Medizinrecht

Erfolgreiche Klage einer Gewerkschaft gegen die Einzelbewilligung einer Ausnahme vom Sonntagsschutz

Aktenzeichen  Au 5 K 15.1834

Datum:
14.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 110472
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
ArbZG § 9 Abs. 1, § 13 Abs. 3 Nr. 2b
GG Art. 9 Abs. 1, Abs. 3, Art. 140
WRV Art. 139

 

Leitsatz

1 Auch in Bezug auf eine die Sonntagsarbeit in ihrem Tätigkeitsbereich regelnde Einzelbewilligung nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG liegt eine Rechtsbetroffenheit einer Gewerkschaft in ihrer Koalitionsfreiheit vor (Anschluss an BayVGH BeckRS 2016, 40030 u.a.; BVerwG BeckRS 2015, 40660). (Rn. 24 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse eines Unternehmens und ein alltäglich zu befriedigendes Erwerbsinteresse potentieller Besteller genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage zu rechtfertigen (Anschluss an OVG NRW BeckRS 2016, 40225). (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Schutz der Sonn- und Feiertage muss nicht bereits deshalb zurückstehen, weil sich Wünsche von Kunden nach dem Erwerb und der Lieferung von Weihnachtsgeschenken auf Grund der in der Vorweihnachtszeit stark ansteigenden Zahl der Bestellungen, die überdies arbeitsintensiv zu verpacken sind, nicht mehr spontan oder kurzfristig realisieren lassen. Geschäftskonzept und betriebliche Organisation müssen sich vielmehr auch in der besonders arbeitsintensiven Zeit kurz vor Weihnachten am grundgesetzlichen Sonntagsschutz ausrichten. (Rn. 39 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Rechtsverletzung einer betroffenen Gewerkschaft ergibt sich bereits unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit der Bewilligung der Sonntagsarbeit und des damit verbundenen Verstoßes gegen das zu Gunsten der Klägerin zu wahrende Niveau im Hinblick auf den Sonntagsschutz und nicht erst aus einer etwa rechtswidrigen Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen gegen deren Willen.  (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2015, Az.: …4-2015, rechtswidrig ist.
II. Die Kosten des Verfahrens haben der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig.
Der Klägerin fehlt es nicht an der erforderlichen Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie kann geltend machen, durch die angefochtene Ausnahmebewilligung in ihren Rechten verletzt zu sein.
§ 13 Abs. 1 Nr. 2 a ArbZG konkretisiert mit den Voraussetzungen, unter denen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen ausnahmsweise beschäftigt werden dürfen, auf der Ebene des einfachen Rechts den verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der sich für den Gesetzgeber aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV ergibt. Nach Art. 139 WRV bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Die Gewährleistung von Tagen der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung ist auch darauf ausgerichtet, den Grundrechtsschutz zu stärken; sie konkretisiert insofern die aus den jeweils einschlägigen Grundrechten folgenden staatlichen Schutzpflichten. Der zeitliche Gleichklang einer für alle Bereiche regelmäßigen Arbeitsruhe ist ein grundlegendes Element für die Wahrnehmung der verschiedenen Formen sozialen Lebens. Die Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist dabei auch für die Rahmenbedingungen des Wirkens der politischen Parteien, der Gewerkschaften und sonstiger Vereinigungen bedeutsam. Der objektiv-rechtliche Schutzauftrag, der in der Sonn- und Feiertagsgarantie begründet ist (Art. 139 WRV), ist mithin auf die Stärkung des Schutzes derjenigen Grundrechte angelegt, die in besonderem Maße auf Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung angewiesen sind. Mit der Gewährleistung rhythmisch wiederkehrender Tage der Arbeitsruhe fördert und schützt die Sonn- und Feiertagsgarantie dabei nicht nur die Ausübung der Religionsfreiheit, sondern dient neben weiteren Grundrechten ebenso der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) auch in Gestalt der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) die sich so effektiver wahrnehmen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2014 – 6 CN 1/13 – juris Rn. 15).
Darüber hinaus bedarf es für die Klagebefugnis einer Betroffenheit in dem Tätigkeitsbereich der klagenden Gewerkschaft (BVerwG, U.v. 26.11.2014 – a.a.O. Rn. 17).
Diese zu § 13 Abs. 1 Nr. 2 a ArbZG und damit zum Erlass von Sonntagsarbeit regelnden Rechtsverordnungen ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch in Bezug auf eine die Sonntagsarbeit regelnde Einzelbewilligung nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG anwendbar. In beiden Fällen liegt eine Rechtsbetroffenheit einer Gewerkschaft in ihrer Koalitionsfreiheit vor, so dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG insoweit als drittschützend anzusehen sind (Sächs. OVG, B.v. 11.12.2015; BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 22 CS 15.2716 – vorausgehend VG Augsburg, B.v. 17.12.2015 – Au 5 S 15.1843).
Darüber hinaus ist auch die für die Klagebefugnis erforderliche Betroffenheit der Klägerin in ihrem Tätigkeitsbereich zu bejahen. Die Klägerin hat im Verfahren unwidersprochen vorgetragen, sie sei bei der Beigeladenen mit zahlreichen Beschäftigten vertreten und befinde sich mit dieser seit längerer Zeit in einer tariflichen Auseinandersetzung, bei der es um die Anwendung der zutreffenden tarifvertraglichen Regelungen auf die Arbeitsverhältnisse bei der Beigeladenen gehe. Im Rahmen dieser Auseinandersetzungen sei es seit längerem wiederholt zu Streiks bei der Beigeladenen gekommen. Auch für den Dezember 2015 habe die Klägerin zu Streiks aufgerufen. Eines weitergehenden Nachweises dafür, dass die Klägerin durch die bewilligte Sonntagsarbeit in konkreten Streikaktionen beeinträchtigt wird, bedarf es nach Ansicht des Gerichts für die Annahme einer Klagebefugnis nicht.
2. Die Klage ist begründet.
Der Bescheid der Regierung von … – Gewerbeaufsichtsamt – vom 15. Dezember 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Nach § 9 Abs. 1 ArbZG dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr nicht beschäftigt werden.
Nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG kann abweichend von § 9 Abs. 1 ArbZG bewilligt werden, Arbeitnehmer an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr zu beschäftigen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG, auf die die Regierung von … – Gewerbeaufsichtsamt – die streitgegenständliche Ausnahmebewilligung gestützt hat, liegen nicht vor.
2.1 Die Darlegungen der Beigeladenen im Zusammenhang mit der Stellung des Antrages auf Bewilligung der Sonntagsarbeit bei der Regierung von … – Gewerbeaufsichtsamt – rechtfertigen auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung nicht die Annahme besonderer Verhältnisse im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG für die Bewilligung von Sonntagsarbeit am 20. Dezember 2015 in dem beantragten Umfang.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass es sich bei dem Vorweihnachtsgeschäft um ein für die Beigeladene jährliches und absehbares Ereignis handelt, auf das sie sich langfristig einstellen kann und muss.
Soweit § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Sonntagsarbeit das Vorliegen besonderer Verhältnisse bzw. die Vermeidung eines unverhältnismäßigen Schadens fordert, werden dadurch auch die Anforderungen konkretisiert, die an die Bemühungen des Unternehmens zu stellen sind, Sonn- und Feiertagsarbeit zu vermeiden. Dabei darf sich das Unternehmen nicht auf solche Maßnahmen zur Vermeidung von Sonn- und Feiertagsarbeit beschränken, die mit dem von ihm frei gewählten Geschäftskonzept vereinbar sind. Das Unternehmen muss vielmehr auch und bereits im Zuge der Festlegung seines Geschäftskonzeptes dem Gewicht des Sonn- und Feiertagsschutzes angemessen Rechnung tragen. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse des Unternehmens und ein alltäglich zu befriedigendes Erwerbsinteresse potentieller Besteller genügen grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage zu rechtfertigen (vgl. OVG NRW, B.v. 18.12.2015 – 4 B 1465/15 – juris Rn. 24).
Die Beigeladene trägt vor, zu ihrem Geschäftsmodell gehöre es, ganzjährig, nicht nur in der Vorweihnachtszeit, unter bestimmten Voraussetzungen Ware noch am Tag der Bestellung zuzustellen. Dieser Aspekt des Geschäftsmodells mag der Tatsache geschuldet sein, dass die Beigeladene, auch wenn sie nach ihren Angaben als rechtlich selbstständiges Unternehmen nicht selbst unmittelbar Vertragspartnerin der …-Kunden ist, gleichwohl deren Wunsch, zu jeder Tages- und Nachtzeit Waren bestellen zu können, die innerhalb kürzester Zeit nach Hause zugestellt werden, zu entsprechen versucht.
Das wirtschaftliche Umsatzinteresse der Beigeladenen einerseits und eine gesteigerte Erwartungshaltung der …-Kunden andererseits rechtfertigen jedoch grundsätzlich noch keine Ausnahmen von dem verfassungsrechtlich verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage.
Ungeachtet der Frage, ob das Geschäftsmodell der Beigeladenen insoweit abgesehen von der Vorweihnachtszeit ohne eine Sonn- und Feiertagsbeschäftigung der Mitarbeiter funktioniert oder nicht, muss der Schutz der Sonn- und Feiertage nicht bereits deshalb zurückstehen, weil sich Wünsche der …-Kunden nach dem Erwerb und der Lieferung von Weihnachtsgeschenken auf Grund der in der Vorweihnachtszeit stark ansteigenden Zahl der Bestellungen, die überdies arbeitsintensiv zu verpacken sind, nicht mehr spontan oder kurzfristig, sondern nur durch eine angemessen vorausschauende Planung sowohl der …-Kunden als auch der Beigeladenen realisieren lassen (OVG NRW, B.v. 18.12.2015 -a.a.O. – Rn. 20).
Die Beigeladene versucht mit ihrem Geschäftsmodell den Wunsch nach kürzesten Lieferfristen uneingeschränkt zu befriedigen. Andererseits dürfte die zum Geschäftsmodell gehörende Zusage kürzester Lieferfristen durch die Beigeladene durchaus auch ursächlich dafür sein, dass sich Kunden überhaupt für eine Bestellung bei … entscheiden. Soweit die Zusage kürzester Lieferfristen zum Geschäftsmodell gehört, dient dies einerseits dem eigenen Umsatzinteresse der Beigeladenen, befördert aber andererseits die Anspruchshaltung der …-Kunden weiter und trägt daher dem Schutz der Sonn- und Feiertage nicht in dem gebotenen Umfang Rechnung (OVG NRW, B.v. 18.12.2015 – a.a.O. – Rn. 27). Die Beigeladene muss ihr Geschäftskonzept und ihre betriebliche Organisation auch in der besonders arbeitsintensiven Zeit kurz vor Weihnachten am grundgesetzlichen Sonntagsschutz ausrichten (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.2015 – a.a.O. – Rn. 3).
Soweit die Beigeladene darlegt, sie habe trotz umfangreicher und intensiver Bemühungen keine ausreichende Anzahl Mitarbeiter für ein auf die Vorweihnachtszeit befristetes Arbeitsverhältnis gewinnen können, rechtfertigt dies im Ergebnis ebenfalls nicht die Annahme des Vorliegens besonderer Verhältnisse im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG. Selbst wenn man zu Gunsten der Beigeladenen unterstellt, dass diese rechtzeitig alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, zusätzliche Mitarbeiter für einen befristeten Zeitraum zu gewinnen, hat dies allein noch nicht zur Folge, dass für den Zeitraum des Vorweihnachtsgeschäftes besondere Umstände im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG anzunehmen sind. Ist die Beigeladene trotz der von ihr geschilderten Anstrengungen nicht in der Lage, den in der Vorweihnachtszeit bestehenden, zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften durch befristete Arbeitsverhältnisse aufzufangen, dürfte es sich dabei um einen Standortnachteil der Beigeladenen handeln, der daraus resultiert, dass sie mit dem Verteilerzentrum in … in einer Region mit einer konstant niedrigen Arbeitslosigkeit ansässig ist und gerade auch in dem hier einschlägigen Lohnsegment mit anderen Unternehmen wirtschaftlich konkurriert. Hinzu kommt, dass die Beigeladene nach ihren eigenen Angaben zwar unter dem gemeinsamen Dach des …-Konzerns, aber als rechtlich eigenständiges Unternehmen am 41 Standort … mit anderen rechtlich eigenständigen Verteilerzentren des Konzerns nicht nur deutschlandweit, sondern europaweit in Konkurrenz steht. Die Beigeladene hat selbst vorgetragen, dass „Rückstände“ bei der Auslieferung von Waren gegebenenfalls von anderen Standorten, die nicht zwingend in Deutschland ansässig sein müssten, übernommen und ausgeglichen werden müssten. Des Weiteren hat die Beigeladene vorgetragen, dass sie selbst als rechtlich selbstständiges Unternehmen gar keinen unmittelbaren rechtlichen Kontakt zum sog. Endkunden habe. Die Online-Bestellung laufe vielmehr über den …-Konzern, der dann entscheide, von welchem Standort aus die bestellte Ware an den Endkunden ausgeliefert werde. Nach dem Vortrag der Beigeladenen ist es also gar nicht sie selbst als am Standort … tätiges Unternehmen, das gegenüber dem Endkunden die Zusage kürzester Lieferzeiten gibt, sondern letztlich der …-Konzern. Dieser ist danach letztlich gefordert, die Auslieferung der bei ihm bestellten Waren über die einzelnen Verteilerzentren (auch wenn es sich dabei rechtlich um selbstständige Unternehmen handelt) so zu regeln bzw. organisieren, dass er die von ihm gegenüber dem Endkunden abgegebene Zusage, die bestellte Ware innerhalb kürzester Zeit auszuliefern, auch in der umsatz- und arbeitsintensiven Vorweihnachtszeit einhalten kann.
2.2 Darüber hinaus hat die Beigeladene auch nicht hinreichend nachgewiesen, dass die Bewilligung der Sonntagsarbeit gerade am 20. Dezember 2015 zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 2 b Ar-bZG erforderlich ist, obwohl sie für dieses anspruchsbegründende Tatbestandsmerkmal letztlich die Beweislast trägt.
Die Beigeladene hat in ihrem Schreiben vom 11. April 2016 ausgeführt, sie hätte für den Zeitraum von Oktober 2015 bis Dezember 2015 bis zu 2000 zusätzliche Mitarbeiter für das gesamte Weihnachtsgeschäft einstellen wollen, habe trotz intensiver Bemühungen aber letztlich nur ca. 824 Mitarbeiter zusätzlich befristet einstellen können. Zudem seien Schichtmodelle (Teilzeit, Elternschicht) der vorhandenen Mitarbeiter geändert worden, um den erhöhten Bedarf im Vorweihnachtsgeschäft ausgleichen zu können. Angesichts des Zeitraums von mehreren Monaten, nämlich von Oktober bis Weihnachten, in dem der deutlich höhere Personalbedarf besteht, sowie im Hinblick auf die Anzahl des nach Angaben der Beigeladenen fehlenden Personals, ist nach dem Vortrag der Beigeladenen nicht ersichtlich, dass die Versagung einer Ausnahmebewilligung für bis zu 300 Mitarbeiter an lediglich einem Sonntag, nämlich dem 20. Dezember 2015, gerade bei der Beigeladenen zu einem unverhältnismäßigen Schaden führt. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um das letzte Wochenende vor Weihnachten und damit das Wochenende des ganzen Jahres, an dem die meisten Bestellungen beim …-Konzern eingehen, handelt. Hinzu kommt, dass die Beigeladene auch auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 noch keine konkreten Angaben dazu machen konnte, in welcher Höhe ihr nun tatsächlich dadurch, dass sie von der erteilten Ausnahmebewilligung für Sonntagsarbeit am 20. Dezember 2015 nicht Gebrauch machen konnte, ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.
2.3 Die Klägerin wird durch den rechtswidrigen Bescheid vom 15. Dezember 2015 auch in ihren Rechten verletzt. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Bewilligung der Sonntagsarbeit eine konkrete Veranstaltung der Klägerin am selben Tage behindert oder gar verhindert hat, es ist vielmehr ausreichend, dass die Klägerin im Betrieb der Beigeladenen durch Mitglieder vertreten und tätig ist und durch die Erteilung der Ausnahmebewilligung nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 b ArbZG im Einzelfall die Mindestanforderungen an den Sonn- und Feiertagsschutz, so wie sie sich aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV ergeben, unterschritten werden. Die Rechtsverletzung der Klägerin ergibt sich bereits unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit der Bewilligung der Sonntagsarbeit und des damit verbundenen Verstoßes gegen das zu Gunsten der Klägerin zu wahrende Niveau im Hinblick auf den Sonntagsschutz und nicht erst aus einer etwa rechtswidrigen Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen gegen deren Willen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Beigeladene geltend macht, sie setze nur Mitarbeiter für die Sonntagsarbeit ein, die hiermit ausdrücklich einverstanden seien.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO.
Danach haben der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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