Aktenzeichen M 6 S 16.5727
FeV FeV § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Leitsatz
1 Gemäß Nr. 11.2 der Anlage 4 zur FeV ist die sogenannte Tagesschläfrigkeit dazu geeignet, die Fahreignung zu beeinträchtigen bzw. auszuschließen. Die Schlafstörung „Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom“ kann zu reduzierter Erholsamkeit des Schlafs und so zu Tagesschläfrigkeit führen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist durch verkehrsmedizinisches Gutachten ein Schlafapnoe-Syndrom nachgewiesen, genügt eine Bescheinigung des HNO-Arztes, wonach es aufgrund Nutzung eines CPAP-Gerätes nicht mehr zu Ausfällen komme, nicht, um die Fahreignung anzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 12.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, D, DE, D1, D1E, L und T.
Der Antragsteller stellte am … November 2015 bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde Antrag auf Verlängerung der Gültigkeit einer befristeten Fahrerlaubnis (FE-Klassen: C, CE, D1, D1E, D, DE). Aus der Bescheinigung über die ärztliche Untersuchung des … … … Zentrums – Dr. H. vom … November 2015 ging hervor, dass bei dem Antragsteller die Erforderlichkeit einer weitergehenden Untersuchung wegen Schlafapnoe festgestellt wurde.
Mit Anordnung vom 1. März 2016 (zugestellt am 3.3.2016) wurde der Antragsteller zur Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung aufgefordert. Das geforderte Gutachten sollte klären, ob der Antragsteller trotz des diagnostizierten Schlafapnoe-Syndroms weiterhin den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht wird oder seine Kraftfahreignung beeinträchtigt bzw. ausgeschlossen ist.
Ebenfalls am … März 2016 legte der Antragsteller der Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Attest des HNO-Arztes Dr. B. vom … März 2015 vor, aus dem sich ergab, dass der Antragsteller an einem Schlafapnoe-Syndrom leidet und sich kontinuierlich und regelmäßig einer CPAP-Therapie (Continuous Positive Airway Pressure – Therapie) unterziehen muss.
Aufgrund dieses Attestes kam die Fahrerlaubnisbehörde damals zu dem Ergebnis, dass vorerst keine weitere Begutachtung erforderlich sei und die Fahrerlaubnis antragsgemäß verlängert werden könne. Die Fahrerlaubnis des Antragstellers wurde deshalb verlängert.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2016 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Mahnung der Fahrerlaubnisbehörde bezüglich der Kostentragung für die Begutachtungsanordnung ein. Die Fahrerlaubnisbehörde leitete den Vorgang deshalb an die als Aufsichtsbehörde zuständige Regierung weiter.
Diese teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass das vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Attest des HNO-Arztes Dr. B. nicht die fachärztliche Begutachtung einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle ersetzen könne. Die Aufsichtsbehörde wies darauf hin, dass sie eine unverzügliche Einleitung eines Verfahrens zur gutachterlichen Überprüfung der Kraftfahreignung des Antragstellers für angezeigt halte.
Die Fahrerlaubnisbehörde folgte dieser Auffassung, erließ dem Antragsteller dementsprechend die Kosten für die bereits erfolgte Begutachtungsanordnung und stellte ihm am 1. Juli 2016 eine neue Anordnung zur Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vom 29. Juni 2016 zu. Das geforderte Gutachten sollte klären, ob das beim Antragsteller festgestellte Schlafapnoe-Syndrom seine Fahreignung in Frage stellt und ob er weiterhin den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht wird oder seine Kraftfahreignung beeinträchtigt bzw. ausgeschlossen ist.
Der Antragsteller ließ die erforderliche Begutachtung von der … GmbH in A … durchführen. Er übermittelte das verkehrsmedizinische Gutachten am … Oktober 2016 (Untersuchungstag: …9.2016) der Fahrerlaubnisbehörde. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis:
„1. Der Untersuchte ist aufgrund des Vorliegens einer Erkrankung, die nach Nr. 11.2.3 der Anlage 4 FeV die Fahreignung in Frage stellt, derzeit nicht mehr in der Lage, den Anforderungen zum Fahren von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 (FE-Klassen: AM, A1, A2, A, B, BE, C1, C1E, C, CE, D1, D1E, D, DE, L, T) gerecht zu werden.
2. Es liegt offenbar keine ausreichende Adhärenz vor, so ergeben sich Hinweise, dass die notwendige Behandlung nicht konsequent angewendet/durchgeführt wird.“
Das Gutachten führt ferner aus, dass sich im Rahmen der Befunderhebung Hinweise auf weitere (konkret benannte) verkehrsmedizinisch relevante Erkrankungen nach Anlage 4 FeV ergeben hätten, die im Rahmen der Begutachtung nicht untersucht worden seien, weil sie nicht Anlass gewesen seien.
Aufgrund dieses Gutachtensergebnisses wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 2. November 2016 zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört.
Er äußerte sich mit Schreiben vom 10. November 2016 dahingehend, dass der Gutachter ein falsches ärztliches Schreiben ausgewertet habe. Die beiden Termine, die er am 20. Oktober 2016 und am 17. November 2016 mit Dr. B. vereinbart habe, seien außer Acht gelassen worden.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), forderte ihn auf binnen einer Frist von 7 Tagen nach Zustellung des Bescheids seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde abzugeben (Nr. 2) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR an (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4).
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 13. Dezember 2016 zugestellt.
Zur Begründung des Bescheids ist ausgeführt, dass nach der Nr. 11.2 der Anlage 4 zur FeV ein Schlafapnoe-Syndrom, welches sich hauptsächlich durch ausgeprägte Tagesmüdigkeit bis hin zum Einschlafzwang äußere, eine Erkrankung darstelle, welche die Fahreignung beeinträchtigen könne. Würden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen könnten, könne die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen oder die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichteignung die Beibringung eines fachärztlichen Gutachtens anordnen. Die Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers hätten durch das vorgelegte Gutachten der … GmbH vom … September 2016 nicht ausgeräumt werden können. Gemäß der Beurteilung des Gutachters sei der Antragsteller nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2 gerecht zu werden. Die Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller zwingend zu entziehen, da er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Die Eindeutigkeit des Gutachtens lasse dabei keine andere Beurteilung zu.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde mit dem besonderen öffentlichen Interesse begründet, welches das private und/oder berufliche Interesse des Antragstellers am weiteren Gebrauch der Fahrerlaubnis überwiege. Die Fahrerlaubnisbehörde übersehe dabei auch nicht die Schwere des Eingriffs, den der Verlust der Fahrerlaubnis möglicherweise nach sich ziehe. Die faktische Möglichkeit, dass der Antragsteller aufgrund eines Entzugs der Fahrerlaubnis seine aktuelle berufliche Tätigkeit nicht mehr voll umfänglich ausführen könne sei neben anderen Gründen berücksichtigt worden.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016, beim Antragsgegner eingegangen am 20. Dezember 2016, legte der Antragsteller gegen den Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass bei ihm keine Einschränkung der Fahrtauglichkeit mehr bestehe.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2016, dem Antragsteller zugestellt am 23. Dezember 2016, teilte die Fahrerlaubnisbehörde diesem mit, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen und der Vorgang der zuständigen Regierung zur weiteren Entscheidung vorgelegt wird.
Am 20. Dezember 2016 beantragte der Antragsteller zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. Dezember 2016, Az.: … …, wiederherzustellen.
Zur Begründung verweist der Antragsteller auf seine Widerspruchsbegründung und führt außerdem an, er sei Hartz IV-Empfänger. Wenn er den Führerschein abgeben müsse, verliere er seinen Nebenjob und könne nicht zu seiner Freundin nach Österreich fahren.
Der Antragsgegner legte am 23. Januar 2017 die Akten vor und beantragte,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Gründe des Entzugsbescheids.
Mit Schreiben vom 14. März 2017, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am 15. März 2017, legte der Antragsteller zwei ärztliche Atteste des HNO-Arztes Dr. B., nämlich vom … November 2016 und vom … März 2017, vor. Er bat die beiden Atteste zu berücksichtigen und die Ärzte Dr. M. (Gutachter der … GmbH) und den HNO-Arzt Dr. B. als Zeugen zu laden.
In dem Attest vom … März 2017 wird als gesicherte Diagnose „obstruktive Schlafapnoe“ genannt und unter „Prozedere“ ausgeführt, dass der Antragsteller das CPAP-Gerät inzwischen sehr zuverlässig nutze. Es sei damit medizinisch ein optimales Ergebnis erreicht und nicht mehr von einer diesbezüglichen Auswirkung auf die Fahrtauglichkeit auszugehen. Es wird eine Rückgabe des Führerscheins „unter der Auflage einer weiteren regelmäßigen Nutzung und 3 monatlicher Kontrollen dieser Compliance“ empfohlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2017, zugestellt am 17. März 2017, wurde der Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe bisher kein positives fachärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle vorgelegt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens war keine erneute Gutachtensanordnung durch die Widerspruchsbehörde ergangen.
Soweit aus den Akten ersichtlich hat der Antragsteller seinen Führerschein bislang noch nicht bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung entspricht den an sie gemäß § 80 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – zu stellenden Anforderungen. Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die der Klage und dem Widerspruch grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80, Rn. 43).
Hier hat der Antragsgegner in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass vor dem Hintergrund des vom Antragsteller ausgehenden hohen Gefährdungspotenzials für die übrigen Verkehrsteilnehmer die Entziehungsverfügung unabhängig von der Einlegung etwaiger Rechtsbehelfe sofort Wirksamkeit entfalten muss.
Der Antragsgegner hat dabei auch berücksichtigt, dass der Antragsteller seine aktuelle berufliche Tätigkeit möglicherweise nicht mehr voll umfänglich ausführen kann. Auch die Auswirkungen auf die persönliche Situation des Antragstellers durch den Verlust der Fahrerlaubnis wurden vom Antragsgegner gewürdigt. Im Ergebnis wurde das Allgemeininteresse an einer ungefährdeten Verkehrsteilnahme vom Antragsgegner höher gewichtet als die Individualbedürfnisse des Antragstellers.
2. Der Rechtsbehelf in der Hauptsache, vorliegend eine ggf. noch zu erhebenden Anfechtungsklage, wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Selbst wenn die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen angesehen würden, fiele die in einem solchen Fall vorzunehmende Abwägung der für und gegen die Beibehaltung der sofortigen Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegenwärtig zulasten des Antragstellers aus.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend der Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2017 am 17. März 2017.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt, wenn die Behörde, wie im streitgegenständlichen Fall, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Ohne diesen Sofortvollzug endete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gemäß § 80 b Abs. 1 Satz 1 VwGO erst mit der Unanfechtbarkeit. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für den vorliegenden Eilantrag besteht somit trotz des zwischenzeitlich ergangenen Widerspruchsbescheids weiterhin, denn ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner hätte der Widerspruch des Antragstellers noch bis Ablauf der Klagefrist aufschiebende Wirkung. Die Klagefrist ist noch nicht abgelaufen, da der Widerspruchsbescheid dem Antragsteller am 17. März 2017 zugestellt wurde.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 – 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
Der Antrag war abzulehnen, weil sich die in Nr. 1 des Bescheids vom 9. Dezember 2016 verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellt und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Auch wenn die Tatsache, dass der Antragsgegner für die Abgabe des Führerscheins eine Frist von 7 Tagen gesetzt (Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids), ausweislich der Akten jedoch das für die Nichtbefolgung dieser Verpflichtung angedrohte Zwangsgeld nicht beigetrieben hat, gewisse Zweifel weckt, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung insoweit tatsächlich besteht, bleibt es im Ergebnis dabei, dass auch insoweit überwiegende Gründe für die Beibehaltung der sofortigen Vollziehung sprechen. Die zeitnahe Ablieferung des Führerscheins trägt dazu bei, dass Personen, denen die Fahrerlaubnis entzogen wurde, an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr gehindert werden.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG – und § 46 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV -) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
Gemäß Nr. 11.2 der Anlage 4 zur FeV ist die sogenannte Tagesschläfrigkeit dazu geeignet, die Fahreignung zu beeinträchtigen bzw. auszuschließen. Die Schlafstörung „Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom“ kann zu reduzierter Erholsamkeit des Schlafs und so zu Tagesschläfrigkeit führen.
Das verkehrsmedizinische Gutachten vom … September 2016 (Untersuchungstag) kam zu dem Schluss, dass der Antragsteller aufgrund des Vorliegens einer Erkrankung, die nach Nr. 11.2.3 der Anlage 4 FeV die Fahreignung in Frage stellt, zum Untersuchungszeitpunkt nicht mehr in der Lage war, den Anforderungen zum Fahren von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 gerecht zu werden.
Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Fahrerlaubnis des Antragstellers im März 2016 noch verlängerte, weil er aufgrund eines Attests von Dr. B. vom … März 2015 von bestehender Fahreignung des Antragstellers ausgegangen war. Das Fahrerlaubniswesen ist Teil des Sicherheitsrechts und lässt deshalb eine Korrektur behördlicher Entscheidungen aus den gesetzlich geregelten Gründen jederzeit zu.
Im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens hat der Antragsteller wiederum ärztliche Bescheinigungen beigebracht, die seine nun wieder bestehende Fahreignung belegen sollten. Diese wurden auch dem Antragsgegner zugeleitet. Insbesondere das Attest vom … März 2017 bescheinigt dem Antragsteller eine absolut regelmäßige Nutzung des CPAP-Gerätes. Es könne nicht mehr von einer Auswirkung der obstruktiven Schlafapnoe auf die Fahrtauglichkeit des Antragstellers ausgegangen werden.
Bei den neuerlichen Attesten des Dr. B. handelt es sich jedoch nicht um Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (§ 66 FeV), sondern um eine Diagnose des behandelnden HNO-Arzt des Antragstellers. Die Bescheinigungen können deshalb nicht zuverlässig belegen, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Zugangs der Entscheidung der Widerspruchsbehörde fahrgeeignet war und der Bescheid vom 9. Dezember 2016 deshalb aufzuheben wäre.
Eine Einvernahme der vom Antragsteller benannten Ärzte im vorliegenden Eilverfahren kommt schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen und einem Eilverfahren eine solche Beweisaufnahme wesensfremd ist. Somit verbleibt es bei mangelnden Erfolgsaussichten der Hauptsache und damit bei der Unbegründetheit des vorliegenden Antrags.
Im Übrigen ginge eine vorzunehmende Interessenabwägung nach Auffassung des erkennenden Gerichts selbst dann, wenn die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen angesehen würden, zu Lasten des Antragstellers aus. Hierbei wurden auch die im Gutachten vom … September 2016 neben der Problematik der Schlafapnoe genannten verkehrsmedizinisch relevanten Erkrankungen (Koronare Herzerkrankung/Hypertensive Herzerkrankung, Hypertonie, Diabetes Mellitus, Alkoholabhängigkeitserkrankung), die bisher nicht untersucht wurden, weil sie nicht Anlass der Begutachtung waren, berücksichtigt.
Das Risiko, dass es zu einer Teilnahme am Straßenverkehr des möglicherweise fahrungeeigneten Antragstellers kommt und damit Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet werden, ist aus der Sicht des Gerichts gegeben und wiegt schwerer als das Interesse des Antragstellers, vorläufig weiterhin am Straßenverkehr teilzunehmen.
3. Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte – Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 FeV.
4. Rechtliche Bedenken gegen die in Nr. 3 des Bescheids enthaltene Zwangsgeldandrohung, sowie gegen die im Bescheid in Nr. 5 enthaltenen Festsetzungen zu den Kosten des Verwaltungsverfahrens wurden weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 sowie 46.1, 46.3, 46.4 und 46.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).