Aktenzeichen M 18 S 17.4089
IfSG § 16 Absätze 1, 2 und 5 IfSG
IfSG IfSG § 23
Leitsatz
1 Ermächtigungsgrundlage zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus § 23 Abs. 3 IfSG ist § 16 IfSG. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Begründungsdefizit (vgl. Art. 39 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG) kann dadurch geheilt werden (Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG), dass die maßgeblichen Begründungselemente im gerichtlichen Verfahren schriftsätzlich vorgetragen werden. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3 Art. 16 Abs. 1 S. 1 IfSG räumt der Behörde kein Entschließungs-, sondern nur ein Auswahlermessen ein. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
4 Greift eine behördliche Maßnahme in das Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG ein, muss dies in die Ermessenserwägungen eingestellt werden. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 29. August 2017 (M 18 K 17.4087) wird mit der Auflage angeordnet, dass der Antragsteller bis zur Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache keine die Hautbarriere durchdringenden Untersuchungsmethoden, insbesondere intramuskuläre Elektromyografien, in seinen Praxisräumen durchführen darf.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage vom 29. August 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. August 2017. Mit diesem Bescheid ordnete die Behörde die Duldung eines infektionsschutzrechtlichen Hausbesuchs bei dem Antragsteller an.
Am 20. März 2017 ging bei der Antragsgegnerin ein Beschwerdebrief über die hygienischen Verhältnisse in der Praxis des Antragstellers ein. Die Beschwerdeführerin sei dort am 1. März 2017 untersucht worden. Im Brief wurde konkret ausgeführt, dass die Toilette ekelerregend schmutzig gewesen sei, am Handwaschbecken keine Seife vorhanden gewesen sei und das Handtuch „vor Dreck gestanden habe“. Papierhandtücher habe es nicht gegeben. Die Geräte und Instrumente, mit denen die Beschwerdeführerin untersucht worden sei, seien völlig verdreckt gewesen. Die Kopfhörer seien voll von Rückständen von Vorpatienten gewesen. Weiter seien Sonden, die sie auf die Haut und ins Haar gesetzt bekommen habe, zuvor nicht desinfiziert worden. Die weißen Tupfer, die einige Sonden umwickelt hätten, seien sehr verschmutzt bis schwarz gewesen. Weder die Sonden noch die Kopfhörer seien nach dem Gebrauch an ihr desinfiziert oder gereinigt worden, sondern direkt in die Schublade zurückgelegt worden.
Am gleichen Tag rief die Antragsgegnerin laut einer Aktennotiz bei der Beschwerdeführerin an, um nähere Details zu erfahren. Es sei weiter nach Angabe der Beschwerdeführerin kein Händedesinfektionsmittel auf der Toilette verfügbar gewesen. Zudem sei der Datenschutz nicht eingehalten worden, da sie mitbekommen habe, dass auch Vollzugshäftlinge in der Praxis untersucht würden.
Mit Schreiben vom 20. März 2017 wurde der Antragsteller über die Beschwerde informiert. Ein Verwaltungsverfahren nach §§ 23 Abs. 6, 16 Abs. 1 IfSG i.V.m. § 2 BayMedHygV sei eingeleitet worden. Die Antragsgegnerin erbitte die Vorlage eines Hygieneplanes und genaue Angaben zur Tätigkeit in der Arztpraxis.
Am 27. März 2017 bestellte sich der Bevollmächtigte im vorliegenden Verfahren gegenüber der Antragsgegnerin und bat um Fristverlängerung und Akteneinsicht. Maßnahmen nach § 23 Abs. 6 IfSG seien nicht statthaft, da es sich um eine reine Begutachtungspraxis handele. Eine Gefahr nach § 16 Abs. 1 IfSG anzunehmen sei absurd. Die Beschwerdeführerin sei wohl mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden gewesen.
Mit Schreiben des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19. April 2017 legte dieser einen einseitigen Hygieneplan vor. Es fänden in der Praxis keine invasiven Eingriffe statt. Das Gutachten über die Beschwerdeführerin sei am 9. April 2017 an das Sozialgericht gesandt worden, sodass wohl kurz vor dem 20. April 2017 eine Zustellung an die Beschwerdeführerin erfolgt sei. Die konkreten Vorwürfe der Beschwerdeführerin seien unwahr. Der Antragsteller gehöre nicht zum Adressatenkreis des § 23 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 IfSG, da er keine Arztpraxis führe. Er nehme keinerlei Heilbehandlungen und keine invasiven Eingriffe an Probanden vor.
Am 21. April 2017 bestätigte die Antragsgegnerin mit einem Schreiben an den Bevollmächtigten, dass nach dortiger Rechtsansicht die Notwendigkeit eines Hygieneplanes nicht gesehen werde, da nach anwaltlicher Zusicherung keine invasiven Eingriffe stattfänden. Dennoch sei nach § 16 Abs. 1 IfSG ein Hausbesuch notwendig zur Überprüfung der im Beschwerdebrief aufgeworfenen Sachverhalte. Ein Termin könne am 15. Mai 2017 stattfinden.
Der Bevollmächtigte antwortete mit Schreiben vom 2. Mai 2017, dass kein Einverständnis mit einem Hausbesuch bestehe. Eine infektionshygienische Überwachung nach § 23 Abs. 6 IfSG sei unstatthaft und konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr einer Infektion nach § 16 Abs. 1 IfSG seien von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden. Pauschale Aussagen, dass die Gefahr einer Infektion bestehe, reichten nicht aus (VG Stuttgart, NJW 2004, 1404).
Mit Schreiben vom 24. Mai 2017 wurde der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten angehört. Vor Weg sei zu erwähnen, dass die Maßnahme aufgrund der Zusicherung, dass keine invasiven Eingriffe stattfänden, nicht auf § 23 Abs. 6 IfSG, sondern auf § 16 Abs. 1, 2 IfSG gestützt werde. Danach seien die Praxisräume des Antragstellers auf das Vorliegen eines Infektionsrisikos zu überprüfen. Das Betretungsrecht aus § 16 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative IfSG werde notfalls mit einer zwangsgeldbewehrten Anordnung durchgesetzt. Die im Beschwerdebrief erwähnten Punkte stellten Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine Infektionsübertragungsgefahr für die Probanden des Antragstellers besteht, dar. So könnten verschmutzte, nicht ordnungsgemäß gereinigte/desinfizierte Sonden oder Geräte auf der Haut siedelnde Keime (z.B. MRSA) von einem Probanden auf den Nächsten übertragen. Aufgrund eines mangelhaft ausgestatteten Waschplatzes und einer schmutzigen Toilette könnten Darmkeime, die zu Durchfällen führen, übertragen werden. Blutentnahmen und EMG seien invasiv und infektionskritisch. Anhand des vorgelegten Hygieneplanes sei die hygienische Handhabung bei diesen Maßnahmen nicht nachvollziehbar. Das Flächendesinfektionsmittel entspreche nicht den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI), was zu kontaminierten Flächen führen könne. Ob ein Handdesinfektionsmittel vorhanden sei und benutzt werde, sei aus dem Hygieneplan nicht ersichtlich. Die regelmäßige Händedesinfektion stelle die wichtigste Maßnahme zur Unterbrechung einer Infektionskette dar. Es werde daher Frist bis zum 12. Juni 2017 für eine Stellungnahme gesetzt.
Der Bevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 8. Juni 2016 eine Fristverlängerung der Anhörungsfrist.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2017 wurde auf Grundlage der §§ 16 Abs. 1, 2, 23 Abs. 3 IfSG zwangsgeldbewehrt angeordnet, dass der Antragsteller u.a. einen infektionsschutzrechtlichen Hausbesuch durch die Antragsgegnerin zu dulden habe.
Die Antragsgegnerin hob den Bescheid vom 16. Juni 2017 mit Schreiben vom 19. Juni 2017 auf und verlängerte die Anhörungsfrist bis zum 30. Juni 2017.
In einer Stellungnahme des Bevollmächtigten vom 30. Juni 2017 erklärte dieser, dass Blutentnahmen in der Praxis nicht stattfänden, teilte den Namen des benutzten Handdesinfektionsmittels mit und erklärte, dass er von der Behörde eine kritische Auseinandersetzung mit der Beschwerde vermisse. Eine Infektionsgefahr sei nicht ersichtlich, da höchstens 4 nicht akut kranke Probanden pro Woche die Praxis beträten. Ein Begegnen zweier Probanden sei äußerst selten. Ein Hausbesuch sei nicht notwendig, als milderes Mittel biete sich an, anzuordnen, dass der Antragsteller die Desinfektionsmittel aus der Liste des RKI benutzen solle. Mangels Heilbehandlung von Patienten lägen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 IfSG nicht vor. Wenn diese Voraussetzungen fehlten, könne jedoch nicht über die Generalnorm die Einhaltung der RKI-Empfehlungen verlangt werden. Der Antragsteller habe eine Hygienefachfrau damit beauftragt, seine Praxisräume unter überobligatorischer Anlegung von Standards von Arztpraxen hygienefachlich zu untersuchen. Das Protokoll der Erstbegehung vom 27. Juni 2017 sei beigefügt.
Aus dem Protokoll der Hygienefachfrau vom 27. Juni 2017 ergeben sich folgende Mängel: Hygienehandbuch bzw. Arbeitsanweisung nicht aktualisiert, Mischlagerung von Sterilgut/Unsteriles, Patientenliegen: Liegenrolle zu schmal, daher müsse bei Patientenwechsel eine Flächendesinfektion durchgeführt werden. Abgelaufenes Material sei vorhanden. Es handele sich um eine Gutachterpraxis ohne invasive Eingriffe/Behandlungen. Kritische Hygienedefizite könnten nicht festgestellt werden, allenfalls kleine Schwächen in der Umsetzung der entsprechenden hygienischen Vorgaben (z.B. keine wandmontierten Händedesinfektionsmittelspender, sondern mobile Pumpspender und fehlende Dokumentation (z.B. Reinigungsprotokolle)). Es würden nur unkritische Medizinprodukte verwendet. Eine geeignete alkoholische Flächendesinfektion sei vorhanden. Die eingesetzten EMG-Nadeln seien Einmalprodukte, vorgeschriebene Sharp-Safes seien vorhanden. Der Reinigungszustand der Praxis sei zum Zeitpunkt der Begehung gut. Systematisches Ausmisten der in der Praxis befindlichen Gegenstände werde empfohlen. Für die Aufbereitung des Arztkittels werde eine desinfizierende Wäsche empfohlen.
Die Antragsgegnerin entgegnete mit Email vom 10. Juli 2017, dass kontaminierte Hände und Gegenstände trotz geringer Fluktuation Krankheiten übertragen könnten. EMG seien als invasive Eingriffe einzustufen, da sie die Hautbarriere durchstießen. Auch unkritische Medizinprodukte müssten nach RKI-Vorgaben eingestuft werden. Die im Protokoll angemahnte Mischlagerung von Sterilgut mit unsterilem Gut, sowie abgelaufene Produkte stellten in Verbindung mit dem invasiven Eingriff eine Infektionsgefahr dar. Eine Ortsbegehung durch die unabhängige Behörde könne nicht durch eine privat beauftragte Firma ersetzt werden. Beschwerden aus der Bevölkerung würde grundsätzlich nachgegangen. Ein Termin solle bis 28. Juli 2017 vereinbart werden.
Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 4. August 2017 führte dieser auf, dass die zweite Kontrolle durch die Hygienefachkraft stattgefunden habe. Ein Reinigungs- und Desinfektionsplan sowie das Protokoll des Zweitbegehung seien angefügt.
Im Protokoll der Hygienefachfrau vom 2. August 2017 ist festgehalten, dass alle im Protokoll vom 27. Juni 2017 erwähnten Beanstandungen bei der Begehung vollständig behoben worden seien.
Mit Bescheid vom 18. August 2017 wurde der Antragsteller unter Ziffer I. 1. verpflichtet, angemeldeten oder unangemeldeten Zutritt zu den Räumlichkeiten der Begutachtungspraxis (genaue Adresse) zu gewähren. Terminanmeldung 15.September 2017 – 10 Uhr. Er habe (unter Ziffer I.2.), soweit erforderlich, Nr. 1 das Einsehen von Unterlagen sowie Ablichtungen, Nr. 2 die Untersuchung von sonstigen Gegenständen zu ermöglichen, Nr. 3 sonstige Gegenstände zugänglich zu machen und Nr. 4 geforderte Auskünfte zum Praxisbetrieb zu erteilen. Als Zwangsmittel festgesetzt wird unter III.1, dass bei Verstoß gegen Ziffer I.1 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro, unter III.2, dass bei Verstößen gegen die Ziffern I. 2 Nr. 1-4 jeweils 2000 Euro fällig wird. Gestützt werden die Anordnungen unter Ziffer I. auf § 16 Abs. 1 und 2 IfSG. Begutachtungspraxen, in denen invasive Eingriffe, z.B. EMG, stattfänden, seien Risikobereiche für die Übertragung von Krankheiten. Aufgrund des Beschwerdebriefes und der Weigerung, einen freiwilligen Besichtigungstermin zu vereinbaren, lägen Anhaltspunkte für mögliche infektionsschutzrechtliche Beanstandungen vor. Die Feststellungen der privat beauftragten Hygienefachfrau könnten die behördliche Kontrolle nicht ersetzten, da Unabhängigkeit und Neutralität nur bedingt gewährleistet seien. Die Anordnung sei unter pflichtgemäßer Ausübung des Auswahlermessens (Art. 40 BayVwVfG) getroffen worden. Unmögliches werde nicht verlangt. Der Patienten-/Probandenschutz, die Infektionsprävention und die Wahrung der Volksgesundheit stehe nicht außer Verhältnis zu dem durch den Antragsteller zu erwartenden Schaden (evtl. finanzieller und zeitlicher Aufwand). Die Höhe des Zwangsgeldes sei hinsichtlich der berufswirtschaftlichen Situation des Antragstellers verhältnismäßig. Unter Hinweise ist weiterhin aufgeführt: „Wir behalten uns vor, die zuständige Polizeidienststelle im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens zu informieren, sollten Sie sich dieser Anordnung widersetzen.“
Am 29. August 2017 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. August 2017 aufzuheben. Mit Schriftsatz vom gleichen Tag beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers wie folgt:
„Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 29. August 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. August 2017 wird angeordnet.“
Mit den Schriftsätzen zur Klageerhebung vom 29. August 2017, der Antragserhebung vom 29. August 2017 und vom 11. September 2017 begründete der Bevollmächtigte des Antragstellers den Eilantrag im Wesentlichen wie folgt: Der Verwaltungsakt sei rechtswidrig. Die Maßnahme könne nicht auf § 23 Absätze 5 und 6 IfSG gestützt werden. Die Begutachtungspraxis des Antragstellers stelle keine Arztpraxis dar, da keine Heilung von Patienten vorgenommen werde. Invasive Eingriffe lägen nicht vor. Auch auf § 16 Absätze 1 und 2 IfSG könne die Maßnahme nicht gestützt werden, da es keine Anhaltspunkte für eine Gefahr gebe. Die in § 23 Abs. 6 IfSG ausreichende abstrakte Gefahr reiche für die Annahme des höherschwelligen § 16 Abs. 1 IfSG nicht aus. Die reine Tätigkeit des Antragstellers könne daher auch keinen Anhaltspunkt für eine Gefahr nach § 16 Abs. 1 IfSG darstellen. Eine pauschale Begründung, wie im Bescheid, reiche hierfür nicht aus. Erst recht könne das Bestehen des Antragstellers auf seinem Recht, niemanden in die Wohnung zu lassen, kein Anhaltspunkt für eine infektionsschutzrechtliche Gefahr darstellen. Der Beschwerdebrief sei ersichtlich nicht geeignet, Anhaltspunkte für eine Gefahr zu bieten, da dieser aufgrund des erheblichen Eigeninteresses der Beschwerdeführerin, des zeitlichen Ablaufs und der Tatsache, dass der Brief auch ans Sozialgericht ging, darauf schließen lasse, dass es lediglich um die Diskreditierung des Antragstellers gehe. Dies habe die Antragsgegnerin nicht ausreichend berücksichtigt. Weiter habe die Antragsgegnerin die Ergebnisse der Beauftragung der Hygienefachfrau durch den Antragsteller nicht in ihre Prüfung einfließen lassen. Ein Ermessensausfall liege vor, da die Antragsgegnerin „Beschwerden aus der Bevölkerung immer nachgehe“. Bei Einstellung der Belange in die Ermessensentscheidung und in der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei Art. 13 Abs. 1 GG zu Gunsten des Antragstellers übersehen worden. Die Antragsgegnerin habe ausdrücklich mitgeteilt, dass Art. 13 Abs. 1 GG nicht einschlägig sei. Dies allein führt zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (OVG Magdeburg, NVwZ 2009, 340). Weiter sei der Bescheid zu weitreichend und daher unverhältnismäßig. Eine Beschränkung auf die konkreten Beschwerdepunkte bzw. hygienekritische Bereiche wäre möglich gewesen. Als milderes Mittel hätte die Antragsgegnerin der Hygienefachfrau einen Fragenkatalog schicken können. Das Zwangsgeld sei unangemessen hoch angedroht worden. Zudem sei entgegen Art. 36 Abs. 3 BayVwZVG im Hinweis gleichzeitig unmittelbarer Zwang angedroht worden.
Mit Schriftsatz vom 8. September 2017 erwiderte die Antragsgegnerin dahingehend, dass allein aufgrund der Aktenlage das tatsächliche Vorliegen einer Gefahr nicht beurteilt werden könne und daher eine Ortsbegehung notwendig sei. Die Antragsgegnerin wiederholte ausführlich ihre Darlegungen zur Infektionsgefahr aufgrund der im Beschwerdebrief behaupteten hygienischen Situation (vgl. Schreiben vom 24. Mai 2017 und Email vom 10. Juli 2017). Der vorgelegte Hygieneplan sei unvollständig, der Einsatz von Händedesinfektionsmittel nicht nachvollziehbar und das eingesetzte Flächendesinfektionsmittel mangels Zertifizierung evtl. ungeeignet. Auch für Begutachtungspraxen würden die Empfehlungen des RKI gelten. Durch den Beschwerdebrief und die vorgelegten Protokolle der Hygienefachfrau lägen Anhaltspunkte für ein unzureichendes Hygienemanagement vor. Auch bei chronisch Kranken könne eine Besiedelung mit z.B. MRSA-Keimen vorliegen. Art. 13 Abs. 1 GG sei nicht einschlägig bzw. verletzt, da Wohnräume nicht durchsucht würden, sondern lediglich die Praxisräume des Antragstellers begangen werden sollen.
Mit der Erstzustellung vom 31. August 2017 wurde der Bevollmächtigte aufgefordert unverzüglich mitzuteilen, ob bei der Probandenbegutachtung Oberflächen-EMG oder intramuskuläre EMG vorgenommen werden.
Mit Schriftsatz vom 4. September 2017 teilte der Bevollmächtigte mit, dass nur sehr selten intramuskuläre EMG eingesetzt würden. Von September 2016 bis September 2017 sei dies fünfmal geschehen. Es werde ein Einmalprodukt verwendet, bei dem wegen der nur einmaligen Verwendung und bauartbedingt eine Übertragung von Krankheitserregern über Blut ausgeschlossen sei. Das intramuskuläre EMG stelle weder einen „invasiven Eingriff“ nach § 23 Abs. 5 IfSG dar, noch könnten hierbei nach § 36 Abs. 2 IfSG „durch Blut Krankheitserreger übertragen“ werden. Der Begriff „Eingriff“ sei von anderen Begriffen, wie z.B. „Maßnahmen“ abzuschichten. Laut der KRINKO-Empfehlungen „Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen“ (Seite 647 Bundesgesundheitsblatt, August 2000, vorgelegt als Anlage K 3) sei zu differenzieren zwischen Operationen, kleineren invasiven Eingriffen und invasiven Untersuchungen (z.B. Endoskopien, Injektionen). Da das intramuskuläre EMG minimal-invasiv sei, sei die Eingriffsintensität noch geringer als bei einer Injektion, sodass vorliegend aufgrund der Intensität und der Handlungsrichtung der Maßnahme kein invasiver Eingriff im Sinne des § 23 Abs. 5 IfSG vorliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, da die am 29. August 2017 erhobene Anfechtungsklage von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zeitigt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (im Folgenden VwGO) i.V.m. § 16 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (im Folgenden: IfSG)).
Ein Antrag nach § 80 Absatz 5 S. 1 Var. 2 VwGO ist begründet, wenn das Suspensivinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse des Staates und der Bürger überwiegt. Dabei ist nach Aktenlage eine summarische Prüfung der Hauptsache vorzunehmen. Sollte der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg haben, überwiegt regelmäßig das Suspensivinteresse des Antragstellers. Ergibt die Prüfung jedoch, dass die Klage in der Hauptsache voraussichtlich unbegründet ist, überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse des Antraggegners (beispielsweise BVerwG B.v. 25.3.1993 – 1 ER 301/92 – NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Weitere abwägungsrelevante Interessen und Rechtsgüter können auch in die Bewertung mit einfließen.
Vorliegend hat die Klage in der Hauptsache nach summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 18. August 2017 ist voraussichtlich zulässig und begründet.
Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung war der Bescheid vom 18. August 2017 nach summarischer Prüfung rechtswidrig.
Ob die Maßnahme auf § 23 Absätze 5 bis 7 IfSG gestützt hätte werden können, ist vorliegend irrelevant, da die Verpflichtung aus § 23 Abs. 5 IfSG, einen Hygieneplan zu führen, nicht Gegenstand der Anordnungen im Bescheid vom 18. August 2017 ist.
1. Der Bescheid stützt sich auf § 16 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 und Absatz 2 IfSG.
§ 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG lautet wie folgt: Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren.
1.1 Die Annahme der Antragsgegnerin, dass Tatsachen vorliegen könnten, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, ist nach summarischer Prüfung des Gerichts rechtsfehlerfrei.
1.1.1 Ob hierbei Anhaltspunkte dafür ausreichen, dass der Antragsteller nicht ausreichende, nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderliche Maßnahmen nach § 23 Abs. 3 IfSG ergriffen haben könnte, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern zu vermeiden, kann vorliegend dahinstehen.
Der Antragsteller könnte vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 Var. 1 IfSG als Inhaber einer Arztpraxis verpflichtet sein, spezifische Maßnahmen zu ergreifen. Es gilt hierbei nach § 23 Abs. 3 Satz 2 IfSG die Vermutung, dass die Einhaltung der aktuell veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beim Robert Koch-Institut für die Einhaltung des Stands der medizinischen Wissenschaft ausreicht. Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten tendiert das Gericht eher zur Auffassung, dass der Antragsteller eine Arztpraxis im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 Var. 1 IfSG betreibt. Die Verbreitung und Übertragung von Krankheiten ist bei Ausüben einer ärztlichen Tätigkeit wegen des Körperkontaktes zwischen Patient und Arzt bzw. zwischen Patienten und Diagnose-/Heilmittel eher möglich. Der Antragsteller übt eine ärztliche Tätigkeit in eigenen Praxisräumen aus, indem er mit ärztlichen Untersuchungsmethoden an Probanden Diagnosen erstellt. Auch bei Fachärzten, wie z.B. Radiologen, ist es üblich, dass keine Heilbehandlung, sondern lediglich eine Diagnosestellung stattfindet, ohne das angezweifelt würde, dass diese ein Arztpraxis betreiben.
Die Eingriffsbefugnis zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus § 23 Abs. 3 IfSG stellt § 16 IfSG dar. Aus § 23 Abs. 6 IfSG kann keine Eingriffsbefugnis für Verstöße gegen § 23 Abs. 3 IfSG hergeleitet werden, da dieser ausdrücklich auf den Adressatenkreis des § 23 Abs. 5 IfSG verweist, der enger ist. Auch § 23 Abs. 7 IfSG bezieht sich durch den Wortlaut „die mit der Überwachung beauftragte Person“ ersichtlich auf Absatz 6 des § 23 IfSG. Daher ist die Einhaltung der vom Gesetzgeber für Ärzte aufgrund der gefahrgeneigten Tätigkeit erhöhten Hygieneanforderungen nach § 23 Abs. 3 IfSG im Rahmen des § 16 Abs. 1 IfSG zu prüfen.
1.1.2 Da ausreichende konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 IfSG alleine mit dem Beschwerdebrief vom 20. März 2017 gegeben sind, kann dahinstehen, ob eine Ausdehnung der höheren und abstrakten Anforderungen aus § 23 Abs. 3 IfSG auf § 16 Abs. 1 IfSG contra legem wäre.
In Bezug auf die Aufklärung unklarer Sachverhalte im Bereich der Gefahrabwehr entspricht es den allgemeinen Grundsätzen des Ordnungsrechts, denen zufolge die Behörde in Fällen eines bloßen Gefahrverdachts im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu Gefahrerforschungsmaßnamen aufgrund Generalklauseln berechtigt ist. Voraussetzung ist, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Gefahr vorliegen (OVG NRW, B.v. 4.11.2008, Az: 13 E 1290/08 juris Rn. 5-7).
Der Beschwerdebrief vom 20. März 2017 enthält ausreichende und konkrete Angaben zu einer möglichen Gefahr einer Übertragung von Krankheiten in der Begutachtenspraxis des Antragstellers. Insoweit wurde von der Beschwerdeführerin geschildert, dass die Toilette verschmutzt sei, keine Seife am Handwaschbecken zur Verfügung gestanden habe und Papierhandtücher nicht vorhanden gewesen seien. Das vorhandene Stoffhandtuch sei sehr verschmutzt gewesen. Weiter wurde geschildert, dass die Kopfhörer und Sonden bzw. Sondertupfer dreckig gewesen seien und weder (bei Anwesenheit der Beschwerdeführerin) vor dem Einsatz gereinigt oder desinfiziert worden seien und nach der Anwendung direkt in die Schublade zurückgelegt worden seien. Handdesinfektionsmittel sei nicht ersichtlich gewesen.
Auch vor dem Hintergrund des für die Beschwerdeführerin negativen Gutachtens und dem Umstand, dass sie die Beschwerde mutmaßlich erst nach Erhalt des Gutachtens an die Antragsgegnerin und das Sozialgericht übersandte, lassen sich die Anhaltspunkte nicht komplett für unbeachtlich erklären. Zwar ist ein Eigeninteresse der Beschwerdeführerin ersichtlich, allerdings kann dieses Eigeninteresse nicht kausal ausschließen, dass nicht zum 1. März 2017 unhygienische Verhältnisse in der Praxis des Antragstellers vorlagen. Möglich ist immerhin, dass die Beschwerdeführerin erst durch den Erhalt des Gutachtens aus Eigeninteresse (Rache, Diskreditierung) dazu animiert worden sein könnte, tatsächlich wahrgenommene unhygienischen Verhältnisse der Behörde und dem Sozialgericht (dass dem Antragsteller die Probanden vermittelt) mitzuteilen. Insoweit ist kein Fehler der Behörde ersichtlich.
Auch die Protokolle der vom Antragsteller beauftragten Hygienefachfrau vom 27. Juni und 2. August 2017 führen nicht dazu, dass nunmehr keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektionsgefahr mehr anzunehmen seien. Privat durch den Antragsteller beauftragte Experten können die Tatsachenfeststellung, zu der eine Behörde verpflichtet ist, nicht durchführen. Zunächst ist nicht gesichert, dass der komplette Umfang und die Intensität der Untersuchung, die die Behörde vornehmen würde, durch die privat beauftragte Fachfrau abgedeckt wurde. Dann ist festzustellen, dass die Behörde unabhängig und neutral agieren kann, während beauftragte Fachleute vom Auftraggeber entlohnt werden und somit für die Behörde keine Gewähr darin besteht, dass unabhängig und neutral begutachtet wurde.
Ein Abstellen auf die Inanspruchnahme des Rechtes keine freiwillige Hausdurchsuchung vornehmen zu lassen, kann eine Gefahr allerdings – wie vom Bevollmächtigten ausführlich ausgeführt – nicht begründen.
1.2 Die oben vorgetragenen Anhaltspunkte für möglicherweise vorliegende Tatsachen begründen auch, bei Bestätigung der Tatsachen, die Gefahr einer Übertragung von Infektionskrankheiten.
Grundsätzlich genügt der Bescheid insoweit nicht den Begründungsanforderungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), da lediglich auf die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit als Neurologe für Infektionen verwiesen wird. Allerdings wurde dieser Begründungsfehler nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG geheilt, da in der Antragserwiderung vom 8. September 2017 ausführlich auf die möglichen Übertragungsgefahren von Krankheitserregern durch die von der Beschwerdeführerin im Brief vom 20. März 2017 dargestellten – möglicherweise zutreffenden – Umstände eingegangen wurde.
1.3 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 IfSG nach summarischer Prüfung erfüllt sind.
2. Durch einen Ermessensfehler auf der Rechtsfolgenseite ist der Bescheid in der Ziffer I. vom 18. August 2017 nach summarischer Prüfung aber rechtswidrig.
Ein Entschließungsermessen steht der Antragsgegnerin nach § 16 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht zu, jedoch ein Auswahlermessen zwischen verschiedenen Maßnahmen.
Ermessen ist nach Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben, wobei die gesetzlichen Grenzen einzuhalten sind. Zum Auswahlprozess der möglichen Maßnahme, die die Behörde ergreifen will, gehört, dass diese Maßnahme verhältnismäßig sein muss, da sonst die gesetzlichen Grenzen nicht eingehalten werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 13. Auflage, § 40 Rn. 64). Diese Verhältnismäßigkeitsprüfung setzt voraus, dass die Interessen der Behörde und die gesetzlich geschützten Interessen des Antragstellers zunächst vollständig und richtig ermittelt und anschließend gegeneinander abgewogen werden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 13. Auflage, § 40 Rn. 65). Für die korrekte Ausübung des Ermessens ist die Antragsgegnerin beweispflichtig (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 18. Auflage, § 114 Rn. 11). Vorliegend hat die Behörde im Rahmen des Auswahlermessens und der darin angelegten Verhältnismäßigkeitsprüfung den Aspekt, dass die angeordnete Maßnahme in das Recht des Antragstellers aus Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz eingreift, nicht berücksichtigt. In der Bescheidsbegründung auf Seite 4 unten ist als erwartbarer Schaden des Antragstellers lediglich ein Schaden finanzieller und zeitlicher Natur aufgezählt.
Es deutet aus dem Akteninhalt nichts auf eine Ermessensausübung unter Einbeziehung von Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz hin. Dabei ist verfassungsgerichtlich geklärt, dass auch Geschäftsräume in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz fallen (siehe BVerfG, Kammerbeschluss vom 05. März 2012 – 2 BvR 1345/08 –, juris Rn. 12 m.w.N.). Mithin ist bei der Auswahl der Maßnahme als grundrechtsrelevanter Aspekt zu beachten, dass dem Antragsteller ein grundgesetzlich geschütztes Recht auf die Unverletzlichkeit seiner Praxisräume zusteht.
Eine Heilung diesen Fehlers nach § 114 Satz 2 VwGO ist durch die Antragserwiderung nicht eingetreten. Die Antragsgegnerin erklärte in ihrer Antragserwiderung vom 8. September 2017, dass die Überprüfung von Wohnräumen des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt angedacht oder angekündigt gewesen sei. Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz sei daher nicht einschlägig bzw. verletzt. Darin liegt offensichtlich ein Verkennen des grundrechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz, der nicht nur (wortlautgemäß) private Wohnräume, sondern auch Geschäftsräume umfasst.
Auch nach Maßgabe des Art. 46 BayVwVfG kann dieses Ermessensdefizit nicht geheilt werden, da nicht offensichtlich ist, dass das Verkennen des Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Andere Maßnahmen als Hausdurchsuchungen sind auf Grundlage des § 16 Abs. 1 IfSG denklogisch möglich und nicht unverhältnismäßig. Eine Auswahlermessensreduzierung auf Null ist nicht ersichtlich, sodass die Auswahl der Maßnahme auf dem Ermessensfehler beruht.
3. Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von einer Auflage abhängig machen. Die auch grundrechtlich geschützten Interessen der Probanden aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz stellen auch ein hochrangiges Verfassungsgut dar, das durch die Antragsgegnerin durch den vorliegenden Bescheid einstweilen nicht geschützt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass in die Praxis des Antragstellers Probanden vom Sozialgericht hingeschickt werden, sodass eine (sonst mögliche) freie Arztwahl bei Entdecken von unhygienischen Verhältnissen durch die Probanden aufgrund von Sachzwängen (Verlust des sozialgerichtlichen Rechtsstreits) faktisch entfällt. Die größte Gefahrenquelle sieht das Gericht nach summarischer Prüfung darin, dass durch die intramuskulären EMG-Untersuchungen Krankheitserreger durch Blut auf andere Probanden übertragen werden könnten oder sich die (minimale) Wunde durch die EMG-Untersuchung wegen unzureichender Hygiene infizieren könnte.
Daher wird die aufschiebende Wirkung der Klage mit der Auflage angeordnet, dass bis zu einer rechtkräftigen Entscheidung in der Hauptsache der gefährlichste Übertragungs Weg von Krankheitserregern durch Blut bzw. Infektionen der (minimalinvasiv geschaffenen) Wunde ausgeschlossen werden, indem dem Antragsteller untersagt wird, invasive Untersuchungsmethoden, hier besonders intramuskuläre EMG, anzuwenden.
4. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer III. des Bescheids vom 18. August 2017 trifft auf große Bedenken bezüglich der Angemessenheit der Höhe des Zwangsgeldes. Ein Zwangsmittel soll zwar Beugefunktion ausüben und daher nicht zu gering bemessen werden. Es sind jedoch, bis auf den zu pauschalen Hinweis auf die berufliche Situation des Antragstellers, keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Durchsetzung eines Hausbesuches ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 18.000 Euro erfordert. Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG bestimmt insoweit, dass auf das wirtschaftliche Interesse des Pflichtigen hinsichtlich der Maßnahme abzustellen ist; ein pauschaler Hinweis auf die berufliche Situation genügt also nicht.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwert beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges 2013.