Aktenzeichen L 19 R 518/16
SGB IX § 14 Abs. 4
Leitsatz
1 § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX ist ein spezieller Erstattungsanspruch, der die allgemeinen Regelungen der §§ 102 bis 105 SGB X grundsätzlich ausschließt; die allgemeinen Regelungen der §§ 106 ff. SGB X, insbesondere § 111 SGB X sind hingegen anwendbar. (redaktioneller Leitsatz)
2 § 111 SGB X regelt eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die im Gegensatz zur Verjährung zum Untergang des Erstattungsanspruchs führt. (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Erstattungsanspruch besteht unabhängig davon, ob sich die Nichtzuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers vor oder nach Bewilligung der Leistung herausstellt. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 9 R 1064/14 2016-07-08 GeB SGNUERNBERG SG Nürnberg
Tenor
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.07.2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 79.018,02 EUR festgesetzt.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2016 die Beklagte zur Erstattung der Kosten für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten B. S. in Höhe von 79.018,02 EUR verurteilt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX.
Gemäß § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX erstattet der für die Leistung zuständige Rehaträger dem leistenden Rehaträger dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach Bewilligung der Leistung festgestellt wird, dass der andere Rehaträger leistungszuständig war.
Der Versicherte B. S. hat bei der DRV Oldenburg-Bremen einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Datum vom 24.02.2009 gestellt, der dort am 25.02.2009 einging und noch am selben Tag an die Agentur für Arbeit Oldenburg im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX weitergeleitet wurde. Die DRV Oldenburg-Bremen hatte ihre Zuständigkeit verneint, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen nach § 11 SGB VI beim Versicherten nicht vorliegen würden. Den Akten lässt sich dabei nicht mehr entnehmen, weshalb der Antrag des Versicherten bei der DRV Oldenburg-Bremen einging. Die Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass sie – also die DRV Bund – und die DRV Oldenburg-Bremen eigenständige Rentenversicherungsträger sind (§ 127 SGB VI) und deshalb der Antrag eigentlich beim sachlich unzuständigen Träger eingegangen war. Dies ist umso merkwürdiger, als sich der Versicherte in einer Reha-Klinik der Deutschen Rentenversicherung befunden hat und den Antrag aus dieser stationären Maßnahme heraus gestellt hatte. Der Versicherte war unstreitig bei der Beklagten versichert, die Beklagte war auch Kostenträger der stationären medizinischen Rehabilitation vom 27.01.2009 bis 03.03.2009 in der Reha-Klinik Bad Z … Insoweit ist es durchaus zutreffend, dass der Antrag des Versicherten am 25.02.2009 nicht bei der Beklagten eingegangen war, sondern beim sachlich unzuständigen Rentenversicherungsträger DRV Oldenburg-Bremen. Dieser war aber nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX verpflichtet, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit für den vorliegenden Antrag des Versicherten auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe zu prüfen und den Antrag an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Er hätte deshalb den Antrag an die Beklagte und nicht an die Agentur für Arbeit … weiterleiten müssen. § 14 Abs. 1 SGB IX gilt nicht nur zwischen Reha-Trägern unterschiedlicher Sozialversicherungszweige, sondern auch zwischen den örtlich und sachlich zuständigen Trägern des gleichen Versicherungszweiges (vgl. Welti, in: Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl., 2015, § 14 SGB IX, Rdnr. 73 m.w.N.). Insoweit ist es zutreffend, dass sich die Beklagte das fehlerhafte Verhalten der DRV Oldenburg-Bremen hinsichtlich der Weiterleitung des Antrags an die Agentur für Arbeit … nicht zurechnen lassen müsste.
Mit der (fehlerhaften) Abgabe des Reha-Antrages innerhalb der 2-Wochenfrist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX durch die DRV Oldenburg-Bremen an die Agentur für Arbeit … wurde diese sog. zweitangegangener Leistungsträger im Sinne des § 14 Abs. 2 SGB IX, so dass diese auch für die Erbringung der notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten S. allumfassend zuständig geworden ist (BSG v. 30.11.2011 – B 11 AL 7/10 R; Joussen, in: Dau/Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 4. Aufl., 2014, § 14 Rdnr. 18 m.w.N.). Die Agentur für Arbeit Oldenburg – und nach Wohnsitzwechsels des Versicherten im Oktober 2009 die Agentur für Arbeit Vechta – haben unstreitig die notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Arbeitserprobung, eines Reha-Vorbereitungs-lehrgangs und der anschließenden Umschulung zum Arbeitspädagogen an den Versicherten der Beklagten erbracht. Dem Versicherten gegenüber hat die Agentur für Arbeit allerdings nicht deutlich gemacht, dass sie als zweitangegangener Leistungsträger handelt, sondern hat die Leistungen nach ihren eigenen Vorschriften (§§ 97 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch a.F.) unter Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Versicherten erbracht. Dies ist allerdings unschädlich, da eine Klärung der Leistungszuständigkeit auch erst nach Abschluss der Leistungen im Rahmen der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs. 4 SGB IX erfolgen könnte und insoweit allein die Erbringung von Rehaleistungen nach den eigenen Vorschriften nichts am Erstattungsanspruch bei Vorliegen einer anderen Leistungszuständigkeit zu ändern vermag.
Die Beklagte wäre der eigentlich zuständige Leistungsträger für die von der Klägerin gewährten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten S. gewesen. Herr S. war bei der Beklagten versichert, die Beklagte hatte bereits die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik Bad Z. in der Zeit vom 27.01.2009 bis 03.03.2009 erbracht. Da der Versicherte während der laufenden medizinischen Reha-Maßnahme einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben in Form einer Umschulung gestellt hatte, waren die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2a SGB VI erfüllt, weil nach dem vorliegenden Reha-Entlassungsbericht vom 03.03.2009 der Klinik Bad Z. ohne diese Leistungen eine erfolgreiche Rehabilitation nicht zu erwarten war. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Maßgebend für den Zeitpunkt der Antragstellung – also für die Frage, ob nach § 11 Abs. 2a Nr. 2 SGB VI der Antrag während der stationären medizinischen Rehabilitation oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit gestellt wurde – ist dabei der Eingang des Antrags bei der DRV Oldenburg-Bremen als erstangegangenem Leistungsträger. Dies gebietet der Schutzgedanke des § 14 SGB IX, der eine rasche Klärung von Zuständigkeiten gewährleisten soll, die infolge des gegliederten Systems der sozialen Sicherung und der möglichen Rehaträger im Sinne des § 6 SGB IX gegebenenfalls unterschiedlich beurteilt werden könnten (vgl. Götze, in: Hauck/Noftz, SGB IX, Stand 12/2012, § 14 Rdnr. 2).
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass sie von dem Antrag des Versicherten erst im Jahr 2012 (nach Übersendung der Akten der Klägerin) Kenntnis erlangt habe, ist dies gerade nicht der Fall gewesen. Die DRV Oldenburg-Bremen hatte der Beklagten den Aktenvorgang nach Eingang des Schreibens der Agentur für Arbeit … vom 05.06.2009 übersandt, mit dem ein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX – hervorgehoben durch Fettdruck – geltend gemacht wurde und aus dem sich eine Leistungszuständigkeit der Klägerin kraft Gesetzes als zweitangegangener Leistungsträger ergeben hatte. Diesen Erstattungsanspruch hat die Beklagte selbst mit eigenem Schreiben vom 16.07.2009 abgelehnt, obwohl sie von der Notwendigkeit der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Kenntnis hatte. Auf weitere Schreiben der Klägerin hatte die Beklagte nicht mehr reagiert, bis schließlich der Erstattungsanspruch mit Schreiben der Klägerin vom 02.12.2013 beziffert wurde. Die Klägerin hat deshalb dem Grunde nach einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX gegen die Beklagte; die Höhe der Aufwendungen von 79.018,02 EUR ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Erstattungsanspruch wurde von der Klägerin auch innerhalb der Frist des § 111 SGB X geltend gemacht.
Die Ausschlussfrist des § 111 SGB X gilt grundsätzlich auch für den Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX. Zwar handelt es sich bei der Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX um eine besondere Norm zur Verfahrensbeschleunigung bei der Gewährung von Rehabilitationsleistungen, die einen besonderen Erstattungsanspruch für den zweitangegangenen Leistungsträger vorsieht, an den der Reha-Antrag weitergeleitet wurde. Aufgrund dieser Weiterleitung ist er umfassend zur Leistungserbringung quasi formell zuständig, ohne dass er materiell-rechtlich hierzu verpflichtet wäre. Aufgrund dieser Besonderheit der Erbringung von Rehaleistungen im Sinne des SGB IX ist § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX als spezieller Erstattungsanspruch anzusehen, der die allgemeinen Regelungen der §§ 102 bis 105 SGB X grundsätzlich ausschließt (Joussen, a.a.O., § 14 SGB IX, Rdnr. 22 m.w.N.). Einigkeit besteht in Literatur und Rechtsprechung aber darüber, dass die allgemeinen Regelungen der §§ 106 ff. SGB X auch auf den Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX anzuwenden sind, mithin auch die Regelung des § 111 SGB X (vgl. Roos, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, Vor §§ 102 – 114 SGB X, Rdnr. 19 m.w.N.).
Gemäß § 111 S. 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte – hier die Klägerin – den Anspruch nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.
Der Versicherte S. hatte unstreitig von der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bis 03.11.2011 erhalten, so dass die Frist des § 111 SGB X längstens bis 03.11.2012 gelaufen wäre. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 02.12.2013 die aufgewandten Kosten gegenüber der Beklagten geltend gemacht, was nach Ablauf der Frist des § 111 SGB X erfolgt wäre, wenn darin erstmals die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs zu sehen wäre.
Nach Ansicht des Senats handelt es sich bei diesem Schreiben der Klägerin vom 02.12.2013 aber lediglich um die Bezifferung des bereits vorher dem Grunde nach geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Die Agentur für Arbeit Oldenburg hatte die DRV … mit Schreiben vom 05.06.2009 darauf hingewiesen, dass sie die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für gegeben erachte, weil Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Förderung im Anschluss an die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorlägen. Die Klägerin hatte in diesem Schreiben auch zum Ausdruck gebracht, dass sie als Leistungsträger, an den der Antrag des Versicherten nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX weitergeleitet wurde, selbst dann (im Außenverhältnis) formal leistungszuständig bleiben würde, wenn die Beklagte ihre Leistungszuständigkeit doch noch anerkennen würde, aber die Rehaleistung eben nicht selbst erbringen würde. Für diesen Fall hatte die Klägerin für die zu erwartenden Leistungen der beruflichen Rehabilitation, nämlich einer beruflichen Umschulung des Versicherten der Beklagten, B. S., den künftig bezifferbaren, aber dem Grunde nach bereits entstandenen Erstattungsanspruch unzweifelhaft angemeldet. Dies war bereits hinreichend konkret erfolgt. Nach Ablehnung einer Leistungszuständigkeit durch die Beklagte selbst mit Schreiben vom 16.07.2009 hatte die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass der Antrag des Versicherten doch vorgelegen und die Beklagte Träger der medizinischen Rehabilitation gewesen sei. Auf die weiteren Schreiben der Klägerin hat die Beklagte nicht mehr reagiert.
Die Schutzfunktion des § 111 SGB X liegt darin, den eigentlich leistungspflichtigen Träger der Rehamaßnahme mit der Tatsache seiner Leistungspflicht zeitnah zu konfrontieren, damit er sich darauf einstellen, ggf. Rückstellungen bilden und das Erstattungsverfahren rasch abgewickelt werden kann (Roller, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, a.a.O., § 111 SGB X, Rdnr. 2). Der Beklagten waren die Identität des Versicherten und die Art der zu erbringenden Leistungen spätestens in dem Zeitpunkt bekannt, als die DRV … ihr den Vorgang im Juni 2009 übersandt hat. Dieser Vorgang ist nach den eigenen Angaben der Beklagten nicht mehr nachvollziehbar. Die Beklagte hatte aber mit Schreiben vom 16.07.2009 eine Leistungszuständigkeit gegenüber der Klägerin abgelehnt und auf weitere Schreiben der Klägerin überhaupt nicht mehr geantwortet, obwohl die Klägerin ausdrücklich auf den vom Versicherten S. gestellten Antrag Bezug genommen hatte.
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass ein Erstattungsanspruch nach § 14 SGB IX nur dann entstehen könnte, wenn bereits eine Leistungsbewilligung durch die Klägerin erfolgt wäre, frühestens also nach dem 08.07.2009, und dass insoweit das Schreiben der Agentur für Arbeit Oldenburg vom 05.06.2009 nicht ausreichend sei, um eine Geltendmachung des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach annehmen zu können, geht dieser Einwand fehl. Nach der gemeinsamen Empfehlung über die Ausgestaltung des in § 14 SGB IX bestimmten Verfahrens (Gemeinsame Empfehlung zur Zuständigkeitsklärung) vom 28.09.2010 (Anhang I zu K § 14 in: Hauck/Noftz, SGB IX) besteht der Erstattungsanspruch unabhängig davon, ob sich die Nichtzuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers vor oder nach Bewilligung der Leistung herausstellt (§ 5 Abs. 3). Zwar sind die Regelungen der Gemeinsamen Empfehlung nicht rechtsverbindlich im Verhältnis der Sozialleistungsträger zueinander, gleichwohl sind diese im Rahmen der Frage zu berücksichtigen, ob eine fristwahrende Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs im Sinne des § 111 SGB X vorliegt oder nicht. Auch das BSG geht von der Zulässigkeit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs dem Grunde nach aus, sofern die hinreichende Bestimmtheit des Leistungsvorgangs gewahrt bleibt, und für den erstattungspflichtigen Leistungsträger auch deutlich werden kann, dass der leistende Rehaträger zur Wahrung seiner eigenen Rechte ihm gegenüber tätig wird. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Nürnberg in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids vom 08.07.2016 verwiesen und von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.
Im Übrigen enthält § 111 SGB X eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die zum Untergang des Erstattungsanspruchs führt. Im Gegensatz zur Verjährung nach § 113 SGB X, die nur auf Einrede hin zu beachten wäre, kann dem Fristablauf nach § 111 SGB X weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben entgegengehalten werden, noch auf die Ausschlussfrist verzichtet werden. Lediglich bei Vorliegen grob rechtswidrigen Verhaltens hat das BSG im Einzelfall den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zugelassen (BSG v. 10.05.2007 B 10 KR 1/05 R; Roller, a.a.O., § 111 SGB X, Rdnr. 16 m.w.N.). Aufgrund dieser Ausschlusswirkung sind die Anforderungen, die an das Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX gestellt werden dürfen, nicht zu hoch anzusetzen. Notwendig ist die Konkretisierung auf einen bestimmten Versicherten, auf eine konkrete Leistung und die allein daraus entstehenden Kosten. Auch die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs wegen der gesetzlich bestehenden Notwendigkeit zur Erbringung von Rehaleistungen durch die Klägerin als zweitangegangener Leistungsträger und damit zur Wahrung eigener Rechte wurde in den Schreiben der Klägerin vom 05.06.2009, 02.09.2009 und 22.06.2010 hinreichend deutlich, so dass sich die Beklagte auch auf einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX frühzeitig einstellen konnte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die entscheidenden Fehler bei der Gewährung der notwendigen Rehaleistungen an den Versicherten S. eindeutig im Zurechnungsbereich der Beklagten erfolgt sind.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 08.07.2016 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 79.018,02 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG).