Aktenzeichen 22 ZB 16.491 u. a.
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1 S. 1, S. 2
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2,
Leitsatz
1 Für die Unverzüglichkeit im Sinne von § 14 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 und 4 ApoG kommt es auf die Lieferzeit und nicht auf die reine Fahrtzeit an. Dabei kann unterstellt werden, dass ein Versorgungsvertrag auch bei eine etwas längeren Lieferzeit als dem Orientierungswert von einer Stunde genehmigungsfähig sein kann (Verweis auf BVerwG BeckRS 2012, 59137). (redaktioneller Leitsatz)
2 Etwas längere Lieferzeiten können nicht schon dann gerechtfertigt sein, wenn eine besondere Leistungsfähigkeit lediglich pauschal behauptet wird. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Heranziehung und Auswertung der Ergebnisse verschiedener Routenplaner bei der Option „schnellste Route“ ist zwar nicht die einzig mögliche, aber doch eine zulässige Ermittlungsmethode. Sie bietet den Vorteil größtmöglicher Objektivität, ohne dass erkenntnisleitende Interessen im Spiel wären. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 16 K 13.2959 2014-03-11 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Die Verfahren 22 ZB 16.491 und 22 ZB 16.815 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
III.
Die Klägerinnen tragen zu je einem Viertel, die Beigeladene trägt zur Hälfte die Kosten des Zulassungsverfahrens.
IV.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf je 15.000 Euro, danach auf 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.Die Klägerinnen erstrebten die Genehmigung von Arzneimittelversorgungsverträgen mit der Beigeladenen, deren Laufzeit vom 1. Januar 2012 bis höchstens dem 31. Dezember 2015 reichen sollte. In § 5 dieser Verträge war jeweils festgelegt, dass eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln innerhalb von zwei Stunden erfolgen sollte. Die Klägerinnen sehen nunmehr die Hauptsache wegen Zeitablaufs als erledigt an, machen aber ein berechtigtes Interesse an einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltend.
Die Regierung von Oberbayern versagte die beantragte Genehmigung jeweils mit Bescheid vom 16. Mai 2013. Die Unverzüglichkeit i. S. von § 14 Abs. 5 Satz 2 Nrn. 3 und 4 ApoG sei in beiden Fällen nicht sichergestellt.
Zur Begründung führte die Regierung Folgendes aus:
Die Entfernung zwischen der Beigeladenen und der Kreisklinik E. betrage rd. 151 km, davon 139 km Autobahn. Nach Angaben der Klägerin zu 1 betrage die Fahrzeit hierfür 76 Minuten (Pkw) bzw. 80 Minuten (Transporter). Dem stünden die Routenberechnungen von fünf verschiedenen Routenplanern entgegen, die zur Bewältigung der Strecke von der Beigeladenen zur Kreisklinik E. bei der Option „schnellste Route“ im günstigsten Fall (Routenplaner Falk oder 24.de) eine Fahrtdauer von 94 Minuten errechnet hätten. Bei den fünf verschiedenen Routenplanern handle es sich um ADAC, Google Maps, Falk, Michelin und 24.de. Dabei seien ungünstige Fahrtbedingungen, wie schlechte Wetterverhältnisse (etwa im Winter), Dunkelheit oder Stausituationen, noch nicht berücksichtigt. Die längste ermittelte Fahrtzeit mit der Option „schnellste Route“ betrage für Pkw sogar eine Stunde 52 Minuten (Routenplaner ADAC).
Die Entfernung zwischen der Beigeladenen und der Klinik Kreis M. betrage rd. 105 km, davon 38 km Autobahn. Nach Angaben der Klägerin zu 2 betrage die Fahrzeit hierfür 57 Minuten (Pkw) bzw. 65 Minuten (Transporter). Dem stünden ebenfalls die Routenberechnungen von fünf verschiedenen Routenplanern entgegen, die zur Bewältigung der Strecke von der Beigeladenen zur Klinik Kreis M. bei der Option „schnellste Route“ im günstigsten Fall (Routenplaner Falk) eine Fahrtdauer von 79 Minuten errechnet hätten. Bei den fünf verschiedenen Routenplanern handle es sich auch hier um ADAC, Google Maps, Falk, Michelin und 24.de.
Die Entfernung zwischen der Beigeladenen und der Klinik H. als weiterer Betriebsstätte der Klinik Kreis M. betrage rd. 125 km, davon 66 km Autobahn. Nach Angaben der Klägerin zu 2 betrage die Fahrzeit hierfür 66 Minuten (Pkw) bzw. 77 Minuten (Transporter). Dem stünden wiederum die Routenberechnungen von fünf verschiedenen Routenplanern entgegen, die zur Bewältigung der Strecke von der Beigeladenen zur Betriebsstätte Klinik H. bei der Option „schnellste Route“ im günstigsten Fall (Routenplaner Falk) eine Fahrtdauer von 94 Minuten errechnet hätten.
Auch im Falle der Klägerin zu 2 seien ungünstige Fahrtbedingungen, wie schlechte Wetterverhältnisse (etwa im Winter), Dunkelheit oder Stausituationen, noch nicht berücksichtigt. Die längste ermittelte Fahrzeit mit der Option „schnellste Route“ betrage im Fall der Klinik Kreis M. für Pkw sogar eine Stunde 28 Minuten (Routenplaner ADAC) und im Falle der Klinik H. sogar eine Stunde 53 Minuten (Routenplaner ADAC).
Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die Versagungsgegenklagen der Klägerinnen mit Urteil vom 11. März 2014 ab. Die streitgegenständlichen Versorgungsverträge würden weder eine unverzügliche Arzneimittelbereitstellung gewährleisten noch Festlegungen hinsichtlich einer besonderen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen enthalten; letztere sei nur pauschal behauptet worden.
Die Klägerinnen und die Beigeladene haben die Zulassung der Berufung beantragt.
Nach längerem einvernehmlichem Ruhen des Verfahrens, um eine Lösung des Streits auf politischem Weg etwa durch die Initiierung von Gesetzesänderungen zu ermöglichen, haben die Klägerinnen und die Beigeladene den Rechtsstreit wieder aufgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II. Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
1. Einer Zulassung der Berufung der Klägerinnen steht allerdings nicht schon entgegen, dass sich die Hauptsache durch Zeitablauf erledigt hat (Ablauf der Geltungsdauer der strittigen Versorgungsverträge am 31.12.2015). Denn die Klägerinnen können noch ein berechtigtes Interesse an der Klärung haben, ob das Recht, über das in der angefochtenen Entscheidung gestritten wurde, vor Erledigung bestand. Ihre Zulassungsanträge können dann Erfolg haben, wenn im Berufungszulassungsverfahren ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dargelegt wird (vgl. zum Ganzen Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, Rn. 341a zu § 124a m. w. N.).
Ein solches Interesse ist hier zu bejahen, da die Regierung ihre Absicht hat erkennen lassen, an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festzuhalten und in Zukunft gleichartige Verwaltungsakte zu erlassen. Zwar werden sich die tatsächlichen Verhältnisse bei erneuten Ausschreibungen in Zukunft teilweise geändert haben, die Beigeladene bleibt jedoch am Abschluss weiterer Versorgungsverträge interessiert. Schon bei der Ausschreibung benötigen die Klägerinnen Klarheit über die von ihnen anzugebenden Eignungsvoraussetzungen für an Versorgungsverträgen interessierte Apotheken. Es wäre den Klägerinnen unzumutbar und würde ihren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verletzen, sie auf eine erneute, wiederum nachteilige Behördenentscheidung zu verweisen (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 – 22 BV 11.1307 – Rn. 34 m. w. N.).
2. Für die Anträge der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gelten diese Ausführungen zwar grundsätzlich nicht. Nach der gesetzlichen Regelung steht der Beigeladenen keine Antragsmöglichkeit im Fall der Erledigung der Hauptsache zu. Es handelt sich schließlich nicht um ihre eigenen Prozesse, weil sie selbst gegen die Versagung der Genehmigung der Versorgungsverträge keine Klagen erhoben hat. Als Dritte in einem fremden Prozess hat sie keinen Anspruch auf Fortdauer ihrer durch die Beiladung begründeten prozessualen Stellung (vgl. zum Ganzen Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 66 Rn. 1, 4, 11 m. w. N.). Allerdings könnten die Anträge der Beigeladenen innerhalb der Anträge der Klägerinnen zulässig sein (§ 66 Satz 1 VwGO), was hier im Weiteren unterstellt wird.
3. Jedenfalls sind die Gründe, wie sie in den Begründungen der Zulassungsanträge dargelegt sind, nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen. Diese Darlegungen sind für die gerichtliche Überprüfung maßgeblich (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
a) Aus den Begründungen der Zulassungsanträge ergeben sich die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch sein könnte. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Eyermann/Happ, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Dies ist den Klägerinnen und der Beigeladenen im vorliegenden Fall nicht gelungen.
Was die Auslegung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 14 Abs. 5 ApoG angeht, namentlich die Auslegung des Begriffs „unverzüglich“ in § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 ApoG, vermögen die Klägerinnen und die Beigeladene keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen. Das Verwaltungsgericht hat bei der Frage, was im Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung von Arzneimitteln, die zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt werden, und im Zusammenhang mit der im Notfall benötigten persönlichen Beratung als „unverzüglich“ zu gelten hat, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2012 – 3 C 24/11 – BVerwGE 144, 99 zugrunde gelegt. Die Klägerinnen und die Beigeladene stellen die Richtigkeit dieses Urteils nicht substantiiert in Frage. Die tragenden Gründe dieses Urteils legen keine maximale Lieferzeit von einer Stunde fest; in Rn. 19 heißt es nämlich: „Selbst wenn eine etwas längere Lieferzeit als eine Stunde noch genügen könnte“, bzw. es wird darauf abgestellt, dass der „Orientierungswert“ von einer Stunde „nicht mehr annäherungsweise eingehalten“ wird. Ebenso verfährt das angefochtene Urteil; insofern ist ausgeführt: „Es ist fraglich, ob … die Lieferzeit im Notfall maximal eine Stunde betragen darf“. Danach könnten zwar die von den Klägerinnen und der Beigeladenen behaupteten Fahrtzeiten u.U. noch genehmigungsfähig sein; dass dies auch für die von der Regierung ermittelten deutlich längeren Fahrtzeiten gelten könnte, vermögen die Klägerinnen und die Beigeladene jedoch nicht aufzuzeigen.
Die Klägerinnen und die Beigeladene machen weiter geltend, dass sie die streitgegenständlichen Versorgungsverträge nachträglich nachgebessert hätten. Die Verträge sehen nunmehr verkürzte Zeiten für die Notfallversorgung mit Arzneimitteln und die persönliche Notfallberatung vor (in der Regel 75 Minuten nach E., 70 Minuten nach H., 60 Minuten nach M.), ebenso sei nunmehr ein Gesamtkonzept Notfallversorgung Vertragsbestandteil. Dies genügt für die Zulassung der Berufung deshalb nicht, weil es sich zwar um die Korrektur eines Umstands handelt, den die Regierung und das Verwaltungsgericht beanstandet haben, aber nicht um den die Versagung allein tragenden Kritikpunkt. Der angefochtene Versagungsbescheid macht deutlich, dass es entscheidungserheblich auch um die tatsächlichen Verhältnisse und darum geht, wie diese realistischerweise einzuschätzen sind. Auch das Verwaltungsgericht hat entscheidungserheblich zusätzlich darauf abgestellt, dass etwas längere Lieferzeiten nicht schon dann gerechtfertigt sein können, wenn eine besondere Leistungsfähigkeit lediglich pauschal behauptet wird. Dass sich die tatsächlichen Verhältnisse entscheidungserheblich zugunsten der Klägerinnen und der Beigeladenen geändert hätten, ergibt sich aus deren Darlegungen nicht.
Was den Tatsachenvortrag der Klägerinnen und der Beigeladenen angeht, die Fahrzeiten von 75 Minuten bzw. 70 Minuten bzw. 60 Minuten, würden eingehalten, sofern es auf der Fahrtstrecke nicht zu einem Stau komme, ist zunächst klarzustellen, dass es auf die Lieferzeiten, nicht jedoch auf die reinen Fahrtzeiten ankommt. Außerdem stellt dieser Vortrag eine bloße Behauptung dar, die die von der Regierung erzielten und in den angefochtenen Versagungsbescheiden dargestellten Ermittlungsergebnisse nicht substantiiert in Frage stellt. Dass die Regierung in jedem Einzelfall die Ergebnisse von fünf verschiedenen Routenplanern bei der Option „schnellste Route“ herangezogen und ausgewertet hat, begegnet keinen Bedenken. Der Gesetzgeber macht der Genehmigungsbehörde keine speziellen Vorgaben, was die Ermittlung der Lieferzeit betrifft, die der weiteren rechtlichen Betrachtung zugrunde zu legen ist. Insofern bleibt es bei den allgemeinen Regeln. Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen. Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG bestimmt sie Art und Umfang der Ermittlungen. Danach ist die Heranziehung und Auswertung der Ergebnisse verschiedener Routenplaner bei der Option „schnellste Route“ zwar nicht die einzig mögliche, aber doch eine zulässige Ermittlungsmethode. Sie bietet den Vorteil größtmöglicher Objektivität, ohne dass erkenntnisleitende Interessen im Spiel wären. Dass die Regierung insofern einen ungeeigneten Weg gegangen wäre, haben die Klägerinnen und die Beigeladene nicht substantiiert dargelegt. Selbst wenn es möglich wäre, die von der Regierung ermittelten Fahrzeiten „mit dem Wissen um die Wichtigkeit der zu übergebenden Arzneimittel bei konzentrierter Fahrt“ zu unterbieten, wäre dies nicht erstrebenswert, weil dies „zulasten der Verkehrssicherheit aller beteiligten Verkehrsteilnehmer“ gehen würde, wie in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt ist. Schließlich sind die in den angefochtenen Versagungsbescheiden zu Recht angesprochenen Risikofaktoren (Nacht, Nebel, Regen, Schnee, Eis) zu bedenken, die in den Zulassungsanträgen ausgeblendet werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2012 – 3 C 24/11 – lässt erkennen, dass es auch hierauf ankommen soll und nicht nur auf die günstigsten Verkehrsverhältnisse (a. a. O. Rn. 19).
Die Klägerinnen und die Beigeladene stellen die besondere Leistungsfähigkeit der Beigeladenen heraus, die, so meinen sie, die etwas längere Lieferzeit kompensieren soll. Es mag sein, dass man über die Relevanz dieses Umstands im vorliegenden Zusammenhang streiten kann; dies kann allerdings im vorliegenden Fall offenbleiben. Aus den Begründungen der Zulassungsanträge ergibt sich keine besondere Leistungsfähigkeit, die im vorliegenden Fall relevant sein könnte. Dies gilt zum einen für die Ausführungen über die Bevorratung bei den Klägerinnen. Selbst die Errichtung eines umfassenden verbrauchsstellenunabhängigen Notdepots für selten gebrauchte lebenswichtige Arzneimittel in den Kliniken der Klägerinnen könnte die fehlende räumliche Nähe zwischen Apotheke und Krankenhaus nicht kompensieren (BVerwG a. a. O. Rn. 20 ff. m. w. N.). Dass die Beigeladene eine Vielzahl von Kliniken (ca. 20) und deren Indikationen mit 1500 vorrätigen Arzneimitteln in der Regel vollständig abdeckt, mag vorteilhaft sein, erklärt aber nicht, dass dies nach § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 ApoG (Gewährleistung der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung) rechtlich geboten ist und dass die Mitbewerber einschließlich der in räumlicher Nähe gelegenen Mitbewerber dies nicht auch anbieten könnten. Dass die Beigeladene noch zahlreiche andere Kunden betreut (z. B. Luftfahrt und Industrie), belegt zwar die Größe ihres Unternehmens, nicht aber die Erforderlichkeit dieser Größe für die hier zu erfüllende Aufgabe. Dass Großbetriebe nach dem Konzept des Gesetzgebers bevorzugt werden sollen, haben die Klägerinnen und die Beigeladene nicht dargelegt.
b) Aus den Darlegungen der Klägerinnen und der Beigeladenen ergeben sich auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Diese folgen weder aus den nachträglich vorgenommenen Vertragsänderungen, auf die es nicht entscheidungserheblich ankommt, noch aus der Rechtsfrage, inwieweit unter Berücksichtigung des Einzelfalls ein Versorgungsvertrag auch bei einer etwas längeren Lieferzeit als einer Stunde genehmigungsfähig sein kann, wovon nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgegangen werden kann.
c) Teilweise kommt es auf die von den Klägerinnen und der Beigeladenen als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen nicht entscheidungserheblich an. Es kann zugunsten der Klägerinnen und der Beigeladenen unterstellt werden, dass ein Versorgungsvertrag auch bei einer etwas längeren Lieferzeit als einer Stunde genehmigungsfähig sein kann. Es kann ebenso zugunsten der Klägerinnen und der Beigeladenen unterstellt werden, dass es keine absolute Obergrenze für die Fahrtzeit gibt. Die dargelegten Rechtsfragen lassen sich zum anderen teilweise bereits anhand der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargemacht, dass es auf die Lieferzeit und nicht auf die reine Fahrtzeit ankommt (a. a. O. Rn. 19). Teilweise entziehen sich die dargelegten Fragen zudem einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung, z. B. wenn gefragt wird, welche Anforderungen ein Gesamtkonzept erfüllen muss, oder wenn gefragt wird, ob die tatsächlichen Fahrzeiten oder die Durchschnittswerte von Routenplanern bei der Option „schnellste Route“ zugrunde zu legen sind. Die allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen ergeben sich aus § 14 Abs. 5 Satz 2 ApoG. Bei welchen Fallkonstellationen diese Voraussetzungen erfüllt sein können, lässt sich nicht generell beantworten. Was mit den tatsächlichen Fahrtzeiten im Gegensatz zu den Durchschnittswerten von Routenplanern gemeint sein könnte, ist unklar. Sollten damit die Fahrtzeiten bei günstigen Bedingungen und schnellstmöglicher Fahrweise gemeint sein, so ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass es hierauf nicht ankommen kann. Dass die Durchschnittswerte von Routenplanern bei der Option „schnellste Route“ nicht herangezogen werden müssen, aber herangezogen werden können, ergibt sich ebenfalls aus den vorstehenden Ausführungen.
d) Was den geltend gemachten Aufklärungsmangel bezüglich der Vertragsgestaltung angeht, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerinnen und der Beigeladenen nicht, inwiefern es hierauf ankommen könnte. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht allein hierauf gestützt; die Regierung hat dies noch viel weniger getan. Dies würde auch dann gelten, wenn insofern eine sachdienliche Klageänderung (§ 91 VwGO) möglich gewesen wäre.
Was schließlich den Vortrag der Klägerinnen und der Beigeladenen angeht, dass es vorkommen könne, dass es keine zur Versorgung geeignete Apotheke, die auch die Voraussetzung des § 14 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 APO erfüllt, in angemessener räumlicher Nähe gebe, so fehlt es an einer tatsächlichen Darlegung, dass es sich im vorliegenden Fall so verhält.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.