Unterstützungsleistungen zur Reintegration zur Verfügung. Die Unterstützung richte sich nach dem individuellen Förderbedarf. Das Vermittlungszentrum kann falls nötig eine kostenlose medizinische Untersuchung vermitteln. Auch die Caritas-Armenien leistet für Rückkehrer Hilfe für eine Reintegration (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Eriwan, Auskunft vom 15.3.2016 an das VG Bayreuth). Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller – insbesondere auch angesichts der zusätzlichen Unterstützung durch seine (Groß-)Familie – sein Recht auf kostenfreie Behandlung usw. jedenfalls auf diesem Weg in zumutbarer Weise durchsetzen kann (vgl. auch OVG NRW, B.v. 5.3.2018 – 11 A 83/17 A – Milo).
Letztlich muss sich der Antragsteller grundsätzlich auf den in seinem Heimatstaat vorhandenen Versorgungsstandard im Gesundheitswesen verweisen lassen. Chronisch Erkrankte haben keinen Anspruch auf eine optimale Behandlung ihrer Erkrankung. Dies gilt insbesondere auch für eine etwaige Behandlung der Folgeerkrankungen. Der Verweis auf den Standard im Heimatland gilt nicht nur für die Grunderkrankung, sondern auch für die Folgeerkrankungen einschließlich der dafür erforderlichen Medikation. Ein Anspruch auf eine optimale Behandlung besteht nicht. Selbst wenn die Qualität der Medikamente und der Behandlung der Erkrankungen des Antragstellers zu 1) hinter der in Deutschland zurückbleibt (vgl. hierzu auch das Gutachten von Prof. Savidis an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 12.5.2016), verschafft dies dem Antragsteller nicht ein Bleiberecht in Deutschland.
Schließlich ist noch zu betonen, dass nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlichen verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen unmittelbar eintretenden Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte, wenn sich der Antragsteller den Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssystems unterwirft. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen. Solche Gefahren drohen jedenfalls nicht unmittelbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (so auch VG Bayreuth, B.v. 6.7.2017 – B 1 S 17.32135; vgl. auch VG Oldenburg, U.v. 27.10.2017 – 7 A 7349/17 – juris. Anderer Ansicht – aber auf Basis älterer Erkenntnisquellen – noch etwa VG Gelsenkirchen, B.v. 11.3.2014 – 6a L 277/14.A – juris, B.v. 6.8.2013 – 6a L 800/13.A – juris; VG Aachen, G.v. 1.8.2013 – 8 K 1489/10.A – juris; VG Düsseldorf, U.v. 6.10.2011 – 11 K 7019/10.A – juris; BayVGH, B.v. 3.1.2008 – 2 B 07.30082 – juris).
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Ausländerbehörde zuständig ist, eventuelle inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa eine Reiseunfähigkeit – zu prüfen (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Dieser nicht zielstaatsbezogene Aspekt ist jedoch im vorliegenden Verfahren irrelevant.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).