Aktenzeichen M 17 K 17.1209
BayBG BayBG Art. 96 Abs. 2 S. 5
GG GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5
Leitsatz
1 Über § 43 Abs. 2 S. 2 BayBhV gilt das im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Körperprinzip ebenso im Beihilferecht, so dass es nicht darauf ankommt, bei welchem Ehepartner die Ursache für die Kinderlosigkeit liegt (ebenso VG Ansbach BeckRS 2010, 34476). (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Verweis auf die im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung maßgebenden Richtlinien über künstliche Befruchtung in § 43 Abs. 2 S. 2 BayBhV ist mit dem Gesetzesvorbehalt und der Wesentlichkeitstheorie vereinbar. Bei einer künstlichen Befruchtung geht es nicht um eine Krankheit, sondern um die Familienplanung des Beamten. Es handelt sich um eine Art freiwillige Leistung, die eher dem Bereich der Leistungsverwaltung und weniger dem – im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt und die Wesentlichkeitstheorie strengeren Maßstäben unterliegenden – Bereich der Eingriffsverwaltung zuzuordnen ist (ebenso SG München BeckRS 2010, 66497). (Rn. 23 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Aufteilung der Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach dem sogenannten Körperprinzip ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der Fürsorgepflicht, Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar. (Rn. 31 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Gründe
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 28. März 2017 bzw. 6. April 2017 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger weder einen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfe für die Rechnungen seiner Ehefrau (s.u. 2.) noch für die an ihn gerichtete Rechnung vom 20. Dezember 2016 (s.u. 3.) hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom 23. Januar 2017 und 16. Februar 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Beihilferechtliche Streitigkeiten sind grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen (vgl. z.B. BVerwG, U. v. 08.11.2012 – 5 C 4.12 – juris Rn. 12), wobei nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV Aufwendungen in dem Zeitpunkt als entstanden gelten, in denen die Leistung erbracht wird. Demnach richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 497), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil die Leistungen im Zeitraum von November 2016 bis Januar 2017 erbracht wurden.
2. Soweit Streitgegenstand der Klage die Aufwendungen der Ehefrau sind, scheidet eine Beihilfefähigkeit bereits aufgrund Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG aus.
Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Beihilfeleistungen bei Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt auf Leistungen für Zahnersatz, für Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen und auf Wahlleistungen im Krankenhaus (Subsidiaritätsprinzip).
Die Ehefrau des Klägers ist unstrittig gesetzlich (pflicht-)versichert und die ICSI fällt auch nicht unter die in Art. 96 Abs. 2 Satz 5 BayBG genannten Fallgruppen. Dieser Ausschluss der Beihilfefähigkeit für gesetzlich Versicherte ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 14 ZB 14.1178 – juris Rn. 6 ff.; VG Würzburg, U.v. 8.9.2016 – W 1 K 16.921 – juris Rn. 27 ff.; VG Bayreuth, U.v. 27.10.2015 – B 5 K 14.717 – juris Rn. 18 f. jew. m.w.N.).
3. Aber auch für die Rechnung des Klägers selbst hat der Beklagte zu Recht die Beihilfefähigkeit verneint (vgl. VG München, U. v. 21.5.2015 – M 17 K 15.751):
3.1 Gemäß § 43 BayBhV sind Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschließlich der im Zusammenhang damit verordneten Arzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen zu 50 v.H. beihilfefähig. Die Zuordnung der Kosten zu den jeweiligen Ehepartnern erfolgt dabei entsprechend Nr. 3 der im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung maßgebenden Richtlinien über künstliche Befruchtung (§ 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV). Nr. 3 dieser Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in der Fassung vom 14. August 1990, geändert am 21. August 2014, besagt (ebenso wie die aktuelle, am 2. Juni 2017 in Kraft getretene Fassung) Folgendes:
„Die Krankenkasse ist nur für diejenigen Leistungen zuständig, die bei ihrem Versicherten durchgeführt werden. Hierzu gehören im Rahmen der Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung gegebenenfalls erforderliche Leistungen beim Ehegatten des Versicherten nicht, wenn dieser nicht bei derselben Krankenkasse versichert ist. Für die Maßnahmen im Zusammenhang mit der (ggf.) Gewinnung, Untersuchung und Aufbereitung, gegebenenfalls einschließlich der Kapazitation des männlichen Samens sowie für die unter 12.1 genannten Laboruntersuchungen beim Ehemann ist die Krankenkasse des Ehemannes leistungspflichtig. Für die Beratung des Ehepaares nach Nr. 14 sowie für die extrakorporalen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Eizellen und Samenzellen ist die Krankenkasse der Ehefrau zuständig. Für die Beratung des Ehepaares nach Nr. 16 und die ggf. in diesem Zusammenhang erfolgende humangenetische Beratung ist die Krankenkasse des Ehemannes zuständig.“
Es gilt somit das sogenannte Körperprinzip, so dass es nicht darauf ankommt, bei welchem Ehepartner die Ursache für die Kinderlosigkeit liegt (vgl. a. VG Ansbach, U.v. 14.4.2010 – AN 15 K 09.02255 – juris Rn. 24, U. v. 19.11.2008 – AN 15 K 08.01410 – juris Rn. 20). Dies steht auch nicht den Grundsätzen des Beihilferechts entgegen, da – anders als die Klägerseite geltend macht – insoweit nicht das Verursacherprinzip gilt, sondern regelmäßig eine anwendungs- bzw. (wie hier) eine körperbezogene Zuordnung erfolgt (vgl. a. BVerwG, U.v. 24.2.2011 – 2 C-40/09 – juris Rn. 8; VG Regensburg, U.v. 9.9.2013 – RN 8 K 13.1125 – juris Rn. 25 zum vergleichbaren Bundesbeihilferecht).
3.2 Nach Auffassung des Gerichts ist der Verweis auf die Richtlinien in § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
a) Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehalts bzw. gegen die Wesentlichkeitstheorie liegt nicht vor.
aa) Der Vorbehalt des Gesetzes, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ergibt und aufgrund des Homogenitätsgebots (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) auch für die Landesgesetzgebung verbindlich ist, verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden normativen Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen (sog. Wesentlichkeitstheorie). Wann danach eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erforderlich ist, lässt sich nur im Hinblick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands beurteilen. Der Vorbehalt des Gesetzes gilt auch für das Beihilferecht. Die Verantwortung des Dienstherrn bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Beamten und seiner Angehörigen bedarf wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der Beihilfe für die Betroffenen und für die Wahrung eines verfassungsgemäßen Alimentationsniveaus der normativen Ordnung. Der parlamentarische Gesetzgeber muss die tragenden Strukturprinzipien und wesentliche Einschränkungen des Beihilfesystems festlegen. Andernfalls könnte der für Besoldung und Versorgung bestehende Gesetzesvorbehalt aus Art. 33 Abs. 5 GG zunehmend ausgehöhlt werden und die Exekutive das durch Besoldungs- und Versorgungsgesetze festgelegte Alimentationsniveau durch Streichungen oder Kürzungen von Beihilfeleistungen eigenmächtig absenken. Zu den tragenden Strukturprinzipien des Beihilferechts gehören die Bestimmung des Leistungssystems, das dem Beamten und seiner Familie Schutz im Fall von Krankheit und Pflegebedürftigkeit bietet, die Festlegung der Risiken, die abgedeckt werden, des Personenkreises‚ der Leistungen beanspruchen kann‚ die Grundsätze, nach denen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden und die Anordnung, welche zweckidentischen Leistungen und Berechtigungen Vorrang haben. Der Gesetzgeber kann zwar der Notwendigkeit einer von ihm zu verantwortenden Entscheidung grundsätzlich auch dadurch Rechnung tragen, dass er eine Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung erteilt. Erforderlich ist dann aber, dass die Ermächtigungsnorm unter Beachtung des Bestimmtheitsgebots nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG eine hinreichend konkrete Regelung enthält, die die betreffende Entscheidung inhaltlich deckt. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstands sowie der Intensität der Maßnahme ab. Das Erfordernis der Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen verwehrt es dem Gesetzgeber jedoch nicht, in den Ermächtigungsnormen Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Vielmehr genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen. Soweit eine zu regelnde Materie relativ unübersichtlich bzw. vielgestaltig ist und eine Maßnahme zudem eine verhältnismäßig geringe Grundrechtsrelevanz besitzt‚ sind die Bestimmtheitsanforderungen entsprechend geringer (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.1.2015 – 14 C 12.2496 – juris Rn. 24 ff.; BayVGH, U.v. 27.11.2014 – 14 BV 13.470 – juris Rn. 17 ff. m.w.N.; BVerwG, U.v. 26.6.2008 – 2 C-2/07 – juris Rn. 7).
bb) Dies zugrunde gelegt, ist Art. 96 Abs. 5 Satz 1 BayBG, wonach das Nähere hinsichtlich des Kreises der beihilfeberechtigten Personen und der berücksichtigungsfähigen Angehörigen, des Inhalts und Umfangs der Beihilfen sowie des Verfahrens der Beihilfengewährung das Staatsministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung regelt, eine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung im Hinblick auf § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es in dieser Vorschrift nur um eine Aufteilung der Kosten auf die Ehepartner geht und es bei einer künstlichen Befruchtung nicht um eine Krankheit, sondern um die allgemeine Lebensplanung des Beamten, insbesondere seine Familienplanung, geht. Der Gesetzgeber hat Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen unterstellt. Der Begriff der Krankheit kann durch Auslegung nicht dahingehend erweitert werden, dass er auch den Wunsch nach einer erfolgreichen Familienplanung mit der Folge erfasst, dass für alle damit verbundenen Maßnahmen Leistungen zu gewähren wären. Die künstliche Befruchtung beseitigt weder einen regelwidrigen körperlichen Zustand noch lindert sie ihn. Vielmehr umgeht sie ihn mit Hilfe medizinischer Technik, ohne auf dessen Heilung zu zielen (BayVGH, U.v. 29.3.2010 – 14 B 08.3188 – juris Rn. 21; VG Ansbach, U.v. 14.4.2010 – AN 15 K 09.02255 – juris Rn. 25, 27; U. v. 19.11.2008 – AN 15 K 08.01410 – juris Rn. 21, 23). Es handelt sich daher bei der Regelung der Kostenaufteilung um keine wesentliche Einschränkung des Beihilfesystems‚ die der parlamentarische Gesetzgeber selbst in einem förmlichen Gesetz oder zumindest in eindeutiger Weise in der Verordnungsermächtigung zu treffen hätte.
cc) Nach Auffassung des Gerichts widerspricht es auch nicht dem Gesetzesvorbehalt und der Wesentlichkeitstheorie, dass § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV die Aufteilung der Aufwendungen auf die Ehepartner nicht selbst regelt, sondern insoweit auf die Richtlinien über künstliche Befruchtung verweist.
Die Beihilfefähigkeit muss nicht in der BayBhV selbst bestimmt werden, eine bindende (dynamische) Verweisung auf andere Vorschriften ist auch im Hinblick auf das Prinzip des Gesetzesvorbehalts grundsätzlich ausreichend, insbesondere wenn die Beihilfefähigkeit durch die Verweisung in der Verordnung selbst und nicht nur in einer Verwaltungsvorschrift geregelt wird (vgl. BVerwG, U.v. 8.11.2012 – 5 C-4/12 – juris Rn. 21 ff. zu Festbeträgen). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass hier nicht auf eine andere gesetzliche oder untergesetzliche Norm verwiesen wird, sondern auf die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Zwar wird so letztendlich die Entscheidungskompetenz auf diesen Bundesausschuss übertragen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat daher im Fall eines vergleichbaren Verweises für die ausnahmsweise Beihilfefähigkeit von Medizinprodukten einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes gesehen (U.v. 7.5.2014 – OVG 7 B 10.14 – juris Rn. 20 ff.). Es liege aufgrund der grundlegenden Strukturunterschiede der beiden Sicherungssysteme – gesetzliche Krankenkassen und Beihilfe – nahe, die Tatbestände beihilferechtlicher Leistungsausschlüsse normativ festzulegen, anstatt ihre nähere Bestimmung einem Gremium zu überlassen, in dem der Dienstherr nicht vertreten ist und das seine Entscheidungen nach Maßgabe des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherungen unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaften trifft. Auch das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 26.6.2008 – 2 C-2/07 – juris Rn. 20; v. 28.5.2008 – 2 C-24/07 – juris Rn. 18, v. 24.2.2011 – 2 C-40/09 – juris Rn. 9) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U.v. 29.3.2010 – 14 B 08.3188 – juris Rn. 14) haben diesbezüglich verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, diese Frage aber letztendlich nicht entschieden.
Zum einen ist hier aber zu berücksichtigen, dass zumindest letztere Entscheidungen zu (früheren) Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) ergingen. Die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Ausschuss erfolgte damals lediglich in einer Verwaltungsvorschrift und nicht – wie hier – in einer Rechtsverordnung (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 24.7.2013 – 5 LA 288/12 – juris Rn. 17).
Zum anderen geht es – wie bereits ausgeführt (s.o. a) – bei einer künstlichen Befruchtung nicht um eine Krankheit, sondern um die Familienplanung des Beamten. Die künstliche Befruchtung beseitigt weder einen regelwidrigen körperlichen Zustand noch lindert sie ihn. Vielmehr umgeht sie ihn mit Hilfe medizinischer Technik, ohne auf dessen Heilung zu zielen (BayVGH, U.v. 29.3.2010 – 14 B 08.3188 – juris Rn. 21). Wenn trotzdem Beihilfe für die mit einer künstlichen Befruchtung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen gewährt wird, handelt es sich um eine Art freiwillige Leistung. Die hier maßgebliche Vorschrift des § 43 Abs. 2 Satz 2 BayBhV ist daher eher dem Bereich der Leistungsverwaltung und weniger dem – im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt und die Wesentlichkeitstheorie strengeren Maßstäben unterliegenden – Bereich der Eingriffsverwaltung zuzuordnen (vgl. SG München, B.v. 12.1.2010 – S 19 P 6/10 ER – juris Rn. 24; in diesem Sinn wohl auch OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 7.5.2014 – OVG 7 B 10.14 – juris Rn. 24).
Auch das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verweist für die gesetzliche Krankenversicherung in zahlreichen Vorschriften auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (vgl. z.B. § 27a Abs. 4, § 29 Abs. 4, § 31 Abs. 1 Satz 2, § 33, § 34 Abs. 1 Satz 2, Abs. 6, § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Das Bundessozialgericht zieht aber die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtssetzung nicht (mehr) grundlegend in Zweifel (vgl. BSG, U.v. 3.7.2012 – B 1 KR 23/11 R – juris Rn. 26; vgl. a. OVG Lüneburg, B.v. 24.7.2013 – 5 LA 288/12 – juris Rn. 18). Dem können auch nicht die Systemunterschiede zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn bestehenden Beihilfe entgegengehalten werden, da diese Unterschiede nicht verbieten, dass der Gesetzgeber die beiden Leistungssysteme aneinander angleicht und eine jeweils gleichlautende Aufteilungsregelung einführt. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte des Sachverstands des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bedient. Dieser verfügt regelmäßig über eine bessere Sachkunde als der Verordnungsgeber. Müsste der Verordnungsgeber die Aufteilungskriterien selbständig festlegen, wäre zu befürchten, dass er der medizinischen Entwicklung hinterherhinken und Anpassungen an medizinische Entwicklungen zum Nachteil der beihilfeberechtigten Beamten zu spät vornehmen würde. Ein Aufteilungssystem speziell für den Bereich der Beihilfe zu etablieren, wäre zudem aus ökonomischen und Praktikabilitätsgründen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und ergibt sich auch nicht zwingend aus dem Grundsatz, dass die tragenden Strukturprinzipien in eigener Zuständigkeit geregelt werden müssen. Im Hinblick darauf durfte der Verordnungsgeber hier die Ausgestaltung der Aufwandsverteilung auf ein Gremium übertragen, in dem er selbst nicht vertreten ist (vgl. OVG Hamburg, U.v. 17.9.2013 – 1 Bf 84/12 – juris Rn. 30; VG Bayreuth, U.v. 19.8.2014 – B 5 K 13.535 – juris Rn. 19, 22 f.).
b) Die Aufteilung der Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach dem sogenannten Körperprinzip ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Fürsorgepflicht vereinbar. Dass bei einem Zusammentreffen nicht aufeinander abgestimmter Beihilfe- bzw. Versicherungssysteme Deckungslücken verbleiben können, ist als Folge der dem Normgeber des Beihilferechts zustehenden Befugnis, typisierende Vorschriften zu erlassen, hinzunehmen. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung gibt es nur innerhalb des jeweiligen Sicherungssystems. Die Übernahme des Modells der gesetzlichen Krankenversicherung stellt im Übrigen Regelungsgleichheit in der Mehrzahl der Fälle her. Auch verlangt die Fürsorgepflicht nicht, dass Aufwendungen stets vollständig durch eine beihilfekonforme Krankenversicherung oder ergänzende Beihilfe gedeckt werden oder dass die nicht beihilfefähigen Kosten in jedem Fall in vollem Umfang versicherbar sind.
Auch Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG sind nicht verletzt, da der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie kein Anspruch entnommen werden kann, die Entstehung einer Familie durch Übernahme der Aufwendungen für künstliche Befruchtungen zu fördern. Nichts anderes gilt im Hinblick auf das beamtenrechtliche Dienst- und Treueverhältnis und die darin begründete Fürsorgepflicht des Dienstherrn, weil der Bereich der Lebens- und Familienplanung davon nicht erfasst wird (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.2011 – 2 C-40/09 – juris Rn. 10 ff.; BayVGH, U.v. 29.3.2010 – 14 B 08.3188 – juris Rn. 17 ff.; VG Ansbach, U.v. 14.4.2010 – AN 15 K 09.02255 – juris Rn. 25 ff.).
Der Beklagte hat damit zu Recht das Körperprinzip herangezogen. Dass dieses Prinzip im vorliegenden Fall falsch angewendet wurde, wurde von Klägerseite nicht behauptet, geschweige denn substantiiert geltend gemacht, und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Der Kläger begehrt hier die Gewährung weiterer Beihilfe in Höhe von 1.936,81 €, woraus sich ergibt, dass er auch den Eigenbehalt in Höhe von 50% nicht in Frage stellt.
3.3 Schließlich ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Beihilfegewährung auch nicht aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht, die die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn ergänzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. U.v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – juris Rn. 19 ff.; U.v. 24.1.2012 – 2 C-24/10 – juris) erstreckt sich die in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Pflicht des Dienstherrn zur Sicherstellung des amtsangemessenen Lebensunterhalts auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf begründen. Die verfassungsrechtliche Alimentations- bzw. Fürsorgepflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben, weil sie der Beamte mit der Regelalimentation so nicht bewältigen kann, und dass der amtsangemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituationen nicht gefährdet wird. Sind die Dienst- und Versorgungsbezüge so bemessen, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen ermöglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, damit der Beamte die Belastungen, die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls tragen kann. Wenn sich der Dienstherr für ein Mischsystem aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen entscheidet, muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag. Die Fürsorgepflicht verlangt aber nicht, dass Aufwendungen in Krankheits- bzw. Pflegefällen durch ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 2 C-127/07 – juris Rn. 8,12; U.v. 10.6.1999 – 2 C-29/98 – juris Rn. 22 f.). Der Beamte muss wegen des ergänzenden Charakters der Beihilfe auch Härten und Nachteile hinnehmen, die sich aus der am Alimentationsgrundsatz orientierten pauschalierenden und typisierenden Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergeben und keine unzumutbare Belastung bedeuten (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2007 – 14 ZB 06.2911 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Abgesehen davon, dass Aufwendungen im Rahmen der Familienplanung nicht von der Fürsorgepflicht erfasst werden (s.o. 3.2. a), sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger durch den Umstand, dass er die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung nicht vollständig erstattet bekommt, in seiner angemessenen Lebensführung beeinträchtigt und unzumutbar belastet wäre.
4. Die Berufung war zuzulassen, da die Frage, ob der Verweis auf Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in beihilferechtlichen Vorschriften mit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts vereinbar ist, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ist insoweit uneinheitlich (vgl. OVG Hamburg, U.v. 17.9.2013 – 1 Bf 84/12, OVG Lüneburg, B.v. 24.7.2013 – 5 LA 288/12 einerseits und OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 7.5.2014 – OVG 7 B 10.14 andererseits).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.