Aktenzeichen M 12 K 16.357
BayBeamtVG Art. 35 Abs. 1, Abs. 2
Leitsatz
1. Der medizinische Fortschritt in der Behandlung von Krebserkrankungen, insbesondere, dass eine Krebsdiagnose nicht zwingend ein vorzeitiges Versterben bedeutet, ändert nichts am grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter einer bösartigen Tumorerkrankung wie zum Beispiel einer Metastasierung eines Mammakarzinoms. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Kenntnis vom lebensbedrohlichen Charakter einer Erkrankung setzt weder voraus, dass mit dem baldigen Ableben des erkrankten Beamten zu rechnen ist, noch dass Kenntnis gegeben ist von der Unheilbarkeit der Erkrankung (ebenso VGH München BeckRS 2014, 48666). (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer Eheschließung in Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung kann im Ausnahmefall die gesetzliche Vermutung der Versorungsehe widerlegt werden, wenn sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt (ebenso BVerwG BeckRS 2016, 44249; VGH München BeckRS 2010, 31673). (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Gesamtschau an Umständen wie zB feststehender Hochzeitstermin, Kontakt mit dem Standesamt zwecks Terminvereinbarung, Reservierung der gewünschten Lokalität, Terminmitteilung an eine Band können für eine konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntniserlangung von dem lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung bestehenden Heiratsenschlusses sprechen. (redaktioneller Leitsatz)
5. Auch in den Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Gemeinschaft bestand und nur die formelle Legalisierung durch Heirat unterblieb, vermag die spätere Eheschließung die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe nicht zu widerlegen (vgl. auch VGH BW BeckRS 2015, 40251). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Witwengeld gem. Art. 35 Abs. 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz -BayBeamtVG- (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 22. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Dezember 2015 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gem. Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG erhalten Witwer oder Witwen eines Versorgungsurhebers Witwengeld. Ein Anspruch auf Witwengeld besteht jedoch gem. Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG nicht, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falls ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem Witwer oder der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.
Zwar war die Ehefrau des Klägers Beamtin des Beklagten, so dass der Kläger Witwer eines Versorgungsurhebers i. S. d. Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG ist. Die Ehe des Klägers mit der verstorbenen Beamtin dauerte jedoch weniger als neun Monate.
Damit wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, dem Witwer eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, so dass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, dem Witwer Versorgungsleistungen zu gewähren.
Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte. Wird die Ehe allerdings in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters einer Erkrankung des Beamten geschlossen, wird hierdurch die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt (vgl. BayVGH, B.v.27.8.2010 – 14 ZB 10.79 – juris). Ein bereits vor der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss kann ein besonderer Umstand sein, sofern die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden ist (BVerwG, U.v. 28.1.2016 – 2 C 21.14 – juris).
Die Ehe wurde vorliegend in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung der Beamtin geschlossen. Dies ergibt sich bereits aus den Angaben des Klägers im Schreiben vom …. Januar 2015 und in der mündlichen Verhandlung. Danach war seine Ehefrau bereits im Jahr 2003 an Brustkrebs erkrankt, sei jedoch erfolgreich behandelt worden, so dass sie lediglich Routinekontrollen durchführen musste. Anfang 2013 sei seine Ehefrau jedoch an Metastasen ihres früheren Brustkrebses erkrankt, die sich im rechten Lungenflügel und im Rippenfell gebildet hätten. Nach operativen Eingriffen sei eine Chemotherapie eingeleitet worden. Bei einer Computertomografie im August 2013 sei ein starkes Wachstum eines Tumors in der Lunge festgestellt worden, der anschließend erfolgreich bestrahlt worden sei. Im Januar 2014 sei bei einer Kontrolluntersuchung ein neuer Krebsherd im Bereich der unteren Bronchien entdeckt worden, bei dem es sich nicht um eine Metastase der bekannten Art gehandelt habe. Bestätigt werden diese Angaben durch verschiedene Arztberichte. So führt das …klinikum … in seinem Schreiben vom 20. Januar 2014 aus, dass seit Dezember 2012 eine pulmonale Metastasierung bekannt sei (Bl. 110 der BA). Die Radiologie am …klinikum befundet im Schreiben vom 16. Januar 2013 (Bl. 114 f. der BA) u. a. den dringenden Verdacht auf einen malignen Pleuraerguss und eine parietale Pleuracarcinomatose an der Thorax-Vorderwand sowie eine mit einer Lymphangiosis carcinomatosa zu vereinbarende Verdickung des rechten Oberlappens. Dr. H… diagnostizierte am 30. Januar 2013 (Bl. 128 der BA) eine Metastase bzw. ein Rezidiv des bekannten Mammakarzinoms. Prof. Dr. S… kommt in seinem Bericht vom 13. Februar 2013 (Bl. 130 ff. der BA) zu dem Ergebnis, dass es bei der Ehefrau des Klägers zu einer thorakalen Metastasierung gekommen sei. Daraufhin wurde eine Chemo-/Antikörpertherapie eingeleitet. Mit Schreiben vom 22. August 2013 befundet die Radiologie am …klinikum (Bl. 146 ff. der BA) größenprogrediente pulmonale Herde und deutlich größenprogrediente mutmaßlich pleurale Weichteilvermehrungen. Mit Schreiben vom 27. Januar 2014 befundet die Radiologie am …klinikum (Bl. 172 f. der BA) eine Größenzunahme der infrakarinalen Gewebsvermehrung, die entlang des rechten Bronchus intermedius nach kaudal reicht. Zum Zeitpunkt der Eheschließung führte die Ehefrau des Klägers zudem eine Chemotherapie durch.
Die Metastasierung eines Mammakarzinoms stellt eine grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dar. Zwar ist es sicherlich zutreffend, dass die Medizin bei der Behandlung von Krebserkrankungen erhebliche Fortschritte gemacht hat und eine Krebsdiagnose nicht mehr zwingend ein vorzeitiges Versterben bedeutet. Dies ändert jedoch nichts am grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter einer bösartigen Tumorerkrankung. Die Kenntnis vom lebensbedrohenden Charakter einer Erkrankung setzt auch weder voraus, dass mit dem baldigen Ableben des erkrankten Beamten zu rechnen ist noch kommt es auf die Kenntnis der Unheilbarkeit der Erkrankung an (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2011 – 3 ZB 08.627 – juris; BayVGH, B.v. 18.2.2014 – 14 ZB 11.452 – juris; OVG RhPf, U.v. 29.10.2013 – 2 A 11261/12 – juris).
Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang auch, dass zusätzlich zu den Metastasen des Mammakarzinoms im Januar 2014 ein Bronchialkarzinom aufgetreten ist, das erst nach der Heirat im Juni 2014 als solches diagnostiziert wurde. Denn zum einen ist ein weiterer bösartiger Tumorherd – auch wenn zunächst unklar war, ob es sich hierbei um Metastasen des bekannten Mammakarzinoms oder um eine neuartige Tumorerkrankung handelte – eine weitere grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung. Zum anderen stellen allein die bis dahin bekannten Metastasen des Mammakarzinoms bereits eine grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dar. Dass die zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits bekannte Tumorerkrankung in den Bronchien im weiteren Verlauf nicht als Metastase, sondern als neue Tumorerkrankung mit noch schlechterer Prognose erkannt worden ist, ändert nichts daran, dass die Heirat am … März 2014 in Kenntnis einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Erkrankung stattgefunden hat, zumal während einer Chemotherapie. Damit ist regelmäßig die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass es sich um eine Versorgungsehe handelte, ausgeschlossen.
Ob der Tod der Ehefrau des Klägers durch die zum Zeitpunkt der Heirat bereits diagnostizierte Erkrankung an Metastasen eines Mammakarzinoms oder durch den zwar bereits bekannten, aber noch nicht endgültig als neue Tumorerkrankung diagnostizierten Tumor in den Bronchien oder Metastasen hiervon eingetreten ist, ist für die rechtliche Bewertung nicht entscheidend. Denn abgesehen davon, dass die genaue Todesursache ebenso unklar ist wie die Frage, ob es sich bei den von Klägerseite als ursächlich genannten Gehirntumoren um Metastasen des Mammakarzinoms oder des Bronchialkarzinoms handelte, ist festzustellen, dass auch letztere grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung dem Grunde nach, wenn auch nicht namentlich, bei der Eheschließung bereits bekannt war.
Ein Ausnahmefall, der zu einer Widerlegung der gesetzlichen Vermutung führen würde, läge nur dann vor, wenn sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung der Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung bestehenden Heiratsentschlusses darstellt. Die gesetzliche Vermutung ist daher insbesondere dann widerlegt, wenn der in Unkenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasste, nach außen manifestierte Heiratsentschluss bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert geblieben und die Heirat innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt ist (BayVGH, B.v. 2.3.2009 – 21 ZB 08.3122 – juris).
Eine konsequente Verwirklichung eines zuvor bestehenden Heiratsentschlusses ist vorliegend nicht ersichtlich.
Das Gericht konnte bereits nicht die volle Überzeugung davon gewinnen, dass die Ehegatten vor Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung bereits so konkret zur Heirat entschlossen waren, dass sich die spätere Heirat als konsequente Verwirklichung des Heiratsentschlusses erwiesen hätte. Nach Angaben des Klägers sei zwar am … Mai 2012 der Beschluss gefasst worden, im Frühjahr 2013 in größerem Rahmen zu heiraten. Ein bis zwei Monate später, also Juni/Juli 2012, hätten sie zwei Wochenendtermine im Juni 2013 und eine Gastwirtschaft im Auge gehabt. Konkrete Vorbereitungen für die Eheschließung wurden von den Eheleuten im Weiteren jedoch nicht eingeleitet. Der Kläger hat hierzu lediglich erklärt, mit einer befreundeten Band gesprochen und sich von einem befreundeten Rechtsanwalt das Muster eines Ehevertrages besorgt zu haben. Zwar muss noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt feststehen. Eine Hochzeit in größerem Rahmen – wie vorliegend beabsichtigt – bedarf jedoch eines nicht unerheblichen Organisationsaufwands. Weder stand bis zum Bekanntwerden der Erkrankung der Ehefrau des Klägers – immerhin acht Monate nach der Verlobung und nur mehr fünf Monate vor dem angedachten Zeitraum Juni 2013 – ein genauer Hochzeitstermin fest, noch wurde Kontakt mit dem Standesamt aufgenommen oder ein Raum in der gewünschten Lokalität reserviert. Auch der Band wurde kein definitiver Termin mitgeteilt, so dass damit zu rechnen war, dass diese zwischenzeitlich andere Angebote annimmt. In der Gesamtschau wurden keinerlei konkrete Vorbereitungen für die Eheschließung eingeleitet.
Darüber hinaus ist die Eheschließung tatsächlich erst nahezu zwei Jahre nach dem vom Kläger angegebenen Verlöbnis am … Mai 2012 erfolgt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses vorliegt. Eine Heirat innerhalb eines angemessenen Zeitraums ist darin nicht mehr zu sehen. Dass die Eheleute nach Angaben des Klägers eine Hochzeit in größerem Rahmen geplant haben, stand einer frühzeitigeren Eheschließung objektiv (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2011 – 3 ZB 08.627 – juris Rn. 6) ebenso wenig entgegen wie die im Januar 2013 diagnostizierte Erkrankung der Ehefrau des Klägers. Die Eheschließung hätte in der letztlich durchgeführten Form ohne Gäste und Zeugen im angeblich von den Eheleuten geplanten Zeitraum Juni 2013 ebenso erfolgen können. Denn auch während der Behandlung der Krebserkrankung ist die Lebensqualität der Ehefrau des Klägers nach eigenen Angaben zunächst erhalten geblieben, so dass sogar mehrwöchige Urlaube in Sizilien möglich waren. Weshalb in dieser Zeit, die sich mit den angedachten Hochzeitsterminen im Juni 2013 deckt, eine Eheschließung, wenn auch in kleinerem Rahmen, wie sie letztlich auch am … März 2014 erfolgt ist, nicht hätte durchgeführt werden können, wenn die Eheleute bereits so konkret zur Heirat entschlossen gewesen wären, ist nicht ersichtlich.
Zwar mag im Mai 2012 zwischen dem Kläger und seiner späteren Ehefrau über eine mögliche Heirat gesprochen worden sein, allerdings ohne diesen Heiratsentschluss bereits so konkret gefasst zu haben, dass er über eine vage Absicht hinausgegangen wäre. Mangels konkreter Vorbereitungen zur Umsetzung des Heiratsentschlusses im angegebenen Zeitraum Juni 2013 war der Zeitpunkt für eine mögliche Eheschließung völlig offen. Damit stellt sich die Heirat am … März 2014 aber nicht als konsequente Verwirklichung eines bestehenden Heiratswunsches, sondern als eher überraschend dar. Nachdem die Eheschließung sehr kurzfristig und unter dem Eindruck der neuerlichen Erkrankung der verstorbenen Ehefrau des Klägers entgegen ihrer ursprünglichen Vorstellungen ohne Zeugen und Gäste während einer laufenden Chemotherapie erfolgt ist, geht das Gericht davon aus, dass die Ehegatten ohne die Diagnose einer weiteren Tumorerkrankung in den Bronchien nicht im März 2014 die Ehe geschlossen hätten.
Zwar kann ein vor der Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung getroffener Heiratsentschluss die gesetzliche Vermutung auch dann widerlegen, wenn die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben wurde (BVerwG, U.v. 28.1.2016 – 2 C 21/14 – juris). Abgesehen davon, dass ein derartiger konkreter Heiratsentschluss vorliegend nicht ersichtlich ist (s.o.), ist die Fallkonstellation im o.g. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht vergleichbar. In dem dem o.g. Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt wurde die Heirat angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung so lange aufgeschoben, bis der Gesundheitszustand des Verlobten wieder soweit hergestellt war, dass von einer Gesundung und langfristigen Zukunftsperspektive für die Beziehung ausgegangen werden konnte. Dies war vorliegend gerade nicht der Fall. Vielmehr wurde die Eheschließung, für deren Umsetzung in dem vom Kläger angegebenen Zeitraum keinerlei konkrete Vorbereitungen getroffen wurden, nicht umgesetzt, obwohl die Lebensqualität der Ehefrau des Klägers damals noch nicht allzu stark eingeschränkt war. Statt dessen wurde die Ehe in einer von der angegebenen Vorstellung des Ehepaares völlig divergierenden Form ohne Zeugen und Gäste zu einem Zeitpunkt geschlossen, als kurz zuvor – im Januar 2014 – eine weitere Tumorerkrankung in den Bronchien aufgetreten ist und die Ehefrau des Klägers eine Chemotherapie durchführen musste. Erst nach Auftreten des Bronchialtumors wurde Anfang Februar 2014 erstmals Kontakt zum Standesamt aufgenommen. Von einem bloßen Aufschub eines bereits konkret bestehenden Heiratsentschlusses kann vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden.
Auch die langjährige Beziehung des Klägers mit seiner Ehefrau vermag im Übrigen die Vermutung des Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG nicht zu widerlegen. Denn die Vorschrift erfasst gerade nicht nur die Fälle, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung nur zu dem Zweck heiratet, dem Ehepartner die Versorgung zu verschaffen, sondern auch die Fälle, in denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor den Tod eines Partners hinausgeschoben wurde. Auch in Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Bindung seit Jahrzehnten bestand und nur die formelle Legalisierung unterblieb, stellt sich die spätere Eheschließung nach der gesetzlichen Vermutung in der Regel als Versorgungsehe dar (vgl. BayVGH, B.v.1.12.1998 – 3 B 95.3050 – juris). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 27.10.1966 – 2 C 32.64 – BVerwGE 25, 221) als überwiegenden Zweck der Heirat auch die im Vordergrund stehende Absicht, eine schon länger bestehende Gemeinschaft zu legitimieren, für möglich erachtet. Der Zweck der Legalisierung kann jedoch im vorliegenden Fall nicht als gegenüber der Versorgungsabsicht gleichwertiges oder überwiegendes Motiv der Eheleute angesehen werden. Denn wenn es den Eheleuten tatsächlich darum gegangen wäre, dem Kläger eine bessere Position beim Erlangen von Auskünften durch behandelnde Ärzte oder bei Entscheidungsmöglichkeiten zu verschaffen, hätte dies eine Eheschließung schon zu einem früheren Krankheitszeitpunkt nahegelegt (BayVGH, B.v. 8.11.2011 – 3 ZB 08.627 – juris).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 32.293,44 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).